haben das Creditwesen nur indirekt berührt. Schultze-Delitzsch, Gesetz- gebung über die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschafts- genossenschaften 1869; Parrhisius, Commentar zum Gesetz vom 4. Juli. Als Theil des gesammten Vereinswesens aufgefaßt; historisch und rechtlich, nebst Material: Gierke, Genossenschaftswesen 1869. Systematisch Stein, System des Vereinswesens und Vereinsrechts 1869, S. 166 ff.
Besonderer Theil der Volkswirthschaftspflege.
Begriff desselben und Princip seiner Verwaltung.
Während nun der allgemeine Theil der Volkswirthschaftspflege es mit denjenigen Verhältnissen zu thun hat, welche die Bedingung für jeden Theil der Volkswirthschaft ohne Rücksicht auf sein Capital bilden, entsteht der besondere Theil, indem die einzelnen Arten der Unterneh- mungen theils durch die besondere Natur ihres Capitals, theils durch die ihrer Arbeit, besondere Bedingungen ihrer Entwicklung fordern, die sich der Einzelne nicht selbst schaffen kann.
Das System dieses besondern Theiles liegt daher nicht, wie das des allgemeinen, in einem organischen Begriffe, sondern in der that- sächlichen Verschiedenheit der Capitals- und Arbeitsverhältnisse. Dar- nach scheiden wir die Urproduktion, Forstwirthschaft, Jagd, Fischerei, Landwirthschaft, Gewerbe, Industrie, Handel und geistige Produktion. Jedes dieser Gebiete ist ein selbständiger Theil der besonderen Volks- wirthschaftspflege; jeder hat sein eigenes Recht, seine eigenen Aufgaben und seine eigenen Geschäfte, und in ihnen ist der zweite Theil der Verwaltung vollständig.
Daneben aber haben sie trotz ihrer Verschiedenheit die großen allgemeinen Grundlagen ihrer Entwicklung gemein. Diese Grund- lage ist die Auffassung des Staats von demjenigen, was er in Bezie- hung auf die Volkswirthschaft seinerseits zu thun habe. Diese Auf- fassung wieder bestimmt sich historisch nicht nach dem wirthschaftlichen Wesen jener einzelnen Gebiete, sondern vielmehr auch hier durch das große Element aller staatlichen Entwicklung, die gesellschaftliche Ord- nung und ihre Kämpfe und Grundsätze. Sie sind es, welche das Princip der Volkswirthschaftspflege für jene einzelnen Gebiete abgeben, an das sich dann das specielle Recht derselben als Ausführung der ge- gebenen Verhältnisse anschließt. Es ist daher nothwendig, diese Ele- mente als die allgemeine Grundlage für jeden besonderen Theil fest- zustellen.
Das ganze Gebiet der hierher gehörigen Literatur hat zwei Hauptrichtungen, die sich schon im vorigen Jahrhundert trennen. Die erste ist die volkswirth-
haben das Creditweſen nur indirekt berührt. Schultze-Delitzſch, Geſetz- gebung über die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthſchafts- genoſſenſchaften 1869; Parrhiſius, Commentar zum Geſetz vom 4. Juli. Als Theil des geſammten Vereinsweſens aufgefaßt; hiſtoriſch und rechtlich, nebſt Material: Gierke, Genoſſenſchaftsweſen 1869. Syſtematiſch Stein, Syſtem des Vereinsweſens und Vereinsrechts 1869, S. 166 ff.
Beſonderer Theil der Volkswirthſchaftspflege.
Begriff deſſelben und Princip ſeiner Verwaltung.
Während nun der allgemeine Theil der Volkswirthſchaftspflege es mit denjenigen Verhältniſſen zu thun hat, welche die Bedingung für jeden Theil der Volkswirthſchaft ohne Rückſicht auf ſein Capital bilden, entſteht der beſondere Theil, indem die einzelnen Arten der Unterneh- mungen theils durch die beſondere Natur ihres Capitals, theils durch die ihrer Arbeit, beſondere Bedingungen ihrer Entwicklung fordern, die ſich der Einzelne nicht ſelbſt ſchaffen kann.
Das Syſtem dieſes beſondern Theiles liegt daher nicht, wie das des allgemeinen, in einem organiſchen Begriffe, ſondern in der that- ſächlichen Verſchiedenheit der Capitals- und Arbeitsverhältniſſe. Dar- nach ſcheiden wir die Urproduktion, Forſtwirthſchaft, Jagd, Fiſcherei, Landwirthſchaft, Gewerbe, Induſtrie, Handel und geiſtige Produktion. Jedes dieſer Gebiete iſt ein ſelbſtändiger Theil der beſonderen Volks- wirthſchaftspflege; jeder hat ſein eigenes Recht, ſeine eigenen Aufgaben und ſeine eigenen Geſchäfte, und in ihnen iſt der zweite Theil der Verwaltung vollſtändig.
Daneben aber haben ſie trotz ihrer Verſchiedenheit die großen allgemeinen Grundlagen ihrer Entwicklung gemein. Dieſe Grund- lage iſt die Auffaſſung des Staats von demjenigen, was er in Bezie- hung auf die Volkswirthſchaft ſeinerſeits zu thun habe. Dieſe Auf- faſſung wieder beſtimmt ſich hiſtoriſch nicht nach dem wirthſchaftlichen Weſen jener einzelnen Gebiete, ſondern vielmehr auch hier durch das große Element aller ſtaatlichen Entwicklung, die geſellſchaftliche Ord- nung und ihre Kämpfe und Grundſätze. Sie ſind es, welche das Princip der Volkswirthſchaftspflege für jene einzelnen Gebiete abgeben, an das ſich dann das ſpecielle Recht derſelben als Ausführung der ge- gebenen Verhältniſſe anſchließt. Es iſt daher nothwendig, dieſe Ele- mente als die allgemeine Grundlage für jeden beſonderen Theil feſt- zuſtellen.
Das ganze Gebiet der hierher gehörigen Literatur hat zwei Hauptrichtungen, die ſich ſchon im vorigen Jahrhundert trennen. Die erſte iſt die volkswirth-
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haben das Creditweſen nur indirekt berührt. Schultze-Delitzſch, Geſetz-
gebung über die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthſchafts-
genoſſenſchaften 1869; Parrhiſius, Commentar zum Geſetz vom 4. Juli.
Als Theil des geſammten Vereinsweſens aufgefaßt; hiſtoriſch und rechtlich,
nebſt Material: Gierke, Genoſſenſchaftsweſen 1869. Syſtematiſch Stein,
Syſtem des Vereinsweſens und Vereinsrechts 1869, S. 166 ff.
Beſonderer Theil der Volkswirthſchaftspflege.
Begriff deſſelben und Princip ſeiner Verwaltung.
Während nun der allgemeine Theil der Volkswirthſchaftspflege es
mit denjenigen Verhältniſſen zu thun hat, welche die Bedingung für
jeden Theil der Volkswirthſchaft ohne Rückſicht auf ſein Capital bilden,
entſteht der beſondere Theil, indem die einzelnen Arten der Unterneh-
mungen theils durch die beſondere Natur ihres Capitals, theils durch
die ihrer Arbeit, beſondere Bedingungen ihrer Entwicklung fordern,
die ſich der Einzelne nicht ſelbſt ſchaffen kann.
Das Syſtem dieſes beſondern Theiles liegt daher nicht, wie das
des allgemeinen, in einem organiſchen Begriffe, ſondern in der that-
ſächlichen Verſchiedenheit der Capitals- und Arbeitsverhältniſſe. Dar-
nach ſcheiden wir die Urproduktion, Forſtwirthſchaft, Jagd, Fiſcherei,
Landwirthſchaft, Gewerbe, Induſtrie, Handel und geiſtige Produktion.
Jedes dieſer Gebiete iſt ein ſelbſtändiger Theil der beſonderen Volks-
wirthſchaftspflege; jeder hat ſein eigenes Recht, ſeine eigenen Aufgaben
und ſeine eigenen Geſchäfte, und in ihnen iſt der zweite Theil der
Verwaltung vollſtändig.
Daneben aber haben ſie trotz ihrer Verſchiedenheit die großen
allgemeinen Grundlagen ihrer Entwicklung gemein. Dieſe Grund-
lage iſt die Auffaſſung des Staats von demjenigen, was er in Bezie-
hung auf die Volkswirthſchaft ſeinerſeits zu thun habe. Dieſe Auf-
faſſung wieder beſtimmt ſich hiſtoriſch nicht nach dem wirthſchaftlichen
Weſen jener einzelnen Gebiete, ſondern vielmehr auch hier durch das
große Element aller ſtaatlichen Entwicklung, die geſellſchaftliche Ord-
nung und ihre Kämpfe und Grundſätze. Sie ſind es, welche das
Princip der Volkswirthſchaftspflege für jene einzelnen Gebiete abgeben,
an das ſich dann das ſpecielle Recht derſelben als Ausführung der ge-
gebenen Verhältniſſe anſchließt. Es iſt daher nothwendig, dieſe Ele-
mente als die allgemeine Grundlage für jeden beſonderen Theil feſt-
zuſtellen.
Das ganze Gebiet der hierher gehörigen Literatur hat zwei Hauptrichtungen,
die ſich ſchon im vorigen Jahrhundert trennen. Die erſte iſt die volkswirth-
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/335>, abgerufen am 26.06.2024.
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