technische Forstwirthschaftslehre als Gebiet der eigentlichen Cameralwissenschaft; namentlich Baumstark, Encyclopädie §. 262 u. a. O. Während nun die eigentliche Nationalökonomie bei Allgemeinheiten stehen bleibt, tritt mit unserem Jahrhundert die Frage auf, ob die Freiheit der Privatwirthschaft auch für die Forstwirthschaft gelten solle. Der Anfang des Jahrhunderts neigt sich in seiner Literatur dem Princip der Freiheit zu (vergl. Literatur bei Mohl a. a. O. §. 142); mit den zwanziger Jahren dagegen siegt der Grundsatz der Nothwendigkeit eines gesetzlichen Forstwesens, dem vor allem in Verbindung mit gründlicher Forstwirthschaftslehre Hundeshagen in dem Hauptwerk Lehrbuch der Forst- polizei seit 1835 zum Siege hilft. Dieser Grundsatz ist jetzt der gemein- gültige, und liegt den neueren Arbeiten von Mohl a. a. O., Rau, Volks- wirthschaftspflege II. §. 168 ff. zum Grunde, während er durch die neuen Forstlehranstalten immer größere Geltung empfängt und in den Forstgesetz- gebungen entschiedene Anerkennung findet. -- Die Verwaltungslehre nun muß festhalten, daß sie alle technischen und volkswirthschaftlichen Grundsätze voraus- zusetzen und nur die Momente darzustellen hat, in denen das Gesammtinteresse gegenüber dem Recht und Interesse der Einzelwirthschaft zur Geltung gelangt.
Elemente der Geschichte des Forstwesens.
Die Geschichte des Forstwesens ist nun die allmälige Entwicklung des Sieges der Ideen des öffentlichen Rechts über das Princip der freien Einzelverwaltung. Ihre Stadien zeichnen sich deßhalb bei großer Thätigkeit der einzelnen Gesetzgebung im Ganzen klar ab. Wir nennen sie die Epoche des Forstregals, die der Forsthoheit, und die des Forst- wesens.
In der Epoche des Forstregals schließt sich der Gedanke der Herrschaft des Staats über die Forstwirthschaft an die allerdings falsche Vorstellung von einem Recht des Obereigenthums der Krone an allen Waldungen; der Streit über die Gränze des öffentlichen und Privatrechts erzeugt damit das System und die Lehre vom Forstrecht mit seinen Forstgerichten, Bann- und Jagdrechten, Servituten und Gemeinheitsrechten.
In der Epoche der Forsthoheit, die mit der Polizeiwissenschaft des vorigen Jahrhunderts ihre feste Gestalt gewinnt, siegt die Erkennt- niß, daß die Regierung vermöge des öffentlichen Interesses die Berechtigung zu gesetzlicher und polizeilicher Ordnung des Forstwesens habe. Daraus entstehen seit dem siebenzehnten Jahrhundert die Forst- ordnungen und Forstgesetze nebst der Organisation eigener Forst- ämter; zugleich aber scheidet sich die Bewirthschaftung der Staats- forste als eigentlicher Gegenstand der Cameralwissenschaft aus, und das Forstwesen findet in ihr seinen Schwerpunkt, während das Forst- recht ziemlich in seiner Entwicklung stillsteht.
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 21
techniſche Forſtwirthſchaftslehre als Gebiet der eigentlichen Cameralwiſſenſchaft; namentlich Baumſtark, Encyclopädie §. 262 u. a. O. Während nun die eigentliche Nationalökonomie bei Allgemeinheiten ſtehen bleibt, tritt mit unſerem Jahrhundert die Frage auf, ob die Freiheit der Privatwirthſchaft auch für die Forſtwirthſchaft gelten ſolle. Der Anfang des Jahrhunderts neigt ſich in ſeiner Literatur dem Princip der Freiheit zu (vergl. Literatur bei Mohl a. a. O. §. 142); mit den zwanziger Jahren dagegen ſiegt der Grundſatz der Nothwendigkeit eines geſetzlichen Forſtweſens, dem vor allem in Verbindung mit gründlicher Forſtwirthſchaftslehre Hundeshagen in dem Hauptwerk Lehrbuch der Forſt- polizei ſeit 1835 zum Siege hilft. Dieſer Grundſatz iſt jetzt der gemein- gültige, und liegt den neueren Arbeiten von Mohl a. a. O., Rau, Volks- wirthſchaftspflege II. §. 168 ff. zum Grunde, während er durch die neuen Forſtlehranſtalten immer größere Geltung empfängt und in den Forſtgeſetz- gebungen entſchiedene Anerkennung findet. — Die Verwaltungslehre nun muß feſthalten, daß ſie alle techniſchen und volkswirthſchaftlichen Grundſätze voraus- zuſetzen und nur die Momente darzuſtellen hat, in denen das Geſammtintereſſe gegenüber dem Recht und Intereſſe der Einzelwirthſchaft zur Geltung gelangt.
Elemente der Geſchichte des Forſtweſens.
Die Geſchichte des Forſtweſens iſt nun die allmälige Entwicklung des Sieges der Ideen des öffentlichen Rechts über das Princip der freien Einzelverwaltung. Ihre Stadien zeichnen ſich deßhalb bei großer Thätigkeit der einzelnen Geſetzgebung im Ganzen klar ab. Wir nennen ſie die Epoche des Forſtregals, die der Forſthoheit, und die des Forſt- weſens.
In der Epoche des Forſtregals ſchließt ſich der Gedanke der Herrſchaft des Staats über die Forſtwirthſchaft an die allerdings falſche Vorſtellung von einem Recht des Obereigenthums der Krone an allen Waldungen; der Streit über die Gränze des öffentlichen und Privatrechts erzeugt damit das Syſtem und die Lehre vom Forſtrecht mit ſeinen Forſtgerichten, Bann- und Jagdrechten, Servituten und Gemeinheitsrechten.
In der Epoche der Forſthoheit, die mit der Polizeiwiſſenſchaft des vorigen Jahrhunderts ihre feſte Geſtalt gewinnt, ſiegt die Erkennt- niß, daß die Regierung vermöge des öffentlichen Intereſſes die Berechtigung zu geſetzlicher und polizeilicher Ordnung des Forſtweſens habe. Daraus entſtehen ſeit dem ſiebenzehnten Jahrhundert die Forſt- ordnungen und Forſtgeſetze nebſt der Organiſation eigener Forſt- ämter; zugleich aber ſcheidet ſich die Bewirthſchaftung der Staats- forſte als eigentlicher Gegenſtand der Cameralwiſſenſchaft aus, und das Forſtweſen findet in ihr ſeinen Schwerpunkt, während das Forſt- recht ziemlich in ſeiner Entwicklung ſtillſteht.
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 21
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0345"n="321"/>
techniſche Forſtwirthſchaftslehre als Gebiet der eigentlichen Cameralwiſſenſchaft;<lb/>
namentlich <hirendition="#g">Baumſtark</hi>, Encyclopädie §. 262 u. a. O. Während nun die<lb/>
eigentliche Nationalökonomie bei Allgemeinheiten ſtehen bleibt, tritt mit unſerem<lb/>
Jahrhundert die Frage auf, ob die Freiheit der Privatwirthſchaft auch für die<lb/>
Forſtwirthſchaft gelten ſolle. Der Anfang des Jahrhunderts neigt ſich in ſeiner<lb/>
Literatur dem Princip der Freiheit zu (vergl. Literatur bei <hirendition="#g">Mohl</hi> a. a. O. §. 142);<lb/>
mit den zwanziger Jahren dagegen ſiegt der Grundſatz der Nothwendigkeit<lb/>
eines geſetzlichen Forſtweſens, dem vor allem in Verbindung mit gründlicher<lb/>
Forſtwirthſchaftslehre <hirendition="#g">Hundeshagen</hi> in dem Hauptwerk <hirendition="#g">Lehrbuch der Forſt-<lb/>
polizei</hi>ſeit 1835 zum Siege hilft. Dieſer Grundſatz iſt jetzt der gemein-<lb/>
gültige, und liegt den neueren Arbeiten von <hirendition="#g">Mohl</hi> a. a. O., <hirendition="#g">Rau</hi>, Volks-<lb/>
wirthſchaftspflege <hirendition="#aq">II.</hi> §. 168 ff. zum Grunde, während er durch die neuen<lb/>
Forſtlehranſtalten immer größere Geltung empfängt und in den Forſtgeſetz-<lb/>
gebungen entſchiedene Anerkennung findet. — Die Verwaltungslehre nun muß<lb/>
feſthalten, daß ſie alle techniſchen und volkswirthſchaftlichen Grundſätze <hirendition="#g">voraus-<lb/>
zuſetzen</hi> und nur die Momente darzuſtellen hat, in denen das Geſammtintereſſe<lb/>
gegenüber dem Recht und Intereſſe der Einzelwirthſchaft zur Geltung gelangt.</p></div><lb/><divn="6"><head><hirendition="#g">Elemente der Geſchichte des Forſtweſens</hi>.</head><lb/><p>Die Geſchichte des Forſtweſens iſt nun die allmälige Entwicklung<lb/>
des Sieges der Ideen des öffentlichen Rechts über das Princip der<lb/>
freien Einzelverwaltung. Ihre Stadien zeichnen ſich deßhalb bei großer<lb/>
Thätigkeit der einzelnen Geſetzgebung im Ganzen klar ab. Wir nennen<lb/>ſie die Epoche des Forſtregals, die der Forſthoheit, und die des Forſt-<lb/>
weſens.</p><lb/><p>In der Epoche des <hirendition="#g">Forſtregals</hi>ſchließt ſich der Gedanke der<lb/>
Herrſchaft des Staats über die Forſtwirthſchaft an die allerdings<lb/>
falſche Vorſtellung von einem Recht des Obereigenthums der Krone an<lb/>
allen Waldungen; der Streit über die Gränze des öffentlichen und<lb/>
Privatrechts erzeugt damit das Syſtem und die Lehre vom <hirendition="#g">Forſtrecht</hi><lb/>
mit ſeinen Forſtgerichten, Bann- und Jagdrechten, Servituten und<lb/>
Gemeinheitsrechten.</p><lb/><p>In der Epoche der <hirendition="#g">Forſthoheit</hi>, die mit der Polizeiwiſſenſchaft<lb/>
des vorigen Jahrhunderts ihre feſte Geſtalt gewinnt, ſiegt die Erkennt-<lb/>
niß, daß die Regierung vermöge des <hirendition="#g">öffentlichen Intereſſes</hi> die<lb/>
Berechtigung zu geſetzlicher und polizeilicher Ordnung des Forſtweſens<lb/>
habe. Daraus entſtehen ſeit dem ſiebenzehnten Jahrhundert die <hirendition="#g">Forſt-<lb/>
ordnungen</hi> und <hirendition="#g">Forſtgeſetze</hi> nebſt der Organiſation eigener Forſt-<lb/>
ämter; zugleich aber ſcheidet ſich die Bewirthſchaftung der <hirendition="#g">Staats-<lb/>
forſte</hi> als eigentlicher Gegenſtand der Cameralwiſſenſchaft aus, und<lb/>
das Forſtweſen findet in ihr ſeinen Schwerpunkt, während das Forſt-<lb/>
recht ziemlich in ſeiner Entwicklung ſtillſteht.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Stein</hi>, Handbuch der Verwaltungslehre. 21</fw><lb/></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[321/0345]
techniſche Forſtwirthſchaftslehre als Gebiet der eigentlichen Cameralwiſſenſchaft;
namentlich Baumſtark, Encyclopädie §. 262 u. a. O. Während nun die
eigentliche Nationalökonomie bei Allgemeinheiten ſtehen bleibt, tritt mit unſerem
Jahrhundert die Frage auf, ob die Freiheit der Privatwirthſchaft auch für die
Forſtwirthſchaft gelten ſolle. Der Anfang des Jahrhunderts neigt ſich in ſeiner
Literatur dem Princip der Freiheit zu (vergl. Literatur bei Mohl a. a. O. §. 142);
mit den zwanziger Jahren dagegen ſiegt der Grundſatz der Nothwendigkeit
eines geſetzlichen Forſtweſens, dem vor allem in Verbindung mit gründlicher
Forſtwirthſchaftslehre Hundeshagen in dem Hauptwerk Lehrbuch der Forſt-
polizei ſeit 1835 zum Siege hilft. Dieſer Grundſatz iſt jetzt der gemein-
gültige, und liegt den neueren Arbeiten von Mohl a. a. O., Rau, Volks-
wirthſchaftspflege II. §. 168 ff. zum Grunde, während er durch die neuen
Forſtlehranſtalten immer größere Geltung empfängt und in den Forſtgeſetz-
gebungen entſchiedene Anerkennung findet. — Die Verwaltungslehre nun muß
feſthalten, daß ſie alle techniſchen und volkswirthſchaftlichen Grundſätze voraus-
zuſetzen und nur die Momente darzuſtellen hat, in denen das Geſammtintereſſe
gegenüber dem Recht und Intereſſe der Einzelwirthſchaft zur Geltung gelangt.
Elemente der Geſchichte des Forſtweſens.
Die Geſchichte des Forſtweſens iſt nun die allmälige Entwicklung
des Sieges der Ideen des öffentlichen Rechts über das Princip der
freien Einzelverwaltung. Ihre Stadien zeichnen ſich deßhalb bei großer
Thätigkeit der einzelnen Geſetzgebung im Ganzen klar ab. Wir nennen
ſie die Epoche des Forſtregals, die der Forſthoheit, und die des Forſt-
weſens.
In der Epoche des Forſtregals ſchließt ſich der Gedanke der
Herrſchaft des Staats über die Forſtwirthſchaft an die allerdings
falſche Vorſtellung von einem Recht des Obereigenthums der Krone an
allen Waldungen; der Streit über die Gränze des öffentlichen und
Privatrechts erzeugt damit das Syſtem und die Lehre vom Forſtrecht
mit ſeinen Forſtgerichten, Bann- und Jagdrechten, Servituten und
Gemeinheitsrechten.
In der Epoche der Forſthoheit, die mit der Polizeiwiſſenſchaft
des vorigen Jahrhunderts ihre feſte Geſtalt gewinnt, ſiegt die Erkennt-
niß, daß die Regierung vermöge des öffentlichen Intereſſes die
Berechtigung zu geſetzlicher und polizeilicher Ordnung des Forſtweſens
habe. Daraus entſtehen ſeit dem ſiebenzehnten Jahrhundert die Forſt-
ordnungen und Forſtgeſetze nebſt der Organiſation eigener Forſt-
ämter; zugleich aber ſcheidet ſich die Bewirthſchaftung der Staats-
forſte als eigentlicher Gegenſtand der Cameralwiſſenſchaft aus, und
das Forſtweſen findet in ihr ſeinen Schwerpunkt, während das Forſt-
recht ziemlich in ſeiner Entwicklung ſtillſteht.
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 21
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/345>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.