Interesse der Volkswirthschaft die Grundsätze der Forstwirthschaft voll- zieht; daß zweitens die Waldbestände in jedem Reich statistisch auf- genommen werden müssen, um diejenigen auszuscheiden, welche nicht fähig sind, eine dauernde Wirthschaft zuzulassen, und diese der Privat- wirthschaft mit unbeschränkter Freiheit zu überlassen; endlich aber diejenigen, welche dadurch ihr Eigenthumsrecht verlieren, in derselben Weise zu entschädigen, wie bei der Grundentlastung und der Ab- lösung.
So lange dieser Grundsatz nicht durchgeführt, und die gesammte Forstwirthschaft nicht als Ein großes, einheitlich behandeltes Verwal- tungsgebiet behandelt wird, bleibt die Idee des Forstwesens unfertig, so weit auch die Theorie und Praxis der Forstwirthschaft sonst fort- geschritten sein mag. In der That ist noch die Geschichte des Forst- wesens die langsame, aber sichere Entwicklung dieses Gedankens, der bis jetzt seinen Hauptausdruck in zwei Grundsätzen hat: erstlich darin, daß die Staatsforste die Musterwirthschaft für die Privatforstwirthschaft sei, und zweitens daß die letztere ohne sie gezwungen ist, bei der Rodung die Zustimmung der Forstverwaltung zu suchen. Geht man aber von dem obigen Gesichtspunkt aus, so ist das eigentliche System des Forst- wesens sehr einfach.
Die vielfache Unklarheit sowohl in Gesetz als Theorie über die Geltung gewisser öffentlich-rechtlicher Bestimmungen (z. B. Forstpolizei, Forstabtrag) auch für die Privatwirthschaft zeigt in der That, daß wir dem obigen Gedanken näher stehen als wir glauben. Die jährlich steigenden Holzpreise werden ihn nur zu bald praktisch machen. Sehr bedeutsam ist daher die klare Be- stimmung des Code forestier, welche zuerst alle Forste in Reichs-, Communal- und Privatforste getheilt und den Grundsatz ausgesprochen hat, daß die ersteren unbedingt dem "regime forestier" unterworfen sein sollen (T. I. 1). Darnach das österreichische Forstgesetz von 1852 I. 1.
B. Die Entwicklung dieses Princips zum eigentlichen System zer- fällt nun in drei Theile.
I. Die Forstbehörden und ihr Organismus sind bisher nur für die Staatsforsten da gewesen. Sie sollen demnach das Forstwesen des ganzen Reiches verwalten.
Aeltere Ordnungen: Berg a. a. O. Neuere: Oesterreich: Organisirung 1850; StubenrauchI. §. 18. Forstgesetz 5. Abschn. Ausführliche Instruk- tionen: Manzsche Ausg. S. 43 f. -- Preußen: Zutheilung der Inspektionen zu den Regierungen (RönneII. 255 und 240). -- Frankreich: Code forest. Art. 1 und Decret vom 6. Mai 1854 (drei Administratoren unter dem Finanz- minister, und örtliche Inspektionsbezirke). So wie das obige Princip des Forst- wesens angenommen wird, werden dann zwei Dinge nothwendig: erstlich
Intereſſe der Volkswirthſchaft die Grundſätze der Forſtwirthſchaft voll- zieht; daß zweitens die Waldbeſtände in jedem Reich ſtatiſtiſch auf- genommen werden müſſen, um diejenigen auszuſcheiden, welche nicht fähig ſind, eine dauernde Wirthſchaft zuzulaſſen, und dieſe der Privat- wirthſchaft mit unbeſchränkter Freiheit zu überlaſſen; endlich aber diejenigen, welche dadurch ihr Eigenthumsrecht verlieren, in derſelben Weiſe zu entſchädigen, wie bei der Grundentlaſtung und der Ab- löſung.
So lange dieſer Grundſatz nicht durchgeführt, und die geſammte Forſtwirthſchaft nicht als Ein großes, einheitlich behandeltes Verwal- tungsgebiet behandelt wird, bleibt die Idee des Forſtweſens unfertig, ſo weit auch die Theorie und Praxis der Forſtwirthſchaft ſonſt fort- geſchritten ſein mag. In der That iſt noch die Geſchichte des Forſt- weſens die langſame, aber ſichere Entwicklung dieſes Gedankens, der bis jetzt ſeinen Hauptausdruck in zwei Grundſätzen hat: erſtlich darin, daß die Staatsforſte die Muſterwirthſchaft für die Privatforſtwirthſchaft ſei, und zweitens daß die letztere ohne ſie gezwungen iſt, bei der Rodung die Zuſtimmung der Forſtverwaltung zu ſuchen. Geht man aber von dem obigen Geſichtspunkt aus, ſo iſt das eigentliche Syſtem des Forſt- weſens ſehr einfach.
Die vielfache Unklarheit ſowohl in Geſetz als Theorie über die Geltung gewiſſer öffentlich-rechtlicher Beſtimmungen (z. B. Forſtpolizei, Forſtabtrag) auch für die Privatwirthſchaft zeigt in der That, daß wir dem obigen Gedanken näher ſtehen als wir glauben. Die jährlich ſteigenden Holzpreiſe werden ihn nur zu bald praktiſch machen. Sehr bedeutſam iſt daher die klare Be- ſtimmung des Code forestier, welche zuerſt alle Forſte in Reichs-, Communal- und Privatforſte getheilt und den Grundſatz ausgeſprochen hat, daß die erſteren unbedingt dem „régime forestier“ unterworfen ſein ſollen (T. I. 1). Darnach das öſterreichiſche Forſtgeſetz von 1852 I. 1.
B. Die Entwicklung dieſes Princips zum eigentlichen Syſtem zer- fällt nun in drei Theile.
I. Die Forſtbehörden und ihr Organismus ſind bisher nur für die Staatsforſten da geweſen. Sie ſollen demnach das Forſtweſen des ganzen Reiches verwalten.
Aeltere Ordnungen: Berg a. a. O. Neuere: Oeſterreich: Organiſirung 1850; StubenrauchI. §. 18. Forſtgeſetz 5. Abſchn. Ausführliche Inſtruk- tionen: Manzſche Ausg. S. 43 f. — Preußen: Zutheilung der Inſpektionen zu den Regierungen (RönneII. 255 und 240). — Frankreich: Code forest. Art. 1 und Decret vom 6. Mai 1854 (drei Adminiſtratoren unter dem Finanz- miniſter, und örtliche Inſpektionsbezirke). So wie das obige Princip des Forſt- weſens angenommen wird, werden dann zwei Dinge nothwendig: erſtlich
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Intereſſe der Volkswirthſchaft die Grundſätze der Forſtwirthſchaft voll-
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fähig ſind, eine dauernde Wirthſchaft zuzulaſſen, und dieſe der Privat-
wirthſchaft mit unbeſchränkter Freiheit zu überlaſſen; endlich aber
diejenigen, welche dadurch ihr Eigenthumsrecht verlieren, in derſelben
Weiſe zu entſchädigen, wie bei der Grundentlaſtung und der Ab-
löſung.
So lange dieſer Grundſatz nicht durchgeführt, und die geſammte
Forſtwirthſchaft nicht als Ein großes, einheitlich behandeltes Verwal-
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ſo weit auch die Theorie und Praxis der Forſtwirthſchaft ſonſt fort-
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weſens die langſame, aber ſichere Entwicklung dieſes Gedankens, der bis
jetzt ſeinen Hauptausdruck in zwei Grundſätzen hat: erſtlich darin, daß
die Staatsforſte die Muſterwirthſchaft für die Privatforſtwirthſchaft ſei,
und zweitens daß die letztere ohne ſie gezwungen iſt, bei der Rodung
die Zuſtimmung der Forſtverwaltung zu ſuchen. Geht man aber von
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näher ſtehen als wir glauben. Die jährlich ſteigenden Holzpreiſe werden
ihn nur zu bald praktiſch machen. Sehr bedeutſam iſt daher die klare Be-
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und Privatforſte getheilt und den Grundſatz ausgeſprochen hat, daß die erſteren
unbedingt dem „régime forestier“ unterworfen ſein ſollen (T. I. 1). Darnach
das öſterreichiſche Forſtgeſetz von 1852 I. 1.
B. Die Entwicklung dieſes Princips zum eigentlichen Syſtem zer-
fällt nun in drei Theile.
I. Die Forſtbehörden und ihr Organismus ſind bisher nur
für die Staatsforſten da geweſen. Sie ſollen demnach das Forſtweſen
des ganzen Reiches verwalten.
Aeltere Ordnungen: Berg a. a. O. Neuere: Oeſterreich: Organiſirung
1850; Stubenrauch I. §. 18. Forſtgeſetz 5. Abſchn. Ausführliche Inſtruk-
tionen: Manzſche Ausg. S. 43 f. — Preußen: Zutheilung der Inſpektionen
zu den Regierungen (Rönne II. 255 und 240). — Frankreich: Code forest.
Art. 1 und Decret vom 6. Mai 1854 (drei Adminiſtratoren unter dem Finanz-
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weſens angenommen wird, werden dann zwei Dinge nothwendig: erſtlich
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/347>, abgerufen am 17.06.2024.
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