gewisse Grundstücke, namentlich der Wald, ihre volle Benützung erzielen. Aus dem ersten geht die volle Freiheit der Jagd hervor, aus dem zweiten die Beschränkung derselben im allgemeinen Interesse. Die öffentlich rechtliche Ordnung, die daraus entsteht, bildet das Jagd- wesen.
Auch das Jagdwesen hat bekanntlich seine Geschichte, und zwar hängt dieselbe innig mit der allgemeinen Geschichte der Gesellschaft zu- sammen. Darin liegen Interesse und Bedeutung derselben. Die Ge- schlechterordnung erkennt das Jagdrecht als selbstverständlich mit dem Grund und Boden verbunden. Mit der Trennung der herrschenden Classe derselben von der beherrschten, des Adels vom Bauern, trennt sich auch die Jagd vom Grundbesitz; der Bauer verliert sie und die Grundherrlichkeit gewinnt sie. Die Idee, daß alle Grundherrlichkeit als Lehn vom Souverain abstamme, erzeugt die Vorstellung vom Jagdregal; die wachsende Unfreiheit der niederen bäuerlichen Classe die Jagdservituten, Jagddienste und Frohnden; aus der entstehen- den landesherrlichen Gewalt geht dagegen der Gedanke der Jagdhoheit als des Rechts derselben auf Gesetzgebung und Verwaltung der Jagd hervor, die dann aber erst zur wahren Bedeutung und Thätigkeit ge- langt, als die Grundentlastung die Freiheit alles Grundes, also auch principiell die der Benützung derselben durch die Jagd herstellt. Jetzt erst gibt es eine eigentliche Jagdgesetzgebung. Das Princip der- selben ist die Herstellung der Bedingungen, unter denen auch bei dem Jagdrecht auf eigenem Grund und Boden die Jagd als ein Pro- duktionszweig des allgemeinen Interesses erhalten werden kann. Als diese drei Bedingungen erscheinen die Hegezeit, die Herstellung angemessener Jagdreviere, und der Grundsatz der Ausübung des Jagdrechts für die letzteren durch Verpachtung, namentlich bei den Gemeinden, während die Jagd auf Raubthiere der Polizei der Landwirthschaft angehört. Die Annahme des obigen Systems des Forstwesens würde diese Fragen in hohem Grade vereinfachen. Die Grundsätze der Jagdverwaltung sind dabei ein Theil der Forstwissenschaft.
Literatur der Geschichte des Jagdrechts: Fischer, Cameral- und Polizei- recht II. 847 ff. sehr reich; Mittermaier deutsches Privatrecht I. §. 213--218; Berg, Polizeirecht III. S. 376 (rationeller Standpunkt). Neuerer rechtlicher Standpunkt: Klüber, öffentliches Recht §. 455 ff. nebst reicher Literatur. Volkswirthschaftlich: Rau, Volkswirthschaftspflege I. §. 174; RoscherII. §. 173. Technisch: Baumstark §. 246 ff. Sehr gut und gründlich mit Angabe der neuesten Gesetzgebung: Brünneck, das heutige deutsche Jagdrecht und das Eigenthumsrecht am Wild (s. Archiv für Civilpraxis Bd. 48 Heft 1. S. 80 ff. Neue Gesetze: Oesterreich: Jagdfreiheit (Patent vom 7. März 1849). Jagdpolizei:
gewiſſe Grundſtücke, namentlich der Wald, ihre volle Benützung erzielen. Aus dem erſten geht die volle Freiheit der Jagd hervor, aus dem zweiten die Beſchränkung derſelben im allgemeinen Intereſſe. Die öffentlich rechtliche Ordnung, die daraus entſteht, bildet das Jagd- weſen.
Auch das Jagdweſen hat bekanntlich ſeine Geſchichte, und zwar hängt dieſelbe innig mit der allgemeinen Geſchichte der Geſellſchaft zu- ſammen. Darin liegen Intereſſe und Bedeutung derſelben. Die Ge- ſchlechterordnung erkennt das Jagdrecht als ſelbſtverſtändlich mit dem Grund und Boden verbunden. Mit der Trennung der herrſchenden Claſſe derſelben von der beherrſchten, des Adels vom Bauern, trennt ſich auch die Jagd vom Grundbeſitz; der Bauer verliert ſie und die Grundherrlichkeit gewinnt ſie. Die Idee, daß alle Grundherrlichkeit als Lehn vom Souverain abſtamme, erzeugt die Vorſtellung vom Jagdregal; die wachſende Unfreiheit der niederen bäuerlichen Claſſe die Jagdſervituten, Jagddienſte und Frohnden; aus der entſtehen- den landesherrlichen Gewalt geht dagegen der Gedanke der Jagdhoheit als des Rechts derſelben auf Geſetzgebung und Verwaltung der Jagd hervor, die dann aber erſt zur wahren Bedeutung und Thätigkeit ge- langt, als die Grundentlaſtung die Freiheit alles Grundes, alſo auch principiell die der Benützung derſelben durch die Jagd herſtellt. Jetzt erſt gibt es eine eigentliche Jagdgeſetzgebung. Das Princip der- ſelben iſt die Herſtellung der Bedingungen, unter denen auch bei dem Jagdrecht auf eigenem Grund und Boden die Jagd als ein Pro- duktionszweig des allgemeinen Intereſſes erhalten werden kann. Als dieſe drei Bedingungen erſcheinen die Hegezeit, die Herſtellung angemeſſener Jagdreviere, und der Grundſatz der Ausübung des Jagdrechts für die letzteren durch Verpachtung, namentlich bei den Gemeinden, während die Jagd auf Raubthiere der Polizei der Landwirthſchaft angehört. Die Annahme des obigen Syſtems des Forſtweſens würde dieſe Fragen in hohem Grade vereinfachen. Die Grundſätze der Jagdverwaltung ſind dabei ein Theil der Forſtwiſſenſchaft.
Literatur der Geſchichte des Jagdrechts: Fiſcher, Cameral- und Polizei- recht II. 847 ff. ſehr reich; Mittermaier deutſches Privatrecht I. §. 213—218; Berg, Polizeirecht III. S. 376 (rationeller Standpunkt). Neuerer rechtlicher Standpunkt: Klüber, öffentliches Recht §. 455 ff. nebſt reicher Literatur. Volkswirthſchaftlich: Rau, Volkswirthſchaftspflege I. §. 174; RoſcherII. §. 173. Techniſch: Baumſtark §. 246 ff. Sehr gut und gründlich mit Angabe der neueſten Geſetzgebung: Brünneck, das heutige deutſche Jagdrecht und das Eigenthumsrecht am Wild (ſ. Archiv für Civilpraxis Bd. 48 Heft 1. S. 80 ff. Neue Geſetze: Oeſterreich: Jagdfreiheit (Patent vom 7. März 1849). Jagdpolizei:
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gewiſſe Grundſtücke, namentlich der Wald, ihre volle Benützung erzielen.
Aus dem erſten geht die volle Freiheit der Jagd hervor, aus dem
zweiten die Beſchränkung derſelben im allgemeinen Intereſſe. Die
öffentlich rechtliche Ordnung, die daraus entſteht, bildet das Jagd-
weſen.
Auch das Jagdweſen hat bekanntlich ſeine Geſchichte, und zwar
hängt dieſelbe innig mit der allgemeinen Geſchichte der Geſellſchaft zu-
ſammen. Darin liegen Intereſſe und Bedeutung derſelben. Die Ge-
ſchlechterordnung erkennt das Jagdrecht als ſelbſtverſtändlich mit dem
Grund und Boden verbunden. Mit der Trennung der herrſchenden
Claſſe derſelben von der beherrſchten, des Adels vom Bauern, trennt
ſich auch die Jagd vom Grundbeſitz; der Bauer verliert ſie und die
Grundherrlichkeit gewinnt ſie. Die Idee, daß alle Grundherrlichkeit
als Lehn vom Souverain abſtamme, erzeugt die Vorſtellung vom
Jagdregal; die wachſende Unfreiheit der niederen bäuerlichen Claſſe
die Jagdſervituten, Jagddienſte und Frohnden; aus der entſtehen-
den landesherrlichen Gewalt geht dagegen der Gedanke der Jagdhoheit
als des Rechts derſelben auf Geſetzgebung und Verwaltung der Jagd
hervor, die dann aber erſt zur wahren Bedeutung und Thätigkeit ge-
langt, als die Grundentlaſtung die Freiheit alles Grundes, alſo auch
principiell die der Benützung derſelben durch die Jagd herſtellt. Jetzt
erſt gibt es eine eigentliche Jagdgeſetzgebung. Das Princip der-
ſelben iſt die Herſtellung der Bedingungen, unter denen auch bei
dem Jagdrecht auf eigenem Grund und Boden die Jagd als ein Pro-
duktionszweig des allgemeinen Intereſſes erhalten werden kann.
Als dieſe drei Bedingungen erſcheinen die Hegezeit, die Herſtellung
angemeſſener Jagdreviere, und der Grundſatz der Ausübung des
Jagdrechts für die letzteren durch Verpachtung, namentlich bei den
Gemeinden, während die Jagd auf Raubthiere der Polizei der
Landwirthſchaft angehört. Die Annahme des obigen Syſtems des
Forſtweſens würde dieſe Fragen in hohem Grade vereinfachen. Die
Grundſätze der Jagdverwaltung ſind dabei ein Theil der Forſtwiſſenſchaft.
Literatur der Geſchichte des Jagdrechts: Fiſcher, Cameral- und Polizei-
recht II. 847 ff. ſehr reich; Mittermaier deutſches Privatrecht I. §. 213—218;
Berg, Polizeirecht III. S. 376 (rationeller Standpunkt). Neuerer rechtlicher
Standpunkt: Klüber, öffentliches Recht §. 455 ff. nebſt reicher Literatur.
Volkswirthſchaftlich: Rau, Volkswirthſchaftspflege I. §. 174; Roſcher II. §. 173.
Techniſch: Baumſtark §. 246 ff. Sehr gut und gründlich mit Angabe der
neueſten Geſetzgebung: Brünneck, das heutige deutſche Jagdrecht und das
Eigenthumsrecht am Wild (ſ. Archiv für Civilpraxis Bd. 48 Heft 1. S. 80 ff. Neue
Geſetze: Oeſterreich: Jagdfreiheit (Patent vom 7. März 1849). Jagdpolizei:
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/350>, abgerufen am 22.11.2024.
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