ist. Dabei theilt sich das europäische Majoratsrecht in drei große Systeme. Das englische Recht ist das des Entail. Das alte Princip: "Jus descendit ad primogenitum" ist kein englischer, sondern ein europäisch-germanischer Grundsatz der Geschlechterordnung. Die frühe Entwicklung der staatsbürgerlichen Gesellschaft in England hat nun hier zuerst das Testament auch bei dem Grund- besitz eingeführt (32. Henry VIII. c. 1). Das Stat. 24. Charl. II. 12. hat das Lehenseigenthum des Königs aufgehoben, aber an dem Erbrecht nichts ge- ändert. Der Grundsatz des englischen Testamenterbrechts ist: "daß der Erb- lasser den Grundbesitz vererben kann auf die Zeit von einem oder mehreren lebenden Erben oder für einundzwanzig Jahre nach dem Tode des über- lebenden Erben" (vergl. Eisenlohr a. a. O. S. 196 ff.). -- In Frank- reich bereits seit dem 16. Jahrhundert Versuche die Errichtung von Majoraten zu beschränken. Das Gesetz vom 14. Nov. 1792 hebt die Majorate absolut auf; der Code Nap. (1804) behält die Aufhebung bei; aber das Decret vom 30. März 1806, das Gesetz vom 17. Mai 1806 erweiterte das Napoleonische Princip zum Rechte jedes Einzelnen, nach englischem Muster die Substitution bis zur zweiten Linie testamentarisch auszudehnen. Ein Senatus-Consult vom 30. Aug. stellte die Majorate jedoch nur als "Gnadenakt des Kaisers" wieder her. Das Gesetz vom 12. Mai 1835 verbot dann definitiv die Errichtung neuer Fideicommisse; das Gesetz vom 7. Mai 1849 hob das Gesetz von 1806 auf, so daß jetzt der ursprüngliche Standpunkt des Code Nap. wieder gilt. So ist das Geschlechter-Erbrecht in Frankreich aufgehoben. -- In Deutsch- land dagegen besteht es noch zum Theil als integrirender Bestandtheil des öffentlichen und bürgerlichen Rechts fort. -- In Preußen anerkannt im Allgem. Landrecht II. 4. 72. 73, und jedem gestattet (ebend. 47); darüber eine Reihe von einzelnen Bestimmungen RönneI. §. 95; das Recht auf Familien- beschlüsse allgemein (Gesetz vom 15. Febr. 1840). -- Bayern: Errichtung der Majorate (Edikt vom 28. Juli 1808 und 22. Dec. 1811); erhalten in der Verfassung von 1818, Beil. VII; vergl. Pözl, Verfassungsrecht §. 47. 48. -- Oesterreich, Princip: Errichtung nur durch besondere Bewilligung des Landes- herrn: Allgem. bürgerl. Gesetzbuch §. 627 nebst genauer Ausführung im Decret vom 13. Juli 1832, und ausführlich im Patent vom 9. Aug. 1854 über Er- richtung von Familienfideicommissen.
C. Das Berufsrecht.
Während sich nun die Geschlechterordnung noch immer in einzelnen Erscheinungen erhält, hat das Berufsrecht durch den Sieg der staats- bürgerlichen Gesellschaft ganz seinen ständischen Charakter bereits ver- loren. So wie der Beruf noch durch Corporationen vertreten ist, wie in Kirche und Wissenschaft, gehört das Berufsrecht dem ständischen Corporationsrecht an. So weit aber der Beruf jetzt noch als selb- ständige Lebensaufgabe auftritt, ist er kein ständisches Ganze mehr, empfängt er sein Sonderrecht aus dem Wesen des Berufes selbst,
iſt. Dabei theilt ſich das europäiſche Majoratsrecht in drei große Syſteme. Das engliſche Recht iſt das des Entail. Das alte Princip: „Jus descendit ad primogenitum“ iſt kein engliſcher, ſondern ein europäiſch-germaniſcher Grundſatz der Geſchlechterordnung. Die frühe Entwicklung der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft in England hat nun hier zuerſt das Teſtament auch bei dem Grund- beſitz eingeführt (32. Henry VIII. c. 1). Das Stat. 24. Charl. II. 12. hat das Lehenseigenthum des Königs aufgehoben, aber an dem Erbrecht nichts ge- ändert. Der Grundſatz des engliſchen Teſtamenterbrechts iſt: „daß der Erb- laſſer den Grundbeſitz vererben kann auf die Zeit von einem oder mehreren lebenden Erben oder für einundzwanzig Jahre nach dem Tode des über- lebenden Erben“ (vergl. Eiſenlohr a. a. O. S. 196 ff.). — In Frank- reich bereits ſeit dem 16. Jahrhundert Verſuche die Errichtung von Majoraten zu beſchränken. Das Geſetz vom 14. Nov. 1792 hebt die Majorate abſolut auf; der Code Nap. (1804) behält die Aufhebung bei; aber das Decret vom 30. März 1806, das Geſetz vom 17. Mai 1806 erweiterte das Napoleoniſche Princip zum Rechte jedes Einzelnen, nach engliſchem Muſter die Subſtitution bis zur zweiten Linie teſtamentariſch auszudehnen. Ein Senatus-Conſult vom 30. Aug. ſtellte die Majorate jedoch nur als „Gnadenakt des Kaiſers“ wieder her. Das Geſetz vom 12. Mai 1835 verbot dann definitiv die Errichtung neuer Fideicommiſſe; das Geſetz vom 7. Mai 1849 hob das Geſetz von 1806 auf, ſo daß jetzt der urſprüngliche Standpunkt des Code Nap. wieder gilt. So iſt das Geſchlechter-Erbrecht in Frankreich aufgehoben. — In Deutſch- land dagegen beſteht es noch zum Theil als integrirender Beſtandtheil des öffentlichen und bürgerlichen Rechts fort. — In Preußen anerkannt im Allgem. Landrecht II. 4. 72. 73, und jedem geſtattet (ebend. 47); darüber eine Reihe von einzelnen Beſtimmungen RönneI. §. 95; das Recht auf Familien- beſchlüſſe allgemein (Geſetz vom 15. Febr. 1840). — Bayern: Errichtung der Majorate (Edikt vom 28. Juli 1808 und 22. Dec. 1811); erhalten in der Verfaſſung von 1818, Beil. VII; vergl. Pözl, Verfaſſungsrecht §. 47. 48. — Oeſterreich, Princip: Errichtung nur durch beſondere Bewilligung des Landes- herrn: Allgem. bürgerl. Geſetzbuch §. 627 nebſt genauer Ausführung im Decret vom 13. Juli 1832, und ausführlich im Patent vom 9. Aug. 1854 über Er- richtung von Familienfideicommiſſen.
C. Das Berufsrecht.
Während ſich nun die Geſchlechterordnung noch immer in einzelnen Erſcheinungen erhält, hat das Berufsrecht durch den Sieg der ſtaats- bürgerlichen Geſellſchaft ganz ſeinen ſtändiſchen Charakter bereits ver- loren. So wie der Beruf noch durch Corporationen vertreten iſt, wie in Kirche und Wiſſenſchaft, gehört das Berufsrecht dem ſtändiſchen Corporationsrecht an. So weit aber der Beruf jetzt noch als ſelb- ſtändige Lebensaufgabe auftritt, iſt er kein ſtändiſches Ganze mehr, empfängt er ſein Sonderrecht aus dem Weſen des Berufes ſelbſt,
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Das engliſche Recht iſt das des Entail. Das alte Princip: „Jus descendit
ad primogenitum“ iſt kein engliſcher, ſondern ein europäiſch-germaniſcher
Grundſatz der Geſchlechterordnung. Die frühe Entwicklung der ſtaatsbürgerlichen
Geſellſchaft in England hat nun hier zuerſt das Teſtament auch bei dem Grund-
beſitz eingeführt (32. Henry VIII. c. 1). Das Stat. 24. Charl. II. 12. hat
das Lehenseigenthum des Königs aufgehoben, aber an dem Erbrecht nichts ge-
ändert. Der Grundſatz des engliſchen Teſtamenterbrechts iſt: „daß der Erb-
laſſer den Grundbeſitz vererben kann auf die Zeit von einem oder mehreren
lebenden Erben oder für einundzwanzig Jahre nach dem Tode des über-
lebenden Erben“ (vergl. Eiſenlohr a. a. O. S. 196 ff.). — In Frank-
reich bereits ſeit dem 16. Jahrhundert Verſuche die Errichtung von Majoraten
zu beſchränken. Das Geſetz vom 14. Nov. 1792 hebt die Majorate abſolut
auf; der Code Nap. (1804) behält die Aufhebung bei; aber das Decret vom
30. März 1806, das Geſetz vom 17. Mai 1806 erweiterte das Napoleoniſche
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neuer Fideicommiſſe; das Geſetz vom 7. Mai 1849 hob das Geſetz von 1806
auf, ſo daß jetzt der urſprüngliche Standpunkt des Code Nap. wieder gilt.
So iſt das Geſchlechter-Erbrecht in Frankreich aufgehoben. — In Deutſch-
land dagegen beſteht es noch zum Theil als integrirender Beſtandtheil des
öffentlichen und bürgerlichen Rechts fort. — In Preußen anerkannt im Allgem.
Landrecht II. 4. 72. 73, und jedem geſtattet (ebend. 47); darüber eine Reihe
von einzelnen Beſtimmungen Rönne I. §. 95; das Recht auf Familien-
beſchlüſſe allgemein (Geſetz vom 15. Febr. 1840). — Bayern: Errichtung
der Majorate (Edikt vom 28. Juli 1808 und 22. Dec. 1811); erhalten in der
Verfaſſung von 1818, Beil. VII; vergl. Pözl, Verfaſſungsrecht §. 47. 48. —
Oeſterreich, Princip: Errichtung nur durch beſondere Bewilligung des Landes-
herrn: Allgem. bürgerl. Geſetzbuch §. 627 nebſt genauer Ausführung im Decret
vom 13. Juli 1832, und ausführlich im Patent vom 9. Aug. 1854 über Er-
richtung von Familienfideicommiſſen.
C. Das Berufsrecht.
Während ſich nun die Geſchlechterordnung noch immer in einzelnen
Erſcheinungen erhält, hat das Berufsrecht durch den Sieg der ſtaats-
bürgerlichen Geſellſchaft ganz ſeinen ſtändiſchen Charakter bereits ver-
loren. So wie der Beruf noch durch Corporationen vertreten iſt,
wie in Kirche und Wiſſenſchaft, gehört das Berufsrecht dem ſtändiſchen
Corporationsrecht an. So weit aber der Beruf jetzt noch als ſelb-
ſtändige Lebensaufgabe auftritt, iſt er kein ſtändiſches Ganze mehr,
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/434>, abgerufen am 22.11.2024.
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