Hauptst. IX. Abtheil. 3; vergl. Hauptst. X. Abh. 3; dann Lotz, Staatswirth- schaft II. 278; systematisch entwickelt bei Mohl, Polizeiwissenschaft I. §. 46 ff. nebst reicher Literatur, namentlich über den Getreidehandel, Vorrathsmagazine (S. 306) u. s. w. Viel Material im Einzelnen bei Rau, Verwaltungspflege II. §. 313. Positives Recht Preußen: Princip der Aufhebung aller Taxen, Gewerbeordnung von 1845 §. 88, mit Ausnahme der örtlichen Brodtaxen (RönneII. 345). Vor- und Aufkauf an sich frei, jedoch Zulassung örtlicher Beschränkungen (Gewerbeordnung ebend. und Rönne a. a. O.). -- Oester- reich: Freiheit des Brodhandels zum Theil eingeführt; Aufhebung der Fleisch- taxe für Wien und Errichtung einer Fleischkasse seit 1850; örtliche weitere Be- stimmungen, StubenrauchII. 316--317. -- Bayern: gleichfalls örtliche Taxen, namentlich Biertaxen (Rau a. a. O. und Pözl, Verwaltungsrecht §. 99 ff.). -- Württemberg: Brodtaxenordnung (Verfügung vom 24. Mai 1864; Mohl, württemb. Verwaltungsrecht); Theurungspolizei §. 209 ff. Das bedeutendste Werk über dieß Gebiet Roscher, Kornhandel und Theurungs- polizei (3. Aufl. 1852) im Sinne der Freiheit, jedoch noch ohne Rücksicht auf positive Anstalten. -- Die Frage der Arbeiterwohnungen Gegenstand viel- facher Untersuchungen und Versuche, bis jetzt noch vorwaltend technischer Natur (vergl. namentlich über Wohnungsgenossenschaften Gierke, Genossenschaften S. 1069 ff.). Das reichste Material über die eigentliche Wohnungsfrage bei Em. Sax, die Wohnungszustände der arbeitenden Classen und ihre Reform, 1869.
b) Bettelpolizei und Arbeitshäuser.
Der Bettel entsteht, wo die individuelle Armuth sich an das in- dividuelle Gefühl wendet, um die individuelle Form der Unterstützung, das Almosen, zu empfangen. Seinem Wesen nach ist derselbe frei, so lange er in dieser Gränze der ganz individuellen Beziehung bleibt. Allein so wie er öffentlich auftritt, entweder als Straßenbettelei oder als Sammlung, tritt er in Widerspruch mit dem Grundsatz, daß die Unterstützung der Armuth Gegenstand der Verwaltung ist. Dieser Widerspruch liegt darin, daß bei dem Bettel das Maß für den Geber und die Gewißheit der wirklichen Noth für den Empfänger fehlen, und der öffentliche Bettel daher aus der Arbeitslosigkeit eine Einnahms- quelle macht. So wie daher das Armenwesen sich organisirt, beginnt der Bettel Gegenstand der Polizei zu werden, die um so energischer ist, je unsicherer überhaupt die öffentlichen Zustände erscheinen. Jede Bettelpolizei ist daher eine Verbindung von gesellschaftlicher und Sicher- heitspolizei. Die Gefährdung, welche der Bettel mit sich bringt, ver- bunden mit dem Gefühl des wirthschaftlichen Widerspruches, der bei geordnetem Armenwesen in ihm liegt, erzeugt dann den Satz, daß der Bettel und das mit ihm verbundene oder zu ihm führende Vagabundiren polizeilich strafbar sind. Diese Strafe erscheint bei unsicheren Zustän- den vorwaltend als peinlich. Strafe; so wie die Zustände sicher werden,
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 27
Hauptſt. IX. Abtheil. 3; vergl. Hauptſt. X. Abh. 3; dann Lotz, Staatswirth- ſchaft II. 278; ſyſtematiſch entwickelt bei Mohl, Polizeiwiſſenſchaft I. §. 46 ff. nebſt reicher Literatur, namentlich über den Getreidehandel, Vorrathsmagazine (S. 306) u. ſ. w. Viel Material im Einzelnen bei Rau, Verwaltungspflege II. §. 313. Poſitives Recht Preußen: Princip der Aufhebung aller Taxen, Gewerbeordnung von 1845 §. 88, mit Ausnahme der örtlichen Brodtaxen (RönneII. 345). Vor- und Aufkauf an ſich frei, jedoch Zulaſſung örtlicher Beſchränkungen (Gewerbeordnung ebend. und Rönne a. a. O.). — Oeſter- reich: Freiheit des Brodhandels zum Theil eingeführt; Aufhebung der Fleiſch- taxe für Wien und Errichtung einer Fleiſchkaſſe ſeit 1850; örtliche weitere Be- ſtimmungen, StubenrauchII. 316—317. — Bayern: gleichfalls örtliche Taxen, namentlich Biertaxen (Rau a. a. O. und Pözl, Verwaltungsrecht §. 99 ff.). — Württemberg: Brodtaxenordnung (Verfügung vom 24. Mai 1864; Mohl, württemb. Verwaltungsrecht); Theurungspolizei §. 209 ff. Das bedeutendſte Werk über dieß Gebiet Roſcher, Kornhandel und Theurungs- polizei (3. Aufl. 1852) im Sinne der Freiheit, jedoch noch ohne Rückſicht auf poſitive Anſtalten. — Die Frage der Arbeiterwohnungen Gegenſtand viel- facher Unterſuchungen und Verſuche, bis jetzt noch vorwaltend techniſcher Natur (vergl. namentlich über Wohnungsgenoſſenſchaften Gierke, Genoſſenſchaften S. 1069 ff.). Das reichſte Material über die eigentliche Wohnungsfrage bei Em. Sax, die Wohnungszuſtände der arbeitenden Claſſen und ihre Reform, 1869.
b) Bettelpolizei und Arbeitshäuſer.
Der Bettel entſteht, wo die individuelle Armuth ſich an das in- dividuelle Gefühl wendet, um die individuelle Form der Unterſtützung, das Almoſen, zu empfangen. Seinem Weſen nach iſt derſelbe frei, ſo lange er in dieſer Gränze der ganz individuellen Beziehung bleibt. Allein ſo wie er öffentlich auftritt, entweder als Straßenbettelei oder als Sammlung, tritt er in Widerſpruch mit dem Grundſatz, daß die Unterſtützung der Armuth Gegenſtand der Verwaltung iſt. Dieſer Widerſpruch liegt darin, daß bei dem Bettel das Maß für den Geber und die Gewißheit der wirklichen Noth für den Empfänger fehlen, und der öffentliche Bettel daher aus der Arbeitsloſigkeit eine Einnahms- quelle macht. So wie daher das Armenweſen ſich organiſirt, beginnt der Bettel Gegenſtand der Polizei zu werden, die um ſo energiſcher iſt, je unſicherer überhaupt die öffentlichen Zuſtände erſcheinen. Jede Bettelpolizei iſt daher eine Verbindung von geſellſchaftlicher und Sicher- heitspolizei. Die Gefährdung, welche der Bettel mit ſich bringt, ver- bunden mit dem Gefühl des wirthſchaftlichen Widerſpruches, der bei geordnetem Armenweſen in ihm liegt, erzeugt dann den Satz, daß der Bettel und das mit ihm verbundene oder zu ihm führende Vagabundiren polizeilich ſtrafbar ſind. Dieſe Strafe erſcheint bei unſicheren Zuſtän- den vorwaltend als peinlich. Strafe; ſo wie die Zuſtände ſicher werden,
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 27
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Hauptſt. IX. Abtheil. 3; vergl. Hauptſt. X. Abh. 3; dann Lotz, Staatswirth-
ſchaft II. 278; ſyſtematiſch entwickelt bei Mohl, Polizeiwiſſenſchaft I. §. 46 ff.
nebſt reicher Literatur, namentlich über den Getreidehandel, Vorrathsmagazine
(S. 306) u. ſ. w. Viel Material im Einzelnen bei Rau, Verwaltungspflege
II. §. 313. Poſitives Recht Preußen: Princip der Aufhebung aller Taxen,
Gewerbeordnung von 1845 §. 88, mit Ausnahme der örtlichen Brodtaxen
(Rönne II. 345). Vor- und Aufkauf an ſich frei, jedoch Zulaſſung örtlicher
Beſchränkungen (Gewerbeordnung ebend. und Rönne a. a. O.). — Oeſter-
reich: Freiheit des Brodhandels zum Theil eingeführt; Aufhebung der Fleiſch-
taxe für Wien und Errichtung einer Fleiſchkaſſe ſeit 1850; örtliche weitere Be-
ſtimmungen, Stubenrauch II. 316—317. — Bayern: gleichfalls örtliche
Taxen, namentlich Biertaxen (Rau a. a. O. und Pözl, Verwaltungsrecht
§. 99 ff.). — Württemberg: Brodtaxenordnung (Verfügung vom 24. Mai
1864; Mohl, württemb. Verwaltungsrecht); Theurungspolizei §. 209 ff. Das
bedeutendſte Werk über dieß Gebiet Roſcher, Kornhandel und Theurungs-
polizei (3. Aufl. 1852) im Sinne der Freiheit, jedoch noch ohne Rückſicht auf
poſitive Anſtalten. — Die Frage der Arbeiterwohnungen Gegenſtand viel-
facher Unterſuchungen und Verſuche, bis jetzt noch vorwaltend techniſcher Natur
(vergl. namentlich über Wohnungsgenoſſenſchaften Gierke, Genoſſenſchaften
S. 1069 ff.). Das reichſte Material über die eigentliche Wohnungsfrage bei
Em. Sax, die Wohnungszuſtände der arbeitenden Claſſen und ihre Reform, 1869.
b) Bettelpolizei und Arbeitshäuſer.
Der Bettel entſteht, wo die individuelle Armuth ſich an das in-
dividuelle Gefühl wendet, um die individuelle Form der Unterſtützung,
das Almoſen, zu empfangen. Seinem Weſen nach iſt derſelbe frei,
ſo lange er in dieſer Gränze der ganz individuellen Beziehung bleibt.
Allein ſo wie er öffentlich auftritt, entweder als Straßenbettelei
oder als Sammlung, tritt er in Widerſpruch mit dem Grundſatz, daß
die Unterſtützung der Armuth Gegenſtand der Verwaltung iſt. Dieſer
Widerſpruch liegt darin, daß bei dem Bettel das Maß für den Geber
und die Gewißheit der wirklichen Noth für den Empfänger fehlen,
und der öffentliche Bettel daher aus der Arbeitsloſigkeit eine Einnahms-
quelle macht. So wie daher das Armenweſen ſich organiſirt, beginnt
der Bettel Gegenſtand der Polizei zu werden, die um ſo energiſcher
iſt, je unſicherer überhaupt die öffentlichen Zuſtände erſcheinen. Jede
Bettelpolizei iſt daher eine Verbindung von geſellſchaftlicher und Sicher-
heitspolizei. Die Gefährdung, welche der Bettel mit ſich bringt, ver-
bunden mit dem Gefühl des wirthſchaftlichen Widerſpruches, der bei
geordnetem Armenweſen in ihm liegt, erzeugt dann den Satz, daß der
Bettel und das mit ihm verbundene oder zu ihm führende Vagabundiren
polizeilich ſtrafbar ſind. Dieſe Strafe erſcheint bei unſicheren Zuſtän-
den vorwaltend als peinlich. Strafe; ſo wie die Zuſtände ſicher werden,
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 27
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/441>, abgerufen am 22.11.2024.
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