monarchische Gesinnung so tief wurzelt, als im Beamtenstande. Kein Beamteter kann sich damit genügen lassen, bloß den trockenen Buch- staben des Gesetzes zu vollziehen. Wäre er nichts als das, so wäre er eben nur Mandatar der Gewalt, welche das Gesetz gibt; diese Gewalt aber ist einerseits vorwiegend der Ausdruck der herrschenden Interessen, andererseits hat sie selbst keineswegs alles mit wörtlichem Gesetze belegt. Das Amt muß daher in vielen Dingen, und fast immer in den kleinen Fragen, welche am innigsten mit dem Leben des Volks in Berührung stehen, im Geiste des Staats handeln. Dazu bedarf es eines Namens, eines Organes, eines Rechts, das diesen Geist des Staats ihm und dem Volke verkörpert; und das ist der König. Und es ist daher ein tiefes Mißverständniß der organischen Idee des Staates, jene innige Beziehung des Amtswesens zum Königthum nicht zu wollen oder gar anzugreifen. Wo das Amtswesen sich innerlich vom Königthum trennt, da ist nicht bloß Desorganisation, da ist eine tiefe, oft unheilbare Krank- heit im innersten Wesen des Staats vorhanden, und die Herrschaft der Sonderinteressen nahe bevorstehend.
b) Die Elemente seiner Geschichte.
Auf dieser Grundlage beruht nun auch die Geschichte des Amts- wesens im Ganzen, und indem wir jedem Theile des Amtswesens wieder seine Geschichte vindiciren, können wir eben für das Ganze nunmehr jene Grundzüge auch leicht bezeichnen.
Das Amtswesen entwickelt sich aus dem königlichen Dienste in der Zeit, in welcher das Königthum sich an die Spitze der Gesammt- interessen des Volkslebens stellt, und der königliche Dienst scheidet damit zwei Elemente, den eigentlichen Dienst des Königthums und das Amt. Nur muß man diese Gränze eben so wenig scharf ziehen wollen, als man das Gesammtinteresse von dem Sonderinteresse scharf trennen kann. Dennoch hat diese Sache ein festes Kriterium. So wie in der ständischen Ordnung der dritte Stand als der noch recht- und machtlose auftritt, schließt er sich als das Bürgerthum sofort an das Königthum. Damit zuerst erhält das letztere gleichsam eine Substanz für seine allgemeine Stellung, und die königlichen Dienste, welche Recht und Interesse des dritten Standes im Namen des Königs vertreten, bilden den Kern des ursprünglichen Beamtenstandes. Dieser Anfang ist noch sehr unklar und ungleichmäßig. Er gewinnt erst Gestalt, wo mit den Landständen die königliche Aufgabe eine bestimmtere wird. Der königliche Dienst hat jetzt diesen Ständen gegenüber schon die Idee des Staats zu vertreten; die Scheidung zwischen den Organen der Gesellschaftsordnung und der Regierung bildet sich aus; es sind mit den Ständen und den königlichen
monarchiſche Geſinnung ſo tief wurzelt, als im Beamtenſtande. Kein Beamteter kann ſich damit genügen laſſen, bloß den trockenen Buch- ſtaben des Geſetzes zu vollziehen. Wäre er nichts als das, ſo wäre er eben nur Mandatar der Gewalt, welche das Geſetz gibt; dieſe Gewalt aber iſt einerſeits vorwiegend der Ausdruck der herrſchenden Intereſſen, andererſeits hat ſie ſelbſt keineswegs alles mit wörtlichem Geſetze belegt. Das Amt muß daher in vielen Dingen, und faſt immer in den kleinen Fragen, welche am innigſten mit dem Leben des Volks in Berührung ſtehen, im Geiſte des Staats handeln. Dazu bedarf es eines Namens, eines Organes, eines Rechts, das dieſen Geiſt des Staats ihm und dem Volke verkörpert; und das iſt der König. Und es iſt daher ein tiefes Mißverſtändniß der organiſchen Idee des Staates, jene innige Beziehung des Amtsweſens zum Königthum nicht zu wollen oder gar anzugreifen. Wo das Amtsweſen ſich innerlich vom Königthum trennt, da iſt nicht bloß Desorganiſation, da iſt eine tiefe, oft unheilbare Krank- heit im innerſten Weſen des Staats vorhanden, und die Herrſchaft der Sonderintereſſen nahe bevorſtehend.
b) Die Elemente ſeiner Geſchichte.
Auf dieſer Grundlage beruht nun auch die Geſchichte des Amts- weſens im Ganzen, und indem wir jedem Theile des Amtsweſens wieder ſeine Geſchichte vindiciren, können wir eben für das Ganze nunmehr jene Grundzüge auch leicht bezeichnen.
Das Amtsweſen entwickelt ſich aus dem königlichen Dienſte in der Zeit, in welcher das Königthum ſich an die Spitze der Geſammt- intereſſen des Volkslebens ſtellt, und der königliche Dienſt ſcheidet damit zwei Elemente, den eigentlichen Dienſt des Königthums und das Amt. Nur muß man dieſe Gränze eben ſo wenig ſcharf ziehen wollen, als man das Geſammtintereſſe von dem Sonderintereſſe ſcharf trennen kann. Dennoch hat dieſe Sache ein feſtes Kriterium. So wie in der ſtändiſchen Ordnung der dritte Stand als der noch recht- und machtloſe auftritt, ſchließt er ſich als das Bürgerthum ſofort an das Königthum. Damit zuerſt erhält das letztere gleichſam eine Subſtanz für ſeine allgemeine Stellung, und die königlichen Dienſte, welche Recht und Intereſſe des dritten Standes im Namen des Königs vertreten, bilden den Kern des urſprünglichen Beamtenſtandes. Dieſer Anfang iſt noch ſehr unklar und ungleichmäßig. Er gewinnt erſt Geſtalt, wo mit den Landſtänden die königliche Aufgabe eine beſtimmtere wird. Der königliche Dienſt hat jetzt dieſen Ständen gegenüber ſchon die Idee des Staats zu vertreten; die Scheidung zwiſchen den Organen der Geſellſchaftsordnung und der Regierung bildet ſich aus; es ſind mit den Ständen und den königlichen
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monarchiſche Geſinnung ſo tief wurzelt, als im Beamtenſtande. Kein
Beamteter kann ſich damit genügen laſſen, bloß den trockenen Buch-
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eben nur Mandatar der Gewalt, welche das Geſetz gibt; dieſe Gewalt
aber iſt einerſeits vorwiegend der Ausdruck der herrſchenden Intereſſen,
andererſeits hat ſie ſelbſt keineswegs alles mit wörtlichem Geſetze belegt.
Das Amt muß daher in vielen Dingen, und faſt immer in den kleinen
Fragen, welche am innigſten mit dem Leben des Volks in Berührung
ſtehen, im Geiſte des Staats handeln. Dazu bedarf es eines Namens,
eines Organes, eines Rechts, das dieſen Geiſt des Staats ihm und
dem Volke verkörpert; und das iſt der König. Und es iſt daher ein
tiefes Mißverſtändniß der organiſchen Idee des Staates, jene innige
Beziehung des Amtsweſens zum Königthum nicht zu wollen oder gar
anzugreifen. Wo das Amtsweſen ſich innerlich vom Königthum trennt,
da iſt nicht bloß Desorganiſation, da iſt eine tiefe, oft unheilbare Krank-
heit im innerſten Weſen des Staats vorhanden, und die Herrſchaft der
Sonderintereſſen nahe bevorſtehend.
b) Die Elemente ſeiner Geſchichte.
Auf dieſer Grundlage beruht nun auch die Geſchichte des Amts-
weſens im Ganzen, und indem wir jedem Theile des Amtsweſens wieder
ſeine Geſchichte vindiciren, können wir eben für das Ganze nunmehr
jene Grundzüge auch leicht bezeichnen.
Das Amtsweſen entwickelt ſich aus dem königlichen Dienſte in der
Zeit, in welcher das Königthum ſich an die Spitze der Geſammt-
intereſſen des Volkslebens ſtellt, und der königliche Dienſt ſcheidet damit
zwei Elemente, den eigentlichen Dienſt des Königthums und das Amt.
Nur muß man dieſe Gränze eben ſo wenig ſcharf ziehen wollen, als
man das Geſammtintereſſe von dem Sonderintereſſe ſcharf trennen kann.
Dennoch hat dieſe Sache ein feſtes Kriterium. So wie in der ſtändiſchen
Ordnung der dritte Stand als der noch recht- und machtloſe auftritt,
ſchließt er ſich als das Bürgerthum ſofort an das Königthum. Damit
zuerſt erhält das letztere gleichſam eine Subſtanz für ſeine allgemeine
Stellung, und die königlichen Dienſte, welche Recht und Intereſſe des
dritten Standes im Namen des Königs vertreten, bilden den Kern des
urſprünglichen Beamtenſtandes. Dieſer Anfang iſt noch ſehr unklar und
ungleichmäßig. Er gewinnt erſt Geſtalt, wo mit den Landſtänden die
königliche Aufgabe eine beſtimmtere wird. Der königliche Dienſt hat
jetzt dieſen Ständen gegenüber ſchon die Idee des Staats zu vertreten;
die Scheidung zwiſchen den Organen der Geſellſchaftsordnung und der
Regierung bildet ſich aus; es ſind mit den Ständen und den königlichen
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/311>, abgerufen am 26.11.2024.
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