an dem Ganzen, und es ist der Fortschritt in dieser Frage nur dann gesichert, wenn man die Summe der Rechtsverhältnisse als ein organisches, sich auf allen Punkten bedingendes Ganze auffaßt.
3) Das System des Staatsdienerrechts.
a) Die Anstellung der Beamteten.
Die Grundsätze welche für die Anstellung der Beamteten gelten, sind höchst bezeichnend für die ganze Stellung der Verwaltung und zu- gleich für die Auffassung des Amts, und schon hier zeigt sich der durch- greifende Unterschied in dem öffentlichen Recht der Staatsbildung in den drei großen Kulturvölkern.
Der erste und einfachste Grundsatz, den natürlich schon die Stände- ordnung anerkennt, ist der, daß die Anstellung eines jeden Beamteten vom Staatsoberhaupt erfolgt. Dieser an sich einfache Grundsatz wird nun zwar nicht der Form, wohl aber dem Inhalte nach wesentlich im Ministerialsysteme modificirt. Indem dasselbe nämlich in der verfassungs- mäßigen Verwaltung der Persönlichkeit des Ministers die Verantwort- lichkeit für die Vollziehung des Gesetzes in den einzelnen Funktionen der Beamteten zuschreibt, diese Vollziehung aber natürlich vorzüglich von der Persönlichkeit des Beamteten abhängt, erscheint die Anstellung des letzteren als eine Uebernahme der Verantwortlichkeit für die per- sönliche Befähigung des Angestellten, und kann daher nicht ohne Mit- wirkung, muß vielmehr in den meisten Fällen direkt auf Vorschlag des Ministers geschehen. Dieß Princip muß als erste Grundlage des An- stellungsrechts in der verfassungsmäßigen Verwaltung anerkannt werden, und gilt daher auch gleichmäßig in Frankreich, England und Deutschland. Nur sind die Modalitäten seiner Anwendung wesentlich verschieden.
Das Princip der allgemeinen, auf jeden Akt der Verwaltung ausgedehnten Verantwortlichkeit des Ministers erzeugt in Frankreich den Grundsatz, daß derselbe bei seinem Vorschlage an gar keine gesetzlichen Bedingungen der Fähigkeit zur Führung des Amtes gebunden ist. Die Ordnung der Universitäten und ihre Examina sind daher vorhanden, aber sie geben kein Recht darauf, daß für die Anstellung nur diejenigen in Betracht kommen können, welche diese Studien gemacht haben. Nur in dem einen Gebiete der Rechtspflege ist dafür eine Ausnahme, die ihrerseits auf dem Vorhandensein der Gesetzbücher beruht. Im Gebiete der übrigen Verwaltung gibt es keine. Vom Heerwesen ist hier natür- lich keine Rede.
In England dagegen hat die Verantwortlichkeit der Minister und mit ihr die Anstellung der Staatsdiener wieder einen ganz andern
an dem Ganzen, und es iſt der Fortſchritt in dieſer Frage nur dann geſichert, wenn man die Summe der Rechtsverhältniſſe als ein organiſches, ſich auf allen Punkten bedingendes Ganze auffaßt.
3) Das Syſtem des Staatsdienerrechts.
a) Die Anſtellung der Beamteten.
Die Grundſätze welche für die Anſtellung der Beamteten gelten, ſind höchſt bezeichnend für die ganze Stellung der Verwaltung und zu- gleich für die Auffaſſung des Amts, und ſchon hier zeigt ſich der durch- greifende Unterſchied in dem öffentlichen Recht der Staatsbildung in den drei großen Kulturvölkern.
Der erſte und einfachſte Grundſatz, den natürlich ſchon die Stände- ordnung anerkennt, iſt der, daß die Anſtellung eines jeden Beamteten vom Staatsoberhaupt erfolgt. Dieſer an ſich einfache Grundſatz wird nun zwar nicht der Form, wohl aber dem Inhalte nach weſentlich im Miniſterialſyſteme modificirt. Indem daſſelbe nämlich in der verfaſſungs- mäßigen Verwaltung der Perſönlichkeit des Miniſters die Verantwort- lichkeit für die Vollziehung des Geſetzes in den einzelnen Funktionen der Beamteten zuſchreibt, dieſe Vollziehung aber natürlich vorzüglich von der Perſönlichkeit des Beamteten abhängt, erſcheint die Anſtellung des letzteren als eine Uebernahme der Verantwortlichkeit für die per- ſönliche Befähigung des Angeſtellten, und kann daher nicht ohne Mit- wirkung, muß vielmehr in den meiſten Fällen direkt auf Vorſchlag des Miniſters geſchehen. Dieß Princip muß als erſte Grundlage des An- ſtellungsrechts in der verfaſſungsmäßigen Verwaltung anerkannt werden, und gilt daher auch gleichmäßig in Frankreich, England und Deutſchland. Nur ſind die Modalitäten ſeiner Anwendung weſentlich verſchieden.
Das Princip der allgemeinen, auf jeden Akt der Verwaltung ausgedehnten Verantwortlichkeit des Miniſters erzeugt in Frankreich den Grundſatz, daß derſelbe bei ſeinem Vorſchlage an gar keine geſetzlichen Bedingungen der Fähigkeit zur Führung des Amtes gebunden iſt. Die Ordnung der Univerſitäten und ihre Examina ſind daher vorhanden, aber ſie geben kein Recht darauf, daß für die Anſtellung nur diejenigen in Betracht kommen können, welche dieſe Studien gemacht haben. Nur in dem einen Gebiete der Rechtspflege iſt dafür eine Ausnahme, die ihrerſeits auf dem Vorhandenſein der Geſetzbücher beruht. Im Gebiete der übrigen Verwaltung gibt es keine. Vom Heerweſen iſt hier natür- lich keine Rede.
In England dagegen hat die Verantwortlichkeit der Miniſter und mit ihr die Anſtellung der Staatsdiener wieder einen ganz andern
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an dem Ganzen, und es iſt der Fortſchritt in dieſer Frage nur dann geſichert,
wenn man die Summe der Rechtsverhältniſſe als ein organiſches, ſich auf
allen Punkten bedingendes Ganze auffaßt.
3) Das Syſtem des Staatsdienerrechts.
a) Die Anſtellung der Beamteten.
Die Grundſätze welche für die Anſtellung der Beamteten gelten,
ſind höchſt bezeichnend für die ganze Stellung der Verwaltung und zu-
gleich für die Auffaſſung des Amts, und ſchon hier zeigt ſich der durch-
greifende Unterſchied in dem öffentlichen Recht der Staatsbildung in
den drei großen Kulturvölkern.
Der erſte und einfachſte Grundſatz, den natürlich ſchon die Stände-
ordnung anerkennt, iſt der, daß die Anſtellung eines jeden Beamteten
vom Staatsoberhaupt erfolgt. Dieſer an ſich einfache Grundſatz wird
nun zwar nicht der Form, wohl aber dem Inhalte nach weſentlich im
Miniſterialſyſteme modificirt. Indem daſſelbe nämlich in der verfaſſungs-
mäßigen Verwaltung der Perſönlichkeit des Miniſters die Verantwort-
lichkeit für die Vollziehung des Geſetzes in den einzelnen Funktionen
der Beamteten zuſchreibt, dieſe Vollziehung aber natürlich vorzüglich
von der Perſönlichkeit des Beamteten abhängt, erſcheint die Anſtellung
des letzteren als eine Uebernahme der Verantwortlichkeit für die per-
ſönliche Befähigung des Angeſtellten, und kann daher nicht ohne Mit-
wirkung, muß vielmehr in den meiſten Fällen direkt auf Vorſchlag des
Miniſters geſchehen. Dieß Princip muß als erſte Grundlage des An-
ſtellungsrechts in der verfaſſungsmäßigen Verwaltung anerkannt werden,
und gilt daher auch gleichmäßig in Frankreich, England und Deutſchland.
Nur ſind die Modalitäten ſeiner Anwendung weſentlich verſchieden.
Das Princip der allgemeinen, auf jeden Akt der Verwaltung
ausgedehnten Verantwortlichkeit des Miniſters erzeugt in Frankreich den
Grundſatz, daß derſelbe bei ſeinem Vorſchlage an gar keine geſetzlichen
Bedingungen der Fähigkeit zur Führung des Amtes gebunden iſt. Die
Ordnung der Univerſitäten und ihre Examina ſind daher vorhanden,
aber ſie geben kein Recht darauf, daß für die Anſtellung nur diejenigen
in Betracht kommen können, welche dieſe Studien gemacht haben. Nur
in dem einen Gebiete der Rechtspflege iſt dafür eine Ausnahme, die
ihrerſeits auf dem Vorhandenſein der Geſetzbücher beruht. Im Gebiete
der übrigen Verwaltung gibt es keine. Vom Heerweſen iſt hier natür-
lich keine Rede.
In England dagegen hat die Verantwortlichkeit der Miniſter und
mit ihr die Anſtellung der Staatsdiener wieder einen ganz andern
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/375>, abgerufen am 22.11.2024.
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