das Maß gesteckt ist, in welchem beide ihre verschiedene Gewalten ausüben. So einfach daher die Grundformen der Selbstverwaltung sind, so unendlich mannigfach können ihre concreten Gestalten sein. Die obigen beiden Grundbegriffe haben daher vor der Hand nur den Werth, die allgemeinste Grundlage für das wahre Verständniß jener verschiedenen Gestaltungen der Selbstverwaltung zu bieten.
So wenig aber nun, wie sie selbst zufällig und willkürlich sind, so wenig werden wohl auch rein zufällige und willkürliche Motive jene concrete Mannigfaltigkeit des wirklichen Lebens der Selbstverwaltung beherrschen. Die hohe Wichtigkeit der letzteren, die ja doch am Ende die Idee und das Recht des freien Staatsbürgerthums erst verwirklicht, zwingt uns anzunehmen, daß auch jene Mannigfaltigkeit von bestimmten Gesetzen beherrscht, und daß daher die wirkliche Gestalt der Selbst- verwaltung das organische Ergebniß der Einwirkung bestimmter, nach- weisbarer und mit dem Wesen des Staats und des persönlichen Lebens innig zusammenhängender Faktoren ist. Und in der That gewinnt auch hier die reine Wissenschaft ihren faßbaren Inhalt erst an diesen Be- obachtungen.
Offenbar nämlich enthält jede Form der Selbstverwaltung eine Beschränkung der Gewalt des persönlichen Staats, des Amtswesens und der Regierung. Sie ist daher die Anerkennung des freien Staats- bürgerthums durch die letztere; aber sie ist es gerade auf dem Punkte, wo jene Beschränkung am lebhaftesten gefühlt werden muß. Denn in ihr gibt sie einen Theil ihrer Gewalt denjenigen, über welche sie die- selbe auszuüben bestimmt ist, und mit diesem Theil verleiht sie dem Staatsbürgerthum erst das, was wir seinen concreten Inhalt nennen möchten, einen Antheil am wirklichen Leben des Staats. Das Maß und die Art, in welcher demgemäß Vertretungen und Selbstverwaltungen stattfinden, sind daher nichts anderes, als das Maß und der Inhalt des freien Staatsbürgerthums; und es ergibt sich daher, daß die ganze Gestalt der Selbstverwaltung der Ausdruck des Staatsbürger- thums ist, und mithin von der fortschreitenden Entwicklung desselben abhängt. Die Selbstverwaltung ist daher nicht ein nothwendiges In- stitut, wie das Amt, sondern ein freies Organ in der Persönlichkeit des Staats; sie ist ihrem Princip nach die Consequenz der staats- bürgerlichen Freiheit, während sie in ihrer Form den Ausdruck des Verständnisses der Aufgaben bildet, die der Staat zu vollziehen hat, und die Fähigkeit der Selbstthätigkeit seiner Bürger, sie wirklich zu vollziehen.
Eben daraus ergibt sich nun der allgemeine Standpunkt für die Betrachtung der wirklichen Formen der Selbstverwaltung. Während
das Maß geſteckt iſt, in welchem beide ihre verſchiedene Gewalten ausüben. So einfach daher die Grundformen der Selbſtverwaltung ſind, ſo unendlich mannigfach können ihre concreten Geſtalten ſein. Die obigen beiden Grundbegriffe haben daher vor der Hand nur den Werth, die allgemeinſte Grundlage für das wahre Verſtändniß jener verſchiedenen Geſtaltungen der Selbſtverwaltung zu bieten.
So wenig aber nun, wie ſie ſelbſt zufällig und willkürlich ſind, ſo wenig werden wohl auch rein zufällige und willkürliche Motive jene concrete Mannigfaltigkeit des wirklichen Lebens der Selbſtverwaltung beherrſchen. Die hohe Wichtigkeit der letzteren, die ja doch am Ende die Idee und das Recht des freien Staatsbürgerthums erſt verwirklicht, zwingt uns anzunehmen, daß auch jene Mannigfaltigkeit von beſtimmten Geſetzen beherrſcht, und daß daher die wirkliche Geſtalt der Selbſt- verwaltung das organiſche Ergebniß der Einwirkung beſtimmter, nach- weisbarer und mit dem Weſen des Staats und des perſönlichen Lebens innig zuſammenhängender Faktoren iſt. Und in der That gewinnt auch hier die reine Wiſſenſchaft ihren faßbaren Inhalt erſt an dieſen Be- obachtungen.
Offenbar nämlich enthält jede Form der Selbſtverwaltung eine Beſchränkung der Gewalt des perſönlichen Staats, des Amtsweſens und der Regierung. Sie iſt daher die Anerkennung des freien Staats- bürgerthums durch die letztere; aber ſie iſt es gerade auf dem Punkte, wo jene Beſchränkung am lebhafteſten gefühlt werden muß. Denn in ihr gibt ſie einen Theil ihrer Gewalt denjenigen, über welche ſie die- ſelbe auszuüben beſtimmt iſt, und mit dieſem Theil verleiht ſie dem Staatsbürgerthum erſt das, was wir ſeinen concreten Inhalt nennen möchten, einen Antheil am wirklichen Leben des Staats. Das Maß und die Art, in welcher demgemäß Vertretungen und Selbſtverwaltungen ſtattfinden, ſind daher nichts anderes, als das Maß und der Inhalt des freien Staatsbürgerthums; und es ergibt ſich daher, daß die ganze Geſtalt der Selbſtverwaltung der Ausdruck des Staatsbürger- thums iſt, und mithin von der fortſchreitenden Entwicklung deſſelben abhängt. Die Selbſtverwaltung iſt daher nicht ein nothwendiges In- ſtitut, wie das Amt, ſondern ein freies Organ in der Perſönlichkeit des Staats; ſie iſt ihrem Princip nach die Conſequenz der ſtaats- bürgerlichen Freiheit, während ſie in ihrer Form den Ausdruck des Verſtändniſſes der Aufgaben bildet, die der Staat zu vollziehen hat, und die Fähigkeit der Selbſtthätigkeit ſeiner Bürger, ſie wirklich zu vollziehen.
Eben daraus ergibt ſich nun der allgemeine Standpunkt für die Betrachtung der wirklichen Formen der Selbſtverwaltung. Während
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das Maß geſteckt iſt, in welchem beide ihre verſchiedene Gewalten
ausüben. So einfach daher die Grundformen der Selbſtverwaltung
ſind, ſo unendlich mannigfach können ihre concreten Geſtalten ſein.
Die obigen beiden Grundbegriffe haben daher vor der Hand nur den
Werth, die allgemeinſte Grundlage für das wahre Verſtändniß jener
verſchiedenen Geſtaltungen der Selbſtverwaltung zu bieten.
So wenig aber nun, wie ſie ſelbſt zufällig und willkürlich ſind,
ſo wenig werden wohl auch rein zufällige und willkürliche Motive jene
concrete Mannigfaltigkeit des wirklichen Lebens der Selbſtverwaltung
beherrſchen. Die hohe Wichtigkeit der letzteren, die ja doch am Ende die
Idee und das Recht des freien Staatsbürgerthums erſt verwirklicht,
zwingt uns anzunehmen, daß auch jene Mannigfaltigkeit von beſtimmten
Geſetzen beherrſcht, und daß daher die wirkliche Geſtalt der Selbſt-
verwaltung das organiſche Ergebniß der Einwirkung beſtimmter, nach-
weisbarer und mit dem Weſen des Staats und des perſönlichen Lebens
innig zuſammenhängender Faktoren iſt. Und in der That gewinnt auch
hier die reine Wiſſenſchaft ihren faßbaren Inhalt erſt an dieſen Be-
obachtungen.
Offenbar nämlich enthält jede Form der Selbſtverwaltung eine
Beſchränkung der Gewalt des perſönlichen Staats, des Amtsweſens
und der Regierung. Sie iſt daher die Anerkennung des freien Staats-
bürgerthums durch die letztere; aber ſie iſt es gerade auf dem Punkte,
wo jene Beſchränkung am lebhafteſten gefühlt werden muß. Denn in
ihr gibt ſie einen Theil ihrer Gewalt denjenigen, über welche ſie die-
ſelbe auszuüben beſtimmt iſt, und mit dieſem Theil verleiht ſie dem
Staatsbürgerthum erſt das, was wir ſeinen concreten Inhalt nennen
möchten, einen Antheil am wirklichen Leben des Staats. Das Maß
und die Art, in welcher demgemäß Vertretungen und Selbſtverwaltungen
ſtattfinden, ſind daher nichts anderes, als das Maß und der Inhalt
des freien Staatsbürgerthums; und es ergibt ſich daher, daß die ganze
Geſtalt der Selbſtverwaltung der Ausdruck des Staatsbürger-
thums iſt, und mithin von der fortſchreitenden Entwicklung deſſelben
abhängt. Die Selbſtverwaltung iſt daher nicht ein nothwendiges In-
ſtitut, wie das Amt, ſondern ein freies Organ in der Perſönlichkeit
des Staats; ſie iſt ihrem Princip nach die Conſequenz der ſtaats-
bürgerlichen Freiheit, während ſie in ihrer Form den Ausdruck des
Verſtändniſſes der Aufgaben bildet, die der Staat zu vollziehen hat,
und die Fähigkeit der Selbſtthätigkeit ſeiner Bürger, ſie wirklich zu
vollziehen.
Eben daraus ergibt ſich nun der allgemeine Standpunkt für die
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/391>, abgerufen am 22.11.2024.
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