Selbstverwaltungskörper, allerdings auf Grundlage der Etats. Aber die französische Revolution hat alle germanischen Elemente Frankreichs vielleicht für immer vernichtet, jede Selbständigkeit eines Theils unter die Herrschaft des Ganzen begraben, und jeder socialen Verschieden- heit ihre objektiven Berechtigungen genommen. Seit 1790 gibt es in Frankreich keine Landschaften mehr. Die Länder verschwinden, und an ihre Stelle treten die administrativen Eintheilungen; die Etats hören auf mit dem Adel, selbst der tiers etat ist nur noch eine historische Erscheinung, und die Assemblee nationale tritt an ihre Stelle. Vor allem aber verschwindet die alte Selbstverwaltung. Wir haben schon oben die hohe Bedeutung der Staatsverwaltung und ihre admini- strative Souveränetät bezeichnet. Die letztere ist allerdings begründet durch die Geschichte des Königthums; aber sie empfängt doch erst ihre volle Entwicklung durch die Herrschaft des volonte generale. Sie läßt keine zweite Verwaltung neben sich zu, und kann es nicht, soll anders die neue Ordnung der Dinge im innern Leben Frankreichs siegen, und dennoch eine Verantwortlichkeit möglich sein. Wo ist da Raum für das, was wir eine Landschaft nennen?
Dennoch ist das Princip der Theilnahme des Einzelnen im öffent- lichen Willen so bestimmt in der ganzen französischen Revolution aus- gesprochen, daß es auch in der Verwaltung seine Geltung verlangt. Nur kann man die letztere um dieser Theilnahme willen, nicht die Ge- walt der Verwaltung in die Hände der Einzelnen geben. Es bleibt daher nichts übrig, als diese Theilnahme, oder die Selbstverwaltung überhaupt und speziell die der Landschaft, an das Behördensystem als System von Räthen anzuschließen. Und so ist die ganze Selbstverwal- tung und speziell das französische Departement entstanden. Nur kann man es in seiner Organisation von dem Gemeindesystem gar nicht trennen. Wir haben diesen Grundsatz schon oben in seinem Verhältniß zum ganzen Charakter der französischen innern Verwaltung bezeichnet; wir verweisen hier nochmals auf Laferriere, Droit administr. L. II. 1. Ch. 3. Schon das Dekret vom 22. Dec. 1789 sagt: L'Etat est un; les departements ne sont que des sections du meme tout; une administration uniforme doit les embrasser tous dans un regime commun." -- Das ging so weit, daß das Departement im Anfang nicht einmal ein eigenes Budget hatte; die Convention centralisirte auch die Departementalabgaben "et le principe d'unite et d'indivisi- bilite se formulait en cette maniere par ces mots: "Un Etat, un budget." Bis dann die unabweisbare Gewalt der Dinge wenigstens die deliberation von der action trennt und so auf zwei Organismen die Ordnung auch des Departements erbaut. Das Gesetz, welches diese
Selbſtverwaltungskörper, allerdings auf Grundlage der États. Aber die franzöſiſche Revolution hat alle germaniſchen Elemente Frankreichs vielleicht für immer vernichtet, jede Selbſtändigkeit eines Theils unter die Herrſchaft des Ganzen begraben, und jeder ſocialen Verſchieden- heit ihre objektiven Berechtigungen genommen. Seit 1790 gibt es in Frankreich keine Landſchaften mehr. Die Länder verſchwinden, und an ihre Stelle treten die adminiſtrativen Eintheilungen; die États hören auf mit dem Adel, ſelbſt der tiers état iſt nur noch eine hiſtoriſche Erſcheinung, und die Assemblée nationale tritt an ihre Stelle. Vor allem aber verſchwindet die alte Selbſtverwaltung. Wir haben ſchon oben die hohe Bedeutung der Staatsverwaltung und ihre admini- ſtrative Souveränetät bezeichnet. Die letztere iſt allerdings begründet durch die Geſchichte des Königthums; aber ſie empfängt doch erſt ihre volle Entwicklung durch die Herrſchaft des volonté générale. Sie läßt keine zweite Verwaltung neben ſich zu, und kann es nicht, ſoll anders die neue Ordnung der Dinge im innern Leben Frankreichs ſiegen, und dennoch eine Verantwortlichkeit möglich ſein. Wo iſt da Raum für das, was wir eine Landſchaft nennen?
Dennoch iſt das Princip der Theilnahme des Einzelnen im öffent- lichen Willen ſo beſtimmt in der ganzen franzöſiſchen Revolution aus- geſprochen, daß es auch in der Verwaltung ſeine Geltung verlangt. Nur kann man die letztere um dieſer Theilnahme willen, nicht die Ge- walt der Verwaltung in die Hände der Einzelnen geben. Es bleibt daher nichts übrig, als dieſe Theilnahme, oder die Selbſtverwaltung überhaupt und ſpeziell die der Landſchaft, an das Behördenſyſtem als Syſtem von Räthen anzuſchließen. Und ſo iſt die ganze Selbſtverwal- tung und ſpeziell das franzöſiſche Departement entſtanden. Nur kann man es in ſeiner Organiſation von dem Gemeindeſyſtem gar nicht trennen. Wir haben dieſen Grundſatz ſchon oben in ſeinem Verhältniß zum ganzen Charakter der franzöſiſchen innern Verwaltung bezeichnet; wir verweiſen hier nochmals auf Laferrière, Droit administr. L. II. 1. Ch. 3. Schon das Dekret vom 22. Dec. 1789 ſagt: L’État est un; les départements ne sont que des sections du même tout; une administration uniforme doit les embrasser tous dans un régime commun.“ — Das ging ſo weit, daß das Departement im Anfang nicht einmal ein eigenes Budget hatte; die Convention centraliſirte auch die Departementalabgaben „et le principe d’unité et d’indivisi- bilité se formulait en cette manière par ces mots: „Un État, un budget.“ Bis dann die unabweisbare Gewalt der Dinge wenigſtens die délibération von der action trennt und ſo auf zwei Organismen die Ordnung auch des Departements erbaut. Das Geſetz, welches dieſe
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Selbſtverwaltungskörper, allerdings auf Grundlage der États. Aber
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die Herrſchaft des Ganzen begraben, und jeder ſocialen Verſchieden-
heit ihre objektiven Berechtigungen genommen. Seit 1790 gibt es in
Frankreich keine Landſchaften mehr. Die Länder verſchwinden, und an
ihre Stelle treten die adminiſtrativen Eintheilungen; die États hören
auf mit dem Adel, ſelbſt der tiers état iſt nur noch eine hiſtoriſche
Erſcheinung, und die Assemblée nationale tritt an ihre Stelle. Vor
allem aber verſchwindet die alte Selbſtverwaltung. Wir haben ſchon
oben die hohe Bedeutung der Staatsverwaltung und ihre admini-
ſtrative Souveränetät bezeichnet. Die letztere iſt allerdings begründet
durch die Geſchichte des Königthums; aber ſie empfängt doch erſt ihre
volle Entwicklung durch die Herrſchaft des volonté générale. Sie läßt
keine zweite Verwaltung neben ſich zu, und kann es nicht, ſoll anders
die neue Ordnung der Dinge im innern Leben Frankreichs ſiegen, und
dennoch eine Verantwortlichkeit möglich ſein. Wo iſt da Raum für
das, was wir eine Landſchaft nennen?
Dennoch iſt das Princip der Theilnahme des Einzelnen im öffent-
lichen Willen ſo beſtimmt in der ganzen franzöſiſchen Revolution aus-
geſprochen, daß es auch in der Verwaltung ſeine Geltung verlangt.
Nur kann man die letztere um dieſer Theilnahme willen, nicht die Ge-
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daher nichts übrig, als dieſe Theilnahme, oder die Selbſtverwaltung
überhaupt und ſpeziell die der Landſchaft, an das Behördenſyſtem als
Syſtem von Räthen anzuſchließen. Und ſo iſt die ganze Selbſtverwal-
tung und ſpeziell das franzöſiſche Departement entſtanden. Nur kann
man es in ſeiner Organiſation von dem Gemeindeſyſtem gar nicht
trennen. Wir haben dieſen Grundſatz ſchon oben in ſeinem Verhältniß
zum ganzen Charakter der franzöſiſchen innern Verwaltung bezeichnet;
wir verweiſen hier nochmals auf Laferrière, Droit administr. L. II. 1.
Ch. 3. Schon das Dekret vom 22. Dec. 1789 ſagt: L’État est
un; les départements ne sont que des sections du même tout; une
administration uniforme doit les embrasser tous dans un régime
commun.“ — Das ging ſo weit, daß das Departement im Anfang
nicht einmal ein eigenes Budget hatte; die Convention centraliſirte
auch die Departementalabgaben „et le principe d’unité et d’indivisi-
bilité se formulait en cette manière par ces mots: „Un État, un
budget.“ Bis dann die unabweisbare Gewalt der Dinge wenigſtens
die délibération von der action trennt und ſo auf zwei Organismen die
Ordnung auch des Departements erbaut. Das Geſetz, welches dieſe
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/445>, abgerufen am 22.11.2024.
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