die Aufgaben der Verwaltung auffaßt, und namentlich die nächsten Bedürfnisse derselben versteht, um so mehr, als wir derartige Arbeiten gänzlich entbehren.
Wir glauben, daß trotz der großen Verschiedenheit der Stiftungen in Be- ziehung auf ihre innere und äußere Ordnung, doch gewisse gleichmäßige Grund- sätze bei ihnen durchgreifen werden. Nur fehlt uns dafür so gut als alles Material; denn bei einem solchen Gegenstande ist wenig Stoff so gut als gar keiner. Wir müssen deßhalb hier zuerst die Hoffnung und den Wunsch aus- sprechen, die uns bei dem Vereinswesen in noch viel höherem Maße lebendig werden, daß die große, theils administrative, theils nationalökonomische Wichtig- keit der Sache beim deutschen Bunde eine Institution hervorrufen möge, welche die genaue Statistik dieses ganzen Gebiets zu pflegen hätte, wie sie England für einen Theil seiner Vereine bereits besitzt. Wir sind überzeugt, daß man derselben auf die Dauer nicht wird entbehren können; möchten diese wenigen Worte dazu beitragen, auch die Staatsrechtslehrer Deutschlands für einen Wunsch zu gewinnen, den alle Nationalökonomen und Statistiker ohnehin mit uns theilen werden. In den bisherigen allgemeinen Bearbeitungen sowohl des öffentlichen Rechts als der Verwaltungslehre hat sich nur Mayer (Grund- sätze des Verwaltungsrechts, 1862, §. 78) mit den "Stiftungssachen" etwas genauer beschäftigt, allerdings mit zu vorwiegender Berücksichtigung geist- licher Stiftungen. Für Baden gilt Spohn, Grundzüge der rechtlichen Stel- lung und administrativen Behandlung der Stiftungen in Baden (Magazin für Rechtspflege IV, 110.) Das Recht der bayerischen Stiftungen ist sehr klar und gut bei Pötzl (Bayerisches Verfassungsrecht §. 88 u. §. 118); die Ver- waltung derselben von Mayerhofer, Theoretisch-praktisches Handbuch zur Verwaltung des Stiftungs- und Communalvermögens in Bayern, 2. Aufl. 1843. Ueber die Oberaufsicht über die Verwaltung der Stiftungen in Bayern siehe Pötzl (Bayerisches Verwaltungsrecht S. 42). Rönne hat merk- würdigerweise gar nichts. -- Ueber Württembergs Stiftungswesen Ro- bert Mohl (Württembergisches Staatsrecht II, §. 204), der jedoch die Stif- tungen nur als zum Armenwesen gehörig auffaßt, was jedenfalls zu eng ist. -- Für Familienstipendien in Bayern Verordnung vom 30. Oktober 1807 und 1812. Den Grundgedanken für alles deutsche Stiftungswesen spricht wohl der Reichsdeputationshauptschluß 1803, §. 65 aus: "Fromme und milde Stiftungen sind zu conserviren wie jedes Privateigenthum, doch so, daß sie der landesherrlichen Aufsicht und Leitung untergeben bleiben." -- Vgl. ZöpflI, §. 104. Jedenfalls wird das Stiftungswesen zwar dem Princip nach stets dem Organismus der Selbstverwaltung angehören müssen, während die einzelnen Stiftungen allerdings unter die einzelnen Zweige der inneren Verwaltung, und zwar entweder unter das Bildungs- oder unter das Hülfs- und Armenwesen fallen, was für die Statistik derselben maßgebend sein wird. Ueber das Stiftungswesen und sein Recht in England, namentlich über die Oberaufsicht des Staats und das Recht der Corporationen, sich selbst bye laws zu geben, siehe GneistII, §. 125 u. unten.
die Aufgaben der Verwaltung auffaßt, und namentlich die nächſten Bedürfniſſe derſelben verſteht, um ſo mehr, als wir derartige Arbeiten gänzlich entbehren.
Wir glauben, daß trotz der großen Verſchiedenheit der Stiftungen in Be- ziehung auf ihre innere und äußere Ordnung, doch gewiſſe gleichmäßige Grund- ſätze bei ihnen durchgreifen werden. Nur fehlt uns dafür ſo gut als alles Material; denn bei einem ſolchen Gegenſtande iſt wenig Stoff ſo gut als gar keiner. Wir müſſen deßhalb hier zuerſt die Hoffnung und den Wunſch aus- ſprechen, die uns bei dem Vereinsweſen in noch viel höherem Maße lebendig werden, daß die große, theils adminiſtrative, theils nationalökonomiſche Wichtig- keit der Sache beim deutſchen Bunde eine Inſtitution hervorrufen möge, welche die genaue Statiſtik dieſes ganzen Gebiets zu pflegen hätte, wie ſie England für einen Theil ſeiner Vereine bereits beſitzt. Wir ſind überzeugt, daß man derſelben auf die Dauer nicht wird entbehren können; möchten dieſe wenigen Worte dazu beitragen, auch die Staatsrechtslehrer Deutſchlands für einen Wunſch zu gewinnen, den alle Nationalökonomen und Statiſtiker ohnehin mit uns theilen werden. In den bisherigen allgemeinen Bearbeitungen ſowohl des öffentlichen Rechts als der Verwaltungslehre hat ſich nur Mayer (Grund- ſätze des Verwaltungsrechts, 1862, §. 78) mit den „Stiftungsſachen“ etwas genauer beſchäftigt, allerdings mit zu vorwiegender Berückſichtigung geiſt- licher Stiftungen. Für Baden gilt Spohn, Grundzüge der rechtlichen Stel- lung und adminiſtrativen Behandlung der Stiftungen in Baden (Magazin für Rechtspflege IV, 110.) Das Recht der bayeriſchen Stiftungen iſt ſehr klar und gut bei Pötzl (Bayeriſches Verfaſſungsrecht §. 88 u. §. 118); die Ver- waltung derſelben von Mayerhofer, Theoretiſch-praktiſches Handbuch zur Verwaltung des Stiftungs- und Communalvermögens in Bayern, 2. Aufl. 1843. Ueber die Oberaufſicht über die Verwaltung der Stiftungen in Bayern ſiehe Pötzl (Bayeriſches Verwaltungsrecht S. 42). Rönne hat merk- würdigerweiſe gar nichts. — Ueber Württembergs Stiftungsweſen Ro- bert Mohl (Württembergiſches Staatsrecht II, §. 204), der jedoch die Stif- tungen nur als zum Armenweſen gehörig auffaßt, was jedenfalls zu eng iſt. — Für Familienſtipendien in Bayern Verordnung vom 30. Oktober 1807 und 1812. Den Grundgedanken für alles deutſche Stiftungsweſen ſpricht wohl der Reichsdeputationshauptſchluß 1803, §. 65 aus: „Fromme und milde Stiftungen ſind zu conſerviren wie jedes Privateigenthum, doch ſo, daß ſie der landesherrlichen Aufſicht und Leitung untergeben bleiben.“ — Vgl. ZöpflI, §. 104. Jedenfalls wird das Stiftungsweſen zwar dem Princip nach ſtets dem Organismus der Selbſtverwaltung angehören müſſen, während die einzelnen Stiftungen allerdings unter die einzelnen Zweige der inneren Verwaltung, und zwar entweder unter das Bildungs- oder unter das Hülfs- und Armenweſen fallen, was für die Statiſtik derſelben maßgebend ſein wird. Ueber das Stiftungsweſen und ſein Recht in England, namentlich über die Oberaufſicht des Staats und das Recht der Corporationen, ſich ſelbſt bye laws zu geben, ſiehe GneiſtII, §. 125 u. unten.
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[519/0543]
die Aufgaben der Verwaltung auffaßt, und namentlich die nächſten
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gänzlich entbehren.
Wir glauben, daß trotz der großen Verſchiedenheit der Stiftungen in Be-
ziehung auf ihre innere und äußere Ordnung, doch gewiſſe gleichmäßige Grund-
ſätze bei ihnen durchgreifen werden. Nur fehlt uns dafür ſo gut als alles
Material; denn bei einem ſolchen Gegenſtande iſt wenig Stoff ſo gut als gar
keiner. Wir müſſen deßhalb hier zuerſt die Hoffnung und den Wunſch aus-
ſprechen, die uns bei dem Vereinsweſen in noch viel höherem Maße lebendig
werden, daß die große, theils adminiſtrative, theils nationalökonomiſche Wichtig-
keit der Sache beim deutſchen Bunde eine Inſtitution hervorrufen möge,
welche die genaue Statiſtik dieſes ganzen Gebiets zu pflegen hätte, wie ſie
England für einen Theil ſeiner Vereine bereits beſitzt. Wir ſind überzeugt,
daß man derſelben auf die Dauer nicht wird entbehren können; möchten dieſe
wenigen Worte dazu beitragen, auch die Staatsrechtslehrer Deutſchlands für
einen Wunſch zu gewinnen, den alle Nationalökonomen und Statiſtiker ohnehin
mit uns theilen werden. In den bisherigen allgemeinen Bearbeitungen ſowohl
des öffentlichen Rechts als der Verwaltungslehre hat ſich nur Mayer (Grund-
ſätze des Verwaltungsrechts, 1862, §. 78) mit den „Stiftungsſachen“
etwas genauer beſchäftigt, allerdings mit zu vorwiegender Berückſichtigung geiſt-
licher Stiftungen. Für Baden gilt Spohn, Grundzüge der rechtlichen Stel-
lung und adminiſtrativen Behandlung der Stiftungen in Baden (Magazin für
Rechtspflege IV, 110.) Das Recht der bayeriſchen Stiftungen iſt ſehr klar
und gut bei Pötzl (Bayeriſches Verfaſſungsrecht §. 88 u. §. 118); die Ver-
waltung derſelben von Mayerhofer, Theoretiſch-praktiſches Handbuch zur
Verwaltung des Stiftungs- und Communalvermögens in Bayern, 2. Aufl.
1843. Ueber die Oberaufſicht über die Verwaltung der Stiftungen in Bayern
ſiehe Pötzl (Bayeriſches Verwaltungsrecht S. 42). Rönne hat merk-
würdigerweiſe gar nichts. — Ueber Württembergs Stiftungsweſen Ro-
bert Mohl (Württembergiſches Staatsrecht II, §. 204), der jedoch die Stif-
tungen nur als zum Armenweſen gehörig auffaßt, was jedenfalls zu eng iſt.
— Für Familienſtipendien in Bayern Verordnung vom 30. Oktober
1807 und 1812. Den Grundgedanken für alles deutſche Stiftungsweſen
ſpricht wohl der Reichsdeputationshauptſchluß 1803, §. 65 aus: „Fromme
und milde Stiftungen ſind zu conſerviren wie jedes Privateigenthum, doch ſo,
daß ſie der landesherrlichen Aufſicht und Leitung untergeben bleiben.“ — Vgl.
Zöpfl I, §. 104. Jedenfalls wird das Stiftungsweſen zwar dem Princip
nach ſtets dem Organismus der Selbſtverwaltung angehören müſſen, während
die einzelnen Stiftungen allerdings unter die einzelnen Zweige der inneren
Verwaltung, und zwar entweder unter das Bildungs- oder unter das Hülfs-
und Armenweſen fallen, was für die Statiſtik derſelben maßgebend ſein wird.
Ueber das Stiftungsweſen und ſein Recht in England, namentlich über die
Oberaufſicht des Staats und das Recht der Corporationen, ſich ſelbſt bye laws
zu geben, ſiehe Gneiſt II, §. 125 u. unten.
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/543>, abgerufen am 22.11.2024.
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