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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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der leitenden Personen im Heere vom Unterofficier an die Zulassung
zur Ehe nur bei einer gewissen Höhe des Soldes stattfindet, und sonst
nicht gestattet wird, wenn der Betreffende kein eigenes, vom Berufe
unabhängiges Einkommen hat. Die Wissenschaft hat sich mit dieser
Frage bisher wenig beschäftigt; doch bemerkt Justi a. a. O. II. Bd.
7. Hauptst. 1. Abschn.: "Die Meinung, daß man die Soldaten von
der Heirath abzuhalten suchet, ist einer weisen Regierung keineswegs
anständig" -- er will sogar einen Reichsthaler Prämie für den ver-
heiratheten Soldaten! Natürlich ist mit der allgemeinen Wehrpflicht
für die Gemeinen hier ein ganz anderer Gesichtspunkt maßgebend. Je-
doch bleibt uns nichts übrig, als jeden unserer Leser zu bitten, die dar-
auf bezüglichen Vorschriften seines eigenen Staates zu sammeln, da uns
keine Quellen zu Gebote stehen. Es wäre immerhin von Wichtigkeit,
dieß Eherecht zu constatiren, weil es dasjenige ist, das mit dem fol-
genden allein aus der ständischen Epoche in die jetzige übergegangen
ist. Die bisher für Oesterreich geltenden Grundsätze sind vollständig
bei Stubenrauch (Verwaltungsgesetzkunde II. §. 341). Sie beruhen
auf dem Heirathsnormale vom 10. Juni 1812, das den Mittel-
weg einschlägt, nur einen Theil (den sechsten beim Officiercorps) des
Heeres zur Verheirathung unter schriftlicher Genehmigung der obern
Stellen zuzulassen. -- Das frühere Recht ist gut zusammengestellt bei
Kopetz, österreich. Polizei-Gesetzkunde I. §. 120.

Das neueste Heeres-Ergänzungsgesetz vom 29. September 1858 hat
die Ehebewilligungen für das Militärwesen genau regulirt (§. 8.), und die
Bedingungen der ausnahmsweisen Gestattung der Ehe aufgestellt. Bis
1860 hatten die Landesstellen das Recht, auf Grundlage des obigen
Paragraphen ausnahmsweise die Ehebewilligungen zu ertheilen; dasselbe
ist durch Verordnung vom 2. October 1860 den Kreisbehörden, Comi-
taten und Delegationen übertragen.

Was nun zweitens die Anwendung auf den Beamtenstand be-
trifft, so sind die Grundlagen des für ihn geltenden öffentlichen, aus
der ständischen Epoche in die gegenwärtige hinübergenommenen öffent-
lichen Eherechts folgende. Das ganze amtliche Eherecht ist in Eng-
land und Frankreich aufgehoben und besteht nur noch in den deut-
schen Staaten. Hier ist es in der That als ein Einfluß der höhern
Auffassung des Beamtenthums als eines sittlichen Lebensberufes anzu-
sehen, die wir in der vollziehenden Gewalt (S. 342) als eine
specifisch deutsche charakterisirt haben. Demgemäß fordern, wie wir
glauben, die meisten, wenn nicht alle deutschen Staaten den Ehecon-
sens der obern Behörde
, um die Gewißheit eines den Beruf nicht
störenden Auskommens zu haben, wenigstens für die niedern Amts-

der leitenden Perſonen im Heere vom Unterofficier an die Zulaſſung
zur Ehe nur bei einer gewiſſen Höhe des Soldes ſtattfindet, und ſonſt
nicht geſtattet wird, wenn der Betreffende kein eigenes, vom Berufe
unabhängiges Einkommen hat. Die Wiſſenſchaft hat ſich mit dieſer
Frage bisher wenig beſchäftigt; doch bemerkt Juſti a. a. O. II. Bd.
7. Hauptſt. 1. Abſchn.: „Die Meinung, daß man die Soldaten von
der Heirath abzuhalten ſuchet, iſt einer weiſen Regierung keineswegs
anſtändig“ — er will ſogar einen Reichsthaler Prämie für den ver-
heiratheten Soldaten! Natürlich iſt mit der allgemeinen Wehrpflicht
für die Gemeinen hier ein ganz anderer Geſichtspunkt maßgebend. Je-
doch bleibt uns nichts übrig, als jeden unſerer Leſer zu bitten, die dar-
auf bezüglichen Vorſchriften ſeines eigenen Staates zu ſammeln, da uns
keine Quellen zu Gebote ſtehen. Es wäre immerhin von Wichtigkeit,
dieß Eherecht zu conſtatiren, weil es dasjenige iſt, das mit dem fol-
genden allein aus der ſtändiſchen Epoche in die jetzige übergegangen
iſt. Die bisher für Oeſterreich geltenden Grundſätze ſind vollſtändig
bei Stubenrauch (Verwaltungsgeſetzkunde II. §. 341). Sie beruhen
auf dem Heirathsnormale vom 10. Juni 1812, das den Mittel-
weg einſchlägt, nur einen Theil (den ſechsten beim Officiercorps) des
Heeres zur Verheirathung unter ſchriftlicher Genehmigung der obern
Stellen zuzulaſſen. — Das frühere Recht iſt gut zuſammengeſtellt bei
Kopetz, öſterreich. Polizei-Geſetzkunde I. §. 120.

Das neueſte Heeres-Ergänzungsgeſetz vom 29. September 1858 hat
die Ehebewilligungen für das Militärweſen genau regulirt (§. 8.), und die
Bedingungen der ausnahmsweiſen Geſtattung der Ehe aufgeſtellt. Bis
1860 hatten die Landesſtellen das Recht, auf Grundlage des obigen
Paragraphen ausnahmsweiſe die Ehebewilligungen zu ertheilen; daſſelbe
iſt durch Verordnung vom 2. October 1860 den Kreisbehörden, Comi-
taten und Delegationen übertragen.

Was nun zweitens die Anwendung auf den Beamtenſtand be-
trifft, ſo ſind die Grundlagen des für ihn geltenden öffentlichen, aus
der ſtändiſchen Epoche in die gegenwärtige hinübergenommenen öffent-
lichen Eherechts folgende. Das ganze amtliche Eherecht iſt in Eng-
land und Frankreich aufgehoben und beſteht nur noch in den deut-
ſchen Staaten. Hier iſt es in der That als ein Einfluß der höhern
Auffaſſung des Beamtenthums als eines ſittlichen Lebensberufes anzu-
ſehen, die wir in der vollziehenden Gewalt (S. 342) als eine
ſpecifiſch deutſche charakteriſirt haben. Demgemäß fordern, wie wir
glauben, die meiſten, wenn nicht alle deutſchen Staaten den Ehecon-
ſens der obern Behörde
, um die Gewißheit eines den Beruf nicht
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[139/0161] der leitenden Perſonen im Heere vom Unterofficier an die Zulaſſung zur Ehe nur bei einer gewiſſen Höhe des Soldes ſtattfindet, und ſonſt nicht geſtattet wird, wenn der Betreffende kein eigenes, vom Berufe unabhängiges Einkommen hat. Die Wiſſenſchaft hat ſich mit dieſer Frage bisher wenig beſchäftigt; doch bemerkt Juſti a. a. O. II. Bd. 7. Hauptſt. 1. Abſchn.: „Die Meinung, daß man die Soldaten von der Heirath abzuhalten ſuchet, iſt einer weiſen Regierung keineswegs anſtändig“ — er will ſogar einen Reichsthaler Prämie für den ver- heiratheten Soldaten! Natürlich iſt mit der allgemeinen Wehrpflicht für die Gemeinen hier ein ganz anderer Geſichtspunkt maßgebend. Je- doch bleibt uns nichts übrig, als jeden unſerer Leſer zu bitten, die dar- auf bezüglichen Vorſchriften ſeines eigenen Staates zu ſammeln, da uns keine Quellen zu Gebote ſtehen. Es wäre immerhin von Wichtigkeit, dieß Eherecht zu conſtatiren, weil es dasjenige iſt, das mit dem fol- genden allein aus der ſtändiſchen Epoche in die jetzige übergegangen iſt. Die bisher für Oeſterreich geltenden Grundſätze ſind vollſtändig bei Stubenrauch (Verwaltungsgeſetzkunde II. §. 341). Sie beruhen auf dem Heirathsnormale vom 10. Juni 1812, das den Mittel- weg einſchlägt, nur einen Theil (den ſechsten beim Officiercorps) des Heeres zur Verheirathung unter ſchriftlicher Genehmigung der obern Stellen zuzulaſſen. — Das frühere Recht iſt gut zuſammengeſtellt bei Kopetz, öſterreich. Polizei-Geſetzkunde I. §. 120. Das neueſte Heeres-Ergänzungsgeſetz vom 29. September 1858 hat die Ehebewilligungen für das Militärweſen genau regulirt (§. 8.), und die Bedingungen der ausnahmsweiſen Geſtattung der Ehe aufgeſtellt. Bis 1860 hatten die Landesſtellen das Recht, auf Grundlage des obigen Paragraphen ausnahmsweiſe die Ehebewilligungen zu ertheilen; daſſelbe iſt durch Verordnung vom 2. October 1860 den Kreisbehörden, Comi- taten und Delegationen übertragen. Was nun zweitens die Anwendung auf den Beamtenſtand be- trifft, ſo ſind die Grundlagen des für ihn geltenden öffentlichen, aus der ſtändiſchen Epoche in die gegenwärtige hinübergenommenen öffent- lichen Eherechts folgende. Das ganze amtliche Eherecht iſt in Eng- land und Frankreich aufgehoben und beſteht nur noch in den deut- ſchen Staaten. Hier iſt es in der That als ein Einfluß der höhern Auffaſſung des Beamtenthums als eines ſittlichen Lebensberufes anzu- ſehen, die wir in der vollziehenden Gewalt (S. 342) als eine ſpecifiſch deutſche charakteriſirt haben. Demgemäß fordern, wie wir glauben, die meiſten, wenn nicht alle deutſchen Staaten den Ehecon- ſens der obern Behörde, um die Gewißheit eines den Beruf nicht ſtörenden Auskommens zu haben, wenigſtens für die niedern Amts-

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/161>, abgerufen am 21.11.2024.