Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.gewerblichen Entwicklung als der Zunahme der Bevölkerung sein sollte. Vierte Epoche. Die Einwanderung der staatsbürgerlichen Gesellschaft. Das Auftreten der Aus der großen Verwirrung, welche durch die gleichzeitige Geltung 1) Zuerst steht es fest, daß die Einwanderung an sich weder gut gewerblichen Entwicklung als der Zunahme der Bevölkerung ſein ſollte. Vierte Epoche. Die Einwanderung der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft. Das Auftreten der Aus der großen Verwirrung, welche durch die gleichzeitige Geltung 1) Zuerſt ſteht es feſt, daß die Einwanderung an ſich weder gut <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0198" n="176"/> gewerblichen Entwicklung als der Zunahme der Bevölkerung ſein ſollte.<lb/> Die Theorie war ſich über den Unterſchied nicht recht klar und hoffte<lb/> überhaupt noch viel zu viel von der Polizei, die ſie zugleich für viel zu<lb/> viel verantwortlich machte. Dabei muß man, um die Lage der Dinge<lb/> im Ganzen zu beurtheilen, nicht vergeſſen, daß England und Frankreich<lb/> überhaupt nur die Auswanderung und die <hi rendition="#g">äußere</hi> Coloniſation im<lb/> Auge hatten, und ſich um die Einwanderung entweder gar nicht küm-<lb/> merten, wie England, oder ſie durch polizeiliche Maßregeln ſehr er-<lb/> ſchwerten, wie Frankreich, während faſt nur Preußen und Oeſterreich<lb/> es zu einem Syſtem von Beſtimmungen über Einwanderungen brachten,<lb/> und Dänemark und Rußland nur einzelne Akte der innern Coloniſation<lb/> vornahmen. <hi rendition="#g">Princip und Recht der Einwanderung waren<lb/> daher in der polizeilichen Epoche wieder in jedem Staate<lb/> verſchieden</hi>, und man muß ſich wohl hüten, das als für Europa<lb/><hi rendition="#g">geltend</hi> anzunehmen, was man aus der Theorie jener Zeit entwickelt.<lb/> Von einem europäiſchen Standpunkt kann erſt in der folgenden Epoche<lb/> die Rede ſein.</p> </div><lb/> <div n="8"> <head><hi rendition="#g">Vierte Epoche</hi>.</head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#c">Die Einwanderung der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft. Das Auftreten der<lb/> Principien der freien Niederlaſſung und der Freizügigkeit. Das Einwanderungs-<lb/> recht identiſch mit dem Heimathsweſen.</hi> </p> </argument><lb/> <p>Aus der großen Verwirrung, welche durch die gleichzeitige Geltung<lb/> ſo verſchiedener Geſichtspunkte und Geſetze, Anſichten und Maßregeln<lb/> in Beziehung auf die Einwanderung erzeugt wird, geht nun mit unſerm<lb/> Jahrhundert ein an ſich ſehr einfaches Syſtem hervor, das nur in ſei-<lb/> nen ſpeciellen Anwendungen allerdings ein vielgeſtaltiges wird, aber<lb/> dennoch in ſeiner Weſenheit als ein für ganz Europa gültiges betrachtet<lb/> werden darf. Es iſt kein Zweifel, daß die gewaltige Ausgleichung der<lb/> Verſchiedenheiten der Staatenbildung und die Vernichtung der früheren<lb/> Schranken des internationalen Verkehrs durch die napoleoniſchen Kriege<lb/> mächtig dazu beigetragen haben; andererſeits hat das große Princip der<lb/> ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft, die Selbſtändigkeit des Einzelnen, nicht<lb/> wenig dazu mitgewirkt, alles Künſtliche der früheren Epoche zu beſeiti-<lb/> gen; und wir glauben jetzt das Einwanderungsrecht der Gegenwart auf<lb/> ſeine einfachſten Grundzüge zurückführen zu können. Das aber ſind<lb/> offenbar folgende:</p><lb/> <p>1) Zuerſt ſteht es feſt, daß die Einwanderung an ſich weder gut<lb/> noch ſchlecht iſt, ſondern daß ſie das Eine oder Andere nur wird, je<lb/> nachdem der Einwanderer die <hi rendition="#g">Bedingungen ſeiner wirthſchaft-<lb/> lichen Exiſtenz</hi> beſitzt. Die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft hat daher<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [176/0198]
gewerblichen Entwicklung als der Zunahme der Bevölkerung ſein ſollte.
Die Theorie war ſich über den Unterſchied nicht recht klar und hoffte
überhaupt noch viel zu viel von der Polizei, die ſie zugleich für viel zu
viel verantwortlich machte. Dabei muß man, um die Lage der Dinge
im Ganzen zu beurtheilen, nicht vergeſſen, daß England und Frankreich
überhaupt nur die Auswanderung und die äußere Coloniſation im
Auge hatten, und ſich um die Einwanderung entweder gar nicht küm-
merten, wie England, oder ſie durch polizeiliche Maßregeln ſehr er-
ſchwerten, wie Frankreich, während faſt nur Preußen und Oeſterreich
es zu einem Syſtem von Beſtimmungen über Einwanderungen brachten,
und Dänemark und Rußland nur einzelne Akte der innern Coloniſation
vornahmen. Princip und Recht der Einwanderung waren
daher in der polizeilichen Epoche wieder in jedem Staate
verſchieden, und man muß ſich wohl hüten, das als für Europa
geltend anzunehmen, was man aus der Theorie jener Zeit entwickelt.
Von einem europäiſchen Standpunkt kann erſt in der folgenden Epoche
die Rede ſein.
Vierte Epoche.
Die Einwanderung der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft. Das Auftreten der
Principien der freien Niederlaſſung und der Freizügigkeit. Das Einwanderungs-
recht identiſch mit dem Heimathsweſen.
Aus der großen Verwirrung, welche durch die gleichzeitige Geltung
ſo verſchiedener Geſichtspunkte und Geſetze, Anſichten und Maßregeln
in Beziehung auf die Einwanderung erzeugt wird, geht nun mit unſerm
Jahrhundert ein an ſich ſehr einfaches Syſtem hervor, das nur in ſei-
nen ſpeciellen Anwendungen allerdings ein vielgeſtaltiges wird, aber
dennoch in ſeiner Weſenheit als ein für ganz Europa gültiges betrachtet
werden darf. Es iſt kein Zweifel, daß die gewaltige Ausgleichung der
Verſchiedenheiten der Staatenbildung und die Vernichtung der früheren
Schranken des internationalen Verkehrs durch die napoleoniſchen Kriege
mächtig dazu beigetragen haben; andererſeits hat das große Princip der
ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft, die Selbſtändigkeit des Einzelnen, nicht
wenig dazu mitgewirkt, alles Künſtliche der früheren Epoche zu beſeiti-
gen; und wir glauben jetzt das Einwanderungsrecht der Gegenwart auf
ſeine einfachſten Grundzüge zurückführen zu können. Das aber ſind
offenbar folgende:
1) Zuerſt ſteht es feſt, daß die Einwanderung an ſich weder gut
noch ſchlecht iſt, ſondern daß ſie das Eine oder Andere nur wird, je
nachdem der Einwanderer die Bedingungen ſeiner wirthſchaft-
lichen Exiſtenz beſitzt. Die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft hat daher
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