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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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und Profession getrieben, und sogestaltig bis zur erfolgten Mühseligkeit
die gemeine Last mitzutragen geholfen haben." Kopetz und
Swieceny S. 9 -- 12. Die Uebersiedelungen wurden geregelt durch
Dekret vom 7. December 1821 und namentlich wegen der Conscription
an die behördliche Bewilligung gebunden. Später sind die betreffenden
Verordnungen meist für die einzelnen Kronländer erlassen. Vergl.
namentlich die Verordnung vom 15. December 1837 für Oesterreich
unter der Ens und andere. (Swieceny S. 25 ff.) Die erste einheit-
liche Gesetzgebung war durch das Gemeindegesetz vom 17. Mai 1849
eingeführt. Das Wesentliche war dabei der Erwerb der Gemeinde-
angehörigkeit, die als "Gemeindeverband" bezeichnet wird (klar ist man
nicht über das Heimathswesen) durch vier Jahre statt der früheren
zehn; doch hebt der Heimathsschein den Erwerb auf. Die Bestim-
mung, daß der Niedergelassene ein Recht zur Aufnahme wieder
durch zehnjährigen Aufenthalt, den "unbescholtenen Ruf" und sogar
den Vermögensnachweis erwirbt, bezieht sich nicht auf die Heimath
oder die Armenzuständigkeit, sondern auf das Gemeindebürgerrecht;
es hat das Gesetz beide Verhältnisse nicht klar unterschieden; auch gilt
dies Recht nur bezüglich einiger Gemeinden (Swieceny §. 24). Auch
das neue Gemeindegesetz vom 24. April 1859 (Manz'sche Gesetzes-
sammlung Heft IX.) bleibt in derselben Unbestimmtheit, ohne Unter-
scheidung zwischen Gemeindebürgerrecht und Heimath, indem es den Be-
griff der "Zuständigkeit zu einer Ortsgemeinde" festhält und für
den Erwerb derselben (§. 39) die alten vier Jahre, den guten Leumund
und den Vermögensnachweis voraussetzt. Verweigert die Gemeinde
die Aufnahme -- (doch wohl in das Bürgerrecht, denn die Armen-
zuständigkeit gewinnt der Einzelne wohl ohne sein Ansuchen, da nichts
darüber bestimmt ist) so entscheidet die politische Behörde. -- Das
neueste Gesetz vom 3. December 1863 ordnet diese Grundsätze für
das ganze Reich. Bitzer hat, wie es freilich bei den deutschen Gelehrten
Regel ist, von österreichischen Gesetzen und Literatur gar nichts gewußt.

Preußen und seine Armenpflege. Preußens Recht der
Armenpflege ist ohne Zweifel das interessanteste und reichste von allen.
Denn der wesentliche Unterschied zwischen Preußen und den übrigen
deutschen Staaten besteht darin, daß Preußen zuerst die Verpflichtung
der Ortsgemeinde zur Armenunterstützung definitiv ausge-
sprochen
, und dadurch das hervorgerufen hat, was dem richtigen Ver-
ständniß der Sache am meisten entgegensteht, namentlich die bis auf
den heutigen Tag dauernde Verwechslung oder Verschmelzung von Orts-
gemeinde und Armengemeinde
. Die Folge dieses entscheidenden
Fehlers war die, für die Armenzuständigkeit an die Orts-

und Profeſſion getrieben, und ſogeſtaltig bis zur erfolgten Mühſeligkeit
die gemeine Laſt mitzutragen geholfen haben.“ Kopetz und
Swieceny S. 9 — 12. Die Ueberſiedelungen wurden geregelt durch
Dekret vom 7. December 1821 und namentlich wegen der Conſcription
an die behördliche Bewilligung gebunden. Später ſind die betreffenden
Verordnungen meiſt für die einzelnen Kronländer erlaſſen. Vergl.
namentlich die Verordnung vom 15. December 1837 für Oeſterreich
unter der Ens und andere. (Swieceny S. 25 ff.) Die erſte einheit-
liche Geſetzgebung war durch das Gemeindegeſetz vom 17. Mai 1849
eingeführt. Das Weſentliche war dabei der Erwerb der Gemeinde-
angehörigkeit, die als „Gemeindeverband“ bezeichnet wird (klar iſt man
nicht über das Heimathsweſen) durch vier Jahre ſtatt der früheren
zehn; doch hebt der Heimathsſchein den Erwerb auf. Die Beſtim-
mung, daß der Niedergelaſſene ein Recht zur Aufnahme wieder
durch zehnjährigen Aufenthalt, den „unbeſcholtenen Ruf“ und ſogar
den Vermögensnachweis erwirbt, bezieht ſich nicht auf die Heimath
oder die Armenzuſtändigkeit, ſondern auf das Gemeindebürgerrecht;
es hat das Geſetz beide Verhältniſſe nicht klar unterſchieden; auch gilt
dies Recht nur bezüglich einiger Gemeinden (Swieceny §. 24). Auch
das neue Gemeindegeſetz vom 24. April 1859 (Manz’ſche Geſetzes-
ſammlung Heft IX.) bleibt in derſelben Unbeſtimmtheit, ohne Unter-
ſcheidung zwiſchen Gemeindebürgerrecht und Heimath, indem es den Be-
griff der „Zuſtändigkeit zu einer Ortsgemeinde“ feſthält und für
den Erwerb derſelben (§. 39) die alten vier Jahre, den guten Leumund
und den Vermögensnachweis vorausſetzt. Verweigert die Gemeinde
die Aufnahme — (doch wohl in das Bürgerrecht, denn die Armen-
zuſtändigkeit gewinnt der Einzelne wohl ohne ſein Anſuchen, da nichts
darüber beſtimmt iſt) ſo entſcheidet die politiſche Behörde. — Das
neueſte Geſetz vom 3. December 1863 ordnet dieſe Grundſätze für
das ganze Reich. Bitzer hat, wie es freilich bei den deutſchen Gelehrten
Regel iſt, von öſterreichiſchen Geſetzen und Literatur gar nichts gewußt.

Preußen und ſeine Armenpflege. Preußens Recht der
Armenpflege iſt ohne Zweifel das intereſſanteſte und reichſte von allen.
Denn der weſentliche Unterſchied zwiſchen Preußen und den übrigen
deutſchen Staaten beſteht darin, daß Preußen zuerſt die Verpflichtung
der Ortsgemeinde zur Armenunterſtützung definitiv ausge-
ſprochen
, und dadurch das hervorgerufen hat, was dem richtigen Ver-
ſtändniß der Sache am meiſten entgegenſteht, namentlich die bis auf
den heutigen Tag dauernde Verwechslung oder Verſchmelzung von Orts-
gemeinde und Armengemeinde
. Die Folge dieſes entſcheidenden
Fehlers war die, für die Armenzuſtändigkeit an die Orts-

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[342/0364] und Profeſſion getrieben, und ſogeſtaltig bis zur erfolgten Mühſeligkeit die gemeine Laſt mitzutragen geholfen haben.“ Kopetz und Swieceny S. 9 — 12. Die Ueberſiedelungen wurden geregelt durch Dekret vom 7. December 1821 und namentlich wegen der Conſcription an die behördliche Bewilligung gebunden. Später ſind die betreffenden Verordnungen meiſt für die einzelnen Kronländer erlaſſen. Vergl. namentlich die Verordnung vom 15. December 1837 für Oeſterreich unter der Ens und andere. (Swieceny S. 25 ff.) Die erſte einheit- liche Geſetzgebung war durch das Gemeindegeſetz vom 17. Mai 1849 eingeführt. Das Weſentliche war dabei der Erwerb der Gemeinde- angehörigkeit, die als „Gemeindeverband“ bezeichnet wird (klar iſt man nicht über das Heimathsweſen) durch vier Jahre ſtatt der früheren zehn; doch hebt der Heimathsſchein den Erwerb auf. Die Beſtim- mung, daß der Niedergelaſſene ein Recht zur Aufnahme wieder durch zehnjährigen Aufenthalt, den „unbeſcholtenen Ruf“ und ſogar den Vermögensnachweis erwirbt, bezieht ſich nicht auf die Heimath oder die Armenzuſtändigkeit, ſondern auf das Gemeindebürgerrecht; es hat das Geſetz beide Verhältniſſe nicht klar unterſchieden; auch gilt dies Recht nur bezüglich einiger Gemeinden (Swieceny §. 24). Auch das neue Gemeindegeſetz vom 24. April 1859 (Manz’ſche Geſetzes- ſammlung Heft IX.) bleibt in derſelben Unbeſtimmtheit, ohne Unter- ſcheidung zwiſchen Gemeindebürgerrecht und Heimath, indem es den Be- griff der „Zuſtändigkeit zu einer Ortsgemeinde“ feſthält und für den Erwerb derſelben (§. 39) die alten vier Jahre, den guten Leumund und den Vermögensnachweis vorausſetzt. Verweigert die Gemeinde die Aufnahme — (doch wohl in das Bürgerrecht, denn die Armen- zuſtändigkeit gewinnt der Einzelne wohl ohne ſein Anſuchen, da nichts darüber beſtimmt iſt) ſo entſcheidet die politiſche Behörde. — Das neueſte Geſetz vom 3. December 1863 ordnet dieſe Grundſätze für das ganze Reich. Bitzer hat, wie es freilich bei den deutſchen Gelehrten Regel iſt, von öſterreichiſchen Geſetzen und Literatur gar nichts gewußt. Preußen und ſeine Armenpflege. Preußens Recht der Armenpflege iſt ohne Zweifel das intereſſanteſte und reichſte von allen. Denn der weſentliche Unterſchied zwiſchen Preußen und den übrigen deutſchen Staaten beſteht darin, daß Preußen zuerſt die Verpflichtung der Ortsgemeinde zur Armenunterſtützung definitiv ausge- ſprochen, und dadurch das hervorgerufen hat, was dem richtigen Ver- ſtändniß der Sache am meiſten entgegenſteht, namentlich die bis auf den heutigen Tag dauernde Verwechslung oder Verſchmelzung von Orts- gemeinde und Armengemeinde. Die Folge dieſes entſcheidenden Fehlers war die, für die Armenzuſtändigkeit an die Orts-

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/364>, abgerufen am 25.11.2024.