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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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und dem Einzelnen gegenüber, und als ſei es Aufgabe der Polizei,
dieſen Gegenſatz durch die Begriffe von Sicherheit und Wohlfahrt aus-
zuſöhnen. Dieſe Vorſtellungen ſind hiſtoriſche. Für den Begriff der
Verwaltung gibt es dieſen Gegenſatz überhaupt nicht. Es gibt keine
Subſtanz der Verwaltung, keine Materie derſelben, welche der Staat
perſönlich beſäße und ſie den Verwalteten geben könnte. Die Verwal-
tung iſt vielmehr nur die ſtaatliche Ordnung und Beſtimmung deſſen,
was die eigene Natur als Antheil der Gemeinſchaft von dem Einzelnen
ohnehin fordert. Der Staat hat es daher auch in ſeiner Verwaltung
überhaupt gar nicht mit etwas zu thun, das ſein eigen wäre, ſondern
mit dem, was der Gemeinſchaft vermöge des Einzelnen und umgekehrt,
angehört. Seine Verwaltung iſt daher in der That als die
in perſönliche Form gebrachte, der perſönlichen Selbſtbe-
ſtimmung unterworfene Gegenſeitigkeit aller unterein-
ander, die perſönliche Geſtalt der Harmonie der Entwick-
lung
der Menſchheit, welche zunächſt auf den untergeordneten Gebieten
als Staatswirthſchaft und Rechtspflege erſcheint, in der erſten mit dem
materiellen Subſtrat der Güter, in der zweiten mit dem negativen
Elemente der äußerlichen Unverletzlichkeit beſchäftigt, und erſt in der
Verwaltung ſich zum poſitiven Leben der harmoniſchen Entwicklung des
Einzelnen durch das Ganze erhebend.

Das nun iſt, von allem Einzelnen abgeſehen, dasjenige was wir die
ſittliche Idee der Verwaltung nennen, und wodurch ſie den höchſten
Anſchauungen angehört, die das Leben der Menſchheit erkennen lehren.

Erfaßt man nun die Verwaltung von dieſem Standpunkt, das
geſammte menſchliche Leben, die geſammte Staatsthätigkeit in der Be-
wegung der Gemeinſchaft, die ganze gewaltige Arbeit enthaltend, con-
centrirend und ordnend, durch welche die Menſchheit ihrem Ziele ent-
gegenſtrebt, ſo gewinnt ſie einen Inhalt wie kein anderer Theil der
Staatswiſſenſchaft. In der That muß man ſagen, daß ihr gegenüber
alles andere nur Mittel zum Zwecke wird, und daß der Werth alles
deſſen, was der Staat enthält, will und thut, zuletzt ſich an demjenigen
zeigen und meſſen muß, was er in der Verwaltung und für dieſelbe leiſtet.
Die letzten Ziele des gemeinſchaftlichen Lebens der Menſchheit liegen
in ihrem Gebiete; die größten und entſcheidenden Bedingungen für die
Verwirklichung derſelben werden von ihr geboten. Sie iſt es daher,
welche man vom höhern Standpunkt aus als den Ausdruck der wahren
Bildung und Geſittung des Geſammtlebens anerkennen muß; was ſie
nicht mehr zu leiſten vermag, das vermag für das wirkliche Leben
überhaupt keine menſchliche Gewalt zu leiſten. Sie iſt es daher, welche
ihrem Weſen nach den Einzelnen beſtändig umgibt, beſtändig für ihn

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/69>, abgerufen am 23.02.2025.