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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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bestehen wohl noch mannigfach, zum Theil nach dem alten preußischen
Muster, die Classen der Aerzte fort; so hat Württemberg noch den
Arzt mit zwei Staatsprüfungen (Verordnung vom 13. Febr. 1832)
und Chirurgen gar in drei Classen (Verordnung vom 14. Okt. 1830.
Roller a. a. O. §§. 128, 182). Sachsen-Altenburg. Verordnung
vom 10. Juni 1863: Zulassung zur niedern chirurgischen Praxis auf
Grundlage einer Prüfung (mit dem Rechte, auch Todtenscheine auszu-
stellen). In andern dagegen sehen wir von diesen Einrichtungen nichts.
Eine Gleichartigkeit dafür besteht nicht. Königreich Sachsen hat noch
das ganze System von Classen und allerlei Concessionen bei dem Dok-
torat (Funke III. S. 74--106., V. S. 482 ff.). In Bayern sind
die heilkundigen Competenzen der verschiedenen Klassen erst durch Ver-
ordnung vom 29. Januar 1865 wieder genauer abgegränzt, und diese
Competenzen dürfen bei Strafe nicht überschritten werden. Die Regie-
rung ertheilt die betreffenden Conzessionen, und jeder Arzt wird genau
vorgemerkt. Hier ist also noch viel Schutt wegzuräumen. -- In Frank-
reich
ist das Bildungs- und Prüfungswesen der eigentlichen Aerzte
gleichfalls einfach ein Theil der Universitätsbildung (instruction supe-
rieure
). Grundlage zuerst das Gesetz 14 Frim. a. III, welches die Fa-
cultes de medecine
errichtete. Bericht darüber von Fourcroy: "-- la
vie des citoyens est entre les mains d'hommes avides autant
qu'ignorants, l'empirisme le plus dangereux, le charlatanisme le
plus dehonte abusent partout de la credulite. Aucune preuve
de savoir et d'habilite n'est exige."
Dem half dann die Universitäts-
ordnung ab; das Dekret vom 17. März 1808 errichtete die Facultes de
medecine
mit obligater Bildung; vierjähriger Cursus mit Jahres-
prüfungen, und Schluß- oder Doktoratsprüfung in fünf Abtheilungen;
seit Dekret vom 3. August 1841 ein einjähriger Cursus an einem
Hospital vorgeschrieben, und strenge Vorschriften über die Studien durch
Dekret vom 22. August 1834. (Tardieu, Dict. d'hygiene publ.
v. Faculte de medecine. Foubert v. Medecine -- Block
-- nebst
der Literatur. Daneben aber bestehen die Officiers de sante, bereits
durch Gesetz vom 19. Vent. a. XI eingeführt, die entweder sechs Jahre
bei einem Doktor oder fünf Jahre in einem Hospital gedient haben
mußten; dann findet eine Prüfung vor der Jury medical statt, be-
stehend aus zwei Doktoren und einem Professor. Diese Einrichtung
erhielt sich ausschließlich bis 1854 und sie war es eigentlich, welche das
flache Land mit Heilkundigen versorgte. Das Dekret vom 22. August
1854 hat nun auch für Frankreich einen großen Fortschritt gebracht.
Die Officiers de sante müssen darnach entweder eine Faculte de me-
decine
oder eine Ecole preparatoire de medecine et de pharmacie

beſtehen wohl noch mannigfach, zum Theil nach dem alten preußiſchen
Muſter, die Claſſen der Aerzte fort; ſo hat Württemberg noch den
Arzt mit zwei Staatsprüfungen (Verordnung vom 13. Febr. 1832)
und Chirurgen gar in drei Claſſen (Verordnung vom 14. Okt. 1830.
Roller a. a. O. §§. 128, 182). Sachſen-Altenburg. Verordnung
vom 10. Juni 1863: Zulaſſung zur niedern chirurgiſchen Praxis auf
Grundlage einer Prüfung (mit dem Rechte, auch Todtenſcheine auszu-
ſtellen). In andern dagegen ſehen wir von dieſen Einrichtungen nichts.
Eine Gleichartigkeit dafür beſteht nicht. Königreich Sachſen hat noch
das ganze Syſtem von Claſſen und allerlei Conceſſionen bei dem Dok-
torat (Funke III. S. 74—106., V. S. 482 ff.). In Bayern ſind
die heilkundigen Competenzen der verſchiedenen Klaſſen erſt durch Ver-
ordnung vom 29. Januar 1865 wieder genauer abgegränzt, und dieſe
Competenzen dürfen bei Strafe nicht überſchritten werden. Die Regie-
rung ertheilt die betreffenden Conzeſſionen, und jeder Arzt wird genau
vorgemerkt. Hier iſt alſo noch viel Schutt wegzuräumen. — In Frank-
reich
iſt das Bildungs- und Prüfungsweſen der eigentlichen Aerzte
gleichfalls einfach ein Theil der Univerſitätsbildung (instruction supé-
rieure
). Grundlage zuerſt das Geſetz 14 Frim. a. III, welches die Fa-
cultés de médecine
errichtete. Bericht darüber von Fourcroy: „— la
vie des citoyens est entre les mains d’hommes avides autant
qu’ignorants, l’empirisme le plus dangereux, le charlatanisme le
plus dehonté abusent partout de la crédulité. Aucune preuve
de savoir et d’habilité n’est exigé.“
Dem half dann die Univerſitäts-
ordnung ab; das Dekret vom 17. März 1808 errichtete die Facultés de
médecine
mit obligater Bildung; vierjähriger Curſus mit Jahres-
prüfungen, und Schluß- oder Doktoratsprüfung in fünf Abtheilungen;
ſeit Dekret vom 3. Auguſt 1841 ein einjähriger Curſus an einem
Hoſpital vorgeſchrieben, und ſtrenge Vorſchriften über die Studien durch
Dekret vom 22. Auguſt 1834. (Tardieu, Dict. d’hygiène publ.
v. Faculté de médecine. Foubert v. Médecine — Block
— nebſt
der Literatur. Daneben aber beſtehen die Officiers de santé, bereits
durch Geſetz vom 19. Vent. a. XI eingeführt, die entweder ſechs Jahre
bei einem Doktor oder fünf Jahre in einem Hoſpital gedient haben
mußten; dann findet eine Prüfung vor der Jury médical ſtatt, be-
ſtehend aus zwei Doktoren und einem Profeſſor. Dieſe Einrichtung
erhielt ſich ausſchließlich bis 1854 und ſie war es eigentlich, welche das
flache Land mit Heilkundigen verſorgte. Das Dekret vom 22. Auguſt
1854 hat nun auch für Frankreich einen großen Fortſchritt gebracht.
Die Officiers de santé müſſen darnach entweder eine Faculté de mé-
decine
oder eine École préparatoire de médecine et de pharmacie

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[104/0120] beſtehen wohl noch mannigfach, zum Theil nach dem alten preußiſchen Muſter, die Claſſen der Aerzte fort; ſo hat Württemberg noch den Arzt mit zwei Staatsprüfungen (Verordnung vom 13. Febr. 1832) und Chirurgen gar in drei Claſſen (Verordnung vom 14. Okt. 1830. Roller a. a. O. §§. 128, 182). Sachſen-Altenburg. Verordnung vom 10. Juni 1863: Zulaſſung zur niedern chirurgiſchen Praxis auf Grundlage einer Prüfung (mit dem Rechte, auch Todtenſcheine auszu- ſtellen). In andern dagegen ſehen wir von dieſen Einrichtungen nichts. Eine Gleichartigkeit dafür beſteht nicht. Königreich Sachſen hat noch das ganze Syſtem von Claſſen und allerlei Conceſſionen bei dem Dok- torat (Funke III. S. 74—106., V. S. 482 ff.). In Bayern ſind die heilkundigen Competenzen der verſchiedenen Klaſſen erſt durch Ver- ordnung vom 29. Januar 1865 wieder genauer abgegränzt, und dieſe Competenzen dürfen bei Strafe nicht überſchritten werden. Die Regie- rung ertheilt die betreffenden Conzeſſionen, und jeder Arzt wird genau vorgemerkt. Hier iſt alſo noch viel Schutt wegzuräumen. — In Frank- reich iſt das Bildungs- und Prüfungsweſen der eigentlichen Aerzte gleichfalls einfach ein Theil der Univerſitätsbildung (instruction supé- rieure). Grundlage zuerſt das Geſetz 14 Frim. a. III, welches die Fa- cultés de médecine errichtete. Bericht darüber von Fourcroy: „— la vie des citoyens est entre les mains d’hommes avides autant qu’ignorants, l’empirisme le plus dangereux, le charlatanisme le plus dehonté abusent partout de la crédulité. Aucune preuve de savoir et d’habilité n’est exigé.“ Dem half dann die Univerſitäts- ordnung ab; das Dekret vom 17. März 1808 errichtete die Facultés de médecine mit obligater Bildung; vierjähriger Curſus mit Jahres- prüfungen, und Schluß- oder Doktoratsprüfung in fünf Abtheilungen; ſeit Dekret vom 3. Auguſt 1841 ein einjähriger Curſus an einem Hoſpital vorgeſchrieben, und ſtrenge Vorſchriften über die Studien durch Dekret vom 22. Auguſt 1834. (Tardieu, Dict. d’hygiène publ. v. Faculté de médecine. Foubert v. Médecine — Block — nebſt der Literatur. Daneben aber beſtehen die Officiers de santé, bereits durch Geſetz vom 19. Vent. a. XI eingeführt, die entweder ſechs Jahre bei einem Doktor oder fünf Jahre in einem Hoſpital gedient haben mußten; dann findet eine Prüfung vor der Jury médical ſtatt, be- ſtehend aus zwei Doktoren und einem Profeſſor. Dieſe Einrichtung erhielt ſich ausſchließlich bis 1854 und ſie war es eigentlich, welche das flache Land mit Heilkundigen verſorgte. Das Dekret vom 22. Auguſt 1854 hat nun auch für Frankreich einen großen Fortſchritt gebracht. Die Officiers de santé müſſen darnach entweder eine Faculté de mé- decine oder eine École préparatoire de médecine et de pharmacie

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/120>, abgerufen am 21.11.2024.