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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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2) Errichtung von Apotheken.

Das Recht der Errichtung der Apotheken beginnt als Realrecht,
in den meisten Fällen wohl als Privilegium unmittelbar, in andern
allmählig entstehend. Mit der Entwicklung des Heilwesens erzeugt das
Bedürfniß nach Apotheken, verbunden mit dem Princip der Concessio-
nirung überhaupt, das Recht der amtlichen Genehmigung, bei welcher
jedoch meist der Grundsatz der Beschränkung auf eine gewisse Einwoh-
nerzahl festgehalten wird. Dadurch treten mit unsrem Jahrhundert
zwei Systeme neben einander; die wachsende Dichtigkeit der Bevölke-
rung läßt dann die Concession eine allgemeine werden, und das Rcal-
recht unter Aufhebung seiner Ausschließlichkeit formell fortbestehen, was
ohne Nachtheil für die Sache das Einzelrecht so weit erhält, als es
überhaupt erhalten werden kann. Somit gilt der Grundsatz, daß jede
neue Apotheke nur mit Genehmigung der oberen Behörden errichtet
werden darf. Zugleich enthalten die allgemeinen Apothekerordnungen
die von der Gesundheitsverwaltung vorgeschriebenen inneren Einrich-
tungen des Betriebes auf Grundlage fachmännischer Forderungen.


Die Literatur hat sich verhältnißmäßig wenig mit der Frage be-
schäftigt (s. Schürmayer, Handbuch der medicinischen Polizei 1856).
Die vielfach im Detail verschiedenen Rechtszustände, die jedoch im Großen
und Ganzen stets auf die obige Unterscheidung hinaus laufen, für
Oesterreich Kopetz, Polizeigesetzkunde. Mader, Comp. der Apotheker-
gesetze und Verordnungen von 1857. Stubenrauch II. 291. Grund-
satz: völlige Freiheit der Concessionirung; nach der Verordnung vom
30. November 1833 im Concurrenzwege zu regeln. Preußen: weit-
läufig in Rönne und Simon, Medicinalwesen (I. 628) und Rönne,
Staatsrecht (II. 359). Anlage neuer Apotheken, unter Verordnung
vom 24. October 1811, welche eigentlich die Elemente der, vom Privi-
legium des Realrechts sich emancipirenden Concessionirung am besten
formulirt hat. Die Geschichte des Rechts und die früheren einzelnen
Verordnungen bei Horn II. S. 281. Die Edikte und Rescripte nach
1811 bei demselben (S. 290 ff.) -- Württemberg: Erkenntniß der
Regierungsbehörde, jedoch unter Zuziehung älterer Besitzer von Apotheken
(Roller a. a. O. §. 201). -- Königreich Sachsen: Reine Realrechte;
Erlaubniß der Behörden. Verordnung von 1834 (Funk a. a. O. III.
S. 145). Bayern: Apothekerordnung vom 27. Januar 1842. §§. 2.
3. 31. 32 (Pözl, Verwaltungsrecht §. 118). -- In Frankreich wird
die Anlage von neuen Apotheken stets concessionirt vom Präfekten und

2) Errichtung von Apotheken.

Das Recht der Errichtung der Apotheken beginnt als Realrecht,
in den meiſten Fällen wohl als Privilegium unmittelbar, in andern
allmählig entſtehend. Mit der Entwicklung des Heilweſens erzeugt das
Bedürfniß nach Apotheken, verbunden mit dem Princip der Conceſſio-
nirung überhaupt, das Recht der amtlichen Genehmigung, bei welcher
jedoch meiſt der Grundſatz der Beſchränkung auf eine gewiſſe Einwoh-
nerzahl feſtgehalten wird. Dadurch treten mit unſrem Jahrhundert
zwei Syſteme neben einander; die wachſende Dichtigkeit der Bevölke-
rung läßt dann die Conceſſion eine allgemeine werden, und das Rcal-
recht unter Aufhebung ſeiner Ausſchließlichkeit formell fortbeſtehen, was
ohne Nachtheil für die Sache das Einzelrecht ſo weit erhält, als es
überhaupt erhalten werden kann. Somit gilt der Grundſatz, daß jede
neue Apotheke nur mit Genehmigung der oberen Behörden errichtet
werden darf. Zugleich enthalten die allgemeinen Apothekerordnungen
die von der Geſundheitsverwaltung vorgeſchriebenen inneren Einrich-
tungen des Betriebes auf Grundlage fachmänniſcher Forderungen.


Die Literatur hat ſich verhältnißmäßig wenig mit der Frage be-
ſchäftigt (ſ. Schürmayer, Handbuch der mediciniſchen Polizei 1856).
Die vielfach im Detail verſchiedenen Rechtszuſtände, die jedoch im Großen
und Ganzen ſtets auf die obige Unterſcheidung hinaus laufen, für
Oeſterreich Kopetz, Polizeigeſetzkunde. Mader, Comp. der Apotheker-
geſetze und Verordnungen von 1857. Stubenrauch II. 291. Grund-
ſatz: völlige Freiheit der Conceſſionirung; nach der Verordnung vom
30. November 1833 im Concurrenzwege zu regeln. Preußen: weit-
läufig in Rönne und Simon, Medicinalweſen (I. 628) und Rönne,
Staatsrecht (II. 359). Anlage neuer Apotheken, unter Verordnung
vom 24. October 1811, welche eigentlich die Elemente der, vom Privi-
legium des Realrechts ſich emancipirenden Conceſſionirung am beſten
formulirt hat. Die Geſchichte des Rechts und die früheren einzelnen
Verordnungen bei Horn II. S. 281. Die Edikte und Reſcripte nach
1811 bei demſelben (S. 290 ff.) — Württemberg: Erkenntniß der
Regierungsbehörde, jedoch unter Zuziehung älterer Beſitzer von Apotheken
(Roller a. a. O. §. 201). — Königreich Sachſen: Reine Realrechte;
Erlaubniß der Behörden. Verordnung von 1834 (Funk a. a. O. III.
S. 145). Bayern: Apothekerordnung vom 27. Januar 1842. §§. 2.
3. 31. 32 (Pözl, Verwaltungsrecht §. 118). — In Frankreich wird
die Anlage von neuen Apotheken ſtets conceſſionirt vom Präfekten und

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[112/0128] 2) Errichtung von Apotheken. Das Recht der Errichtung der Apotheken beginnt als Realrecht, in den meiſten Fällen wohl als Privilegium unmittelbar, in andern allmählig entſtehend. Mit der Entwicklung des Heilweſens erzeugt das Bedürfniß nach Apotheken, verbunden mit dem Princip der Conceſſio- nirung überhaupt, das Recht der amtlichen Genehmigung, bei welcher jedoch meiſt der Grundſatz der Beſchränkung auf eine gewiſſe Einwoh- nerzahl feſtgehalten wird. Dadurch treten mit unſrem Jahrhundert zwei Syſteme neben einander; die wachſende Dichtigkeit der Bevölke- rung läßt dann die Conceſſion eine allgemeine werden, und das Rcal- recht unter Aufhebung ſeiner Ausſchließlichkeit formell fortbeſtehen, was ohne Nachtheil für die Sache das Einzelrecht ſo weit erhält, als es überhaupt erhalten werden kann. Somit gilt der Grundſatz, daß jede neue Apotheke nur mit Genehmigung der oberen Behörden errichtet werden darf. Zugleich enthalten die allgemeinen Apothekerordnungen die von der Geſundheitsverwaltung vorgeſchriebenen inneren Einrich- tungen des Betriebes auf Grundlage fachmänniſcher Forderungen. Die Literatur hat ſich verhältnißmäßig wenig mit der Frage be- ſchäftigt (ſ. Schürmayer, Handbuch der mediciniſchen Polizei 1856). Die vielfach im Detail verſchiedenen Rechtszuſtände, die jedoch im Großen und Ganzen ſtets auf die obige Unterſcheidung hinaus laufen, für Oeſterreich Kopetz, Polizeigeſetzkunde. Mader, Comp. der Apotheker- geſetze und Verordnungen von 1857. Stubenrauch II. 291. Grund- ſatz: völlige Freiheit der Conceſſionirung; nach der Verordnung vom 30. November 1833 im Concurrenzwege zu regeln. Preußen: weit- läufig in Rönne und Simon, Medicinalweſen (I. 628) und Rönne, Staatsrecht (II. 359). Anlage neuer Apotheken, unter Verordnung vom 24. October 1811, welche eigentlich die Elemente der, vom Privi- legium des Realrechts ſich emancipirenden Conceſſionirung am beſten formulirt hat. Die Geſchichte des Rechts und die früheren einzelnen Verordnungen bei Horn II. S. 281. Die Edikte und Reſcripte nach 1811 bei demſelben (S. 290 ff.) — Württemberg: Erkenntniß der Regierungsbehörde, jedoch unter Zuziehung älterer Beſitzer von Apotheken (Roller a. a. O. §. 201). — Königreich Sachſen: Reine Realrechte; Erlaubniß der Behörden. Verordnung von 1834 (Funk a. a. O. III. S. 145). Bayern: Apothekerordnung vom 27. Januar 1842. §§. 2. 3. 31. 32 (Pözl, Verwaltungsrecht §. 118). — In Frankreich wird die Anlage von neuen Apotheken ſtets conceſſionirt vom Präfekten und

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/128>, abgerufen am 24.11.2024.