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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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und niedere Baupolizei auf Grundlage der Selbstverwaltung organisiren.
Dieß geschieht durch die Local Boards of Health. Das berufsmäßige
Element ist dabei jedoch nur vertreten durch die amtlichen Inspek-
toren und durch das Princip der Bestätigung ihrer bye Laws durch
den Minister des Innern, bei dem die höchste Sanitätsbehörde, jedoch
wesentlich nur für die Baupolizei, früher als das General Board of
Health,
jetzt als Departement des Privy Council, eingesetzt wird (das
englische Collegium Sanitatis). Auf dieser Grundlage entwickelt sich nun
die allgemeine Gesetzgebung und Verwaltung der Gesundheitspolizei
der dritten Epoche; in Beziehung auf die Grundsätze der Verwaltung
durch die neueste Nuisances Act von 1855 18, 19 Vict. 121, welche
die frühere aufhebt, und die englische Codification der höheren Bau-
polizei ist; in Beziehung auf den Organismus der Verwaltung durch
die neue Local Governement Act 1858 21, 22 Vict. 98; zwar
auf Grundlage des Klagrechts und der Selbstverwaltung aber doch mit
Oberaufsicht des General Board of Health. Die Sewage Utilisation
Act
1865 (28, 29 Vict. 75) bezieht sich zwar nur auf die Anlage von
Abzugskanälen für flüssigen Dünger, enthält jedoch einige wesentliche
sanitäre Momente, namentlich den, daß kein Abzugskanal in einen Fluß
gelenkt werden darf. Was London speziell betrifft und seine locale Bau-
ordnung s. Gneist, Engl. Verwaltungsrecht II. §. 115. Zugleich ward
die Labouring Classes Lodging Houses Act 1831 (14, 15 Vict. 34)
erlassen, mit der speziellen Aufgabe, die Erbauung für gesunde Arbei-
terw
ohnungen zu fördern; wornach die Erbauung derselben durch die
Gemeinde von derselben beschlossen werden kann. Hier ist daher ein
bedeutendes Fortschreiten unverkennbar. Allein, wie schon früher bemerkt,
liegt auch für diesen Theil der Gesundheitspolizei die Gefahr in der
viel zu großen Unabhängigkeit der örtlichen Behörde, auf welche auch
in Beziehung auf die Baupolizei gilt, was Gneist über die Local
Government Act
sagt.

Frankreich. Während in Frankreich die Aufgaben und die Noth-
wendigkeit namentlich der höheren sanitären Baupolizei zuerst und wohl
am besten theoretisch untersucht sind, bleiben Gesetzgebung und Verwal-
tung dagegen sehr zurück; wesentlich wohl wegen des Mangels an Thä-
tigkeit der Selbstverwaltung. Grundsatz: der Maire hat die Baupolizei zu
handhaben, und die Commissions d'hygiene publique sind nur bera-
thende Körper. Diese ganz allgemeinen Principien gewinnen nun auch
hier erst Gestalt nach dem Auftreten der Cholera 1830. Die centrale
Verwaltung beginnt die Sache in die Hand zu nehmen. Die bis dahin
bestehenden Gesetze, welche mit 1790 beginnen, haben im Grunde nur
noch die Sicherheitspolizei für Bau und Communikation im Auge. Die

und niedere Baupolizei auf Grundlage der Selbſtverwaltung organiſiren.
Dieß geſchieht durch die Local Boards of Health. Das berufsmäßige
Element iſt dabei jedoch nur vertreten durch die amtlichen Inſpek-
toren und durch das Princip der Beſtätigung ihrer bye Laws durch
den Miniſter des Innern, bei dem die höchſte Sanitätsbehörde, jedoch
weſentlich nur für die Baupolizei, früher als das General Board of
Health,
jetzt als Departement des Privy Council, eingeſetzt wird (das
engliſche Collegium Sanitatis). Auf dieſer Grundlage entwickelt ſich nun
die allgemeine Geſetzgebung und Verwaltung der Geſundheitspolizei
der dritten Epoche; in Beziehung auf die Grundſätze der Verwaltung
durch die neueſte Nuisances Act von 1855 18, 19 Vict. 121, welche
die frühere aufhebt, und die engliſche Codification der höheren Bau-
polizei iſt; in Beziehung auf den Organismus der Verwaltung durch
die neue Local Governement Act 1858 21, 22 Vict. 98; zwar
auf Grundlage des Klagrechts und der Selbſtverwaltung aber doch mit
Oberaufſicht des General Board of Health. Die Sewage Utilisation
Act
1865 (28, 29 Vict. 75) bezieht ſich zwar nur auf die Anlage von
Abzugskanälen für flüſſigen Dünger, enthält jedoch einige weſentliche
ſanitäre Momente, namentlich den, daß kein Abzugskanal in einen Fluß
gelenkt werden darf. Was London ſpeziell betrifft und ſeine locale Bau-
ordnung ſ. Gneiſt, Engl. Verwaltungsrecht II. §. 115. Zugleich ward
die Labouring Classes Lodging Houses Act 1831 (14, 15 Vict. 34)
erlaſſen, mit der ſpeziellen Aufgabe, die Erbauung für geſunde Arbei-
terw
ohnungen zu fördern; wornach die Erbauung derſelben durch die
Gemeinde von derſelben beſchloſſen werden kann. Hier iſt daher ein
bedeutendes Fortſchreiten unverkennbar. Allein, wie ſchon früher bemerkt,
liegt auch für dieſen Theil der Geſundheitspolizei die Gefahr in der
viel zu großen Unabhängigkeit der örtlichen Behörde, auf welche auch
in Beziehung auf die Baupolizei gilt, was Gneiſt über die Local
Government Act
ſagt.

Frankreich. Während in Frankreich die Aufgaben und die Noth-
wendigkeit namentlich der höheren ſanitären Baupolizei zuerſt und wohl
am beſten theoretiſch unterſucht ſind, bleiben Geſetzgebung und Verwal-
tung dagegen ſehr zurück; weſentlich wohl wegen des Mangels an Thä-
tigkeit der Selbſtverwaltung. Grundſatz: der Maire hat die Baupolizei zu
handhaben, und die Commissions d’hygiène publique ſind nur bera-
thende Körper. Dieſe ganz allgemeinen Principien gewinnen nun auch
hier erſt Geſtalt nach dem Auftreten der Cholera 1830. Die centrale
Verwaltung beginnt die Sache in die Hand zu nehmen. Die bis dahin
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[70/0086] und niedere Baupolizei auf Grundlage der Selbſtverwaltung organiſiren. Dieß geſchieht durch die Local Boards of Health. Das berufsmäßige Element iſt dabei jedoch nur vertreten durch die amtlichen Inſpek- toren und durch das Princip der Beſtätigung ihrer bye Laws durch den Miniſter des Innern, bei dem die höchſte Sanitätsbehörde, jedoch weſentlich nur für die Baupolizei, früher als das General Board of Health, jetzt als Departement des Privy Council, eingeſetzt wird (das engliſche Collegium Sanitatis). Auf dieſer Grundlage entwickelt ſich nun die allgemeine Geſetzgebung und Verwaltung der Geſundheitspolizei der dritten Epoche; in Beziehung auf die Grundſätze der Verwaltung durch die neueſte Nuisances Act von 1855 18, 19 Vict. 121, welche die frühere aufhebt, und die engliſche Codification der höheren Bau- polizei iſt; in Beziehung auf den Organismus der Verwaltung durch die neue Local Governement Act 1858 21, 22 Vict. 98; zwar auf Grundlage des Klagrechts und der Selbſtverwaltung aber doch mit Oberaufſicht des General Board of Health. Die Sewage Utilisation Act 1865 (28, 29 Vict. 75) bezieht ſich zwar nur auf die Anlage von Abzugskanälen für flüſſigen Dünger, enthält jedoch einige weſentliche ſanitäre Momente, namentlich den, daß kein Abzugskanal in einen Fluß gelenkt werden darf. Was London ſpeziell betrifft und ſeine locale Bau- ordnung ſ. Gneiſt, Engl. Verwaltungsrecht II. §. 115. Zugleich ward die Labouring Classes Lodging Houses Act 1831 (14, 15 Vict. 34) erlaſſen, mit der ſpeziellen Aufgabe, die Erbauung für geſunde Arbei- terwohnungen zu fördern; wornach die Erbauung derſelben durch die Gemeinde von derſelben beſchloſſen werden kann. Hier iſt daher ein bedeutendes Fortſchreiten unverkennbar. Allein, wie ſchon früher bemerkt, liegt auch für dieſen Theil der Geſundheitspolizei die Gefahr in der viel zu großen Unabhängigkeit der örtlichen Behörde, auf welche auch in Beziehung auf die Baupolizei gilt, was Gneiſt über die Local Government Act ſagt. Frankreich. Während in Frankreich die Aufgaben und die Noth- wendigkeit namentlich der höheren ſanitären Baupolizei zuerſt und wohl am beſten theoretiſch unterſucht ſind, bleiben Geſetzgebung und Verwal- tung dagegen ſehr zurück; weſentlich wohl wegen des Mangels an Thä- tigkeit der Selbſtverwaltung. Grundſatz: der Maire hat die Baupolizei zu handhaben, und die Commissions d’hygiène publique ſind nur bera- thende Körper. Dieſe ganz allgemeinen Principien gewinnen nun auch hier erſt Geſtalt nach dem Auftreten der Cholera 1830. Die centrale Verwaltung beginnt die Sache in die Hand zu nehmen. Die bis dahin beſtehenden Geſetze, welche mit 1790 beginnen, haben im Grunde nur noch die Sicherheitspolizei für Bau und Communikation im Auge. Die

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/86>, abgerufen am 21.11.2024.