Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.von einem Suspensiveffekt jedoch weder hier noch bei der Beschwerde Die gänzliche Unterordnung des öffentlichen Rechts der Staats- Erstlich kann der Kriegszustand nur örtlich ausgesprochen werden, Zweitens muß aber, wo eine solche feindliche bewaffnete Macht Drittens dauern diese Funktionen und Berechtigungen auch wäh- II. Ein ganz anderer Fall ist nun derjenige, den wir als den von einem Suspenſiveffekt jedoch weder hier noch bei der Beſchwerde Die gänzliche Unterordnung des öffentlichen Rechts der Staats- Erſtlich kann der Kriegszuſtand nur örtlich ausgeſprochen werden, Zweitens muß aber, wo eine ſolche feindliche bewaffnete Macht Drittens dauern dieſe Funktionen und Berechtigungen auch wäh- II. Ein ganz anderer Fall iſt nun derjenige, den wir als den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0148" n="126"/> von einem Suspenſiveffekt jedoch weder hier noch bei der Beſchwerde<lb/> die Rede ſein kann, verſteht ſich von ſelbſt.</p><lb/> <p>Die gänzliche Unterordnung des öffentlichen Rechts der Staats-<lb/> bürger unter das Militär, die auf dieſe Weiſe durch das leitende Princip<lb/> des militäriſchen Gehorſams gegen jede militäriſche Verfügung geſetzt<lb/> wird, muß nun zur möglichſt genauen Beſtimmung der <hi rendition="#g">Fälle</hi> auf-<lb/> fordern, die bei dem Kriegszuſtand zur Beachtung kommen. Dieſe ſind<lb/> folgende:</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Erſtlich</hi> kann der Kriegszuſtand nur <hi rendition="#g">örtlich</hi> ausgeſprochen werden,<lb/> und zwar nur im Falle eines wirklich vorhandenen oder bevorſtehenden<lb/><hi rendition="#g">Angriffes</hi> auf einen beſtimmten Ort. Er tritt daher nur in den<lb/> Fällen ein, wo es ſich um einen Kampf mit einer vorhandenen bewaff-<lb/> neten Macht, ſei es einer äußern, ſei es einer innern, handelt, und<lb/> nicht bei einer bloßen Störung der öffentlichen Ordnung durch die Ver-<lb/> brechen Einzelner.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Zweitens</hi> muß aber, wo eine ſolche feindliche bewaffnete Macht<lb/> wirklich da und in der Lage iſt, einen Angriff zu verſuchen, der mili-<lb/> täriſche Befehlshaber auch das Recht haben, den Kriegszuſtand <hi rendition="#g">ein-<lb/> ſeitig</hi> auszuſprechen. Eine ſolche Erklärung in Kriegszuſtand gilt dann<lb/> nicht weiter, als die unter dem betreffenden Befehlshaber ſtehenden<lb/> Truppen vertheilt ſind. Sowie dieſe Truppen den einzelnen Ort ver-<lb/> laſſen, hört der Kriegszuſtand von ſelbſt auf, und die Sicherheitspolizei<lb/> tritt in ihre frühere Funktion und Berechtigung zurück.</p><lb/> <p>Drittens <hi rendition="#g">dauern</hi> dieſe Funktionen und Berechtigungen auch wäh-<lb/> rend des Kriegsſtandes in ſo weit fort, als ſie nicht ſpeziell den mili-<lb/> täriſchen Organen übertragen worden ſind. Die ſicherheitspolizeilichen<lb/> Organe haben jedoch in ſolchem Falle <hi rendition="#g">nicht</hi> ohne ausdrücklichen mili-<lb/> täriſchen Befehl das Recht auf militäriſchen, ſondern nur auf bürger-<lb/> lichen Gehorſam. Nur muß angenommen werden, daß das polizeiliche<lb/> Verfügungsrecht unbedingt an die militäriſche Behörde übergeht, ſo weit<lb/> es ſich um <hi rendition="#g">neue</hi> Verfügungen handelt. Das Recht der beſtehenden<lb/> polizeilichen Anordnungen wird <hi rendition="#g">nicht</hi> geändert, wenn eine ſolche Aen-<lb/> derung nicht ausdrücklich ausgeſprochen iſt.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">II.</hi> Ein ganz anderer Fall iſt nun derjenige, den wir als den<lb/><hi rendition="#g">bürgerlichen Belagerungszuſtand</hi> — hier würden wir ſagen das<lb/><hi rendition="#g">Standrecht</hi> — bezeichnen. Der bürgerliche Belagerungszuſtand beruht<lb/> darauf, daß die öffentliche Sicherheit nicht mehr durch eine ſelbſtändig<lb/> auftretende bewaffnete Macht, ſondern durch die Menge und häufige<lb/><hi rendition="#g">Wiederholung von Verbrechen Einzelner</hi> bedroht wird. Ein<lb/> ſolcher Zuſtand iſt der Beweis, daß das ethiſche Element des Rechts-<lb/> bewußtſeins nicht mehr ſtark genug iſt, die Menge von der Begehung<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0148]
von einem Suspenſiveffekt jedoch weder hier noch bei der Beſchwerde
die Rede ſein kann, verſteht ſich von ſelbſt.
Die gänzliche Unterordnung des öffentlichen Rechts der Staats-
bürger unter das Militär, die auf dieſe Weiſe durch das leitende Princip
des militäriſchen Gehorſams gegen jede militäriſche Verfügung geſetzt
wird, muß nun zur möglichſt genauen Beſtimmung der Fälle auf-
fordern, die bei dem Kriegszuſtand zur Beachtung kommen. Dieſe ſind
folgende:
Erſtlich kann der Kriegszuſtand nur örtlich ausgeſprochen werden,
und zwar nur im Falle eines wirklich vorhandenen oder bevorſtehenden
Angriffes auf einen beſtimmten Ort. Er tritt daher nur in den
Fällen ein, wo es ſich um einen Kampf mit einer vorhandenen bewaff-
neten Macht, ſei es einer äußern, ſei es einer innern, handelt, und
nicht bei einer bloßen Störung der öffentlichen Ordnung durch die Ver-
brechen Einzelner.
Zweitens muß aber, wo eine ſolche feindliche bewaffnete Macht
wirklich da und in der Lage iſt, einen Angriff zu verſuchen, der mili-
täriſche Befehlshaber auch das Recht haben, den Kriegszuſtand ein-
ſeitig auszuſprechen. Eine ſolche Erklärung in Kriegszuſtand gilt dann
nicht weiter, als die unter dem betreffenden Befehlshaber ſtehenden
Truppen vertheilt ſind. Sowie dieſe Truppen den einzelnen Ort ver-
laſſen, hört der Kriegszuſtand von ſelbſt auf, und die Sicherheitspolizei
tritt in ihre frühere Funktion und Berechtigung zurück.
Drittens dauern dieſe Funktionen und Berechtigungen auch wäh-
rend des Kriegsſtandes in ſo weit fort, als ſie nicht ſpeziell den mili-
täriſchen Organen übertragen worden ſind. Die ſicherheitspolizeilichen
Organe haben jedoch in ſolchem Falle nicht ohne ausdrücklichen mili-
täriſchen Befehl das Recht auf militäriſchen, ſondern nur auf bürger-
lichen Gehorſam. Nur muß angenommen werden, daß das polizeiliche
Verfügungsrecht unbedingt an die militäriſche Behörde übergeht, ſo weit
es ſich um neue Verfügungen handelt. Das Recht der beſtehenden
polizeilichen Anordnungen wird nicht geändert, wenn eine ſolche Aen-
derung nicht ausdrücklich ausgeſprochen iſt.
II. Ein ganz anderer Fall iſt nun derjenige, den wir als den
bürgerlichen Belagerungszuſtand — hier würden wir ſagen das
Standrecht — bezeichnen. Der bürgerliche Belagerungszuſtand beruht
darauf, daß die öffentliche Sicherheit nicht mehr durch eine ſelbſtändig
auftretende bewaffnete Macht, ſondern durch die Menge und häufige
Wiederholung von Verbrechen Einzelner bedroht wird. Ein
ſolcher Zuſtand iſt der Beweis, daß das ethiſche Element des Rechts-
bewußtſeins nicht mehr ſtark genug iſt, die Menge von der Begehung
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