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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.

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Die erste ist die Concession der Anlage eines Gewerbes.
Die neuere Entwicklung der Gewerbefreiheit hat das System der Ge-
nehmigung in diesem Sinne beibehalten; sie ist nicht mehr eine Genehmi-
gung der Unternehmung als solcher, sondern nur die sicherheits-
polizeiliche Erklärung, daß die Anlage in der Art und Weise an
dem Orte, wo sie geschehen soll, keine Gefährdung des öffentlichen Wohl-
seins enthält. Dieß bezieht sich wieder theils auf die Unternehmung
selbst (Druckerei), theils auf den Ort derselben (Schlachthäuser, Seifen-
siedereien etc.). Die Entscheidung muß natürlich von der Ortsbehörde
geschehen; jedes solche Verfahren aber soll stets unter Zuziehung der
Nachbarn vorgenommen werden, und es ist durchaus richtig, nicht etwa
an Ort und Stelle sofort zu entscheiden, sondern den Antrag des Be-
treffenden zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, und um etwaigen
Einwendungen eine Frist zu setzen, sowie das Beschwerderecht in vollem
Umfange gelten zu lassen.

Das zweite Mittel ist die Sicherheitspolizei des Betriebes; und
zwar theils in Beziehung auf die gemeingefährliche Kraft der mechanischen
Motoren (Dampfmaschinen), theils in Beziehung auf die physiologischen
Eigenschaften des Betriebsmateriales (gesundheitsgefährliche Stoffe
und ihre Beseitigung). Alle hier einschlagenden Bestimmungen bilden
das zweite Gebiet der sanitären Gewerbepolizei. Erst die neueste
Zeit hat hier auf Grundlage der Mechanik und Chemie ein ausgebreitetes
und treffliches System erschaffen, dem wesentlich jedoch noch die sanitäre
Polizei der Werkstätten der Handwerker fehlt, während es für Com-
munikationsmittel und Fabriken ein vortreffliches genannt werden muß.

Das dritte Mittel ist endlich die Sicherheitspolizei der Produkte
selbst. Auch hier handelt es sich wesentlich um gesundheitspolizeiliche
Vorschriften, die sich theils auf die Naturprodukte (Fleisch, Brod, Ge-
tränke etc.), theils auf gewerbliche Produkte beziehen; im letzteren Falle
enthalten sie meist Anwendungen der Giftpolizei.

Als Nachtrag zu den in dem Gesundheitswesen S. 72--76 bereits
aufgeführten Gesetzgebungen über die Kinderarbeit möge uns gestattet
sein, hier die zum Theil sehr reiche und ausführliche Gesetzgebung der
Schweiz in Betreff der Fabriksarbeit aufzuführen. Die Kantone,
welche eine solche Gesetzgebung bisher besitzen, sind Zürich, Glarus,
St. Gallen, Aargau
und Thurgau. In Zürich sind auf Grund-
lage des Gesetzes vom 7. Mai 1832 (Gewerbeordnung) und des Polizei-
gesetzes vom 16. December 1844 das Gesetz vom 24. Oktober 1859
betreffend die Verhältnisse der Fabrikarbeiter nebst mehreren Vollziehungs-
verordnungen von 1859 und 1861, speciell die Verordnung vom 7 Febr.
1857, betreffend gesundheitspolizeiliche Untersuchung fremder Gesellen,

Die erſte iſt die Conceſſion der Anlage eines Gewerbes.
Die neuere Entwicklung der Gewerbefreiheit hat das Syſtem der Ge-
nehmigung in dieſem Sinne beibehalten; ſie iſt nicht mehr eine Genehmi-
gung der Unternehmung als ſolcher, ſondern nur die ſicherheits-
polizeiliche Erklärung, daß die Anlage in der Art und Weiſe an
dem Orte, wo ſie geſchehen ſoll, keine Gefährdung des öffentlichen Wohl-
ſeins enthält. Dieß bezieht ſich wieder theils auf die Unternehmung
ſelbſt (Druckerei), theils auf den Ort derſelben (Schlachthäuſer, Seifen-
ſiedereien ꝛc.). Die Entſcheidung muß natürlich von der Ortsbehörde
geſchehen; jedes ſolche Verfahren aber ſoll ſtets unter Zuziehung der
Nachbarn vorgenommen werden, und es iſt durchaus richtig, nicht etwa
an Ort und Stelle ſofort zu entſcheiden, ſondern den Antrag des Be-
treffenden zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, und um etwaigen
Einwendungen eine Friſt zu ſetzen, ſowie das Beſchwerderecht in vollem
Umfange gelten zu laſſen.

Das zweite Mittel iſt die Sicherheitspolizei des Betriebes; und
zwar theils in Beziehung auf die gemeingefährliche Kraft der mechaniſchen
Motoren (Dampfmaſchinen), theils in Beziehung auf die phyſiologiſchen
Eigenſchaften des Betriebsmateriales (geſundheitsgefährliche Stoffe
und ihre Beſeitigung). Alle hier einſchlagenden Beſtimmungen bilden
das zweite Gebiet der ſanitären Gewerbepolizei. Erſt die neueſte
Zeit hat hier auf Grundlage der Mechanik und Chemie ein ausgebreitetes
und treffliches Syſtem erſchaffen, dem weſentlich jedoch noch die ſanitäre
Polizei der Werkſtätten der Handwerker fehlt, während es für Com-
munikationsmittel und Fabriken ein vortreffliches genannt werden muß.

Das dritte Mittel iſt endlich die Sicherheitspolizei der Produkte
ſelbſt. Auch hier handelt es ſich weſentlich um geſundheitspolizeiliche
Vorſchriften, die ſich theils auf die Naturprodukte (Fleiſch, Brod, Ge-
tränke ꝛc.), theils auf gewerbliche Produkte beziehen; im letzteren Falle
enthalten ſie meiſt Anwendungen der Giftpolizei.

Als Nachtrag zu den in dem Geſundheitsweſen S. 72—76 bereits
aufgeführten Geſetzgebungen über die Kinderarbeit möge uns geſtattet
ſein, hier die zum Theil ſehr reiche und ausführliche Geſetzgebung der
Schweiz in Betreff der Fabriksarbeit aufzuführen. Die Kantone,
welche eine ſolche Geſetzgebung bisher beſitzen, ſind Zürich, Glarus,
St. Gallen, Aargau
und Thurgau. In Zürich ſind auf Grund-
lage des Geſetzes vom 7. Mai 1832 (Gewerbeordnung) und des Polizei-
geſetzes vom 16. December 1844 das Geſetz vom 24. Oktober 1859
betreffend die Verhältniſſe der Fabrikarbeiter nebſt mehreren Vollziehungs-
verordnungen von 1859 und 1861, ſpeciell die Verordnung vom 7 Febr.
1857, betreffend geſundheitspolizeiliche Unterſuchung fremder Geſellen,

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[170/0192] Die erſte iſt die Conceſſion der Anlage eines Gewerbes. Die neuere Entwicklung der Gewerbefreiheit hat das Syſtem der Ge- nehmigung in dieſem Sinne beibehalten; ſie iſt nicht mehr eine Genehmi- gung der Unternehmung als ſolcher, ſondern nur die ſicherheits- polizeiliche Erklärung, daß die Anlage in der Art und Weiſe an dem Orte, wo ſie geſchehen ſoll, keine Gefährdung des öffentlichen Wohl- ſeins enthält. Dieß bezieht ſich wieder theils auf die Unternehmung ſelbſt (Druckerei), theils auf den Ort derſelben (Schlachthäuſer, Seifen- ſiedereien ꝛc.). Die Entſcheidung muß natürlich von der Ortsbehörde geſchehen; jedes ſolche Verfahren aber ſoll ſtets unter Zuziehung der Nachbarn vorgenommen werden, und es iſt durchaus richtig, nicht etwa an Ort und Stelle ſofort zu entſcheiden, ſondern den Antrag des Be- treffenden zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, und um etwaigen Einwendungen eine Friſt zu ſetzen, ſowie das Beſchwerderecht in vollem Umfange gelten zu laſſen. Das zweite Mittel iſt die Sicherheitspolizei des Betriebes; und zwar theils in Beziehung auf die gemeingefährliche Kraft der mechaniſchen Motoren (Dampfmaſchinen), theils in Beziehung auf die phyſiologiſchen Eigenſchaften des Betriebsmateriales (geſundheitsgefährliche Stoffe und ihre Beſeitigung). Alle hier einſchlagenden Beſtimmungen bilden das zweite Gebiet der ſanitären Gewerbepolizei. Erſt die neueſte Zeit hat hier auf Grundlage der Mechanik und Chemie ein ausgebreitetes und treffliches Syſtem erſchaffen, dem weſentlich jedoch noch die ſanitäre Polizei der Werkſtätten der Handwerker fehlt, während es für Com- munikationsmittel und Fabriken ein vortreffliches genannt werden muß. Das dritte Mittel iſt endlich die Sicherheitspolizei der Produkte ſelbſt. Auch hier handelt es ſich weſentlich um geſundheitspolizeiliche Vorſchriften, die ſich theils auf die Naturprodukte (Fleiſch, Brod, Ge- tränke ꝛc.), theils auf gewerbliche Produkte beziehen; im letzteren Falle enthalten ſie meiſt Anwendungen der Giftpolizei. Als Nachtrag zu den in dem Geſundheitsweſen S. 72—76 bereits aufgeführten Geſetzgebungen über die Kinderarbeit möge uns geſtattet ſein, hier die zum Theil ſehr reiche und ausführliche Geſetzgebung der Schweiz in Betreff der Fabriksarbeit aufzuführen. Die Kantone, welche eine ſolche Geſetzgebung bisher beſitzen, ſind Zürich, Glarus, St. Gallen, Aargau und Thurgau. In Zürich ſind auf Grund- lage des Geſetzes vom 7. Mai 1832 (Gewerbeordnung) und des Polizei- geſetzes vom 16. December 1844 das Geſetz vom 24. Oktober 1859 betreffend die Verhältniſſe der Fabrikarbeiter nebſt mehreren Vollziehungs- verordnungen von 1859 und 1861, ſpeciell die Verordnung vom 7 Febr. 1857, betreffend geſundheitspolizeiliche Unterſuchung fremder Geſellen,

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/192>, abgerufen am 24.11.2024.