Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.Allein wo der Mangel der Selbstbestimmung aus irgend einem Während nämlich jene fehlt, bleibt die wirthschaftliche Persön- Die Grundformen dieses Pflegschaftswesens sind nun so vielfach, Allein wo der Mangel der Selbſtbeſtimmung aus irgend einem Während nämlich jene fehlt, bleibt die wirthſchaftliche Perſön- Die Grundformen dieſes Pflegſchaftsweſens ſind nun ſo vielfach, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0201" n="179"/> <p>Allein wo der Mangel der Selbſtbeſtimmung aus irgend einem<lb/> Grunde ein dauernder iſt, da tritt ein anderes Verhältniß ein.</p><lb/> <p>Während nämlich jene fehlt, <hi rendition="#g">bleibt</hi> die wirthſchaftliche Perſön-<lb/> lichkeit beſtehen, und führt nothwendig ihr eigenes Leben fort. Dieß<lb/> Leben bedingt und erzeugt wiederum ſeinerſeits ganz unabwendbar<lb/> eine beſtändige Berührung mit dem perſönlichen und wirthſchaftlichen<lb/> Leben des andern Einzelnen; es iſt ein Zuſtand einer wirthſchaft-<lb/> lichen Perſönlichkeit ganz undenkbar, in welchem nicht beſtändige und<lb/> unvermeidliche gegenſeitige Leiſtungen vorhanden wären. Dieſe gegen-<lb/> ſeitigen Leiſtungen ſind <hi rendition="#g">jedesmal</hi> ſelbſtändige wirthſchaftliche Akte,<lb/> und die Selbſtbeſtimmung der Perſönlichkeit erſcheint hier in dem<lb/> Momente des gegenſeitigen übereinſtimmenden Willens, im Vertrage,<lb/> oder in dem Kampfe gegen die fremde Verletzung, im Anſpruch auf<lb/> Schadenerſatz. Es iſt nun klar, daß demgemäß in der That nicht<lb/> nur die eigene wirthſchaftliche Perſönlichkeit, ſondern daß auch <hi rendition="#g">alle<lb/> anderen</hi>, die mit oder ohne ihren Willen mit derſelben in ſolchen<lb/> Verhältniſſen ſtehen, der perſönlichen Zuſtimmung, alſo des geiſtigen<lb/> Elementes der Perſönlichkeit gar nicht entbehren können. Oder daß, da<lb/> wir jene beſtändige und lebendige Gegenſeitigkeit den <hi rendition="#g">Verkehr</hi> nennen,<lb/> der Verkehr, der ſelbſt eine Bedingung und zugleich eine Form des<lb/> Lebens iſt, das Vorhandenſein der geiſtigen Perſönlichkeit in der wirth-<lb/> ſchaftlichen unbedingt fordert. Der Mangel der erſteren in der letzteren<lb/> wird daher zu einem Widerſpruch, ja zu einer Unmöglichkeit im Verkehrs-<lb/> leben. Die einfache Aufhebung der wirthſchaftlichen Perſönlichkeit aber<lb/> iſt theils nicht möglich, weil ſelbſt bei vollem Mangel der Selbſtbeſtim-<lb/> mung die Perſon da iſt (Geiſteskranke), theils als vorhanden geſetzt<lb/> wird (Abweſende), theils eine Werdende iſt (Unmündige), theils geſucht<lb/> wird (Verlaſſenſchaft), theils aber kann ſie, wo ſie eintritt (Concurs),<lb/> dem Einzelnen nicht überlaſſen bleiben. Es muß daher durch die höchſte<lb/> Perſönlichkeit ſelbſt, den Staat, und in demſelben durch ſeine Verwaltung,<lb/> das Moment der geiſtigen Perſönlichkeit in der wirthſchaftlichen als eine<lb/> Bedingung des Geſammtlebens hingeſtellt werden. Denn da die auf<lb/> dieſe Weiſe hergeſtellte Perſönlichkeit eine für <hi rendition="#g">alle</hi> im Verkehr gültige<lb/> ſein, und das Recht der nicht vorhandenen daher für den ganzen Ver-<lb/> kehr erſetzen muß, ſo <hi rendition="#g">kann</hi> nur der Staat dieß allgemein Gültige in<lb/> allgemein gültiger Weiſe thun. Und die Geſammtheit derjenigen Ord-<lb/> nungen und Beſtimmungen nun, durch welche die Verwaltung eine<lb/> ſolche <hi rendition="#g">Erfüllung der Selbſtbeſtimmung der Perſönlichkeiten<lb/> für den öffentlichen Verkehr</hi> herſtellt, bildet das <hi rendition="#g">Pflegſchafts-<lb/> weſen</hi>.</p><lb/> <p>Die Grundformen dieſes Pflegſchaftsweſens ſind nun ſo vielfach,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [179/0201]
Allein wo der Mangel der Selbſtbeſtimmung aus irgend einem
Grunde ein dauernder iſt, da tritt ein anderes Verhältniß ein.
Während nämlich jene fehlt, bleibt die wirthſchaftliche Perſön-
lichkeit beſtehen, und führt nothwendig ihr eigenes Leben fort. Dieß
Leben bedingt und erzeugt wiederum ſeinerſeits ganz unabwendbar
eine beſtändige Berührung mit dem perſönlichen und wirthſchaftlichen
Leben des andern Einzelnen; es iſt ein Zuſtand einer wirthſchaft-
lichen Perſönlichkeit ganz undenkbar, in welchem nicht beſtändige und
unvermeidliche gegenſeitige Leiſtungen vorhanden wären. Dieſe gegen-
ſeitigen Leiſtungen ſind jedesmal ſelbſtändige wirthſchaftliche Akte,
und die Selbſtbeſtimmung der Perſönlichkeit erſcheint hier in dem
Momente des gegenſeitigen übereinſtimmenden Willens, im Vertrage,
oder in dem Kampfe gegen die fremde Verletzung, im Anſpruch auf
Schadenerſatz. Es iſt nun klar, daß demgemäß in der That nicht
nur die eigene wirthſchaftliche Perſönlichkeit, ſondern daß auch alle
anderen, die mit oder ohne ihren Willen mit derſelben in ſolchen
Verhältniſſen ſtehen, der perſönlichen Zuſtimmung, alſo des geiſtigen
Elementes der Perſönlichkeit gar nicht entbehren können. Oder daß, da
wir jene beſtändige und lebendige Gegenſeitigkeit den Verkehr nennen,
der Verkehr, der ſelbſt eine Bedingung und zugleich eine Form des
Lebens iſt, das Vorhandenſein der geiſtigen Perſönlichkeit in der wirth-
ſchaftlichen unbedingt fordert. Der Mangel der erſteren in der letzteren
wird daher zu einem Widerſpruch, ja zu einer Unmöglichkeit im Verkehrs-
leben. Die einfache Aufhebung der wirthſchaftlichen Perſönlichkeit aber
iſt theils nicht möglich, weil ſelbſt bei vollem Mangel der Selbſtbeſtim-
mung die Perſon da iſt (Geiſteskranke), theils als vorhanden geſetzt
wird (Abweſende), theils eine Werdende iſt (Unmündige), theils geſucht
wird (Verlaſſenſchaft), theils aber kann ſie, wo ſie eintritt (Concurs),
dem Einzelnen nicht überlaſſen bleiben. Es muß daher durch die höchſte
Perſönlichkeit ſelbſt, den Staat, und in demſelben durch ſeine Verwaltung,
das Moment der geiſtigen Perſönlichkeit in der wirthſchaftlichen als eine
Bedingung des Geſammtlebens hingeſtellt werden. Denn da die auf
dieſe Weiſe hergeſtellte Perſönlichkeit eine für alle im Verkehr gültige
ſein, und das Recht der nicht vorhandenen daher für den ganzen Ver-
kehr erſetzen muß, ſo kann nur der Staat dieß allgemein Gültige in
allgemein gültiger Weiſe thun. Und die Geſammtheit derjenigen Ord-
nungen und Beſtimmungen nun, durch welche die Verwaltung eine
ſolche Erfüllung der Selbſtbeſtimmung der Perſönlichkeiten
für den öffentlichen Verkehr herſtellt, bildet das Pflegſchafts-
weſen.
Die Grundformen dieſes Pflegſchaftsweſens ſind nun ſo vielfach,
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