Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.welches der Ortspolizei zwar das Recht der Verfügung gab, aber das Die Entwicklung der Organisation des Verfügungsrechts besteht Das Polizeistrafrecht seinerseits, wie gesagt, durch das Gesetz vom welches der Ortspolizei zwar das Recht der Verfügung gab, aber das Die Entwicklung der Organiſation des Verfügungsrechts beſteht Das Polizeiſtrafrecht ſeinerſeits, wie geſagt, durch das Geſetz vom <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0062" n="40"/> welches der Ortspolizei zwar das Recht der Verfügung gab, aber das<lb/> Recht der Beſtrafung nahm. Die Scheidung der Polizei von der Rechts-<lb/> pflege, hier zum erſtenmal in Europa geſetzlich ausgeſprochen, hat die erſte<lb/> ſelbſtändige Polizeiſtraf<hi rendition="#g">geſetzgebung</hi> (<hi rendition="#aq">T. IX. art.</hi> 5.) zur Folge, die frei-<lb/> lich noch ſehr unvollſtändig iſt, ſo wie die erſte öffentlich rechtliche <hi rendition="#g">Or-<lb/> ganiſation des Verfügungsrechts</hi> im Dekret vom 19./27. Juli<lb/> 1791, nach welchem das Polizeiverfügungsrecht der <hi rendition="#g">Gemeindever-<lb/> tretung</hi> überwieſen ward — zwei Principien, von denen jedes ſeine<lb/> eigene weitere Entwicklung in Frankreich hat, die aber beide zwei Men-<lb/> ſchenalter ſpäter nach Deutſchland übertragen werden.</p><lb/> <p>Die Entwicklung der Organiſation des Verfügungsrechts beſteht<lb/> freilich in Frankreich darin, daß die Theilnahme der Selbſtverwaltung<lb/> daran ſchon durch das Geſetz vom 28 <hi rendition="#aq">Pluv. VIII</hi> aufgehoben, und an<lb/> ihre Stelle der ganz amtliche <hi rendition="#aq">Maire</hi> geſetzt wird. Die ziemlich voll-<lb/> ſtändige Freiheit deſſelben, nach ſeinem Ermeſſen Verfügungen zu er-<lb/> laſſen, ward dann durch das Geſetz vom 18. Juli 1837 dahin neu geregelt,<lb/> daß er ſeine Verfügungen jedesmal dem <hi rendition="#aq">Souspréfet</hi> mitzutheilen habe,<lb/> und daß der <hi rendition="#aq">Préfet</hi> dieſelben aufheben könne. Doch ſind die Ver-<lb/> fügungen des <hi rendition="#aq">Maire</hi> <hi rendition="#g">ſofort gültig</hi>, und nur wenn ſie dauernde<lb/> Ordnungen betreffen, erſt nach vier Wochen rechtskräftig. Dabei iſt es<lb/> geblieben; das Polizeiverfügungsrecht an ſich iſt ein ſtreng amtliches;<lb/> Deutſchland hat das freie Element der Selbſtverwaltung erſt in neuerer<lb/> Zeit wieder hineingebracht.</p><lb/> <p>Das Polizeiſtrafrecht ſeinerſeits, wie geſagt, durch das Geſetz vom<lb/> 16./25. Aug. 1790 ſelbſtändig begründet, bleibt von da an ein ſelb-<lb/> ſtändiger Theil des peinlichen Geſetzbuches. Es empfängt ſeine weitere<lb/> Ausbildung durch den <hi rendition="#aq">Code de Brumaire (Loi de 3 Brum. an IV)<lb/> art.</hi> 600—606, wodurch eine für das ganze Polizeiſtrafrecht wichtige<lb/> Unterſcheidung feſtgeſtellt ward. Das war die der <hi rendition="#g">allgemeinen</hi><lb/> Ordnungsſtrafe von den <hi rendition="#g">ſpeziellen</hi>, für die einzelnen, ſpeziell vom<lb/> Geſetze aufgeführten Uebertretungen ſanktionirten Polizeiſtrafen. Die<lb/> erſtere beſtand in einer Buße von dem Werthe von 1—3 Arbeitstagen<lb/> als Gefängniß. Die ſpeziellen Polizeiſtrafen dagegen wurden dann<lb/> im <hi rendition="#aq">Code Pénal art.</hi> 470 ff. für <hi rendition="#g">einzelne</hi> Uebertretungen feſtgeſtellt.<lb/> Auf dieſen beiden Punkten beruht von da an das franzöſiſche Syſtem<lb/> des Polizeiſtrafrechts und der Art. 4 des <hi rendition="#aq">Code Pénal</hi> konnte nunmehr<lb/> mit aller Sicherheit beſtimmen, daß <hi rendition="#g">keine</hi> Uebertretung mehr ſtrafbar<lb/> ſein ſolle, wenn nicht das Geſetz die Strafbarkeit ausgeſprochen. Dieſer<lb/> Standpunkt war nun allerdings ein weſentlicher Fortſchritt gegenüber<lb/> dem früheren, indem er die individuelle Freiheit gegenüber den Ver-<lb/> waltungsorganen durch Aufſtellung eines Geſetzes ſicherte. Allein er hat<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0062]
welches der Ortspolizei zwar das Recht der Verfügung gab, aber das
Recht der Beſtrafung nahm. Die Scheidung der Polizei von der Rechts-
pflege, hier zum erſtenmal in Europa geſetzlich ausgeſprochen, hat die erſte
ſelbſtändige Polizeiſtrafgeſetzgebung (T. IX. art. 5.) zur Folge, die frei-
lich noch ſehr unvollſtändig iſt, ſo wie die erſte öffentlich rechtliche Or-
ganiſation des Verfügungsrechts im Dekret vom 19./27. Juli
1791, nach welchem das Polizeiverfügungsrecht der Gemeindever-
tretung überwieſen ward — zwei Principien, von denen jedes ſeine
eigene weitere Entwicklung in Frankreich hat, die aber beide zwei Men-
ſchenalter ſpäter nach Deutſchland übertragen werden.
Die Entwicklung der Organiſation des Verfügungsrechts beſteht
freilich in Frankreich darin, daß die Theilnahme der Selbſtverwaltung
daran ſchon durch das Geſetz vom 28 Pluv. VIII aufgehoben, und an
ihre Stelle der ganz amtliche Maire geſetzt wird. Die ziemlich voll-
ſtändige Freiheit deſſelben, nach ſeinem Ermeſſen Verfügungen zu er-
laſſen, ward dann durch das Geſetz vom 18. Juli 1837 dahin neu geregelt,
daß er ſeine Verfügungen jedesmal dem Souspréfet mitzutheilen habe,
und daß der Préfet dieſelben aufheben könne. Doch ſind die Ver-
fügungen des Maire ſofort gültig, und nur wenn ſie dauernde
Ordnungen betreffen, erſt nach vier Wochen rechtskräftig. Dabei iſt es
geblieben; das Polizeiverfügungsrecht an ſich iſt ein ſtreng amtliches;
Deutſchland hat das freie Element der Selbſtverwaltung erſt in neuerer
Zeit wieder hineingebracht.
Das Polizeiſtrafrecht ſeinerſeits, wie geſagt, durch das Geſetz vom
16./25. Aug. 1790 ſelbſtändig begründet, bleibt von da an ein ſelb-
ſtändiger Theil des peinlichen Geſetzbuches. Es empfängt ſeine weitere
Ausbildung durch den Code de Brumaire (Loi de 3 Brum. an IV)
art. 600—606, wodurch eine für das ganze Polizeiſtrafrecht wichtige
Unterſcheidung feſtgeſtellt ward. Das war die der allgemeinen
Ordnungsſtrafe von den ſpeziellen, für die einzelnen, ſpeziell vom
Geſetze aufgeführten Uebertretungen ſanktionirten Polizeiſtrafen. Die
erſtere beſtand in einer Buße von dem Werthe von 1—3 Arbeitstagen
als Gefängniß. Die ſpeziellen Polizeiſtrafen dagegen wurden dann
im Code Pénal art. 470 ff. für einzelne Uebertretungen feſtgeſtellt.
Auf dieſen beiden Punkten beruht von da an das franzöſiſche Syſtem
des Polizeiſtrafrechts und der Art. 4 des Code Pénal konnte nunmehr
mit aller Sicherheit beſtimmen, daß keine Uebertretung mehr ſtrafbar
ſein ſolle, wenn nicht das Geſetz die Strafbarkeit ausgeſprochen. Dieſer
Standpunkt war nun allerdings ein weſentlicher Fortſchritt gegenüber
dem früheren, indem er die individuelle Freiheit gegenüber den Ver-
waltungsorganen durch Aufſtellung eines Geſetzes ſicherte. Allein er hat
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