Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.entschieden werden, während die tribunaux de Police correctionnelle Doch, wie gesagt, kann die Verwaltungslehre hier nicht weiter entſchieden werden, während die tribunaux de Police correctionnelle Doch, wie geſagt, kann die Verwaltungslehre hier nicht weiter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0081" n="59"/> entſchieden werden, während die <hi rendition="#aq">tribunaux de Police correctionnelle</hi><lb/> competent werden mit 5 Tagen Gefängniß. Offenbar, ein ſolcher<lb/> weſentlicher Unterſchied war nur möglich, indem man zugleich den<lb/> Unterſchied der Verwaltungsſtrafe von der peinlichen feſthielt — und hat<lb/> darnach, wie wir geſehen, der Maire das Recht behalten, Verfügun-<lb/> gen zu erlaſſen, über die er dann nach Art. 166 des <hi rendition="#aq">Code d’Instr. Crim.</hi><lb/><hi rendition="#g">ſelbſt</hi> wieder zu Gericht ſaß, und zwar als ganz formelles Gericht<lb/> mit ſuſpenſivem Appell an die <hi rendition="#aq">tribunaux</hi>. Im Grunde war damit die<lb/> Frage eigentlich entſchieden. Die Verwaltungs-Strafgerichtsbarkeit iſt<lb/> eine <hi rendition="#g">Verwaltungs-Jurisdiction</hi>, die peinliche gehört dem pein-<lb/> lichen Gericht. Das, worauf es bei den Ordnungsſtrafen ankommt,<lb/> iſt nicht das, daß ſie gerade vor dem peinlichen Gericht verhandelt<lb/> werden, ſondern daß ſie ein <hi rendition="#g">geſetzmäßiges öffentliches Ver-<lb/> fahren</hi> mit Appellationsinſtanz haben. Die Competenzgränze zwiſchen<lb/> dem Polizei- und dem peinlichen Gericht muß in demjenigen gefunden<lb/> werden, was das <hi rendition="#g">Strafgeſetzbuch</hi> aufnimmt; es iſt naturgemäß,<lb/> daß das Urtheil über die allgemeinen Ordnungsſtrafen <hi rendition="#g">nicht</hi> dem<lb/> peinlichen Gericht übergeben werde. Es folgt daraus, daß es <hi rendition="#g">große</hi><lb/> Bedenken hat, das Verwaltungsſtrafrecht in gar zu weitem Umfang<lb/> in das Strafgeſetzbuch aufzunehmen. Es iſt entſchieden <hi rendition="#g">richtiger</hi>,<lb/> daſſelbe in ſelbſtändigen Polizeiſtrafgeſetzbüchern hinzuſtellen und mit<lb/> einer guten Einleitung zu verſehen, die formalen Grundſätze des Ver-<lb/> fahrens zu fixiren und dann die Rechtspflege des Verwaltungsſtraf-<lb/> rechts eigenen Polizeigerichten zu überlaſſen, bei deren Bildung nur<lb/> der Gedanke feſtzuhalten iſt, daß das ſtrafandrohende Organ, die Po-<lb/> lizei, nicht <hi rendition="#g">allein</hi> entſcheidet. <hi rendition="#g">Daß</hi> ein Organ über die Anwendung<lb/> ſeiner eigenen Androhung entſcheidet, kommt ja auch bei dem Gericht<lb/> vor, und iſt principiell nicht zu vermeiden, aber auch nicht bedenklich,<lb/> wenn ein gutes Geſetz vorliegt. Die <hi rendition="#g">abſolute</hi> Scheidung der Ver-<lb/> waltungs- von der Gerichtsthätigkeit iſt daher weder theoretiſch noch<lb/> praktiſch nothwendig oder durchführbar. In <hi rendition="#g">allen</hi> Gebieten des wirk-<lb/> lichen Lebens gibt es Punkte, auf denen die Funktionen in einander<lb/> übergehen.</p><lb/> <p>Doch, wie geſagt, kann die Verwaltungslehre hier nicht weiter<lb/> als bis zur Anregung der Sache gelangen. Sie wird, eben weil ſie<lb/> doch am Ende mit den höheren Geſichtspunkten innig zuſammenhängt,<lb/> erſt dann zur klaren Entſcheidung gelangen, wenn die allgemeine Straf-<lb/> rechtslehre das Verbrechen und die peinliche Strafe von der Ueber-<lb/> tretung und der Ordnungsſtrafe, das peinliche Geſetz von der Straf-<lb/> verordnung, und damit dann das peinliche Gericht und ſein Verfahren<lb/> von dem <hi rendition="#g">Ordnungsgerichte</hi> ſcheiden wird.</p> </div><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [59/0081]
entſchieden werden, während die tribunaux de Police correctionnelle
competent werden mit 5 Tagen Gefängniß. Offenbar, ein ſolcher
weſentlicher Unterſchied war nur möglich, indem man zugleich den
Unterſchied der Verwaltungsſtrafe von der peinlichen feſthielt — und hat
darnach, wie wir geſehen, der Maire das Recht behalten, Verfügun-
gen zu erlaſſen, über die er dann nach Art. 166 des Code d’Instr. Crim.
ſelbſt wieder zu Gericht ſaß, und zwar als ganz formelles Gericht
mit ſuſpenſivem Appell an die tribunaux. Im Grunde war damit die
Frage eigentlich entſchieden. Die Verwaltungs-Strafgerichtsbarkeit iſt
eine Verwaltungs-Jurisdiction, die peinliche gehört dem pein-
lichen Gericht. Das, worauf es bei den Ordnungsſtrafen ankommt,
iſt nicht das, daß ſie gerade vor dem peinlichen Gericht verhandelt
werden, ſondern daß ſie ein geſetzmäßiges öffentliches Ver-
fahren mit Appellationsinſtanz haben. Die Competenzgränze zwiſchen
dem Polizei- und dem peinlichen Gericht muß in demjenigen gefunden
werden, was das Strafgeſetzbuch aufnimmt; es iſt naturgemäß,
daß das Urtheil über die allgemeinen Ordnungsſtrafen nicht dem
peinlichen Gericht übergeben werde. Es folgt daraus, daß es große
Bedenken hat, das Verwaltungsſtrafrecht in gar zu weitem Umfang
in das Strafgeſetzbuch aufzunehmen. Es iſt entſchieden richtiger,
daſſelbe in ſelbſtändigen Polizeiſtrafgeſetzbüchern hinzuſtellen und mit
einer guten Einleitung zu verſehen, die formalen Grundſätze des Ver-
fahrens zu fixiren und dann die Rechtspflege des Verwaltungsſtraf-
rechts eigenen Polizeigerichten zu überlaſſen, bei deren Bildung nur
der Gedanke feſtzuhalten iſt, daß das ſtrafandrohende Organ, die Po-
lizei, nicht allein entſcheidet. Daß ein Organ über die Anwendung
ſeiner eigenen Androhung entſcheidet, kommt ja auch bei dem Gericht
vor, und iſt principiell nicht zu vermeiden, aber auch nicht bedenklich,
wenn ein gutes Geſetz vorliegt. Die abſolute Scheidung der Ver-
waltungs- von der Gerichtsthätigkeit iſt daher weder theoretiſch noch
praktiſch nothwendig oder durchführbar. In allen Gebieten des wirk-
lichen Lebens gibt es Punkte, auf denen die Funktionen in einander
übergehen.
Doch, wie geſagt, kann die Verwaltungslehre hier nicht weiter
als bis zur Anregung der Sache gelangen. Sie wird, eben weil ſie
doch am Ende mit den höheren Geſichtspunkten innig zuſammenhängt,
erſt dann zur klaren Entſcheidung gelangen, wenn die allgemeine Straf-
rechtslehre das Verbrechen und die peinliche Strafe von der Ueber-
tretung und der Ordnungsſtrafe, das peinliche Geſetz von der Straf-
verordnung, und damit dann das peinliche Gericht und ſein Verfahren
von dem Ordnungsgerichte ſcheiden wird.
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