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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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vielleicht von allen am deutlichsten zeigt. Was zuerst das Princip
der Schulpflicht betrifft, so ist es erst in der neuesten Zeit überhaupt
zur Sprache gekommen, und die zwei Parteien oder Ansichten des
Voluntary system und des Compulsory system (speziell vielfach als
das "preußische" bezeichnet) stehen einander scharf gegenüber. (Gut
bei Schöll a. a. O. S. 85. Gugler bei Tyler S. 228 ff. und 278.)
Rechtlich ist die Schulpflicht nur noch als ein Stück Sicherheitspolizei
betrachtet, indem nur die "herumschweifenden Kinder," vagrant children,
polizeilich in die Industrial schools geschickt werden können, und dieß ist
erst durch die Adderley's Act. 20. 21. Vict. 48 bestimmt worden (s. oben).
Hier ist noch alles im Bilden definitiver Ansichten begriffen. Die Unter-
stützung durch das Committee for Education hat ein förmliches System
von Verpflichtungen der unterstützten Schulen hervorgerufen, und dieses
System ist es, welches den Inhalt des Revised Code (1863) bildet.
(s. Schöll S. 87. Gugler S. 230; besonders Wagners Volksschul-
wesen Englands und seine neueste Entwicklung 1865, ausführlich und
gut, mit historischer Darstellung.) Die dafür geltenden Grundsätze sind
nach dem Revised Code: 1) jede Schule (also auch alle Vereins-
schulen; Statistik derselben sehr gut bei Schöll S. 91 ff.) hat das
Recht auf Annahme und Ablehnung der Unterstützung; 2) die gewährte
Unterstützung wird speziell zur Erbauung der Schulen, zur Herstellung
der Lehrmittel und zur Verbesserung der Gehalte der -- öffentlich ge-
prüften -- Lehrer berechnet; 3) die Rechte der Verwaltung dafür
bestehen in der Ausübung der Instruktion (s. oben), namentlich in
den von ihnen vorgenommenen öffentlichen Prüfungen, der Anstellung
der Lehrer und der Aufsicht über die sanitäre Einrichtung der Schul-
häuser. Eine vielbestrittene Frage ist die nach dem Schulgeld (Ca-
pitation).
Diese kann nach englischem Princip nur bei Armenschulen
als Pflicht aufgestellt werden, und ist in diesem Sinne auch gesetzlich
geregelt. Die Verpflichtung zur Tragung der Schullasten liegt grund-
sätzlich auf der Armengemeinde, so weit die Schule nicht Vereinsschule
ist. Speziell sind namentlich die Bestimmungen von 7. 8. Vict. 161.
1845 (Art. 40), wornach die Poor Law Commissioners, Armen-
gemeinden (parishes) zu Schulgemeinden zusammen zu legen, und
Schulhäuser zu bauen oder zu miethen, bis zu ein Fünftel der ganzen
Armensteuer. Die Unterstützungen (Privy Council grants) haben wie
gesagt das System der Inspektion erzeugt, und damit die Frage, ob
es nicht besser wäre, auch diese Summe durch Armensteuer (rates) einzu-
bringen. Wohlbegründete Opposition dagegen: Senior a. a. O. S. 2--11.
und 33--47. Rücksichtslose Belastung der Geistlichkeit ebend. S. 12--14.
Schulgeld anerkannt für die Arbeiterklasse, so weit sie nicht Unter-

vielleicht von allen am deutlichſten zeigt. Was zuerſt das Princip
der Schulpflicht betrifft, ſo iſt es erſt in der neueſten Zeit überhaupt
zur Sprache gekommen, und die zwei Parteien oder Anſichten des
Voluntary system und des Compulsory system (ſpeziell vielfach als
das „preußiſche“ bezeichnet) ſtehen einander ſcharf gegenüber. (Gut
bei Schöll a. a. O. S. 85. Gugler bei Tyler S. 228 ff. und 278.)
Rechtlich iſt die Schulpflicht nur noch als ein Stück Sicherheitspolizei
betrachtet, indem nur die „herumſchweifenden Kinder,“ vagrant children,
polizeilich in die Industrial schools geſchickt werden können, und dieß iſt
erſt durch die Adderley’s Act. 20. 21. Vict. 48 beſtimmt worden (ſ. oben).
Hier iſt noch alles im Bilden definitiver Anſichten begriffen. Die Unter-
ſtützung durch das Committee for Education hat ein förmliches Syſtem
von Verpflichtungen der unterſtützten Schulen hervorgerufen, und dieſes
Syſtem iſt es, welches den Inhalt des Revised Code (1863) bildet.
(ſ. Schöll S. 87. Gugler S. 230; beſonders Wagners Volksſchul-
weſen Englands und ſeine neueſte Entwicklung 1865, ausführlich und
gut, mit hiſtoriſcher Darſtellung.) Die dafür geltenden Grundſätze ſind
nach dem Revised Code: 1) jede Schule (alſo auch alle Vereins-
ſchulen; Statiſtik derſelben ſehr gut bei Schöll S. 91 ff.) hat das
Recht auf Annahme und Ablehnung der Unterſtützung; 2) die gewährte
Unterſtützung wird ſpeziell zur Erbauung der Schulen, zur Herſtellung
der Lehrmittel und zur Verbeſſerung der Gehalte der — öffentlich ge-
prüften — Lehrer berechnet; 3) die Rechte der Verwaltung dafür
beſtehen in der Ausübung der Inſtruktion (ſ. oben), namentlich in
den von ihnen vorgenommenen öffentlichen Prüfungen, der Anſtellung
der Lehrer und der Aufſicht über die ſanitäre Einrichtung der Schul-
häuſer. Eine vielbeſtrittene Frage iſt die nach dem Schulgeld (Ca-
pitation).
Dieſe kann nach engliſchem Princip nur bei Armenſchulen
als Pflicht aufgeſtellt werden, und iſt in dieſem Sinne auch geſetzlich
geregelt. Die Verpflichtung zur Tragung der Schullaſten liegt grund-
ſätzlich auf der Armengemeinde, ſo weit die Schule nicht Vereinsſchule
iſt. Speziell ſind namentlich die Beſtimmungen von 7. 8. Vict. 161.
1845 (Art. 40), wornach die Poor Law Commissioners, Armen-
gemeinden (parishes) zu Schulgemeinden zuſammen zu legen, und
Schulhäuſer zu bauen oder zu miethen, bis zu ein Fünftel der ganzen
Armenſteuer. Die Unterſtützungen (Privy Council grants) haben wie
geſagt das Syſtem der Inſpektion erzeugt, und damit die Frage, ob
es nicht beſſer wäre, auch dieſe Summe durch Armenſteuer (rates) einzu-
bringen. Wohlbegründete Oppoſition dagegen: Senior a. a. O. S. 2—11.
und 33—47. Rückſichtsloſe Belaſtung der Geiſtlichkeit ebend. S. 12—14.
Schulgeld anerkannt für die Arbeiterklaſſe, ſo weit ſie nicht Unter-

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[124/0152] vielleicht von allen am deutlichſten zeigt. Was zuerſt das Princip der Schulpflicht betrifft, ſo iſt es erſt in der neueſten Zeit überhaupt zur Sprache gekommen, und die zwei Parteien oder Anſichten des Voluntary system und des Compulsory system (ſpeziell vielfach als das „preußiſche“ bezeichnet) ſtehen einander ſcharf gegenüber. (Gut bei Schöll a. a. O. S. 85. Gugler bei Tyler S. 228 ff. und 278.) Rechtlich iſt die Schulpflicht nur noch als ein Stück Sicherheitspolizei betrachtet, indem nur die „herumſchweifenden Kinder,“ vagrant children, polizeilich in die Industrial schools geſchickt werden können, und dieß iſt erſt durch die Adderley’s Act. 20. 21. Vict. 48 beſtimmt worden (ſ. oben). Hier iſt noch alles im Bilden definitiver Anſichten begriffen. Die Unter- ſtützung durch das Committee for Education hat ein förmliches Syſtem von Verpflichtungen der unterſtützten Schulen hervorgerufen, und dieſes Syſtem iſt es, welches den Inhalt des Revised Code (1863) bildet. (ſ. Schöll S. 87. Gugler S. 230; beſonders Wagners Volksſchul- weſen Englands und ſeine neueſte Entwicklung 1865, ausführlich und gut, mit hiſtoriſcher Darſtellung.) Die dafür geltenden Grundſätze ſind nach dem Revised Code: 1) jede Schule (alſo auch alle Vereins- ſchulen; Statiſtik derſelben ſehr gut bei Schöll S. 91 ff.) hat das Recht auf Annahme und Ablehnung der Unterſtützung; 2) die gewährte Unterſtützung wird ſpeziell zur Erbauung der Schulen, zur Herſtellung der Lehrmittel und zur Verbeſſerung der Gehalte der — öffentlich ge- prüften — Lehrer berechnet; 3) die Rechte der Verwaltung dafür beſtehen in der Ausübung der Inſtruktion (ſ. oben), namentlich in den von ihnen vorgenommenen öffentlichen Prüfungen, der Anſtellung der Lehrer und der Aufſicht über die ſanitäre Einrichtung der Schul- häuſer. Eine vielbeſtrittene Frage iſt die nach dem Schulgeld (Ca- pitation). Dieſe kann nach engliſchem Princip nur bei Armenſchulen als Pflicht aufgeſtellt werden, und iſt in dieſem Sinne auch geſetzlich geregelt. Die Verpflichtung zur Tragung der Schullaſten liegt grund- ſätzlich auf der Armengemeinde, ſo weit die Schule nicht Vereinsſchule iſt. Speziell ſind namentlich die Beſtimmungen von 7. 8. Vict. 161. 1845 (Art. 40), wornach die Poor Law Commissioners, Armen- gemeinden (parishes) zu Schulgemeinden zuſammen zu legen, und Schulhäuſer zu bauen oder zu miethen, bis zu ein Fünftel der ganzen Armenſteuer. Die Unterſtützungen (Privy Council grants) haben wie geſagt das Syſtem der Inſpektion erzeugt, und damit die Frage, ob es nicht beſſer wäre, auch dieſe Summe durch Armenſteuer (rates) einzu- bringen. Wohlbegründete Oppoſition dagegen: Senior a. a. O. S. 2—11. und 33—47. Rückſichtsloſe Belaſtung der Geiſtlichkeit ebend. S. 12—14. Schulgeld anerkannt für die Arbeiterklaſſe, ſo weit ſie nicht Unter-

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/152>, abgerufen am 21.11.2024.