Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.stellt sie den innern Organismus des Ganzen als System dar. Wir Die Geschichte zeigt uns den Werth dessen, was andere gedacht Das große Mittel dafür nun ist die klassische Bildung. Wir ſtellt ſie den innern Organismus des Ganzen als Syſtem dar. Wir Die Geſchichte zeigt uns den Werth deſſen, was andere gedacht Das große Mittel dafür nun iſt die klaſſiſche Bildung. Wir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0186" n="158"/> ſtellt ſie den innern Organismus des Ganzen als <hi rendition="#g">Syſtem</hi> dar. Wir<lb/> nennen, in möglichſter Kürze, das erſte die Wiſſenſchaft der <hi rendition="#g">Geſchichte</hi>,<lb/> das zweite die <hi rendition="#g">Philoſophie</hi>.</p><lb/> <p>Die Geſchichte zeigt uns den Werth deſſen, was andere gedacht<lb/> und gethan haben, und lehrt uns, daß das, was wir vermögen, nur<lb/> durch dasjenige möglich ward, was Andere, wenn auch oft in unvoll-<lb/> kommener Weiſe, geleiſtet. Sie zeigt uns den bildenden Zuſammenhang<lb/> der geiſtigen und materiellen Thatſachen, die Unmöglichkeit des Beſon-<lb/> dern, für ſich zu ſein und ſich zu entwickeln. Das geſchichtliche Be-<lb/> wußtſein iſt daher die thatſächliche, wirkende Einheit aller Berufe und<lb/> ihrer Leiſtungen; vor ihr gibt es keine Vollendung des Beſonderen und<lb/> keinen ſelbſteigenen Werth des Einzelnen. Die Philoſophie dagegen<lb/> zeigt uns den Werth deſſen, was wir noch nicht gedacht haben; ſie lehrt<lb/> uns, daß die wahre Erfüllung des Verſtändniſſes aller Dinge, und ſo<lb/> auch des einzelnen Berufes, erſt in der Anſchauung des Ganzen ge-<lb/> funden werde, und daß das Streben nach dieſer Anſchauung die gleiche<lb/> Aufgabe aller, die höchſte Gemeinſamkeit der geiſtigen Arbeit iſt. In<lb/> Geſchichte und Philoſophie verſchwinden daher die Beſchränkungen der<lb/> einzelnen Berufsbildung. Geſchichte und Philoſophie werden daher da,<lb/> wo die Fachbildung die höhere Berufsbildung aufzulöſen droht, die<lb/> eigentlichen Träger der Idee des Berufes und der höhern Berufsbil-<lb/> dung; ſie ſind ihrem innerſten Weſen nach nicht für einen Zweck da;<lb/> ſie ſind nicht benutzbar, und wollen nicht brauchbar ſein. Ihre große<lb/> Funktion iſt es vielmehr nur, das hohe ethiſche Moment des Berufes<lb/> an ſich aus der Fachbildung nicht verſchwinden zu laſſen, es lebendig<lb/> zu erhalten, und in ihm die Einheit der geiſtigen Thatſachen und Ar-<lb/> beiten wieder zu finden, die ohne ſie verloren wäre. Ein geiſtig leben-<lb/> diges Volk wird daher allerdings aus dem einzelnen Berufe ſtets die<lb/> höchſte einzelne Fachbildung entwickeln, es wird aber zugleich die<lb/> ethiſche Idee des Berufes durch Geſchichte und Philoſophie lebendig er-<lb/> halten. Die große Aufgabe aller höhern Berufsbildung beſteht deßhalb<lb/> darin, die Geſchichte und die Philoſophie, das geſchichtliche und philo-<lb/> ſophiſche Bewußtſein als das lebendige Element in der neuen Berufs-<lb/> bildung und ihrer Theilung der Arbeit zu erhalten.</p><lb/> <p>Das große Mittel dafür nun iſt die <hi rendition="#g">klaſſiſche Bildung</hi>. Wir<lb/> dürfen alles, was über die klaſſiſche Bildung geſagt iſt, theils hier vor-<lb/> ausſetzen, theils kommen wir auf daſſelbe zurück. Die Anſichten dar-<lb/> über ſind nun verſchieden genug. Allein es wird wohl kaum bezweifelt<lb/> werden, daß ſchon die klaſſiſche Grammatik undenkbar iſt ohne tauſend<lb/> Anknüpfungen an die große hiſtoriſche und philoſophiſche Welt, die in<lb/> den klaſſiſchen Sprachen bei uns fortlebt; und daß die Beſchäftigung<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [158/0186]
ſtellt ſie den innern Organismus des Ganzen als Syſtem dar. Wir
nennen, in möglichſter Kürze, das erſte die Wiſſenſchaft der Geſchichte,
das zweite die Philoſophie.
Die Geſchichte zeigt uns den Werth deſſen, was andere gedacht
und gethan haben, und lehrt uns, daß das, was wir vermögen, nur
durch dasjenige möglich ward, was Andere, wenn auch oft in unvoll-
kommener Weiſe, geleiſtet. Sie zeigt uns den bildenden Zuſammenhang
der geiſtigen und materiellen Thatſachen, die Unmöglichkeit des Beſon-
dern, für ſich zu ſein und ſich zu entwickeln. Das geſchichtliche Be-
wußtſein iſt daher die thatſächliche, wirkende Einheit aller Berufe und
ihrer Leiſtungen; vor ihr gibt es keine Vollendung des Beſonderen und
keinen ſelbſteigenen Werth des Einzelnen. Die Philoſophie dagegen
zeigt uns den Werth deſſen, was wir noch nicht gedacht haben; ſie lehrt
uns, daß die wahre Erfüllung des Verſtändniſſes aller Dinge, und ſo
auch des einzelnen Berufes, erſt in der Anſchauung des Ganzen ge-
funden werde, und daß das Streben nach dieſer Anſchauung die gleiche
Aufgabe aller, die höchſte Gemeinſamkeit der geiſtigen Arbeit iſt. In
Geſchichte und Philoſophie verſchwinden daher die Beſchränkungen der
einzelnen Berufsbildung. Geſchichte und Philoſophie werden daher da,
wo die Fachbildung die höhere Berufsbildung aufzulöſen droht, die
eigentlichen Träger der Idee des Berufes und der höhern Berufsbil-
dung; ſie ſind ihrem innerſten Weſen nach nicht für einen Zweck da;
ſie ſind nicht benutzbar, und wollen nicht brauchbar ſein. Ihre große
Funktion iſt es vielmehr nur, das hohe ethiſche Moment des Berufes
an ſich aus der Fachbildung nicht verſchwinden zu laſſen, es lebendig
zu erhalten, und in ihm die Einheit der geiſtigen Thatſachen und Ar-
beiten wieder zu finden, die ohne ſie verloren wäre. Ein geiſtig leben-
diges Volk wird daher allerdings aus dem einzelnen Berufe ſtets die
höchſte einzelne Fachbildung entwickeln, es wird aber zugleich die
ethiſche Idee des Berufes durch Geſchichte und Philoſophie lebendig er-
halten. Die große Aufgabe aller höhern Berufsbildung beſteht deßhalb
darin, die Geſchichte und die Philoſophie, das geſchichtliche und philo-
ſophiſche Bewußtſein als das lebendige Element in der neuen Berufs-
bildung und ihrer Theilung der Arbeit zu erhalten.
Das große Mittel dafür nun iſt die klaſſiſche Bildung. Wir
dürfen alles, was über die klaſſiſche Bildung geſagt iſt, theils hier vor-
ausſetzen, theils kommen wir auf daſſelbe zurück. Die Anſichten dar-
über ſind nun verſchieden genug. Allein es wird wohl kaum bezweifelt
werden, daß ſchon die klaſſiſche Grammatik undenkbar iſt ohne tauſend
Anknüpfungen an die große hiſtoriſche und philoſophiſche Welt, die in
den klaſſiſchen Sprachen bei uns fortlebt; und daß die Beſchäftigung
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