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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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jene bilden dennoch ein System für sich, weil sie selbst als Theil eines
größeren Systems erscheinen; und das findet nun, wie wir gleich sehen
werden, seinen Ausdruck in dem Verhältniß derselben einerseits zum
Staate selbst, andererseits zu dem System der Vorbildungsanstalten,
das eben durch sie erst seinen Abschluß empfangen könnte.

Neben diesem System von Anstalten trat nun allmählig das Be-
dürfniß auf, auch für diejenigen volkswirthschaftlichen Gebiete, die durch
jene nicht umfaßt waren, eine systematische Fachbildung herzustellen. Hier
aber konnte die Verwaltung nicht weiter eingreifen, weil hier die Gränze
begann, an der das Einzelinteresse für die Bildung das Entscheidende
wird. Sie mußte daher das übrige Gebiet der freien Selbstthätigkeit
des Volkes überlassen. Dieß Gebiet nun, dessen Charakter darin be-
steht, daß in ihm die individuelle Tüchtigkeit und Kraft zuerst und zu-
letzt das Maßgebende wird und das deßhalb die Fähigkeit besitzt, die
beste Fachbildung durch sich selbst zu bieten, ist der Verkehr.
Das letztere ist sein eigenthümliches Wesen, seine hohe Bedeutung für
die Entwicklung der Völker, aber auch seine Gefahr. Den Verkehr,
die durch freien Vertrag vom Einzelnen zum Einzelnen übergehende Be-
wegung der Güter, kann und soll kein Gegenstand der unmittelbaren
Thätigkeit des Staats sein; die Errichtung von Produktions-Bil-
dungsanstalten
fällt ihm zum Theil, die von Verkehrsschulen
gar nicht anheim. Wir nennen diese Verkehrsschulen mit ihrem gewöhn-
lichen Namen Handelsschulen. Handelsschulen sind daher ihrem
Wesen nach Sache des Vereinswesens, oder der Privatunternehmung.
Für sie kann es, wegen ihres an sich unbegränzten Gebietes, kein öffent-
liches Recht geben, die Verwaltung muß sie den Einzelnen überlassen.
Dennoch sind sie unzweifelhaft ein selbständiges, drittes Organ des
wirthschaftlichen Fachbildungswesens und das Bild des letzteren ist ohne
sie kein vollständiges zu nennen.

-- Dieß nun sind die Elemente des Systems der wirthschaftlichen
Fachbildungsanstalten. Es ist auf den ersten Blick klar, daß es den
Charakter der Vereinzelung hat, und daß andererseits eine für das
Ganze entscheidende Frage darin besteht, in welchem Verhältniß die-
selben zum allgemeinen Bildungswesen und seiner öffentlichen Rechte
stehen sollte. Dieß zu untersuchen und zu bestimmen, ist nicht Sache
der wirthschaftlichen Methodologie, sondern der Verwaltungslehre über-
haupt; der deutschen aber im Besondern, weil hier wieder Deutschland
das Muster und der Lehrer aller andern Völker zu sein berufen ist.


jene bilden dennoch ein Syſtem für ſich, weil ſie ſelbſt als Theil eines
größeren Syſtems erſcheinen; und das findet nun, wie wir gleich ſehen
werden, ſeinen Ausdruck in dem Verhältniß derſelben einerſeits zum
Staate ſelbſt, andererſeits zu dem Syſtem der Vorbildungsanſtalten,
das eben durch ſie erſt ſeinen Abſchluß empfangen könnte.

Neben dieſem Syſtem von Anſtalten trat nun allmählig das Be-
dürfniß auf, auch für diejenigen volkswirthſchaftlichen Gebiete, die durch
jene nicht umfaßt waren, eine ſyſtematiſche Fachbildung herzuſtellen. Hier
aber konnte die Verwaltung nicht weiter eingreifen, weil hier die Gränze
begann, an der das Einzelintereſſe für die Bildung das Entſcheidende
wird. Sie mußte daher das übrige Gebiet der freien Selbſtthätigkeit
des Volkes überlaſſen. Dieß Gebiet nun, deſſen Charakter darin be-
ſteht, daß in ihm die individuelle Tüchtigkeit und Kraft zuerſt und zu-
letzt das Maßgebende wird und das deßhalb die Fähigkeit beſitzt, die
beſte Fachbildung durch ſich ſelbſt zu bieten, iſt der Verkehr.
Das letztere iſt ſein eigenthümliches Weſen, ſeine hohe Bedeutung für
die Entwicklung der Völker, aber auch ſeine Gefahr. Den Verkehr,
die durch freien Vertrag vom Einzelnen zum Einzelnen übergehende Be-
wegung der Güter, kann und ſoll kein Gegenſtand der unmittelbaren
Thätigkeit des Staats ſein; die Errichtung von Produktions-Bil-
dungsanſtalten
fällt ihm zum Theil, die von Verkehrsſchulen
gar nicht anheim. Wir nennen dieſe Verkehrsſchulen mit ihrem gewöhn-
lichen Namen Handelsſchulen. Handelsſchulen ſind daher ihrem
Weſen nach Sache des Vereinsweſens, oder der Privatunternehmung.
Für ſie kann es, wegen ihres an ſich unbegränzten Gebietes, kein öffent-
liches Recht geben, die Verwaltung muß ſie den Einzelnen überlaſſen.
Dennoch ſind ſie unzweifelhaft ein ſelbſtändiges, drittes Organ des
wirthſchaftlichen Fachbildungsweſens und das Bild des letzteren iſt ohne
ſie kein vollſtändiges zu nennen.

— Dieß nun ſind die Elemente des Syſtems der wirthſchaftlichen
Fachbildungsanſtalten. Es iſt auf den erſten Blick klar, daß es den
Charakter der Vereinzelung hat, und daß andererſeits eine für das
Ganze entſcheidende Frage darin beſteht, in welchem Verhältniß die-
ſelben zum allgemeinen Bildungsweſen und ſeiner öffentlichen Rechte
ſtehen ſollte. Dieß zu unterſuchen und zu beſtimmen, iſt nicht Sache
der wirthſchaftlichen Methodologie, ſondern der Verwaltungslehre über-
haupt; der deutſchen aber im Beſondern, weil hier wieder Deutſchland
das Muſter und der Lehrer aller andern Völker zu ſein berufen iſt.


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[266/0294] jene bilden dennoch ein Syſtem für ſich, weil ſie ſelbſt als Theil eines größeren Syſtems erſcheinen; und das findet nun, wie wir gleich ſehen werden, ſeinen Ausdruck in dem Verhältniß derſelben einerſeits zum Staate ſelbſt, andererſeits zu dem Syſtem der Vorbildungsanſtalten, das eben durch ſie erſt ſeinen Abſchluß empfangen könnte. Neben dieſem Syſtem von Anſtalten trat nun allmählig das Be- dürfniß auf, auch für diejenigen volkswirthſchaftlichen Gebiete, die durch jene nicht umfaßt waren, eine ſyſtematiſche Fachbildung herzuſtellen. Hier aber konnte die Verwaltung nicht weiter eingreifen, weil hier die Gränze begann, an der das Einzelintereſſe für die Bildung das Entſcheidende wird. Sie mußte daher das übrige Gebiet der freien Selbſtthätigkeit des Volkes überlaſſen. Dieß Gebiet nun, deſſen Charakter darin be- ſteht, daß in ihm die individuelle Tüchtigkeit und Kraft zuerſt und zu- letzt das Maßgebende wird und das deßhalb die Fähigkeit beſitzt, die beſte Fachbildung durch ſich ſelbſt zu bieten, iſt der Verkehr. Das letztere iſt ſein eigenthümliches Weſen, ſeine hohe Bedeutung für die Entwicklung der Völker, aber auch ſeine Gefahr. Den Verkehr, die durch freien Vertrag vom Einzelnen zum Einzelnen übergehende Be- wegung der Güter, kann und ſoll kein Gegenſtand der unmittelbaren Thätigkeit des Staats ſein; die Errichtung von Produktions-Bil- dungsanſtalten fällt ihm zum Theil, die von Verkehrsſchulen gar nicht anheim. Wir nennen dieſe Verkehrsſchulen mit ihrem gewöhn- lichen Namen Handelsſchulen. Handelsſchulen ſind daher ihrem Weſen nach Sache des Vereinsweſens, oder der Privatunternehmung. Für ſie kann es, wegen ihres an ſich unbegränzten Gebietes, kein öffent- liches Recht geben, die Verwaltung muß ſie den Einzelnen überlaſſen. Dennoch ſind ſie unzweifelhaft ein ſelbſtändiges, drittes Organ des wirthſchaftlichen Fachbildungsweſens und das Bild des letzteren iſt ohne ſie kein vollſtändiges zu nennen. — Dieß nun ſind die Elemente des Syſtems der wirthſchaftlichen Fachbildungsanſtalten. Es iſt auf den erſten Blick klar, daß es den Charakter der Vereinzelung hat, und daß andererſeits eine für das Ganze entſcheidende Frage darin beſteht, in welchem Verhältniß die- ſelben zum allgemeinen Bildungsweſen und ſeiner öffentlichen Rechte ſtehen ſollte. Dieß zu unterſuchen und zu beſtimmen, iſt nicht Sache der wirthſchaftlichen Methodologie, ſondern der Verwaltungslehre über- haupt; der deutſchen aber im Beſondern, weil hier wieder Deutſchland das Muſter und der Lehrer aller andern Völker zu ſein berufen iſt.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/294>, abgerufen am 22.11.2024.