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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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allmählig und sicher das künstlerische Element sowohl in die Volks-
schule als in die für dasselbe empfänglichen Gebiete der
Berufsbildung belebend und veredelnd hinüberträgt
.
Dieser Proceß beruht seinerseits auf zwei großen Elementen, welche
wiederum ebenso sehr der gewerblichen Fortbildung, als dem künstleri-
schen Berufe angehören. Das ist einerseits das Zeichnen, das neben
seiner technischen Bedeutung eine nicht geringere künstlerische hat, und
dann die Sammlung und Aufstellung von Mustern aller Art, an die
sich Vorträge, Lehre und Uebungen in mannigfachster Weise anschließen.
Die Gewerbelehre ist sich über den hohen Werth dieser Verbindung der
Kunst mit der Industrie klar, und ernstliche Bestrebungen sind, wenn
auch noch vereinzelt, hiefür eingeleitet.

Stellt man auf diese Weise die Grundzüge der Organisation der
Kunstbildung auf, so ergibt sich folgendes mehr oder weniger ausge-
bildete System, auf welches im Grunde nicht bloß die Vergleichung
dessen, was bereits für die Kunstbildung geschehen ist, als auch das,
was dafür in ihrer Verschmelzung mit dem praktischen Leben von Seiten
der Verwaltung geschehen kann und soll, zurückzuführen ist.

Alle Kunstbildung steht unter dem Unterrichtsministerium. Die
großen selbständigen Kunstbildungsanstalten haben eine den wissen-
schaftlichen Fachbildungsanstalten entsprechende Organisation und sind
zugleich das berathende Organ für das öffentliche Recht der Kunst.
Die Unterscheidung von Vorbildung und Fachbildung ist festzuhalten
und durchzuführen. Endlich ist die Elementarbildung der Kunst
als Singunterricht für die Musik, als Zeichenunterricht für das Real-
gewerbe und als künstlerische Architecturzeichnung in die Baulehre syste-
matisch aufzunehmen.


Bei der künstlerischen Bildung begegnen wir einem vollständigen
Mangel der öffentlich rechtlichen Literatur, der um so beachtenswerther
ist, als bedeutende Anregungen dafür doch schon in der staatswissen-
schaftlichen Literatur aus dem Anfange unsers Jahrhunderts vorhanden
sind. Allerdings gehen dieselben zunächst von der classischen Bildung
aus; aber durch dieselbe gewinnt der Satz seine Geltung, daß die
ästhetische Bildung einen organischen Theil des gesammten Bildungs-
wesens sein müsse. Schon Soden (Staats-Nationalbildung 1821) führt
die Zeichenschulen und die Zeichenakademien, die Musik und Singschulen,
und selbst die Theaterschulen, letztere sogar als einen "dringenden Be-
darf" in seinem System auf §. 287. 288. 289. Dahlberg (Perikles
über den Einfluß der schönen Künste auf das öffentliche Glück 1806).

allmählig und ſicher das künſtleriſche Element ſowohl in die Volks-
ſchule als in die für daſſelbe empfänglichen Gebiete der
Berufsbildung belebend und veredelnd hinüberträgt
.
Dieſer Proceß beruht ſeinerſeits auf zwei großen Elementen, welche
wiederum ebenſo ſehr der gewerblichen Fortbildung, als dem künſtleri-
ſchen Berufe angehören. Das iſt einerſeits das Zeichnen, das neben
ſeiner techniſchen Bedeutung eine nicht geringere künſtleriſche hat, und
dann die Sammlung und Aufſtellung von Muſtern aller Art, an die
ſich Vorträge, Lehre und Uebungen in mannigfachſter Weiſe anſchließen.
Die Gewerbelehre iſt ſich über den hohen Werth dieſer Verbindung der
Kunſt mit der Induſtrie klar, und ernſtliche Beſtrebungen ſind, wenn
auch noch vereinzelt, hiefür eingeleitet.

Stellt man auf dieſe Weiſe die Grundzüge der Organiſation der
Kunſtbildung auf, ſo ergibt ſich folgendes mehr oder weniger ausge-
bildete Syſtem, auf welches im Grunde nicht bloß die Vergleichung
deſſen, was bereits für die Kunſtbildung geſchehen iſt, als auch das,
was dafür in ihrer Verſchmelzung mit dem praktiſchen Leben von Seiten
der Verwaltung geſchehen kann und ſoll, zurückzuführen iſt.

Alle Kunſtbildung ſteht unter dem Unterrichtsminiſterium. Die
großen ſelbſtändigen Kunſtbildungsanſtalten haben eine den wiſſen-
ſchaftlichen Fachbildungsanſtalten entſprechende Organiſation und ſind
zugleich das berathende Organ für das öffentliche Recht der Kunſt.
Die Unterſcheidung von Vorbildung und Fachbildung iſt feſtzuhalten
und durchzuführen. Endlich iſt die Elementarbildung der Kunſt
als Singunterricht für die Muſik, als Zeichenunterricht für das Real-
gewerbe und als künſtleriſche Architecturzeichnung in die Baulehre ſyſte-
matiſch aufzunehmen.


Bei der künſtleriſchen Bildung begegnen wir einem vollſtändigen
Mangel der öffentlich rechtlichen Literatur, der um ſo beachtenswerther
iſt, als bedeutende Anregungen dafür doch ſchon in der ſtaatswiſſen-
ſchaftlichen Literatur aus dem Anfange unſers Jahrhunderts vorhanden
ſind. Allerdings gehen dieſelben zunächſt von der claſſiſchen Bildung
aus; aber durch dieſelbe gewinnt der Satz ſeine Geltung, daß die
äſthetiſche Bildung einen organiſchen Theil des geſammten Bildungs-
weſens ſein müſſe. Schon Soden (Staats-Nationalbildung 1821) führt
die Zeichenſchulen und die Zeichenakademien, die Muſik und Singſchulen,
und ſelbſt die Theaterſchulen, letztere ſogar als einen „dringenden Be-
darf“ in ſeinem Syſtem auf §. 287. 288. 289. Dahlberg (Perikles
über den Einfluß der ſchönen Künſte auf das öffentliche Glück 1806).

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[284/0312] allmählig und ſicher das künſtleriſche Element ſowohl in die Volks- ſchule als in die für daſſelbe empfänglichen Gebiete der Berufsbildung belebend und veredelnd hinüberträgt. Dieſer Proceß beruht ſeinerſeits auf zwei großen Elementen, welche wiederum ebenſo ſehr der gewerblichen Fortbildung, als dem künſtleri- ſchen Berufe angehören. Das iſt einerſeits das Zeichnen, das neben ſeiner techniſchen Bedeutung eine nicht geringere künſtleriſche hat, und dann die Sammlung und Aufſtellung von Muſtern aller Art, an die ſich Vorträge, Lehre und Uebungen in mannigfachſter Weiſe anſchließen. Die Gewerbelehre iſt ſich über den hohen Werth dieſer Verbindung der Kunſt mit der Induſtrie klar, und ernſtliche Beſtrebungen ſind, wenn auch noch vereinzelt, hiefür eingeleitet. Stellt man auf dieſe Weiſe die Grundzüge der Organiſation der Kunſtbildung auf, ſo ergibt ſich folgendes mehr oder weniger ausge- bildete Syſtem, auf welches im Grunde nicht bloß die Vergleichung deſſen, was bereits für die Kunſtbildung geſchehen iſt, als auch das, was dafür in ihrer Verſchmelzung mit dem praktiſchen Leben von Seiten der Verwaltung geſchehen kann und ſoll, zurückzuführen iſt. Alle Kunſtbildung ſteht unter dem Unterrichtsminiſterium. Die großen ſelbſtändigen Kunſtbildungsanſtalten haben eine den wiſſen- ſchaftlichen Fachbildungsanſtalten entſprechende Organiſation und ſind zugleich das berathende Organ für das öffentliche Recht der Kunſt. Die Unterſcheidung von Vorbildung und Fachbildung iſt feſtzuhalten und durchzuführen. Endlich iſt die Elementarbildung der Kunſt als Singunterricht für die Muſik, als Zeichenunterricht für das Real- gewerbe und als künſtleriſche Architecturzeichnung in die Baulehre ſyſte- matiſch aufzunehmen. Bei der künſtleriſchen Bildung begegnen wir einem vollſtändigen Mangel der öffentlich rechtlichen Literatur, der um ſo beachtenswerther iſt, als bedeutende Anregungen dafür doch ſchon in der ſtaatswiſſen- ſchaftlichen Literatur aus dem Anfange unſers Jahrhunderts vorhanden ſind. Allerdings gehen dieſelben zunächſt von der claſſiſchen Bildung aus; aber durch dieſelbe gewinnt der Satz ſeine Geltung, daß die äſthetiſche Bildung einen organiſchen Theil des geſammten Bildungs- weſens ſein müſſe. Schon Soden (Staats-Nationalbildung 1821) führt die Zeichenſchulen und die Zeichenakademien, die Muſik und Singſchulen, und ſelbſt die Theaterſchulen, letztere ſogar als einen „dringenden Be- darf“ in ſeinem Syſtem auf §. 287. 288. 289. Dahlberg (Perikles über den Einfluß der ſchönen Künſte auf das öffentliche Glück 1806).

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/312>, abgerufen am 24.11.2024.