Berufsbildung muß nun allerdings zunächst eine besondere sein; allein ihr gegenüber, oder in ihr, ist es die allgemeine Bildung, welche wieder die Einzelnen über die in der Berufsbildung gesetzten Verschie- denheiten erhebt. Ihre große Function ist es, die geistige Begränzung des innern Lebens, die in der letztern unabweisbar sich zu erzeugen strebt, wieder aufzuheben, und durch sich die Idee der Persönlichkeit, oder mit gleicher geistiger Bestimmung begabter Wesen, zu erfüllen. Sie verleiht daher, indem sie über jeden Beruf hinausgeht, und jedem jedes geistig zugänglich macht, dem geistigen Leben seinen Umfang im Ganzen, während die Berufsbildung, indem sie den individuellen Lebenszweck auf die geistigen Elemente, Begriffe und Gesetze zurückführt, welche denselben beherrschen, der Bildung ihre Tiefe im Einzelnen gibt. Die allgemeine Bildung ist daher der Proceß, der den Einzelnen ihre freie Entwicklung sichert, die Berufsbildung diejenige, die ihnen die Bedingungen einer tüchtigen, individuell befriedigten Erfüllung ihrer Lebensaufgabe gibt. Die letztere ohne die erstere ist beschränkt und erzeugt beschränkte Menschen; aber die erstere ohne die letztere macht sie flach, und nimmt ihnen den wahren Kern der Individualität, das geistige Bewußtsein, im Einzelnen ein Vollendetes zu erreichen. Die Elementarbildung aber, als Voraussetzung für beide, gilt für alle in gleicher Weise.
In dieser Weise zusammenwirkend, stellt der Begriff der Bildung die höhere, im Geiste selbst liegende Einheit der geistigen Faktoren und Thatsachen wieder her, welche durch die drei Stadien oder Theile des ersteren äußerlich, räumlich und zeitlich geschieden auftreten. Und daraus ergibt sich, daß der wahre und höhere Charakter der Bildung sein zweites Kriterium durch das Streben empfängt, schon innerhalb der einzelnen und beschränkten Berufsbildung den Geist über die Gränze derselben zu erheben, und die allgemeine Bildung nicht etwa objectiv neben sie zu stellen, sondern sie zu einem inwohnenden Theile derselben zu erheben. Denn in dieser Verschmelzung drückt sich zuletzt doch das Bewußtsein nicht bloß von der höchsten gemeinsamen Bestimmung aller Persönlichkeit, sondern auch die Erkenntniß des großen Lebens- gesetzes alles Geistes aus, daß der ewig lebendige Keim der Freiheit und der Vollendung für jedes Einzelne in dem liegt, was selbst über das Einzelne hinausgehend, das Ganze bedeutet und ist.
Dieß nun sind die drei Stadien oder Gebiete, in denen die Bildung sich vollzieht, und ihr inneres Verhältniß zu einander. Niemals ganz in der Wirklichkeit getrennt oder innerlich geschieden, und dennoch selbständig, sollte auch jede Darstellung des Bildungswesens sie stets alle gleichmäßig umfassen.
Berufsbildung muß nun allerdings zunächſt eine beſondere ſein; allein ihr gegenüber, oder in ihr, iſt es die allgemeine Bildung, welche wieder die Einzelnen über die in der Berufsbildung geſetzten Verſchie- denheiten erhebt. Ihre große Function iſt es, die geiſtige Begränzung des innern Lebens, die in der letztern unabweisbar ſich zu erzeugen ſtrebt, wieder aufzuheben, und durch ſich die Idee der Perſönlichkeit, oder mit gleicher geiſtiger Beſtimmung begabter Weſen, zu erfüllen. Sie verleiht daher, indem ſie über jeden Beruf hinausgeht, und jedem jedes geiſtig zugänglich macht, dem geiſtigen Leben ſeinen Umfang im Ganzen, während die Berufsbildung, indem ſie den individuellen Lebenszweck auf die geiſtigen Elemente, Begriffe und Geſetze zurückführt, welche denſelben beherrſchen, der Bildung ihre Tiefe im Einzelnen gibt. Die allgemeine Bildung iſt daher der Proceß, der den Einzelnen ihre freie Entwicklung ſichert, die Berufsbildung diejenige, die ihnen die Bedingungen einer tüchtigen, individuell befriedigten Erfüllung ihrer Lebensaufgabe gibt. Die letztere ohne die erſtere iſt beſchränkt und erzeugt beſchränkte Menſchen; aber die erſtere ohne die letztere macht ſie flach, und nimmt ihnen den wahren Kern der Individualität, das geiſtige Bewußtſein, im Einzelnen ein Vollendetes zu erreichen. Die Elementarbildung aber, als Vorausſetzung für beide, gilt für alle in gleicher Weiſe.
In dieſer Weiſe zuſammenwirkend, ſtellt der Begriff der Bildung die höhere, im Geiſte ſelbſt liegende Einheit der geiſtigen Faktoren und Thatſachen wieder her, welche durch die drei Stadien oder Theile des erſteren äußerlich, räumlich und zeitlich geſchieden auftreten. Und daraus ergibt ſich, daß der wahre und höhere Charakter der Bildung ſein zweites Kriterium durch das Streben empfängt, ſchon innerhalb der einzelnen und beſchränkten Berufsbildung den Geiſt über die Gränze derſelben zu erheben, und die allgemeine Bildung nicht etwa objectiv neben ſie zu ſtellen, ſondern ſie zu einem inwohnenden Theile derſelben zu erheben. Denn in dieſer Verſchmelzung drückt ſich zuletzt doch das Bewußtſein nicht bloß von der höchſten gemeinſamen Beſtimmung aller Perſönlichkeit, ſondern auch die Erkenntniß des großen Lebens- geſetzes alles Geiſtes aus, daß der ewig lebendige Keim der Freiheit und der Vollendung für jedes Einzelne in dem liegt, was ſelbſt über das Einzelne hinausgehend, das Ganze bedeutet und iſt.
Dieß nun ſind die drei Stadien oder Gebiete, in denen die Bildung ſich vollzieht, und ihr inneres Verhältniß zu einander. Niemals ganz in der Wirklichkeit getrennt oder innerlich geſchieden, und dennoch ſelbſtändig, ſollte auch jede Darſtellung des Bildungsweſens ſie ſtets alle gleichmäßig umfaſſen.
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Berufsbildung muß nun allerdings zunächſt eine beſondere ſein; allein
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wieder die Einzelnen über die in der Berufsbildung geſetzten Verſchie-
denheiten erhebt. Ihre große Function iſt es, die geiſtige Begränzung
des innern Lebens, die in der letztern unabweisbar ſich zu erzeugen
ſtrebt, wieder aufzuheben, und durch ſich die Idee der Perſönlichkeit,
oder mit gleicher geiſtiger Beſtimmung begabter Weſen, zu erfüllen.
Sie verleiht daher, indem ſie über jeden Beruf hinausgeht, und jedem
jedes geiſtig zugänglich macht, dem geiſtigen Leben ſeinen Umfang im
Ganzen, während die Berufsbildung, indem ſie den individuellen
Lebenszweck auf die geiſtigen Elemente, Begriffe und Geſetze zurückführt,
welche denſelben beherrſchen, der Bildung ihre Tiefe im Einzelnen gibt.
Die allgemeine Bildung iſt daher der Proceß, der den Einzelnen ihre
freie Entwicklung ſichert, die Berufsbildung diejenige, die ihnen die
Bedingungen einer tüchtigen, individuell befriedigten Erfüllung ihrer
Lebensaufgabe gibt. Die letztere ohne die erſtere iſt beſchränkt und
erzeugt beſchränkte Menſchen; aber die erſtere ohne die letztere macht
ſie flach, und nimmt ihnen den wahren Kern der Individualität, das
geiſtige Bewußtſein, im Einzelnen ein Vollendetes zu erreichen. Die
Elementarbildung aber, als Vorausſetzung für beide, gilt für alle in
gleicher Weiſe.
In dieſer Weiſe zuſammenwirkend, ſtellt der Begriff der Bildung
die höhere, im Geiſte ſelbſt liegende Einheit der geiſtigen Faktoren und
Thatſachen wieder her, welche durch die drei Stadien oder Theile des
erſteren äußerlich, räumlich und zeitlich geſchieden auftreten. Und
daraus ergibt ſich, daß der wahre und höhere Charakter der Bildung
ſein zweites Kriterium durch das Streben empfängt, ſchon innerhalb
der einzelnen und beſchränkten Berufsbildung den Geiſt über die Gränze
derſelben zu erheben, und die allgemeine Bildung nicht etwa objectiv
neben ſie zu ſtellen, ſondern ſie zu einem inwohnenden Theile derſelben
zu erheben. Denn in dieſer Verſchmelzung drückt ſich zuletzt doch das
Bewußtſein nicht bloß von der höchſten gemeinſamen Beſtimmung
aller Perſönlichkeit, ſondern auch die Erkenntniß des großen Lebens-
geſetzes alles Geiſtes aus, daß der ewig lebendige Keim der Freiheit
und der Vollendung für jedes Einzelne in dem liegt, was ſelbſt über
das Einzelne hinausgehend, das Ganze bedeutet und iſt.
Dieß nun ſind die drei Stadien oder Gebiete, in denen die
Bildung ſich vollzieht, und ihr inneres Verhältniß zu einander. Niemals
ganz in der Wirklichkeit getrennt oder innerlich geſchieden, und dennoch
ſelbſtändig, ſollte auch jede Darſtellung des Bildungsweſens ſie ſtets
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/35>, abgerufen am 21.11.2024.
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