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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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Trennung schon im Beginne dieser Epoche, ja in ihrem Wesen selber
gegeben sind.

Denn in der That ist der Unterschied in dem Princip dieser ganzen
Epoche von dem der ständischen ein wesentlicher, und die historische Ent-
wicklung ist zuletzt doch nur ein zur Geltungkommen dieses Princips,
gegenüber den Beschränkungen, welche es erfahren hat.

Während nämlich das ständische Leben den Gedanken einer allge-
meinen und gleichen Bestimmung und Bildung nicht erfaßt, steht die
neue Welt auf einem andern Standpunkt. Für die neue gesellschaftliche
Ordnung ist die allgemeine Bildung des Volkes an und für sich ein
Theil ihrer Entwicklung selbst. Sie fragt eigentlich gar nicht, ob sie
gut oder nicht gut ist, sondern sie nimmt den Proceß, den jene hervor-
bringt, als einen ganz selbstverständlichen in sich auf. Sie begrüßt da-
her die Buchdruckerei ihrerseits als einen mächtigen Hülfsgenossen; der
tiefe Haß der Geistlichkeit gegen dieselbe ist ihr beinahe unverständlich;
sie tritt eben so unmittelbar ins Leben, wie in unserer Zeit die Eisen-
bahnen und die Dampfmaschine. Die Form, in der dieß geschieht, ist
gleichfalls dem Wesen jener gesellschaftlichen Entwicklung entsprechend.
Sie ist die des Gewerbes. Und dieß Gewerbe hatte noch dazu die
Eigenthümlichkeit, die Gestalt einer Zunft nicht recht zuzulassen, was
dasselbe vor ständischer Reaktion bewahrte. Die Buchdruckerei wird da-
her gleich anfangs das große unwiderstehliche Mittel für den Selbst-
bildungsproceß der jungen staatsbürgerlichen Gesell-
schaft
. Von diesem Standpunkt, von ihrem durchgreifenden Zusammen-
hang mit der Geschichte des Bildungswesens aus muß derselbe vor allem
betrachtet werden, und ist sie im Grunde auch betrachtet.

Ihrer Natur nach nun umfaßt die Buchdruckerei gleich vom Anfang
an alle Gebiete des menschlichen Denkens und erscheint in allen Formen
der Presse zugleich. Sie ist zugleich Buch, Flugschrift, Bild, Tages-
presse. Sie beschäftigt sich mit dem Elementarunterricht, mit der Fach-
wissenschaft, mit der Unterhaltung, mit den höchsten geistigen und staat-
lichen Fragen. Sie ist so gewaltig, daß sie mit einemmale alles zu-
gleich ist und ihre große welthistorische Aufgabe auf allen Punkten zu-
gleich beginnt.

Das nun ist es, was die Stellung der neuen Staatsgewalt und
das aus derselben hervorgehende öffentliche Recht der Presse entscheidet.
Denn diese Rechtsbildung will ihrem ganzen Wesen nach den Fortschritt
der öffentlichen, allgemeinen Bildung; es fällt ihr daher gar nicht ein,
den Entwicklungsgang der Presse an sich zu hindern. Die Grundauf-
fassung der letztern ist von Anfang an die eudämonistische. Allein gleich-
zeitig zeigt sich auch die Macht der Presse. Sie vermag es, nicht bloß

Trennung ſchon im Beginne dieſer Epoche, ja in ihrem Weſen ſelber
gegeben ſind.

Denn in der That iſt der Unterſchied in dem Princip dieſer ganzen
Epoche von dem der ſtändiſchen ein weſentlicher, und die hiſtoriſche Ent-
wicklung iſt zuletzt doch nur ein zur Geltungkommen dieſes Princips,
gegenüber den Beſchränkungen, welche es erfahren hat.

Während nämlich das ſtändiſche Leben den Gedanken einer allge-
meinen und gleichen Beſtimmung und Bildung nicht erfaßt, ſteht die
neue Welt auf einem andern Standpunkt. Für die neue geſellſchaftliche
Ordnung iſt die allgemeine Bildung des Volkes an und für ſich ein
Theil ihrer Entwicklung ſelbſt. Sie fragt eigentlich gar nicht, ob ſie
gut oder nicht gut iſt, ſondern ſie nimmt den Proceß, den jene hervor-
bringt, als einen ganz ſelbſtverſtändlichen in ſich auf. Sie begrüßt da-
her die Buchdruckerei ihrerſeits als einen mächtigen Hülfsgenoſſen; der
tiefe Haß der Geiſtlichkeit gegen dieſelbe iſt ihr beinahe unverſtändlich;
ſie tritt eben ſo unmittelbar ins Leben, wie in unſerer Zeit die Eiſen-
bahnen und die Dampfmaſchine. Die Form, in der dieß geſchieht, iſt
gleichfalls dem Weſen jener geſellſchaftlichen Entwicklung entſprechend.
Sie iſt die des Gewerbes. Und dieß Gewerbe hatte noch dazu die
Eigenthümlichkeit, die Geſtalt einer Zunft nicht recht zuzulaſſen, was
daſſelbe vor ſtändiſcher Reaktion bewahrte. Die Buchdruckerei wird da-
her gleich anfangs das große unwiderſtehliche Mittel für den Selbſt-
bildungsproceß der jungen ſtaatsbürgerlichen Geſell-
ſchaft
. Von dieſem Standpunkt, von ihrem durchgreifenden Zuſammen-
hang mit der Geſchichte des Bildungsweſens aus muß derſelbe vor allem
betrachtet werden, und iſt ſie im Grunde auch betrachtet.

Ihrer Natur nach nun umfaßt die Buchdruckerei gleich vom Anfang
an alle Gebiete des menſchlichen Denkens und erſcheint in allen Formen
der Preſſe zugleich. Sie iſt zugleich Buch, Flugſchrift, Bild, Tages-
preſſe. Sie beſchäftigt ſich mit dem Elementarunterricht, mit der Fach-
wiſſenſchaft, mit der Unterhaltung, mit den höchſten geiſtigen und ſtaat-
lichen Fragen. Sie iſt ſo gewaltig, daß ſie mit einemmale alles zu-
gleich iſt und ihre große welthiſtoriſche Aufgabe auf allen Punkten zu-
gleich beginnt.

Das nun iſt es, was die Stellung der neuen Staatsgewalt und
das aus derſelben hervorgehende öffentliche Recht der Preſſe entſcheidet.
Denn dieſe Rechtsbildung will ihrem ganzen Weſen nach den Fortſchritt
der öffentlichen, allgemeinen Bildung; es fällt ihr daher gar nicht ein,
den Entwicklungsgang der Preſſe an ſich zu hindern. Die Grundauf-
faſſung der letztern iſt von Anfang an die eudämoniſtiſche. Allein gleich-
zeitig zeigt ſich auch die Macht der Preſſe. Sie vermag es, nicht bloß

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[101/0117] Trennung ſchon im Beginne dieſer Epoche, ja in ihrem Weſen ſelber gegeben ſind. Denn in der That iſt der Unterſchied in dem Princip dieſer ganzen Epoche von dem der ſtändiſchen ein weſentlicher, und die hiſtoriſche Ent- wicklung iſt zuletzt doch nur ein zur Geltungkommen dieſes Princips, gegenüber den Beſchränkungen, welche es erfahren hat. Während nämlich das ſtändiſche Leben den Gedanken einer allge- meinen und gleichen Beſtimmung und Bildung nicht erfaßt, ſteht die neue Welt auf einem andern Standpunkt. Für die neue geſellſchaftliche Ordnung iſt die allgemeine Bildung des Volkes an und für ſich ein Theil ihrer Entwicklung ſelbſt. Sie fragt eigentlich gar nicht, ob ſie gut oder nicht gut iſt, ſondern ſie nimmt den Proceß, den jene hervor- bringt, als einen ganz ſelbſtverſtändlichen in ſich auf. Sie begrüßt da- her die Buchdruckerei ihrerſeits als einen mächtigen Hülfsgenoſſen; der tiefe Haß der Geiſtlichkeit gegen dieſelbe iſt ihr beinahe unverſtändlich; ſie tritt eben ſo unmittelbar ins Leben, wie in unſerer Zeit die Eiſen- bahnen und die Dampfmaſchine. Die Form, in der dieß geſchieht, iſt gleichfalls dem Weſen jener geſellſchaftlichen Entwicklung entſprechend. Sie iſt die des Gewerbes. Und dieß Gewerbe hatte noch dazu die Eigenthümlichkeit, die Geſtalt einer Zunft nicht recht zuzulaſſen, was daſſelbe vor ſtändiſcher Reaktion bewahrte. Die Buchdruckerei wird da- her gleich anfangs das große unwiderſtehliche Mittel für den Selbſt- bildungsproceß der jungen ſtaatsbürgerlichen Geſell- ſchaft. Von dieſem Standpunkt, von ihrem durchgreifenden Zuſammen- hang mit der Geſchichte des Bildungsweſens aus muß derſelbe vor allem betrachtet werden, und iſt ſie im Grunde auch betrachtet. Ihrer Natur nach nun umfaßt die Buchdruckerei gleich vom Anfang an alle Gebiete des menſchlichen Denkens und erſcheint in allen Formen der Preſſe zugleich. Sie iſt zugleich Buch, Flugſchrift, Bild, Tages- preſſe. Sie beſchäftigt ſich mit dem Elementarunterricht, mit der Fach- wiſſenſchaft, mit der Unterhaltung, mit den höchſten geiſtigen und ſtaat- lichen Fragen. Sie iſt ſo gewaltig, daß ſie mit einemmale alles zu- gleich iſt und ihre große welthiſtoriſche Aufgabe auf allen Punkten zu- gleich beginnt. Das nun iſt es, was die Stellung der neuen Staatsgewalt und das aus derſelben hervorgehende öffentliche Recht der Preſſe entſcheidet. Denn dieſe Rechtsbildung will ihrem ganzen Weſen nach den Fortſchritt der öffentlichen, allgemeinen Bildung; es fällt ihr daher gar nicht ein, den Entwicklungsgang der Preſſe an ſich zu hindern. Die Grundauf- faſſung der letztern iſt von Anfang an die eudämoniſtiſche. Allein gleich- zeitig zeigt ſich auch die Macht der Preſſe. Sie vermag es, nicht bloß

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/117>, abgerufen am 21.11.2024.