Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.ist noch der eigentliche "Schriftsteller." Und das war bis zu einem iſt noch der eigentliche „Schriftſteller.“ Und das war bis zu einem <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="VI"/> iſt noch der eigentliche „Schriftſteller.“ Und das war bis zu einem<lb/> gewiſſen Grade begründet, ſo lange die Tagespreſſe ſich hauptſächlich<lb/> mit den politiſchen Fragen beſchäftigte. Die Gründe liegen wohl<lb/> nahe genug. Allein überblickt man in unſrer Zeit das was die Zeit-<lb/> preſſe — man kann ſchon nicht mehr bloß von der Tagespreſſe reden<lb/> — leiſtet und wohin ſie ſelbſt drängt und gedrängt wird, ſo iſt es<lb/> kein Zweifel, daß ſie <hi rendition="#g">alle</hi> Gebiete des geiſtigen Lebens neben der<lb/> „Politik“ gleichmäßig in ſich zu verarbeiten beſtimmt iſt. Es gibt<lb/> gar keinen Theil der Bildung mehr, deſſen ſich dieſe Zeitpreſſe nicht<lb/> in ihrer Weiſe bemächtigte und bemächtigen muß. Sie iſt zu einem<lb/> großen Lehrorganismus der Völker geworden, ſo ſehr, daß die reinſte<lb/> Wiſſenſchaft ſelbſt in den Spalten der Tagesblätter ihren berech-<lb/> tigten Naum gefunden hat, und immer mehr finden wird. Und<lb/> das iſt es, was in unſren Augen nicht bloß eine Thatſache bleiben,<lb/> ſondern zu ernſter Beachtung auffordern ſollte. Iſt dem nämlich ſo,<lb/> ſo ſoll auch <hi rendition="#g">gewiß</hi> jene höhere Idee der Verantwortlichkeit auf die<lb/> Zeitpreſſe übergehen, welche am Ende aus den Vertretern der Wiſſen-<lb/> ſchaft das gemacht hat was ſie ſind. Wir werden erſt dann die<lb/> Preſſe in ihrer ganzen Bedeutung ſich entwickeln ſehen, wenn <hi rendition="#g">jeder</hi><lb/> Mitarbeiter an derſelben von der Idee erfaßt iſt, daß er in ſeiner<lb/> Weiſe nicht bloß einen Erwerb zu ſuchen oder eine Meinung aus-<lb/> zuſprechen, ſondern daß er <hi rendition="#g">einen Beruf zu erfüllen habe</hi>,<lb/> der weit über die Vertretung einer politiſchen Anſicht hinausgeht.<lb/> Die Scheidewand zwiſchen dem Schriftſteller und dem Literaten,<lb/> zwiſchen dem wiſſenſchaftlichen Arbeiter und dem Journaliſten iſt<lb/> noch immer eine qualitative; erſt wenn beide wiſſen und ausſprechen,<lb/> daß ſie Organe eines und deſſelben großen, ethiſchen Berufes ſind,<lb/> wird ſie zu einer quantitativen werden, und die gegenſeitige Achtung<lb/> wird den gemeinſchaftlichen Erfolg ſichern. Und für <hi rendition="#g">dieſes</hi> Ziel,<lb/> der Zukunft der Preſſe, möchten wir in unſrer Weiſe wirken. Hier<lb/> iſt allerdings nicht der Ort, zu ſagen, <hi rendition="#g">wie</hi> dieß geſchehen könne;<lb/> wohl aber haben wir dahin zu arbeiten, <hi rendition="#g">daß</hi> es geſchehe. Und<lb/> wir haben die volle und innige Ueberzeugung, daß es daher von<lb/> nicht gering anzuſchlagender Bedeutung ſein wird, wenn man die<lb/> Preſſe in der Weiſe wie wir es verſucht, als organiſchen Theil des<lb/> Bildungsweſens, und nicht mehr als bloßes Objekt der Polizei und<lb/> Jurisprudenz, in die Wiſſenſchaft der innern Verwaltung aufnimmt,<lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [VI/0012]
iſt noch der eigentliche „Schriftſteller.“ Und das war bis zu einem
gewiſſen Grade begründet, ſo lange die Tagespreſſe ſich hauptſächlich
mit den politiſchen Fragen beſchäftigte. Die Gründe liegen wohl
nahe genug. Allein überblickt man in unſrer Zeit das was die Zeit-
preſſe — man kann ſchon nicht mehr bloß von der Tagespreſſe reden
— leiſtet und wohin ſie ſelbſt drängt und gedrängt wird, ſo iſt es
kein Zweifel, daß ſie alle Gebiete des geiſtigen Lebens neben der
„Politik“ gleichmäßig in ſich zu verarbeiten beſtimmt iſt. Es gibt
gar keinen Theil der Bildung mehr, deſſen ſich dieſe Zeitpreſſe nicht
in ihrer Weiſe bemächtigte und bemächtigen muß. Sie iſt zu einem
großen Lehrorganismus der Völker geworden, ſo ſehr, daß die reinſte
Wiſſenſchaft ſelbſt in den Spalten der Tagesblätter ihren berech-
tigten Naum gefunden hat, und immer mehr finden wird. Und
das iſt es, was in unſren Augen nicht bloß eine Thatſache bleiben,
ſondern zu ernſter Beachtung auffordern ſollte. Iſt dem nämlich ſo,
ſo ſoll auch gewiß jene höhere Idee der Verantwortlichkeit auf die
Zeitpreſſe übergehen, welche am Ende aus den Vertretern der Wiſſen-
ſchaft das gemacht hat was ſie ſind. Wir werden erſt dann die
Preſſe in ihrer ganzen Bedeutung ſich entwickeln ſehen, wenn jeder
Mitarbeiter an derſelben von der Idee erfaßt iſt, daß er in ſeiner
Weiſe nicht bloß einen Erwerb zu ſuchen oder eine Meinung aus-
zuſprechen, ſondern daß er einen Beruf zu erfüllen habe,
der weit über die Vertretung einer politiſchen Anſicht hinausgeht.
Die Scheidewand zwiſchen dem Schriftſteller und dem Literaten,
zwiſchen dem wiſſenſchaftlichen Arbeiter und dem Journaliſten iſt
noch immer eine qualitative; erſt wenn beide wiſſen und ausſprechen,
daß ſie Organe eines und deſſelben großen, ethiſchen Berufes ſind,
wird ſie zu einer quantitativen werden, und die gegenſeitige Achtung
wird den gemeinſchaftlichen Erfolg ſichern. Und für dieſes Ziel,
der Zukunft der Preſſe, möchten wir in unſrer Weiſe wirken. Hier
iſt allerdings nicht der Ort, zu ſagen, wie dieß geſchehen könne;
wohl aber haben wir dahin zu arbeiten, daß es geſchehe. Und
wir haben die volle und innige Ueberzeugung, daß es daher von
nicht gering anzuſchlagender Bedeutung ſein wird, wenn man die
Preſſe in der Weiſe wie wir es verſucht, als organiſchen Theil des
Bildungsweſens, und nicht mehr als bloßes Objekt der Polizei und
Jurisprudenz, in die Wiſſenſchaft der innern Verwaltung aufnimmt,
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