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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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wird nun wohl noch einen dritten Theil des eigentlichen Preßstraf-
rechts hervorheben müssen, namentlich weil er in England (vgl.
Lorbeer a. a. O. an mehreren Stellen) schon ausgebildet ist. Das
sind die, durch Drohung mit Veröffentlichung durch die Presse erzielten
Erpressungen aller Art. Es ist aber klar, daß auch hier die Presse
nur ein Moment an dem strafrechtlichen Thatbestande ist, und ein selb-
ständiges Preßverbrechen nicht dadurch begangen werden kann. Haben
Glaser und John die ganze Frage darum übergangen?

III. Aus allem diesem ergibt sich nun, daß das Recht der freien Presse
eben wesentlich nur ein Polizeirecht ist und sein kann. Das formelle
Kriterium des erstern besteht deßhalb darin, daß auch die Preßgesetzgebung
nur als eine reine Polizeigesetzgebung erscheinen, und mithin nur
die Anwendung der allgemeinen Grundsätze über Polizeirecht, speciell
also über Polizeiverfahren und Polizeistrafrecht in Beziehung
auf Druckwerke enthalten darf. Die Gränzen und Principien dieses
Polizeiverfahrens und Polizeistrafrechts sind daher grundsätzlich dieselben,
wie in Beziehung auf den Staatsbürger überhaupt. Es gibt keine
Polizei gegen den Geist der Presse; es muß eine solche geben gegen das
einzelne Wort derselben. Es gibt keine Polizeistrafen gegen Tendenzen,
es muß solche geben gegen die Nichtbeachtung der preßpolizeilichen Vor-
schriften. Was nun das Princip dieses Polizeirechts betrifft, so dürfen
wir in Beziehung auf Klag- und Beschwerderecht auf die vollziehende
Gewalt, in Beziehung auf das übrige rechtliche Verhältniß auf die
Darstellung des Polizeirechts überhaupt verweisen; so wie man festhält,
daß die Preßpolizei grundsätzlich keine von dem allgemeinen Polizei-
recht abweichenden Rechtssätze zur Geltung bringen, sondern nur die-
jenigen Modifikationen desselben enthalten darf, welche durch die be-
sondere Natur der Presse gefordert werden, scheint das Gebiet derselben
ein ziemlich einfaches und klares zu sein. Die Grundlagen des Systems
aber scheiden sich in ganz bestimmter Weise von dem des Repressivsystems.

1) Die Polizei des Druckereigewerbes ist nicht mehr die Con-
cession oder gar die preußische Prüfung, noch weniger die polizeiliche
Entziehung des Gewerberechts. Sie besteht einfach in der Verpflichtung
zur Anzeige jedes errichteten resp. erworbenen Gewerbes, und Strafe
für die Unterlassung.

2) Die Polizei des Druckwerkes besteht in der Verpflichtung,
einerseits Druckort, Drucker und Verleger auf die Drucksache zu setzen,
anderseits das Pflichtexemplar mindestens gleichzeitig mit dem Erscheinen
der Polizei zu übergeben, unter Strafe.

3) Die Polizei des Vertriebes besteht in dem Recht, nach em-
pfangenem Pflichtexemplar den Vertrieb polizeilich zu verhindern. Dieß

wird nun wohl noch einen dritten Theil des eigentlichen Preßſtraf-
rechts hervorheben müſſen, namentlich weil er in England (vgl.
Lorbeer a. a. O. an mehreren Stellen) ſchon ausgebildet iſt. Das
ſind die, durch Drohung mit Veröffentlichung durch die Preſſe erzielten
Erpreſſungen aller Art. Es iſt aber klar, daß auch hier die Preſſe
nur ein Moment an dem ſtrafrechtlichen Thatbeſtande iſt, und ein ſelb-
ſtändiges Preßverbrechen nicht dadurch begangen werden kann. Haben
Glaſer und John die ganze Frage darum übergangen?

III. Aus allem dieſem ergibt ſich nun, daß das Recht der freien Preſſe
eben weſentlich nur ein Polizeirecht iſt und ſein kann. Das formelle
Kriterium des erſtern beſteht deßhalb darin, daß auch die Preßgeſetzgebung
nur als eine reine Polizeigeſetzgebung erſcheinen, und mithin nur
die Anwendung der allgemeinen Grundſätze über Polizeirecht, ſpeciell
alſo über Polizeiverfahren und Polizeiſtrafrecht in Beziehung
auf Druckwerke enthalten darf. Die Gränzen und Principien dieſes
Polizeiverfahrens und Polizeiſtrafrechts ſind daher grundſätzlich dieſelben,
wie in Beziehung auf den Staatsbürger überhaupt. Es gibt keine
Polizei gegen den Geiſt der Preſſe; es muß eine ſolche geben gegen das
einzelne Wort derſelben. Es gibt keine Polizeiſtrafen gegen Tendenzen,
es muß ſolche geben gegen die Nichtbeachtung der preßpolizeilichen Vor-
ſchriften. Was nun das Princip dieſes Polizeirechts betrifft, ſo dürfen
wir in Beziehung auf Klag- und Beſchwerderecht auf die vollziehende
Gewalt, in Beziehung auf das übrige rechtliche Verhältniß auf die
Darſtellung des Polizeirechts überhaupt verweiſen; ſo wie man feſthält,
daß die Preßpolizei grundſätzlich keine von dem allgemeinen Polizei-
recht abweichenden Rechtsſätze zur Geltung bringen, ſondern nur die-
jenigen Modifikationen deſſelben enthalten darf, welche durch die be-
ſondere Natur der Preſſe gefordert werden, ſcheint das Gebiet derſelben
ein ziemlich einfaches und klares zu ſein. Die Grundlagen des Syſtems
aber ſcheiden ſich in ganz beſtimmter Weiſe von dem des Repreſſivſyſtems.

1) Die Polizei des Druckereigewerbes iſt nicht mehr die Con-
ceſſion oder gar die preußiſche Prüfung, noch weniger die polizeiliche
Entziehung des Gewerberechts. Sie beſteht einfach in der Verpflichtung
zur Anzeige jedes errichteten reſp. erworbenen Gewerbes, und Strafe
für die Unterlaſſung.

2) Die Polizei des Druckwerkes beſteht in der Verpflichtung,
einerſeits Druckort, Drucker und Verleger auf die Druckſache zu ſetzen,
anderſeits das Pflichtexemplar mindeſtens gleichzeitig mit dem Erſcheinen
der Polizei zu übergeben, unter Strafe.

3) Die Polizei des Vertriebes beſteht in dem Recht, nach em-
pfangenem Pflichtexemplar den Vertrieb polizeilich zu verhindern. Dieß

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[120/0136] wird nun wohl noch einen dritten Theil des eigentlichen Preßſtraf- rechts hervorheben müſſen, namentlich weil er in England (vgl. Lorbeer a. a. O. an mehreren Stellen) ſchon ausgebildet iſt. Das ſind die, durch Drohung mit Veröffentlichung durch die Preſſe erzielten Erpreſſungen aller Art. Es iſt aber klar, daß auch hier die Preſſe nur ein Moment an dem ſtrafrechtlichen Thatbeſtande iſt, und ein ſelb- ſtändiges Preßverbrechen nicht dadurch begangen werden kann. Haben Glaſer und John die ganze Frage darum übergangen? III. Aus allem dieſem ergibt ſich nun, daß das Recht der freien Preſſe eben weſentlich nur ein Polizeirecht iſt und ſein kann. Das formelle Kriterium des erſtern beſteht deßhalb darin, daß auch die Preßgeſetzgebung nur als eine reine Polizeigeſetzgebung erſcheinen, und mithin nur die Anwendung der allgemeinen Grundſätze über Polizeirecht, ſpeciell alſo über Polizeiverfahren und Polizeiſtrafrecht in Beziehung auf Druckwerke enthalten darf. Die Gränzen und Principien dieſes Polizeiverfahrens und Polizeiſtrafrechts ſind daher grundſätzlich dieſelben, wie in Beziehung auf den Staatsbürger überhaupt. Es gibt keine Polizei gegen den Geiſt der Preſſe; es muß eine ſolche geben gegen das einzelne Wort derſelben. Es gibt keine Polizeiſtrafen gegen Tendenzen, es muß ſolche geben gegen die Nichtbeachtung der preßpolizeilichen Vor- ſchriften. Was nun das Princip dieſes Polizeirechts betrifft, ſo dürfen wir in Beziehung auf Klag- und Beſchwerderecht auf die vollziehende Gewalt, in Beziehung auf das übrige rechtliche Verhältniß auf die Darſtellung des Polizeirechts überhaupt verweiſen; ſo wie man feſthält, daß die Preßpolizei grundſätzlich keine von dem allgemeinen Polizei- recht abweichenden Rechtsſätze zur Geltung bringen, ſondern nur die- jenigen Modifikationen deſſelben enthalten darf, welche durch die be- ſondere Natur der Preſſe gefordert werden, ſcheint das Gebiet derſelben ein ziemlich einfaches und klares zu ſein. Die Grundlagen des Syſtems aber ſcheiden ſich in ganz beſtimmter Weiſe von dem des Repreſſivſyſtems. 1) Die Polizei des Druckereigewerbes iſt nicht mehr die Con- ceſſion oder gar die preußiſche Prüfung, noch weniger die polizeiliche Entziehung des Gewerberechts. Sie beſteht einfach in der Verpflichtung zur Anzeige jedes errichteten reſp. erworbenen Gewerbes, und Strafe für die Unterlaſſung. 2) Die Polizei des Druckwerkes beſteht in der Verpflichtung, einerſeits Druckort, Drucker und Verleger auf die Druckſache zu ſetzen, anderſeits das Pflichtexemplar mindeſtens gleichzeitig mit dem Erſcheinen der Polizei zu übergeben, unter Strafe. 3) Die Polizei des Vertriebes beſteht in dem Recht, nach em- pfangenem Pflichtexemplar den Vertrieb polizeilich zu verhindern. Dieß

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/136>, abgerufen am 24.11.2024.