Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.für die Preßvergehen eigene Strafen aufstellen und so entsteht zuerst Die zweite Periode beginnt nun mit der Restauration; es ist die für die Preßvergehen eigene Strafen aufſtellen und ſo entſteht zuerſt Die zweite Periode beginnt nun mit der Reſtauration; es iſt die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0151" n="135"/> für die Preßvergehen eigene Strafen aufſtellen und ſo entſteht zuerſt<lb/> der Begriff der <hi rendition="#aq">Délits de la presse,</hi> der ſo viel Unklarheit in die ge-<lb/> ſammte Auffaſſung gebracht hat, indem das durch die Preſſe (<hi rendition="#aq">par la<lb/> voie de la presse</hi>) begangene Verbrechen als Preßverbrechen aufgefaßt<lb/> wird, wodurch der Unterſchied zwiſchen den einzelnen Ausdrücken und<lb/> dem Geiſte der Preſſe verloren geht. Daß von ſpeciellen Geſetzen über<lb/> die letzteren keine Rede ſein konnte, wie in der <hi rendition="#aq">Fox Libel Bill,</hi> iſt na-<lb/> türlich, da die ganze Preſſe unter Genehmigung und Cenſur ſteht.</p><lb/> <p>Die zweite Periode beginnt nun mit der Reſtauration; es iſt die<lb/> des Kampfes mit der Cenſur. Dieſe Epoche iſt dadurch von dauernder<lb/> Bedeutung, daß in ihr die „Tendenz“ zuerſt als <hi rendition="#g">ſelbſtändige</hi> That-<lb/> ſache <hi rendition="#g">neben</hi> den einzelnen Ausdrücken, welche den Beſtimmungen des<lb/><hi rendition="#aq">Code Pénal</hi> verfallen, anerkannt und zum Gegenſtand gerichtlicher<lb/> Verfolgung gemacht wird. Im Anfange wird natürlich die Verfolgung<lb/> der Preſſe überhaupt eine harte, bis nach voller Sicherung des neuen<lb/> Königthums die Preſſe ihrerſeits anfängt, ihre Funktion in regelmäßiger<lb/> Weiſe zu beginnen. Dieſem nun tritt die Preßgeſetzgebung von 1819<lb/> gegenüber, und zwar in drei Geſetzen. Das erſte vom 17. Mai ent-<lb/> hält ein verſchärftes Strafrecht für die durch die Preſſe begangenen<lb/> Verbrechen; das zweite vom 26. Mai beſtimmt das Verfahren in ſolchen<lb/> Fällen; namentlich wird hier die Beſchlagnahme und die <hi rendition="#aq">action publique</hi><lb/> vor dem Tribunal genau geordnet. Das dritte vom 9. Juni endlich<lb/> iſt ſpeziell gegen die Tagespreſſe gerichtet; es ſyſtemiſirt die Preßpolizei<lb/> der Journale mit Anzeige, Pflichtexemplar und Caution. Offenbar<lb/> war das für das Repreſſivſyſtem nicht genügend; denn die Beziehung<lb/> auf den <hi rendition="#aq">Code Pénal</hi> ließ noch immer einen beſtimmten nachweisbaren<lb/> juriſtiſchen Thatbeſtand eines <hi rendition="#aq">Délit</hi> fordern, und es war daher leicht,<lb/> ſich der gerichtlichen Verfolgung zu entziehen, während man die heftigſte<lb/> Oppoſition machte. Da erſchien das Geſetz vom 17. März 1822, die<lb/><hi rendition="#aq">Loi des tendances.</hi> <hi rendition="#g">Erſter</hi> Grundſatz war die Einführung des Princips<lb/> der <hi rendition="#g">Conceſſion</hi> für Herausgabe eines Journals; <hi rendition="#g">zweiter</hi> war der,<lb/> daß dieſe Conceſſion ſuspendirt oder ganz zurückgezogen werden könne:<lb/><hi rendition="#aq">„dans le cas où l’<hi rendition="#g">esprit</hi> d’<hi rendition="#g">un journal</hi> ou écrit périodique résultant<lb/> d’une <hi rendition="#g">succession</hi> d’<hi rendition="#g">articles</hi> serait de nature à porter <hi rendition="#g">atteinte<lb/> à la paix publique</hi>, au respect dû à la religion de l’Etat ou<lb/> aux autres religions légalement reconnues en France, à l’autorité<lb/> du Roi, et à la stabilité des institutions constitutionelles“</hi> — ſollen<lb/> die <hi rendition="#aq">Cours royales</hi> auf Antrag des <hi rendition="#aq">Procureur du Roi</hi> die Suspenſion<lb/> auf mindeſtens einen Monat ausſprechen; beim Rückfalle drei Monate;<lb/> das drittemal Einziehung der Conceſſion. Das iſt das erſte Geſetz des<lb/> Continents, welches das Repreſſivſyſtem klar und ſcharf ausſpricht; der<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0151]
für die Preßvergehen eigene Strafen aufſtellen und ſo entſteht zuerſt
der Begriff der Délits de la presse, der ſo viel Unklarheit in die ge-
ſammte Auffaſſung gebracht hat, indem das durch die Preſſe (par la
voie de la presse) begangene Verbrechen als Preßverbrechen aufgefaßt
wird, wodurch der Unterſchied zwiſchen den einzelnen Ausdrücken und
dem Geiſte der Preſſe verloren geht. Daß von ſpeciellen Geſetzen über
die letzteren keine Rede ſein konnte, wie in der Fox Libel Bill, iſt na-
türlich, da die ganze Preſſe unter Genehmigung und Cenſur ſteht.
Die zweite Periode beginnt nun mit der Reſtauration; es iſt die
des Kampfes mit der Cenſur. Dieſe Epoche iſt dadurch von dauernder
Bedeutung, daß in ihr die „Tendenz“ zuerſt als ſelbſtändige That-
ſache neben den einzelnen Ausdrücken, welche den Beſtimmungen des
Code Pénal verfallen, anerkannt und zum Gegenſtand gerichtlicher
Verfolgung gemacht wird. Im Anfange wird natürlich die Verfolgung
der Preſſe überhaupt eine harte, bis nach voller Sicherung des neuen
Königthums die Preſſe ihrerſeits anfängt, ihre Funktion in regelmäßiger
Weiſe zu beginnen. Dieſem nun tritt die Preßgeſetzgebung von 1819
gegenüber, und zwar in drei Geſetzen. Das erſte vom 17. Mai ent-
hält ein verſchärftes Strafrecht für die durch die Preſſe begangenen
Verbrechen; das zweite vom 26. Mai beſtimmt das Verfahren in ſolchen
Fällen; namentlich wird hier die Beſchlagnahme und die action publique
vor dem Tribunal genau geordnet. Das dritte vom 9. Juni endlich
iſt ſpeziell gegen die Tagespreſſe gerichtet; es ſyſtemiſirt die Preßpolizei
der Journale mit Anzeige, Pflichtexemplar und Caution. Offenbar
war das für das Repreſſivſyſtem nicht genügend; denn die Beziehung
auf den Code Pénal ließ noch immer einen beſtimmten nachweisbaren
juriſtiſchen Thatbeſtand eines Délit fordern, und es war daher leicht,
ſich der gerichtlichen Verfolgung zu entziehen, während man die heftigſte
Oppoſition machte. Da erſchien das Geſetz vom 17. März 1822, die
Loi des tendances. Erſter Grundſatz war die Einführung des Princips
der Conceſſion für Herausgabe eines Journals; zweiter war der,
daß dieſe Conceſſion ſuspendirt oder ganz zurückgezogen werden könne:
„dans le cas où l’esprit d’un journal ou écrit périodique résultant
d’une succession d’articles serait de nature à porter atteinte
à la paix publique, au respect dû à la religion de l’Etat ou
aux autres religions légalement reconnues en France, à l’autorité
du Roi, et à la stabilité des institutions constitutionelles“ — ſollen
die Cours royales auf Antrag des Procureur du Roi die Suspenſion
auf mindeſtens einen Monat ausſprechen; beim Rückfalle drei Monate;
das drittemal Einziehung der Conceſſion. Das iſt das erſte Geſetz des
Continents, welches das Repreſſivſyſtem klar und ſcharf ausſpricht; der
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