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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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fast am deutlichsten in ganz Europa ausgesprochen. Das ganze schwedische
Preßrecht hat dieß strafrechtliche Element sorgfältig von dem polizeilichen
geschieden. Das Preßgewerbe ist vollkommen frei; von Concession
oder Caution der Tagespresse ist keine Rede. Dagegen ist es polizeiliche
Vorschrift, daß Name des Druckers, des Druckortes und Jahreszahl
auf jedem Druckwerke angegeben sein muß; der Drucker haftet, wenn
er den Verfasser nicht nennt; ein Exemplar jedes Druckwerkes muß dem
Gericht (dem Justizminister oder seinem Beauftragten) vor dem Er-
scheinen übergeben werden; dann kann der Staatsanwalt (Justizkanzler)
das Druckwerk mit Beschlag belegen, oder er kann es auch ohne Be-
schlagnahme gerichtlich verfolgen. Die gerichtliche Verfolgung kann auch
durch Privatklage geschehen. Dieselbe besteht in einer schriftlichen
Klage, in welcher die betreffenden einzelnen Stellen genau citirt sein
müssen; darauf schriftliche Vertheidigung, Replik und Duplik; dann
wird eine eigenthümliche Jury gebildet. Jede Partei wählt vier unbe-
scholtene Männer, das Gericht selbst wählt fünf; von diesen schließt
jede Partei ohne Angabe der Gründe je einen aus, so daß neun Ge-
schworene übrig bleiben. Dieser Jury wird dann eine kurze Darstellung des
Streites gegeben und dann die Frage vorgelegt: "Ist die Schrift schuldig
nach den von dem Kläger citirten Stellen in den Gesetzen?" Zur Ver-
urtheilung gehören sechs Stimmen; allein dieses Verdict bestimmt nichts
über die Strafe, sondern entscheidet nur den Thatbestand des durch
die Presse
begangenen Verbrechens; und jetzt erst spricht das Gericht
die Strafe aus, gegen welche Bestimmung noch die Appellation möglich
ist. Um dieses Preßrecht aufrecht zu halten, wählt der Reichstag sechs
(wegen ihrer Kenntnisse und Gelehrsamkeit bekannte) Mitglieder, welche
übrigens eine Art von Oberaufsicht über die ganze Presse ausüben,
jedoch mehr literar-historischer als statistischer oder polizeilicher Natur.
Dieß freie Preßrecht Schwedens hat niemals zu Uebelständen Anlaß
gegeben. (Vgl. Dr. Frisch bei Wappaeus, Steins Handbuch der
Geographie. Skandinavische Halbinsel S. 488 und 491.)

Italien.

Neben den bisher angeführten Gesetzgebungen hat die italienische
wiederum ihre Eigenthümlichkeiten, die freilich nicht in einem besonderen
Princip, sondern vielmehr in einer eigenthümlichen Verschmelzung der
oben angeführten Elemente bestehen. Das Grundgesetz für das Preß-
recht ist das Gesetz vom 26. März 1848, dem die Gesetze vom 26. Febr.
1858 und vom 20. Juni 1858 gefolgt sind. Das allgemeine Princip
ist auch hier allerdings die Freiheit der Presse; die Basis der Preß-
polizei ist der Grundsatz, daß jedes Druckwerk mit dem Namen des

faſt am deutlichſten in ganz Europa ausgeſprochen. Das ganze ſchwediſche
Preßrecht hat dieß ſtrafrechtliche Element ſorgfältig von dem polizeilichen
geſchieden. Das Preßgewerbe iſt vollkommen frei; von Conceſſion
oder Caution der Tagespreſſe iſt keine Rede. Dagegen iſt es polizeiliche
Vorſchrift, daß Name des Druckers, des Druckortes und Jahreszahl
auf jedem Druckwerke angegeben ſein muß; der Drucker haftet, wenn
er den Verfaſſer nicht nennt; ein Exemplar jedes Druckwerkes muß dem
Gericht (dem Juſtizminiſter oder ſeinem Beauftragten) vor dem Er-
ſcheinen übergeben werden; dann kann der Staatsanwalt (Juſtizkanzler)
das Druckwerk mit Beſchlag belegen, oder er kann es auch ohne Be-
ſchlagnahme gerichtlich verfolgen. Die gerichtliche Verfolgung kann auch
durch Privatklage geſchehen. Dieſelbe beſteht in einer ſchriftlichen
Klage, in welcher die betreffenden einzelnen Stellen genau citirt ſein
müſſen; darauf ſchriftliche Vertheidigung, Replik und Duplik; dann
wird eine eigenthümliche Jury gebildet. Jede Partei wählt vier unbe-
ſcholtene Männer, das Gericht ſelbſt wählt fünf; von dieſen ſchließt
jede Partei ohne Angabe der Gründe je einen aus, ſo daß neun Ge-
ſchworene übrig bleiben. Dieſer Jury wird dann eine kurze Darſtellung des
Streites gegeben und dann die Frage vorgelegt: „Iſt die Schrift ſchuldig
nach den von dem Kläger citirten Stellen in den Geſetzen?“ Zur Ver-
urtheilung gehören ſechs Stimmen; allein dieſes Verdict beſtimmt nichts
über die Strafe, ſondern entſcheidet nur den Thatbeſtand des durch
die Preſſe
begangenen Verbrechens; und jetzt erſt ſpricht das Gericht
die Strafe aus, gegen welche Beſtimmung noch die Appellation möglich
iſt. Um dieſes Preßrecht aufrecht zu halten, wählt der Reichstag ſechs
(wegen ihrer Kenntniſſe und Gelehrſamkeit bekannte) Mitglieder, welche
übrigens eine Art von Oberaufſicht über die ganze Preſſe ausüben,
jedoch mehr literar-hiſtoriſcher als ſtatiſtiſcher oder polizeilicher Natur.
Dieß freie Preßrecht Schwedens hat niemals zu Uebelſtänden Anlaß
gegeben. (Vgl. Dr. Friſch bei Wappaeus, Steins Handbuch der
Geographie. Skandinaviſche Halbinſel S. 488 und 491.)

Italien.

Neben den bisher angeführten Geſetzgebungen hat die italieniſche
wiederum ihre Eigenthümlichkeiten, die freilich nicht in einem beſonderen
Princip, ſondern vielmehr in einer eigenthümlichen Verſchmelzung der
oben angeführten Elemente beſtehen. Das Grundgeſetz für das Preß-
recht iſt das Geſetz vom 26. März 1848, dem die Geſetze vom 26. Febr.
1858 und vom 20. Juni 1858 gefolgt ſind. Das allgemeine Princip
iſt auch hier allerdings die Freiheit der Preſſe; die Baſis der Preß-
polizei iſt der Grundſatz, daß jedes Druckwerk mit dem Namen des

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[149/0165] faſt am deutlichſten in ganz Europa ausgeſprochen. Das ganze ſchwediſche Preßrecht hat dieß ſtrafrechtliche Element ſorgfältig von dem polizeilichen geſchieden. Das Preßgewerbe iſt vollkommen frei; von Conceſſion oder Caution der Tagespreſſe iſt keine Rede. Dagegen iſt es polizeiliche Vorſchrift, daß Name des Druckers, des Druckortes und Jahreszahl auf jedem Druckwerke angegeben ſein muß; der Drucker haftet, wenn er den Verfaſſer nicht nennt; ein Exemplar jedes Druckwerkes muß dem Gericht (dem Juſtizminiſter oder ſeinem Beauftragten) vor dem Er- ſcheinen übergeben werden; dann kann der Staatsanwalt (Juſtizkanzler) das Druckwerk mit Beſchlag belegen, oder er kann es auch ohne Be- ſchlagnahme gerichtlich verfolgen. Die gerichtliche Verfolgung kann auch durch Privatklage geſchehen. Dieſelbe beſteht in einer ſchriftlichen Klage, in welcher die betreffenden einzelnen Stellen genau citirt ſein müſſen; darauf ſchriftliche Vertheidigung, Replik und Duplik; dann wird eine eigenthümliche Jury gebildet. Jede Partei wählt vier unbe- ſcholtene Männer, das Gericht ſelbſt wählt fünf; von dieſen ſchließt jede Partei ohne Angabe der Gründe je einen aus, ſo daß neun Ge- ſchworene übrig bleiben. Dieſer Jury wird dann eine kurze Darſtellung des Streites gegeben und dann die Frage vorgelegt: „Iſt die Schrift ſchuldig nach den von dem Kläger citirten Stellen in den Geſetzen?“ Zur Ver- urtheilung gehören ſechs Stimmen; allein dieſes Verdict beſtimmt nichts über die Strafe, ſondern entſcheidet nur den Thatbeſtand des durch die Preſſe begangenen Verbrechens; und jetzt erſt ſpricht das Gericht die Strafe aus, gegen welche Beſtimmung noch die Appellation möglich iſt. Um dieſes Preßrecht aufrecht zu halten, wählt der Reichstag ſechs (wegen ihrer Kenntniſſe und Gelehrſamkeit bekannte) Mitglieder, welche übrigens eine Art von Oberaufſicht über die ganze Preſſe ausüben, jedoch mehr literar-hiſtoriſcher als ſtatiſtiſcher oder polizeilicher Natur. Dieß freie Preßrecht Schwedens hat niemals zu Uebelſtänden Anlaß gegeben. (Vgl. Dr. Friſch bei Wappaeus, Steins Handbuch der Geographie. Skandinaviſche Halbinſel S. 488 und 491.) Italien. Neben den bisher angeführten Geſetzgebungen hat die italieniſche wiederum ihre Eigenthümlichkeiten, die freilich nicht in einem beſonderen Princip, ſondern vielmehr in einer eigenthümlichen Verſchmelzung der oben angeführten Elemente beſtehen. Das Grundgeſetz für das Preß- recht iſt das Geſetz vom 26. März 1848, dem die Geſetze vom 26. Febr. 1858 und vom 20. Juni 1858 gefolgt ſind. Das allgemeine Princip iſt auch hier allerdings die Freiheit der Preſſe; die Baſis der Preß- polizei iſt der Grundſatz, daß jedes Druckwerk mit dem Namen des

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/165>, abgerufen am 24.11.2024.