Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.Damit ist nun zugleich die Gefahr gegeben, daß der Einzelne diesen Die allgemeine Bildung soll frei sein in ihrer Entwicklung; das Während demnach die Aufgabe der Verwaltung des geistigen Lebens Daraus ergibt sich nun allerdings für die Darstellung des allge- Begriff und Inhalt der Kulturpolizei können indeß nur dann zu Damit iſt nun zugleich die Gefahr gegeben, daß der Einzelne dieſen Die allgemeine Bildung ſoll frei ſein in ihrer Entwicklung; das Während demnach die Aufgabe der Verwaltung des geiſtigen Lebens Daraus ergibt ſich nun allerdings für die Darſtellung des allge- Begriff und Inhalt der Kulturpolizei können indeß nur dann zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0019" n="3"/> Damit iſt nun zugleich die Gefahr gegeben, daß der Einzelne dieſen<lb/> ſeinen Einfluß auf die allgemeine Bildung mißbrauche, während die<lb/> zu Bildenden als ſolche nie ganz im Stande ſind, ſich gegen dieſen<lb/> Mißbrauch zu ſchützen. Von dieſem Standpunkt aus ergibt ſich nun<lb/> das, was wir das <hi rendition="#g">Princip</hi> des öffentlichen Rechts des allgemeinen<lb/> Bildungsweſens nennen müſſen.</p><lb/> <p>Die allgemeine Bildung ſoll <hi rendition="#g">frei ſein</hi> in ihrer Entwicklung; das<lb/> heißt, das Volk ſoll ſie ſich ſelber geben, und der Staat nur diejenigen<lb/> Anſtalten herſtellen, welche ihrer Natur nach für Herſtellung und Leitung<lb/> der Staatsmittel bedürfen. Die poſitive Thätigkeit der Verwaltung in<lb/> Beziehung auf dieſe allgemeine Bildung iſt daher, wenn auch keine unbe-<lb/> deutende, ſo doch eine äußerlich wenig erſcheinende. Sie beſteht formell<lb/> nur in der Aufſtellung jener allgemeinen Bildungsanſtalten, welche der<lb/> Kulturſtand eines Volkes fordert. Das eigentliche Gebiet derſelben iſt da-<lb/> gegen vielmehr die durch die Verwaltung geforderte oder hergeſtellte Auf-<lb/> nahme der allgemeinen, über die Elementar- und Berufsbildung hinaus-<lb/> gehenden Bildungselemente in die Erziehung des Volkes; und weil die-<lb/> ſelbe hier liegt, hat man ſie meiſtens ſo wenig theoretiſch beachtet. Da-<lb/> gegen iſt die negative Thätigkeit praktiſch und juriſtiſch eine viel faß-<lb/> barere. Denn die allgemeine Bildung ſoll zugleich <hi rendition="#g">geſchützt</hi> werden<lb/> gegen die Verletzung der allgemeinen geiſtigen Ordnung; das heißt, da<lb/> die letztere, die höhere <hi rendition="#g">Sittlichkeit</hi>, ihrerſeits nicht bloß eine That-<lb/> ſache, ſondern wieder eine Bedingung der individuellen Entwicklung iſt,<lb/> ſo hat die Verwaltung die Aufgabe, dieſe höhere öffentliche Sittlichkeit<lb/> gegen die Verletzung durch die geiſtige That des Einzelnen zu ſchützen;<lb/> und dieſe Aufgabe bezeichnen wir als <hi rendition="#g">die Kulturpolizei</hi>.</p><lb/> <p>Während demnach die Aufgabe der Verwaltung des geiſtigen Lebens<lb/> bei der Volksbildung die Pflicht der erſteren zur <hi rendition="#g">Herſtellung</hi> der<lb/> letzteren, bei der Berufsbildung die Pflicht und das Recht der Ver-<lb/> waltung zur <hi rendition="#g">Ordnung</hi> dieſes Bildungsgebietes enthält, wird ſie für<lb/> die allgemeine Bildung nothwendig im Weſentlichen theils als Hebung<lb/> und Erweiterung der Bildung überhaupt, theils als Herſtellung ſpezieller<lb/> Bildungsanſtalten, theils aber als Kulturpolizei erſcheinen.</p><lb/> <p>Daraus ergibt ſich nun allerdings für die Darſtellung des allge-<lb/> meinen Bildungsweſens in der Verwaltung eine wichtige Conſequenz. Die<lb/> letztere wird hier naturgemäß faſt nur als polizeiliche Funktion auftreten<lb/> und ihr Recht faſt nur als ein polizeiliches erſcheinen. Es iſt ſchwierig,<lb/> dabei die hohe Idee des allgemeinen Bildungsweſens feſtzuhalten.</p><lb/> <p>Begriff und Inhalt der Kulturpolizei können indeß nur dann zu<lb/> Mißverſtändniſſen Anlaß geben, wenn man ſich denkt, daß vermöge<lb/> derſelben <hi rendition="#g">jede</hi> thätige Theilnahme der Verwaltung an der Förderung<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0019]
Damit iſt nun zugleich die Gefahr gegeben, daß der Einzelne dieſen
ſeinen Einfluß auf die allgemeine Bildung mißbrauche, während die
zu Bildenden als ſolche nie ganz im Stande ſind, ſich gegen dieſen
Mißbrauch zu ſchützen. Von dieſem Standpunkt aus ergibt ſich nun
das, was wir das Princip des öffentlichen Rechts des allgemeinen
Bildungsweſens nennen müſſen.
Die allgemeine Bildung ſoll frei ſein in ihrer Entwicklung; das
heißt, das Volk ſoll ſie ſich ſelber geben, und der Staat nur diejenigen
Anſtalten herſtellen, welche ihrer Natur nach für Herſtellung und Leitung
der Staatsmittel bedürfen. Die poſitive Thätigkeit der Verwaltung in
Beziehung auf dieſe allgemeine Bildung iſt daher, wenn auch keine unbe-
deutende, ſo doch eine äußerlich wenig erſcheinende. Sie beſteht formell
nur in der Aufſtellung jener allgemeinen Bildungsanſtalten, welche der
Kulturſtand eines Volkes fordert. Das eigentliche Gebiet derſelben iſt da-
gegen vielmehr die durch die Verwaltung geforderte oder hergeſtellte Auf-
nahme der allgemeinen, über die Elementar- und Berufsbildung hinaus-
gehenden Bildungselemente in die Erziehung des Volkes; und weil die-
ſelbe hier liegt, hat man ſie meiſtens ſo wenig theoretiſch beachtet. Da-
gegen iſt die negative Thätigkeit praktiſch und juriſtiſch eine viel faß-
barere. Denn die allgemeine Bildung ſoll zugleich geſchützt werden
gegen die Verletzung der allgemeinen geiſtigen Ordnung; das heißt, da
die letztere, die höhere Sittlichkeit, ihrerſeits nicht bloß eine That-
ſache, ſondern wieder eine Bedingung der individuellen Entwicklung iſt,
ſo hat die Verwaltung die Aufgabe, dieſe höhere öffentliche Sittlichkeit
gegen die Verletzung durch die geiſtige That des Einzelnen zu ſchützen;
und dieſe Aufgabe bezeichnen wir als die Kulturpolizei.
Während demnach die Aufgabe der Verwaltung des geiſtigen Lebens
bei der Volksbildung die Pflicht der erſteren zur Herſtellung der
letzteren, bei der Berufsbildung die Pflicht und das Recht der Ver-
waltung zur Ordnung dieſes Bildungsgebietes enthält, wird ſie für
die allgemeine Bildung nothwendig im Weſentlichen theils als Hebung
und Erweiterung der Bildung überhaupt, theils als Herſtellung ſpezieller
Bildungsanſtalten, theils aber als Kulturpolizei erſcheinen.
Daraus ergibt ſich nun allerdings für die Darſtellung des allge-
meinen Bildungsweſens in der Verwaltung eine wichtige Conſequenz. Die
letztere wird hier naturgemäß faſt nur als polizeiliche Funktion auftreten
und ihr Recht faſt nur als ein polizeiliches erſcheinen. Es iſt ſchwierig,
dabei die hohe Idee des allgemeinen Bildungsweſens feſtzuhalten.
Begriff und Inhalt der Kulturpolizei können indeß nur dann zu
Mißverſtändniſſen Anlaß geben, wenn man ſich denkt, daß vermöge
derſelben jede thätige Theilnahme der Verwaltung an der Förderung
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