Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.des Volks mit rücksichtsloser Strenge unterdrücken. Wir sehen diese Wir können nun Inhalt und Bedeutung dieser Epoche unschwer Die erste Epoche derselben ist nun, in Kürze bezeichnet, die der Los- des Volks mit rückſichtsloſer Strenge unterdrücken. Wir ſehen dieſe Wir können nun Inhalt und Bedeutung dieſer Epoche unſchwer Die erſte Epoche derſelben iſt nun, in Kürze bezeichnet, die der Los- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0024" n="8"/> des Volks mit rückſichtsloſer Strenge unterdrücken. Wir ſehen dieſe<lb/> Ordnung geſtürzt. Die Sikhs brachen den Buddhaismus, die Griechen<lb/> brachen das ägyptiſche Prieſterthum, die Spanier vernichten Mexiko und<lb/> Peru; aber <hi rendition="#g">fortgeſchritten</hi> ſind dieſe Völker nicht. Wir ſehen auch<lb/> in der rohen Geſchlechterordnung der Germanen eine unterworfene Klaſſe<lb/> als Leibeigene ſich erheben und die Bauernkriege ſich über ganz Europa<lb/> wie eine geſchichtliche Windsbraut hinwälzen; aber wir ſehen nicht, daß<lb/> ſie etwas Beſſeres gebracht hätten. Erſt da, wo die Preſſe beginnt, die<lb/> Bildung in die Hütte auch des Armen zu tragen, wird es anders, und<lb/> die Weltgeſchichte beginnt eine wahrhaft neue Epoche.</p><lb/> <p>Wir können nun Inhalt und Bedeutung dieſer Epoche unſchwer<lb/> charakteriſiren, wenn wir ſie auf die großen geſellſchaftlichen Kategorien<lb/> zurückführen, welche auch dieſem Gebiet zum Grunde liegen. Nur hat der<lb/> Geiſt der germaniſchen Geſchlechter dieſem Proceſſe ſeine ihm eigenthümliche<lb/> Geſtalt gegeben. Eine Welt der Arbeit <hi rendition="#g">kann</hi> nie zur kaſtenmäßigen<lb/> Abgeſchloſſenheit ihrer Theile gelangen, wie der Orient. Den Germanen<lb/> iſt daher nie das Bewußtſein einer beſſeren Beſtimmung ihrer niederen<lb/> Klaſſen verloren gegangen. Sie haben daher nie der Bewegung, welche<lb/> mit der Buchdruckerei entſtand, ſich grundſätzlich und allgemein entgegen-<lb/> geſtellt. Sie haben ſie vielmehr im Großen und Ganzen getragen und<lb/> gefördert, und man darf nie verkennen, daß gerade an der Preſſe der<lb/> germaniſchen Welt erſt das Weſen und der Werth der allgemeinen Bil-<lb/> dung, ihre Gefahr und ihr Heil zum Verſtändniß gekommen iſt. Im<lb/> Gebiete der Preſſe iſt daher hier der eigentlich ſociale Kampf gekämpft,<lb/> das Recht der Preſſe iſt das wahre Recht der allgemeinen Bildung ge-<lb/> worden, und damit iſt die Preſſe das Objekt dieſes ganzen Theiles der<lb/> Verwaltung, ihrer Geſetzgebung und ihrer Thätigkeit. Wohl aber kann<lb/> man auch hier eben aus dieſer Stellung der Preſſe heraus die beiden<lb/> großen Epochen der Bewegung zur allgemeinen Bildung am deutlichſten<lb/> erkennen.</p><lb/> <p>Die erſte Epoche derſelben iſt nun, in Kürze bezeichnet, die der Los-<lb/> löſung der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft aus der ſtändiſchen. Die ſtän-<lb/> diſche Geſellſchaft enthält noch das orientaliſche Princip der Beſonderung<lb/> der Berufe und der Erſchöpfung des geſammten Bildungsweſens in<lb/> der Berufsbildung. Wohl ſehen wir hier das nicht germaniſche Princip<lb/> der Gleichheit aller Beſtimmung ſich erhalten und innerhalb jenes Ge-<lb/> bietes durchgreifen; aber die allgemeine Bildung iſt hier noch keine<lb/> Bildung des Volkes, ſondern eine Gemeinſchaft der Berufsbildung in<lb/> Philoſophie und Geſchichte. Wohl ſehen wir die <hi rendition="#aq">Schola</hi> jedem offen<lb/> ſtehen, aber es kann ſie am Ende doch nur der Sohn der beſitzenden<lb/> Klaſſe betreten. Wohl nimmt die Kirche jeden, auch den Unfreien auf<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0024]
des Volks mit rückſichtsloſer Strenge unterdrücken. Wir ſehen dieſe
Ordnung geſtürzt. Die Sikhs brachen den Buddhaismus, die Griechen
brachen das ägyptiſche Prieſterthum, die Spanier vernichten Mexiko und
Peru; aber fortgeſchritten ſind dieſe Völker nicht. Wir ſehen auch
in der rohen Geſchlechterordnung der Germanen eine unterworfene Klaſſe
als Leibeigene ſich erheben und die Bauernkriege ſich über ganz Europa
wie eine geſchichtliche Windsbraut hinwälzen; aber wir ſehen nicht, daß
ſie etwas Beſſeres gebracht hätten. Erſt da, wo die Preſſe beginnt, die
Bildung in die Hütte auch des Armen zu tragen, wird es anders, und
die Weltgeſchichte beginnt eine wahrhaft neue Epoche.
Wir können nun Inhalt und Bedeutung dieſer Epoche unſchwer
charakteriſiren, wenn wir ſie auf die großen geſellſchaftlichen Kategorien
zurückführen, welche auch dieſem Gebiet zum Grunde liegen. Nur hat der
Geiſt der germaniſchen Geſchlechter dieſem Proceſſe ſeine ihm eigenthümliche
Geſtalt gegeben. Eine Welt der Arbeit kann nie zur kaſtenmäßigen
Abgeſchloſſenheit ihrer Theile gelangen, wie der Orient. Den Germanen
iſt daher nie das Bewußtſein einer beſſeren Beſtimmung ihrer niederen
Klaſſen verloren gegangen. Sie haben daher nie der Bewegung, welche
mit der Buchdruckerei entſtand, ſich grundſätzlich und allgemein entgegen-
geſtellt. Sie haben ſie vielmehr im Großen und Ganzen getragen und
gefördert, und man darf nie verkennen, daß gerade an der Preſſe der
germaniſchen Welt erſt das Weſen und der Werth der allgemeinen Bil-
dung, ihre Gefahr und ihr Heil zum Verſtändniß gekommen iſt. Im
Gebiete der Preſſe iſt daher hier der eigentlich ſociale Kampf gekämpft,
das Recht der Preſſe iſt das wahre Recht der allgemeinen Bildung ge-
worden, und damit iſt die Preſſe das Objekt dieſes ganzen Theiles der
Verwaltung, ihrer Geſetzgebung und ihrer Thätigkeit. Wohl aber kann
man auch hier eben aus dieſer Stellung der Preſſe heraus die beiden
großen Epochen der Bewegung zur allgemeinen Bildung am deutlichſten
erkennen.
Die erſte Epoche derſelben iſt nun, in Kürze bezeichnet, die der Los-
löſung der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft aus der ſtändiſchen. Die ſtän-
diſche Geſellſchaft enthält noch das orientaliſche Princip der Beſonderung
der Berufe und der Erſchöpfung des geſammten Bildungsweſens in
der Berufsbildung. Wohl ſehen wir hier das nicht germaniſche Princip
der Gleichheit aller Beſtimmung ſich erhalten und innerhalb jenes Ge-
bietes durchgreifen; aber die allgemeine Bildung iſt hier noch keine
Bildung des Volkes, ſondern eine Gemeinſchaft der Berufsbildung in
Philoſophie und Geſchichte. Wohl ſehen wir die Schola jedem offen
ſtehen, aber es kann ſie am Ende doch nur der Sohn der beſitzenden
Klaſſe betreten. Wohl nimmt die Kirche jeden, auch den Unfreien auf
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