Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.wie sie sie versteht; dieselbe ist für sie ein Theil der allgemeinen Verwaltung Läßt man daher diese Vorstellung des vorigen Jahrhunderts fallen, wie ſie ſie verſteht; dieſelbe iſt für ſie ein Theil der allgemeinen Verwaltung Läßt man daher dieſe Vorſtellung des vorigen Jahrhunderts fallen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0026" n="10"/> wie ſie ſie verſteht; dieſelbe iſt für ſie ein Theil der allgemeinen Verwaltung<lb/> und fällt unter das Recht und die Principien derſelben als ein Theil der<lb/> Polizei überhaupt. So entſteht die „Kulturpolizei,“ die erſte Geſtalt der<lb/> eigentlichen Verwaltung der allgemeinen Bildung, die erſte Form, in der<lb/> dieſelbe dem Staate zum Bewußtſein kommt; und wieder tritt uns die Er-<lb/> ſcheinung entgegen, daß noch bis zum heutigen Tage ſich dieſer Name als<lb/> die eigentliche Bezeichnung des Verhältniſſes der Verwaltung zur allge-<lb/> meinen Bildung erhalten hat, die Begriffe verwirrend und das rechte Ver-<lb/> ſtändniß erſchwerend. Allerdings liegt der nächſte Grund dafür wohl darin,<lb/> daß aus Urſachen, die bei der Darſtellung des Preßweſens ihren Platz<lb/> finden, die Verwaltung ſtreng negativ gegen die Preſſe war; allein den-<lb/> noch iſt die Sache ſelbſt nur als hiſtoriſche zu erklären. Erſt die eigent-<lb/> liche Verwaltungslehre kann dabei den richtigen Standpunkt für das<lb/> Ganze feſtſtellen.</p><lb/> <p>Läßt man daher dieſe Vorſtellung des vorigen Jahrhunderts fallen,<lb/> ſo ergibt ſich nun, daß das, was wir die Kulturpolizei nennen, in der<lb/> That nichts anderes iſt, als das polizeiliche Element in der organiſchen<lb/> Verwaltung des allgemeinen Bildungsweſens überhaupt. Es iſt daher<lb/> hier wie in der ganzen Verwaltungslehre dieß Element nicht etwa bloß<lb/> auf ein Gebiet beſchränkt, und noch weniger das eigentliche Weſen der-<lb/> ſelben, ſondern es iſt in der <hi rendition="#g">ganzen</hi> Verwaltung des Bildungsweſens<lb/> enthalten, denn auch die Elemente und die Berufsbildung haben ihre<lb/> „Kulturpolizei“; nur tritt es in der allgemeinen Bildung ſpecieller her-<lb/> vor, und erſcheint hier als eine beſondere, auch äußerlich geſchiedene<lb/> Aufgabe der Verwaltung, die wir jetzt die „Sittenpolizei“ nennen. Sie<lb/> iſt die reine negative Seite dieſes Gebietes der Verwaltung. Ihr zur<lb/> Seite ſteht das rein poſitive, dasjenige, in welchem die Verwaltung<lb/> etwas Poſitives für ihren Zweck zu leiſten hat; und das Gebiet um-<lb/> faßt die allgemeinen Bildungs<hi rendition="#g">anſtalten</hi> des Staats. In dem dritten<lb/> und bei weitem wichtigſten Gebiet, der <hi rendition="#g">Preſſe</hi>, ſehen wir dagegen die<lb/> wunderbarſte Erſcheinung der geſammten geiſtigen Welt, <hi rendition="#g">den ſich ſelbſt<lb/> erzeugenden und ordnenden Proceß der allgemeinen Bil-<lb/> dung</hi>, und das Verhältniß des Staats und ſeines öffentlichen Rechts<lb/> zu dieſem Gebiete bildet das <hi rendition="#g">Preßweſen</hi>. So hat ſich aus der ge-<lb/> ſchichtlichen Bewegung ein ſelbſtändiges Syſtem der Verwaltung und<lb/> des öffentlichen Rechts herausgebildet; der einſeitige Begriff der Kultur-<lb/> polizei iſt überwunden, und das allgemeine Bildungsweſen bildet jetzt<lb/> die Erfüllung des großen Bildungsorganismus der Völker Europas,<lb/> der ſeine Formulirung und ſein Recht durch die Verwaltungslehre zu<lb/> empfangen hat.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0026]
wie ſie ſie verſteht; dieſelbe iſt für ſie ein Theil der allgemeinen Verwaltung
und fällt unter das Recht und die Principien derſelben als ein Theil der
Polizei überhaupt. So entſteht die „Kulturpolizei,“ die erſte Geſtalt der
eigentlichen Verwaltung der allgemeinen Bildung, die erſte Form, in der
dieſelbe dem Staate zum Bewußtſein kommt; und wieder tritt uns die Er-
ſcheinung entgegen, daß noch bis zum heutigen Tage ſich dieſer Name als
die eigentliche Bezeichnung des Verhältniſſes der Verwaltung zur allge-
meinen Bildung erhalten hat, die Begriffe verwirrend und das rechte Ver-
ſtändniß erſchwerend. Allerdings liegt der nächſte Grund dafür wohl darin,
daß aus Urſachen, die bei der Darſtellung des Preßweſens ihren Platz
finden, die Verwaltung ſtreng negativ gegen die Preſſe war; allein den-
noch iſt die Sache ſelbſt nur als hiſtoriſche zu erklären. Erſt die eigent-
liche Verwaltungslehre kann dabei den richtigen Standpunkt für das
Ganze feſtſtellen.
Läßt man daher dieſe Vorſtellung des vorigen Jahrhunderts fallen,
ſo ergibt ſich nun, daß das, was wir die Kulturpolizei nennen, in der
That nichts anderes iſt, als das polizeiliche Element in der organiſchen
Verwaltung des allgemeinen Bildungsweſens überhaupt. Es iſt daher
hier wie in der ganzen Verwaltungslehre dieß Element nicht etwa bloß
auf ein Gebiet beſchränkt, und noch weniger das eigentliche Weſen der-
ſelben, ſondern es iſt in der ganzen Verwaltung des Bildungsweſens
enthalten, denn auch die Elemente und die Berufsbildung haben ihre
„Kulturpolizei“; nur tritt es in der allgemeinen Bildung ſpecieller her-
vor, und erſcheint hier als eine beſondere, auch äußerlich geſchiedene
Aufgabe der Verwaltung, die wir jetzt die „Sittenpolizei“ nennen. Sie
iſt die reine negative Seite dieſes Gebietes der Verwaltung. Ihr zur
Seite ſteht das rein poſitive, dasjenige, in welchem die Verwaltung
etwas Poſitives für ihren Zweck zu leiſten hat; und das Gebiet um-
faßt die allgemeinen Bildungsanſtalten des Staats. In dem dritten
und bei weitem wichtigſten Gebiet, der Preſſe, ſehen wir dagegen die
wunderbarſte Erſcheinung der geſammten geiſtigen Welt, den ſich ſelbſt
erzeugenden und ordnenden Proceß der allgemeinen Bil-
dung, und das Verhältniß des Staats und ſeines öffentlichen Rechts
zu dieſem Gebiete bildet das Preßweſen. So hat ſich aus der ge-
ſchichtlichen Bewegung ein ſelbſtändiges Syſtem der Verwaltung und
des öffentlichen Rechts herausgebildet; der einſeitige Begriff der Kultur-
polizei iſt überwunden, und das allgemeine Bildungsweſen bildet jetzt
die Erfüllung des großen Bildungsorganismus der Völker Europas,
der ſeine Formulirung und ſein Recht durch die Verwaltungslehre zu
empfangen hat.
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