Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.Gesetze ändern und seinen Grundbesitz befreien, weil er zuletzt ja doch Zweitens ist es unmöglich, eine völlige Identificirung der staat- Drittens endlich folgt, daß wenn und wo der Lord dem Un- Auf Grundlage dieser Sätze wird es nun einleuchten, daß schon Um das nachzuweisen, mag es uns gestattet sein, die Grundzüge Die Eroberung theilt nämlich das ganze Land in lauter Groß- Die alte herrschende Klasse der freien Bauern tritt nun in ein Geſetze ändern und ſeinen Grundbeſitz befreien, weil er zuletzt ja doch Zweitens iſt es unmöglich, eine völlige Identificirung der ſtaat- Drittens endlich folgt, daß wenn und wo der Lord dem Un- Auf Grundlage dieſer Sätze wird es nun einleuchten, daß ſchon Um das nachzuweiſen, mag es uns geſtattet ſein, die Grundzüge Die Eroberung theilt nämlich das ganze Land in lauter Groß- Die alte herrſchende Klaſſe der freien Bauern tritt nun in ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0132" n="114"/> Geſetze ändern und ſeinen Grundbeſitz befreien, weil er zuletzt ja doch<lb/> nur über ſeinen eigenen Grund entſcheidet.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Zweitens</hi> iſt es unmöglich, eine völlige Identificirung der ſtaat-<lb/> lichen Gewalt mit dem Grund und Boden jemals in der Weiſe für<lb/> die einzelnen Grundherren herzuſtellen, wie auf dem Continent, weil<lb/> der König als wirklicher letzter Eigenthümer zugleich Innehaber deſſelben<lb/> ſtaatlichen Rechts bleibt, das durch ſeine Verſchmelzung mit dem Grund<lb/> und Boden eben die „Grundherrlichkeit“ bildet. Eine Patrimonialgerichts-<lb/> barkeit iſt daher rechtlich in England gar nicht in der Weiſe möglich,<lb/> wie auf dem Continent.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Drittens</hi> endlich folgt, daß wenn und wo der Lord dem Un-<lb/> freien ein Recht auf Grund und Boden in irgend einer Weiſe zugeſteht,<lb/> der letztere damit in ein unmittelbares Verhältniß zum Könige, über<lb/> deſſen Recht ja verfügt worden iſt, tritt, und daß daher von dieſem<lb/> Augenblick an <hi rendition="#g">beide</hi>, Lord und <hi rendition="#aq">villein,</hi> dem Gerichte <hi rendition="#g">des Königs</hi><lb/> unterworfen werden.</p><lb/> <p>Auf Grundlage dieſer Sätze wird es nun einleuchten, daß ſchon<lb/> das große Princip des <hi rendition="#aq">feodal system</hi> eine ſolche Unterdrückung der<lb/> niederſten Klaſſe durch die Grundherren grundſätzlich unmöglich machte,<lb/> wie ſie auf dem Continent eintritt. Die Stellung der Lords iſt von<lb/> Anfang an eine andere als die der franzöſiſchen und deutſchen Grund-<lb/> herren; und es iſt klar, daß daher auch der ganze Proceß der Erhebung<lb/> der niederſten Klaſſe zur ſtaatsbürgerlichen Freiheit ein weſentlich anderer<lb/> ſein mußte, als auf dem Continent, obgleich die übrigen Elemente<lb/> ganz genau dieſelben waren.</p><lb/> <p>Um das nachzuweiſen, mag es uns geſtattet ſein, die Grundzüge<lb/> der Geſchlechterordnung Englands hier zu bezeichnen, wie ſich dieſelben<lb/> durch das Eintreten der Klaſſe der Lords in das alte angelſächſiſche<lb/> Dorf und ſeine Bauern und Leibeigenen geſtaltete. Der Entwicklungs-<lb/> proceß der Freiheit oder der Entlaſtung iſt dann bis auf den heutigen<lb/> Tag, wie wir glauben, vollkommen klar.</p><lb/> <p>Die Eroberung theilt nämlich das ganze Land in lauter Groß-<lb/> grundbeſitze, die entweder Einzelnen oder als ganzer Complex einem Lord<lb/> verliehen werden. Jeder dieſer Beſitze heißt (ſpäter) ein <hi rendition="#aq">manor.</hi> Der<lb/> Lord kann von ſeinen vielen <hi rendition="#aq">manors</hi> einzelne wieder an andere Freie<lb/> — natürlich im Anfange Normannen — gegen Waffendienſt verleihen.<lb/> Die Lords haben daher ihre Vaſallen; jene erſcheinen im <hi rendition="#aq">Doomesday-<lb/> book</hi> als <hi rendition="#aq">proprietors,</hi> reſp. <hi rendition="#aq">thanes</hi> oder <hi rendition="#aq">tenentes in capite,</hi> dieſe als<lb/><hi rendition="#aq">tenentes</hi> im Allgemeinen oder <hi rendition="#aq">subtenentes</hi> (die <hi rendition="#aq">milites</hi> gehören der<lb/> ſpäteren Zeit); das iſt die herrſchende Klaſſe.</p><lb/> <p>Die alte herrſchende Klaſſe der freien Bauern tritt nun in ein<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [114/0132]
Geſetze ändern und ſeinen Grundbeſitz befreien, weil er zuletzt ja doch
nur über ſeinen eigenen Grund entſcheidet.
Zweitens iſt es unmöglich, eine völlige Identificirung der ſtaat-
lichen Gewalt mit dem Grund und Boden jemals in der Weiſe für
die einzelnen Grundherren herzuſtellen, wie auf dem Continent, weil
der König als wirklicher letzter Eigenthümer zugleich Innehaber deſſelben
ſtaatlichen Rechts bleibt, das durch ſeine Verſchmelzung mit dem Grund
und Boden eben die „Grundherrlichkeit“ bildet. Eine Patrimonialgerichts-
barkeit iſt daher rechtlich in England gar nicht in der Weiſe möglich,
wie auf dem Continent.
Drittens endlich folgt, daß wenn und wo der Lord dem Un-
freien ein Recht auf Grund und Boden in irgend einer Weiſe zugeſteht,
der letztere damit in ein unmittelbares Verhältniß zum Könige, über
deſſen Recht ja verfügt worden iſt, tritt, und daß daher von dieſem
Augenblick an beide, Lord und villein, dem Gerichte des Königs
unterworfen werden.
Auf Grundlage dieſer Sätze wird es nun einleuchten, daß ſchon
das große Princip des feodal system eine ſolche Unterdrückung der
niederſten Klaſſe durch die Grundherren grundſätzlich unmöglich machte,
wie ſie auf dem Continent eintritt. Die Stellung der Lords iſt von
Anfang an eine andere als die der franzöſiſchen und deutſchen Grund-
herren; und es iſt klar, daß daher auch der ganze Proceß der Erhebung
der niederſten Klaſſe zur ſtaatsbürgerlichen Freiheit ein weſentlich anderer
ſein mußte, als auf dem Continent, obgleich die übrigen Elemente
ganz genau dieſelben waren.
Um das nachzuweiſen, mag es uns geſtattet ſein, die Grundzüge
der Geſchlechterordnung Englands hier zu bezeichnen, wie ſich dieſelben
durch das Eintreten der Klaſſe der Lords in das alte angelſächſiſche
Dorf und ſeine Bauern und Leibeigenen geſtaltete. Der Entwicklungs-
proceß der Freiheit oder der Entlaſtung iſt dann bis auf den heutigen
Tag, wie wir glauben, vollkommen klar.
Die Eroberung theilt nämlich das ganze Land in lauter Groß-
grundbeſitze, die entweder Einzelnen oder als ganzer Complex einem Lord
verliehen werden. Jeder dieſer Beſitze heißt (ſpäter) ein manor. Der
Lord kann von ſeinen vielen manors einzelne wieder an andere Freie
— natürlich im Anfange Normannen — gegen Waffendienſt verleihen.
Die Lords haben daher ihre Vaſallen; jene erſcheinen im Doomesday-
book als proprietors, reſp. thanes oder tenentes in capite, dieſe als
tenentes im Allgemeinen oder subtenentes (die milites gehören der
ſpäteren Zeit); das iſt die herrſchende Klaſſe.
Die alte herrſchende Klaſſe der freien Bauern tritt nun in ein
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