Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.die Zehnten erstreckt. Staatszehnten (deime royale) und herrschaftliche Dieses nun sind die Elemente des Grundrechts oder der Agrar- Und jetzt können wir zum Schluß dieser Epoche eine frühere all- die Zehnten erſtreckt. Staatszehnten (dîme royale) und herrſchaftliche Dieſes nun ſind die Elemente des Grundrechts oder der Agrar- Und jetzt können wir zum Schluß dieſer Epoche eine frühere all- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0150" n="132"/> die Zehnten erſtreckt. Staatszehnten (<hi rendition="#aq">dîme royale</hi>) und herrſchaftliche<lb/> Zehnten gibt es in England nicht. Die Zehnten haben ihre eigene<lb/> Geſchichte, und erſcheinen ganz unabhängig von den Grundlaſten eigent-<lb/> lich erſt da, wo der Proceß der Grundentlaſtung in der folgenden Epoche<lb/> beginnt.</p><lb/> <p>Dieſes nun ſind die Elemente des Grundrechts oder der Agrar-<lb/> verfaſſung in dieſer zweiten Epoche. Ihr Charakter liegt jetzt wohl<lb/> klar vor. Der Grundherr hat den letzten Reſt ſeines Privatrechts an<lb/> öffentlichen Funktionen als Inhaber der Gerichtsbarkeit über die beſitz-<lb/> loſen <hi rendition="#aq">villeins</hi> verloren; es gibt keine Spur mehr von einer Patrimo-<lb/> nialgerichtsbarkeit; die Grundlaſten des <hi rendition="#aq">copyholders</hi> ſind reine grund-<lb/> bücherliche Servituten (<hi rendition="#aq">in faciendo</hi>); der <hi rendition="#aq">leaseholder</hi> iſt privatrecht-<lb/> licher Pächter; die wenigen <hi rendition="#aq">tenants in franc almoign</hi> haben ein Ver-<lb/> hältniß wie die <hi rendition="#aq">copyholders,</hi> und die Zehnten beſtehen als Grundlaſt<lb/> fort. Damit iſt die Thatſache feſtgeſtellt, daß der continentale Begriff<lb/> der <hi rendition="#g">Grundentlaſtung</hi> in England überhaupt nicht Platz greifen<lb/> kann, indem derſelbe die Verſchmelzung eines öffentlichen Rechts mit<lb/> dem Privatbeſitz zum Gegenſtande, und den Uebergang des öffentlichen<lb/> Rechts, das in der Patrimonialjurisdiktion lag, an den Staat oder die<lb/> Gemeinde zur Folge hatte. Die Entlaſtung in England iſt daher faſt<lb/> von Anfang an nur eine <hi rendition="#g">Ablöſung</hi>, und die folgende dritte Epoche<lb/> iſt daher nichts anderes, als der große Proceß der Ablöſung, welcher<lb/> die völlige Freiheit des Grundbeſitzes in England definitiv herſtellen ſoll.</p><lb/> <p>Und jetzt können wir zum Schluß dieſer Epoche eine frühere all-<lb/> gemeine Bemerkung mit ſpecieller Beziehung auf England wieder auf-<lb/> nehmen. Da nämlich vermöge des <hi rendition="#aq">feodal system</hi> von Anfang an eine<lb/> Verſchmelzung des öffentlichen Rechts mit dem Privatrecht auf dem<lb/> Grundbeſitz überhaupt unmöglich war, und da ſich inzwiſchen der kleine<lb/> und mittlere Grundbeſitz zur völligen Selbſtändigkeit entwickelt, ſo<lb/> kann auch dasjenige gar nicht entſtehen, was die Grundlage der innern<lb/> Verhältniſſe des Continents bildet, die Grundherrlichkeit, und nament-<lb/> lich nicht die grundherrliche, das iſt die <hi rendition="#g">gutsunterthänige Ge-<lb/> meinde</hi>. Die Mitglieder der Gemeinde müſſen daher von Anfang an<lb/> ihre innere Verwaltung ſelbſt übernehmen; und das war um ſo na-<lb/> türlicher, als die alte angelſächſiſche Gemeinde eigentlich nie ganz<lb/> untergegangen war. Da der Grundherr nun weder Eigenthümer war,<lb/> noch auch das Gericht hatte, ſo mußte die Gemeinde gleich anfangs<lb/> beginnen, die <hi rendition="#g">Grundlagen der Selbſtverwaltung</hi> bei ſich aus-<lb/> zubilden; und damit geſchah das, was die Baſis auch noch der gegen-<lb/> wärtigen Geſellſchaftsordnung Englands iſt; der Lord iſt nicht mehr<lb/> Herr der Gemeinde, ſondern er iſt nur <hi rendition="#g">Großgrundbeſitzer</hi>; die<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0150]
die Zehnten erſtreckt. Staatszehnten (dîme royale) und herrſchaftliche
Zehnten gibt es in England nicht. Die Zehnten haben ihre eigene
Geſchichte, und erſcheinen ganz unabhängig von den Grundlaſten eigent-
lich erſt da, wo der Proceß der Grundentlaſtung in der folgenden Epoche
beginnt.
Dieſes nun ſind die Elemente des Grundrechts oder der Agrar-
verfaſſung in dieſer zweiten Epoche. Ihr Charakter liegt jetzt wohl
klar vor. Der Grundherr hat den letzten Reſt ſeines Privatrechts an
öffentlichen Funktionen als Inhaber der Gerichtsbarkeit über die beſitz-
loſen villeins verloren; es gibt keine Spur mehr von einer Patrimo-
nialgerichtsbarkeit; die Grundlaſten des copyholders ſind reine grund-
bücherliche Servituten (in faciendo); der leaseholder iſt privatrecht-
licher Pächter; die wenigen tenants in franc almoign haben ein Ver-
hältniß wie die copyholders, und die Zehnten beſtehen als Grundlaſt
fort. Damit iſt die Thatſache feſtgeſtellt, daß der continentale Begriff
der Grundentlaſtung in England überhaupt nicht Platz greifen
kann, indem derſelbe die Verſchmelzung eines öffentlichen Rechts mit
dem Privatbeſitz zum Gegenſtande, und den Uebergang des öffentlichen
Rechts, das in der Patrimonialjurisdiktion lag, an den Staat oder die
Gemeinde zur Folge hatte. Die Entlaſtung in England iſt daher faſt
von Anfang an nur eine Ablöſung, und die folgende dritte Epoche
iſt daher nichts anderes, als der große Proceß der Ablöſung, welcher
die völlige Freiheit des Grundbeſitzes in England definitiv herſtellen ſoll.
Und jetzt können wir zum Schluß dieſer Epoche eine frühere all-
gemeine Bemerkung mit ſpecieller Beziehung auf England wieder auf-
nehmen. Da nämlich vermöge des feodal system von Anfang an eine
Verſchmelzung des öffentlichen Rechts mit dem Privatrecht auf dem
Grundbeſitz überhaupt unmöglich war, und da ſich inzwiſchen der kleine
und mittlere Grundbeſitz zur völligen Selbſtändigkeit entwickelt, ſo
kann auch dasjenige gar nicht entſtehen, was die Grundlage der innern
Verhältniſſe des Continents bildet, die Grundherrlichkeit, und nament-
lich nicht die grundherrliche, das iſt die gutsunterthänige Ge-
meinde. Die Mitglieder der Gemeinde müſſen daher von Anfang an
ihre innere Verwaltung ſelbſt übernehmen; und das war um ſo na-
türlicher, als die alte angelſächſiſche Gemeinde eigentlich nie ganz
untergegangen war. Da der Grundherr nun weder Eigenthümer war,
noch auch das Gericht hatte, ſo mußte die Gemeinde gleich anfangs
beginnen, die Grundlagen der Selbſtverwaltung bei ſich aus-
zubilden; und damit geſchah das, was die Baſis auch noch der gegen-
wärtigen Geſellſchaftsordnung Englands iſt; der Lord iſt nicht mehr
Herr der Gemeinde, ſondern er iſt nur Großgrundbeſitzer; die
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