vorigen Jahrhunderts sind zu unbedeutend, um eine wirkliche Herr- schaft der Geschlechter zu erhalten, und doch bedeutend genug, ein Un- behagen zu erwecken und in der Erinnerung an das Alte die Furcht vor der Wiederkehr wach zu halten. Das Königreich Sachsen hatte seinerseits eigentlich wenig mehr zu thun, als sein altes Recht von 1832 dahin auszubilden, daß der durch das Gesetz vom 17. März 1832 begonnene Proceß, soweit er noch nicht beendet war durch freie Ueber- einkunft, jetzt zu einem gezwungenen Abschluß gebracht werde. Das war die Bedeutung des (Nachtrags-) Gesetzes vom 15. Mai 1851 mit der Ausführungsverordnung vom 24. Oktober 1851; die Verordnung vom 29. Oktober 1851 schloß die Sache ab durch die Bestimmung, daß jeder Anspruch auf Entschädigung, der nicht bis zum 31. Januar 1852 angemeldet sei, als aufgegeben betrachtet werde. Das Genauere sehr klar bei Judeich (S. 59--78). In Baden war unterdessen in Folge der großen Bewegung von 1830 so viel geschehen, daß das Jahr 1848 nur wenig zu thun übrig fand. Der Rest der Feudalrechte ward durch Gesetz vom 10. April 1848 aufgehoben; das Jagdrecht dem Grundbesitz zurückgegeben (Gesetz vom 26. Juli 1848); die Besitz- veränderungsgebühr gegen den zwölffachen Betrag beseitigt (Gesetz vom 13. Februar 1851); und der Lehnsverband nach Gesetz vom 21. April 1849 für ablösbar erklärt; die sogenannten eigentlichen Lehen nach Gesetz vom 19. April 1856; das Gesetz vom 9. August 1862 hat dann auch für die Lehen an die Stelle der Vereinbarung die gesetzliche Ablösungs- pflicht aufgestellt. Hannover dagegen blieb im Wesentlichen bei seiner Gesetzgebung von 1833 stehen; nur der Lehnsverband war durch Gesetz vom 19. Juli 1848 und 24. Januar 1851 ablösbar, und das Jagdrecht auf fremdem Boden beseitigt durch Gesetz vom 29. Juli 1850; dazu kam die Aufhebung der Bannrechte durch Gesetz vom 17. April 1852. Das Kurfürstenthum Hessen gab, wie die meisten übrigen Staaten, gleichfalls dem ersten Drucke der Revolution von 1848 nach, und das Gesetz vom 26. August 1848 hob alle Lehnsrechte, sowie den ganzen gutsherrlichen Verband auf, sowie durch Gesetz vom 1. Juli 1848 das Jagdrecht auf fremdem Grund. Das Gesetz vom 20. Juni 1850 erklärte dann, als zweites Stadium der Bewegung, die Grund- lasten ausnahmslos für ablösbar. Allein zu einer Ablösungspflicht gedieh man nicht. Die Reaktion trat schon damals sehr energisch auf; schon die Verordnung vom 26. Juni 1854 stellte das Jagdrecht wieder her, und die Verordnung vom 21. Juni 1862 konnte die Verfassung von 1852 aufheben, so daß die Zustände von 1831 wieder zur Geltung kamen. Indessen haben die Ablösungsgesetze der dreißiger Jahre, die Landeskreditkasse von 1833 und die Entlastungsgesetze vom 1832 und
vorigen Jahrhunderts ſind zu unbedeutend, um eine wirkliche Herr- ſchaft der Geſchlechter zu erhalten, und doch bedeutend genug, ein Un- behagen zu erwecken und in der Erinnerung an das Alte die Furcht vor der Wiederkehr wach zu halten. Das Königreich Sachſen hatte ſeinerſeits eigentlich wenig mehr zu thun, als ſein altes Recht von 1832 dahin auszubilden, daß der durch das Geſetz vom 17. März 1832 begonnene Proceß, ſoweit er noch nicht beendet war durch freie Ueber- einkunft, jetzt zu einem gezwungenen Abſchluß gebracht werde. Das war die Bedeutung des (Nachtrags-) Geſetzes vom 15. Mai 1851 mit der Ausführungsverordnung vom 24. Oktober 1851; die Verordnung vom 29. Oktober 1851 ſchloß die Sache ab durch die Beſtimmung, daß jeder Anſpruch auf Entſchädigung, der nicht bis zum 31. Januar 1852 angemeldet ſei, als aufgegeben betrachtet werde. Das Genauere ſehr klar bei Judeich (S. 59—78). In Baden war unterdeſſen in Folge der großen Bewegung von 1830 ſo viel geſchehen, daß das Jahr 1848 nur wenig zu thun übrig fand. Der Reſt der Feudalrechte ward durch Geſetz vom 10. April 1848 aufgehoben; das Jagdrecht dem Grundbeſitz zurückgegeben (Geſetz vom 26. Juli 1848); die Beſitz- veränderungsgebühr gegen den zwölffachen Betrag beſeitigt (Geſetz vom 13. Februar 1851); und der Lehnsverband nach Geſetz vom 21. April 1849 für ablösbar erklärt; die ſogenannten eigentlichen Lehen nach Geſetz vom 19. April 1856; das Geſetz vom 9. Auguſt 1862 hat dann auch für die Lehen an die Stelle der Vereinbarung die geſetzliche Ablöſungs- pflicht aufgeſtellt. Hannover dagegen blieb im Weſentlichen bei ſeiner Geſetzgebung von 1833 ſtehen; nur der Lehnsverband war durch Geſetz vom 19. Juli 1848 und 24. Januar 1851 ablösbar, und das Jagdrecht auf fremdem Boden beſeitigt durch Geſetz vom 29. Juli 1850; dazu kam die Aufhebung der Bannrechte durch Geſetz vom 17. April 1852. Das Kurfürſtenthum Heſſen gab, wie die meiſten übrigen Staaten, gleichfalls dem erſten Drucke der Revolution von 1848 nach, und das Geſetz vom 26. Auguſt 1848 hob alle Lehnsrechte, ſowie den ganzen gutsherrlichen Verband auf, ſowie durch Geſetz vom 1. Juli 1848 das Jagdrecht auf fremdem Grund. Das Geſetz vom 20. Juni 1850 erklärte dann, als zweites Stadium der Bewegung, die Grund- laſten ausnahmslos für ablösbar. Allein zu einer Ablöſungspflicht gedieh man nicht. Die Reaktion trat ſchon damals ſehr energiſch auf; ſchon die Verordnung vom 26. Juni 1854 ſtellte das Jagdrecht wieder her, und die Verordnung vom 21. Juni 1862 konnte die Verfaſſung von 1852 aufheben, ſo daß die Zuſtände von 1831 wieder zur Geltung kamen. Indeſſen haben die Ablöſungsgeſetze der dreißiger Jahre, die Landeskreditkaſſe von 1833 und die Entlaſtungsgeſetze vom 1832 und
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vorigen Jahrhunderts ſind zu unbedeutend, um eine wirkliche Herr-
ſchaft der Geſchlechter zu erhalten, und doch bedeutend genug, ein Un-
behagen zu erwecken und in der Erinnerung an das Alte die Furcht
vor der Wiederkehr wach zu halten. Das Königreich Sachſen hatte
ſeinerſeits eigentlich wenig mehr zu thun, als ſein altes Recht von
1832 dahin auszubilden, daß der durch das Geſetz vom 17. März 1832
begonnene Proceß, ſoweit er noch nicht beendet war durch freie Ueber-
einkunft, jetzt zu einem gezwungenen Abſchluß gebracht werde. Das
war die Bedeutung des (Nachtrags-) Geſetzes vom 15. Mai 1851 mit
der Ausführungsverordnung vom 24. Oktober 1851; die Verordnung
vom 29. Oktober 1851 ſchloß die Sache ab durch die Beſtimmung,
daß jeder Anſpruch auf Entſchädigung, der nicht bis zum 31. Januar
1852 angemeldet ſei, als aufgegeben betrachtet werde. Das Genauere
ſehr klar bei Judeich (S. 59—78). In Baden war unterdeſſen in
Folge der großen Bewegung von 1830 ſo viel geſchehen, daß das Jahr
1848 nur wenig zu thun übrig fand. Der Reſt der Feudalrechte ward
durch Geſetz vom 10. April 1848 aufgehoben; das Jagdrecht dem
Grundbeſitz zurückgegeben (Geſetz vom 26. Juli 1848); die Beſitz-
veränderungsgebühr gegen den zwölffachen Betrag beſeitigt (Geſetz vom
13. Februar 1851); und der Lehnsverband nach Geſetz vom 21. April
1849 für ablösbar erklärt; die ſogenannten eigentlichen Lehen nach Geſetz
vom 19. April 1856; das Geſetz vom 9. Auguſt 1862 hat dann auch
für die Lehen an die Stelle der Vereinbarung die geſetzliche Ablöſungs-
pflicht aufgeſtellt. Hannover dagegen blieb im Weſentlichen bei
ſeiner Geſetzgebung von 1833 ſtehen; nur der Lehnsverband war durch
Geſetz vom 19. Juli 1848 und 24. Januar 1851 ablösbar, und das
Jagdrecht auf fremdem Boden beſeitigt durch Geſetz vom 29. Juli 1850;
dazu kam die Aufhebung der Bannrechte durch Geſetz vom 17. April
1852. Das Kurfürſtenthum Heſſen gab, wie die meiſten übrigen
Staaten, gleichfalls dem erſten Drucke der Revolution von 1848 nach,
und das Geſetz vom 26. Auguſt 1848 hob alle Lehnsrechte, ſowie den
ganzen gutsherrlichen Verband auf, ſowie durch Geſetz vom 1. Juli
1848 das Jagdrecht auf fremdem Grund. Das Geſetz vom 20. Juni
1850 erklärte dann, als zweites Stadium der Bewegung, die Grund-
laſten ausnahmslos für ablösbar. Allein zu einer Ablöſungspflicht
gedieh man nicht. Die Reaktion trat ſchon damals ſehr energiſch auf;
ſchon die Verordnung vom 26. Juni 1854 ſtellte das Jagdrecht wieder
her, und die Verordnung vom 21. Juni 1862 konnte die Verfaſſung
von 1852 aufheben, ſo daß die Zuſtände von 1831 wieder zur Geltung
kamen. Indeſſen haben die Ablöſungsgeſetze der dreißiger Jahre, die
Landeskreditkaſſe von 1833 und die Entlaſtungsgeſetze vom 1832 und
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/249>, abgerufen am 21.11.2024.
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