Eichelmast. Die bestimmte Ordnung dieser Rechte war nun schon seit Jahrhunderten ein so wichtiger Theil der bäuerlichen Landwirthschaft geworden, daß die Gesetzgebung der Revolution nicht daran dachte, hier einzugreifen. Erst als die französische Verwaltung begann, die hohe allgemeine Bedeutung der Waldungen zu erkennen, und deßhalb das große Forstgesetz vom 21. Mai 1827, der sog. Code forestier, er- lassen wurde, mußten auch diese Verhältnisse definitiv bestimmt werden. Die Waldservitutenordnung Frankreichs oder das droit d'usage (dans les forets de l'Etat) ist daher eigentlich eben so wenig ein Ablösungs- als ein Gemeintheilungsrecht, sondern nichts anderes als eine Forst- ordnung. Dennoch sind die leitenden Grundsätze derselben innig mit der bisher dargestellten Auffassung der Gemeinde so wie des Einzel- eigenthums verknüpft. Der erste Grundsatz dafür war der, daß es jedem Einzelnen frei stehen soll, seine Walddienstberechtigung gegen Uebernahme eines bestimmten individuellen Antheils an dem Walde abzulösen, der dann sein Privateigenthum wird. Diese Abtheilung heißt das cantonnement und die Regeln dafür sind durch eigene Erlasse be- stimmt (Code for. art. 63, wornach jedoch nur die Forstverwaltung das Recht hat, auf Ablösung der Servitute durch cantonnement zu provo- ciren; die Auftheilung erfolgt "de gre a gre, et en cas de contestation, par les tribunaux." Neuere Entscheidungen bei Block, v. Cantonne- ment). Der zweite Grundsatz war strenge forstpolizeiliche Beschränkung in der Ausübung jener Dienstbarkeiten, namentlich der Weiderechte; Aufstellung des Unterschiedes der bois defensables, Verbot der Ziegen, genauere Bezeichnung der Thiere (Code for. art. 61--85). Der dritte Grundsatz geht wieder von der neuen Idee der Gemeinde aus und bezieht sich auf die Brennholzgerechtigkeit. Hier erscheint nicht der Ein- zelne etwa vermöge seines Grundbesitzes berechtigt, sondern es wird der ganzen Gemeinde ihr Antheil auf gefälltes oder gesammeltes Brenn- holz angewiesen, und dieß nach Vorschlag des Maire vertheilt (Code for. art. 82). Da, wo die Privatwaldungen, namentlich die der alten Grundherren, unter solchen Dienstbarkeiten stehen, ist die Anwendbarkeit aller Grundsätze des droit d'usage auf die Berechtigten ausdrücklich ausgesprochen (Code for. T. VIII.). Auf diese Weise ist das eigentliche droit d'usage, die gegenwärtig bestehende Form der germanischen Wald- dienstbarkeit in Frankreich geregelt.
Was nun zum Schluß die eigentliche Gemeindewaldung, die bois des communes, oder bois en jouissance commune betrifft, so ist hier die Untheilbarkeit grundsätzlich ausgesprochen wie bei der Ge- meindeflur; nur findet eine Auftheilung auf Verlangen statt, wo meh- rere Gemeinden gemeinsame Waldungen haben (Code for. art. 92).
Eichelmaſt. Die beſtimmte Ordnung dieſer Rechte war nun ſchon ſeit Jahrhunderten ein ſo wichtiger Theil der bäuerlichen Landwirthſchaft geworden, daß die Geſetzgebung der Revolution nicht daran dachte, hier einzugreifen. Erſt als die franzöſiſche Verwaltung begann, die hohe allgemeine Bedeutung der Waldungen zu erkennen, und deßhalb das große Forſtgeſetz vom 21. Mai 1827, der ſog. Code forestier, er- laſſen wurde, mußten auch dieſe Verhältniſſe definitiv beſtimmt werden. Die Waldſervitutenordnung Frankreichs oder das droit d’usage (dans les forêts de l’État) iſt daher eigentlich eben ſo wenig ein Ablöſungs- als ein Gemeintheilungsrecht, ſondern nichts anderes als eine Forſt- ordnung. Dennoch ſind die leitenden Grundſätze derſelben innig mit der bisher dargeſtellten Auffaſſung der Gemeinde ſo wie des Einzel- eigenthums verknüpft. Der erſte Grundſatz dafür war der, daß es jedem Einzelnen frei ſtehen ſoll, ſeine Walddienſtberechtigung gegen Uebernahme eines beſtimmten individuellen Antheils an dem Walde abzulöſen, der dann ſein Privateigenthum wird. Dieſe Abtheilung heißt das cantonnement und die Regeln dafür ſind durch eigene Erlaſſe be- ſtimmt (Code for. art. 63, wornach jedoch nur die Forſtverwaltung das Recht hat, auf Ablöſung der Servitute durch cantonnement zu provo- ciren; die Auftheilung erfolgt „de gré à gré, et en cas de contestation, par les tribunaux.“ Neuere Entſcheidungen bei Block, v. Cantonne- ment). Der zweite Grundſatz war ſtrenge forſtpolizeiliche Beſchränkung in der Ausübung jener Dienſtbarkeiten, namentlich der Weiderechte; Aufſtellung des Unterſchiedes der bois defensables, Verbot der Ziegen, genauere Bezeichnung der Thiere (Code for. art. 61—85). Der dritte Grundſatz geht wieder von der neuen Idee der Gemeinde aus und bezieht ſich auf die Brennholzgerechtigkeit. Hier erſcheint nicht der Ein- zelne etwa vermöge ſeines Grundbeſitzes berechtigt, ſondern es wird der ganzen Gemeinde ihr Antheil auf gefälltes oder geſammeltes Brenn- holz angewieſen, und dieß nach Vorſchlag des Maire vertheilt (Code for. art. 82). Da, wo die Privatwaldungen, namentlich die der alten Grundherren, unter ſolchen Dienſtbarkeiten ſtehen, iſt die Anwendbarkeit aller Grundſätze des droit d’usage auf die Berechtigten ausdrücklich ausgeſprochen (Code for. T. VIII.). Auf dieſe Weiſe iſt das eigentliche droit d’usage, die gegenwärtig beſtehende Form der germaniſchen Wald- dienſtbarkeit in Frankreich geregelt.
Was nun zum Schluß die eigentliche Gemeindewaldung, die bois des communes, oder bois en jouissance commune betrifft, ſo iſt hier die Untheilbarkeit grundſätzlich ausgeſprochen wie bei der Ge- meindeflur; nur findet eine Auftheilung auf Verlangen ſtatt, wo meh- rere Gemeinden gemeinſame Waldungen haben (Code for. art. 92).
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Eichelmaſt. Die beſtimmte Ordnung dieſer Rechte war nun ſchon ſeit
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geworden, daß die Geſetzgebung der Revolution nicht daran dachte, hier
einzugreifen. Erſt als die franzöſiſche Verwaltung begann, die hohe
allgemeine Bedeutung der Waldungen zu erkennen, und deßhalb das
große Forſtgeſetz vom 21. Mai 1827, der ſog. Code forestier, er-
laſſen wurde, mußten auch dieſe Verhältniſſe definitiv beſtimmt werden.
Die Waldſervitutenordnung Frankreichs oder das droit d’usage (dans
les forêts de l’État) iſt daher eigentlich eben ſo wenig ein Ablöſungs-
als ein Gemeintheilungsrecht, ſondern nichts anderes als eine Forſt-
ordnung. Dennoch ſind die leitenden Grundſätze derſelben innig mit
der bisher dargeſtellten Auffaſſung der Gemeinde ſo wie des Einzel-
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jedem Einzelnen frei ſtehen ſoll, ſeine Walddienſtberechtigung gegen
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abzulöſen, der dann ſein Privateigenthum wird. Dieſe Abtheilung heißt
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Recht hat, auf Ablöſung der Servitute durch cantonnement zu provo-
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par les tribunaux.“ Neuere Entſcheidungen bei Block, v. Cantonne-
ment). Der zweite Grundſatz war ſtrenge forſtpolizeiliche Beſchränkung
in der Ausübung jener Dienſtbarkeiten, namentlich der Weiderechte;
Aufſtellung des Unterſchiedes der bois defensables, Verbot der Ziegen,
genauere Bezeichnung der Thiere (Code for. art. 61—85). Der dritte
Grundſatz geht wieder von der neuen Idee der Gemeinde aus und
bezieht ſich auf die Brennholzgerechtigkeit. Hier erſcheint nicht der Ein-
zelne etwa vermöge ſeines Grundbeſitzes berechtigt, ſondern es wird der
ganzen Gemeinde ihr Antheil auf gefälltes oder geſammeltes Brenn-
holz angewieſen, und dieß nach Vorſchlag des Maire vertheilt (Code
for. art. 82). Da, wo die Privatwaldungen, namentlich die der alten
Grundherren, unter ſolchen Dienſtbarkeiten ſtehen, iſt die Anwendbarkeit
aller Grundſätze des droit d’usage auf die Berechtigten ausdrücklich
ausgeſprochen (Code for. T. VIII.). Auf dieſe Weiſe iſt das eigentliche
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/296>, abgerufen am 28.07.2024.
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