Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.Die Gemeindewaldungen sind unbedingt dem allgemeinen Forstgesetz IV. Deutschlands Gemeinheitstheilungswesen. 1) Die historischen Grundlagen. Wir haben bereits oben dargelegt, wie in ganz Europa wohl Dabei ist es wohl von nicht geringem Interesse, diesen Proceß Die Gemeindewaldungen ſind unbedingt dem allgemeinen Forſtgeſetz IV. Deutſchlands Gemeinheitstheilungsweſen. 1) Die hiſtoriſchen Grundlagen. Wir haben bereits oben dargelegt, wie in ganz Europa wohl Dabei iſt es wohl von nicht geringem Intereſſe, dieſen Proceß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0297" n="279"/> Die Gemeindewaldungen ſind unbedingt dem allgemeinen Forſtgeſetz<lb/> unterworfen; die öffentlichen Forſtbeamteten haben die Verwaltung der<lb/><hi rendition="#aq">coupes,</hi> die Gemeinde die Forſtpolizei durch die <hi rendition="#aq">gardes forestiers.</hi> Doch<lb/> hat die Gemeinde daſſelbe Recht wie der Staat, ſich durch <hi rendition="#aq">cantonnements</hi><lb/> von den <hi rendition="#g">Holzd</hi>ienſtbarkeiten zu befreien (<hi rendition="#aq">Code for. art. T.</hi> 112). Die<lb/> Ertragsverwaltung des Holzes geſchieht durch den Maire für die Gemeinde;<lb/> die Waldweide wird von demſelben unter genauer Angabe der Zahl<lb/> der Thiere und der Weidezeit, der Wege und der Benutzung für die<lb/> Gemeindeglieder beſtimmt; Ziegen ſind auch hier unbedingt verboten.<lb/> (<hi rendition="#aq">Code for. T. VI.</hi> <hi rendition="#g">Block</hi> a. a. O. 122, ein kurzer und klarer Artikel<lb/> bei demſelben, <hi rendition="#aq">v. droits d’usage,</hi> von Taſſy).</p> </div> </div><lb/> <div n="6"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Deutſchlands Gemeinheitstheilungsweſen.</hi> </head><lb/> <div n="7"> <head>1) <hi rendition="#g">Die hiſtoriſchen Grundlagen</hi>.</head><lb/> <p>Wir haben bereits oben dargelegt, wie in ganz Europa wohl<lb/> Deutſchland dasjenige Land iſt, in welchem die Gemeinheitstheilung<lb/> weſentlich auf Grundlage der rationellen Verwaltungsprincipien, ohne<lb/> klares Bewußtſein ihrer ſocialen Bedeutung vor ſich gegangen iſt, und<lb/> welches ihre Grundlagen waren. Es wird jetzt namentlich im Vergleich<lb/> zu England und Frankreich nicht ſchwierig ſein, den Charakter dieſes<lb/> Theiles der deutſchen Geſchichte ohne Zurückgehen auf die allgemeinen<lb/> hiſtoriſchen Grundlagen zu bezeichnen.</p><lb/> <p>Dabei iſt es wohl von nicht geringem Intereſſe, dieſen Proceß<lb/> auch hier in ſeine großen geſchichtlichen Epochen einzutheilen. Erſt da-<lb/> durch iſt die vollſtändige Beurtheilung des Standpunktes möglich, auf<lb/> dem Theorie und Geſetzgebung unſerer Gegenwart ſtehen; und es zeigt<lb/> ſich hier wieder nur um ſo deutlicher, daß Deutſchland mit ſeinen Ge-<lb/> meinheitstheilungsprincipien wie mit ſeinem Entlaſtungsweſen hinter<lb/> England ſo wie hinter Frankreich weſentlich zurückſteht; hinter England,<lb/> indem das Princip des freien individuellen Rechts in Deutſchland eben<lb/> wegen des Mangels eines vollkommen freien Bauernſtandes bis 1848<lb/> nicht zur Geltung kam, hinter Frankreich, indem es aus demſelben<lb/> Grunde keine wahre Landgemeindeordnung beſaß. Die Literatur ſteht<lb/> daher auch jetzt noch mit wenigen Ausnahmen auf dem beſchränkten<lb/> landwirthſchaftlichen Standpunkt der Nothwendigkeit der Auftheilung,<lb/> ohne die Bedeutung der Gemeindefrage zu ahnen; von einem hiſtori-<lb/> ſchen Bewußtſein iſt dabei keine Rede, und leider haben ſelbſt die Land-<lb/> wirthſchaftslehrer ſich um die Sache wenig gekümmert, denen allerdings<lb/> der Geſichtspunkt der Gemeinde ferner lag. Betrachtet man aber dem<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [279/0297]
Die Gemeindewaldungen ſind unbedingt dem allgemeinen Forſtgeſetz
unterworfen; die öffentlichen Forſtbeamteten haben die Verwaltung der
coupes, die Gemeinde die Forſtpolizei durch die gardes forestiers. Doch
hat die Gemeinde daſſelbe Recht wie der Staat, ſich durch cantonnements
von den Holzdienſtbarkeiten zu befreien (Code for. art. T. 112). Die
Ertragsverwaltung des Holzes geſchieht durch den Maire für die Gemeinde;
die Waldweide wird von demſelben unter genauer Angabe der Zahl
der Thiere und der Weidezeit, der Wege und der Benutzung für die
Gemeindeglieder beſtimmt; Ziegen ſind auch hier unbedingt verboten.
(Code for. T. VI. Block a. a. O. 122, ein kurzer und klarer Artikel
bei demſelben, v. droits d’usage, von Taſſy).
IV. Deutſchlands Gemeinheitstheilungsweſen.
1) Die hiſtoriſchen Grundlagen.
Wir haben bereits oben dargelegt, wie in ganz Europa wohl
Deutſchland dasjenige Land iſt, in welchem die Gemeinheitstheilung
weſentlich auf Grundlage der rationellen Verwaltungsprincipien, ohne
klares Bewußtſein ihrer ſocialen Bedeutung vor ſich gegangen iſt, und
welches ihre Grundlagen waren. Es wird jetzt namentlich im Vergleich
zu England und Frankreich nicht ſchwierig ſein, den Charakter dieſes
Theiles der deutſchen Geſchichte ohne Zurückgehen auf die allgemeinen
hiſtoriſchen Grundlagen zu bezeichnen.
Dabei iſt es wohl von nicht geringem Intereſſe, dieſen Proceß
auch hier in ſeine großen geſchichtlichen Epochen einzutheilen. Erſt da-
durch iſt die vollſtändige Beurtheilung des Standpunktes möglich, auf
dem Theorie und Geſetzgebung unſerer Gegenwart ſtehen; und es zeigt
ſich hier wieder nur um ſo deutlicher, daß Deutſchland mit ſeinen Ge-
meinheitstheilungsprincipien wie mit ſeinem Entlaſtungsweſen hinter
England ſo wie hinter Frankreich weſentlich zurückſteht; hinter England,
indem das Princip des freien individuellen Rechts in Deutſchland eben
wegen des Mangels eines vollkommen freien Bauernſtandes bis 1848
nicht zur Geltung kam, hinter Frankreich, indem es aus demſelben
Grunde keine wahre Landgemeindeordnung beſaß. Die Literatur ſteht
daher auch jetzt noch mit wenigen Ausnahmen auf dem beſchränkten
landwirthſchaftlichen Standpunkt der Nothwendigkeit der Auftheilung,
ohne die Bedeutung der Gemeindefrage zu ahnen; von einem hiſtori-
ſchen Bewußtſein iſt dabei keine Rede, und leider haben ſelbſt die Land-
wirthſchaftslehrer ſich um die Sache wenig gekümmert, denen allerdings
der Geſichtspunkt der Gemeinde ferner lag. Betrachtet man aber dem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |