ihrem Concessionsgesuch bereits beizulegen. Es war daher ihre Sache, den Detailplan zu entwerfen, beziehungsweise durch freiwilliges Zugeständniß der einzelnen Betheiligten (by agreement) sich das Recht zum Betreten der Grundstücke zu erwerben. Die Lands Clauses Act hat nur diesen letztern Punkt geändert und im Art. 81 ff. bestimmt, daß die Gründer solcher Unternehmungen (the promoters of the under- taking) erst dann dieß Recht des Betretens haben sollen, wenn sie entweder den Parteien den Schätzungswerth der Grundstücke wirklich bezahlt, oder aber diesen Werth in der Bank deponirt und die Depo- sitenscheine den Parteien übergeben haben (making deposit and giving bond). Dann können sie auch gegen den Willen der Parteien den Grund betreten; thun sie das außerdem, so zahlen sie 10 L. Buße. Im Uebrigen besteht der alte Grundsatz auch jetzt noch in voller Kraft. Die deutschen Gesetzgebungen, welche es noch nicht zu eignen Enteignungs- gesetzen gebracht haben, haben diese ganze Rechtsfrage nur in Beziehung auf die Eisenbahnen untersucht und entschieden; in Oesterreich gibt die Vorconcession jenes Recht der Betretung gegen einfachen Schadensersatz beim Bahnbau (Stubenrauch II. S. 722); in Preußen gelten darüber ebenfalls keine für das ganze Enteignungswesen bestehen- den Vorschriften; was Thiel über die ganze Sache meint, ist nicht recht klar (S. 94--98). Seine Darstellung des obigen Rechtsverhält- nisses ist gegeben unter dem Ausdruck "Technische Vorarbeiten und Feststellung des Parcellenplanes." Die übrigen Schriftsteller haben die Frage nicht untersucht. -- Die Frage nach der Herbeiziehung der Be- theiligten ist in den Expropriationsgesetzen der deutschen Staaten fast ganz nach dem an sich vollkommen richtigen Vorgang der französischen Gesetzgebung entschieden; sehr gut und genau das badische Gesetz §. 36; das bayrische Art. 10; Kurhessen §. 13; Sachsen-Mei- ningen 98. 3. Vgl. Häberlin a. a. O. S. 189, 190. In Preußen ist noch nichts zur Entscheidung gekommen. S. Könne a. a. O. Thiel bleibt deßhalb -- unter merkwürdiger Nichtbeachtung jener sehr guten süddeutschen Gesetzgebung -- auf dem Standpunkt der Theorie (Ladung der Interessenten, Legitimation, Vollmacht derselben S. 98 ff. und S. 109 ff., die Feststellung des Verfahrens dabei und die Rechte derselben). Derselbe hat dabei für die Verwaltungsbehörde eine wesent- liche Mission festgehalten; die französische Gesetzgebung vergißt zwar die große Bedeutung der Ingenieure nicht, allein diese ingenieurs des ponts et chausseessind eben wieder Beamtete.
Was nun die Frage betrifft, ob und wie weit die Pflicht zur Her- gabe eines Theiles eines Gutes oder seines Gebrauches das Recht für den Enteigneten erzeuge, eine Enteignung für den Rest des Gutes,
ihrem Conceſſionsgeſuch bereits beizulegen. Es war daher ihre Sache, den Detailplan zu entwerfen, beziehungsweiſe durch freiwilliges Zugeſtändniß der einzelnen Betheiligten (by agreement) ſich das Recht zum Betreten der Grundſtücke zu erwerben. Die Lands Clauses Act hat nur dieſen letztern Punkt geändert und im Art. 81 ff. beſtimmt, daß die Gründer ſolcher Unternehmungen (the promoters of the under- taking) erſt dann dieß Recht des Betretens haben ſollen, wenn ſie entweder den Parteien den Schätzungswerth der Grundſtücke wirklich bezahlt, oder aber dieſen Werth in der Bank deponirt und die Depo- ſitenſcheine den Parteien übergeben haben (making deposit and giving bond). Dann können ſie auch gegen den Willen der Parteien den Grund betreten; thun ſie das außerdem, ſo zahlen ſie 10 L. Buße. Im Uebrigen beſteht der alte Grundſatz auch jetzt noch in voller Kraft. Die deutſchen Geſetzgebungen, welche es noch nicht zu eignen Enteignungs- geſetzen gebracht haben, haben dieſe ganze Rechtsfrage nur in Beziehung auf die Eiſenbahnen unterſucht und entſchieden; in Oeſterreich gibt die Vorconceſſion jenes Recht der Betretung gegen einfachen Schadenserſatz beim Bahnbau (Stubenrauch II. S. 722); in Preußen gelten darüber ebenfalls keine für das ganze Enteignungsweſen beſtehen- den Vorſchriften; was Thiel über die ganze Sache meint, iſt nicht recht klar (S. 94—98). Seine Darſtellung des obigen Rechtsverhält- niſſes iſt gegeben unter dem Ausdruck „Techniſche Vorarbeiten und Feſtſtellung des Parcellenplanes.“ Die übrigen Schriftſteller haben die Frage nicht unterſucht. — Die Frage nach der Herbeiziehung der Be- theiligten iſt in den Expropriationsgeſetzen der deutſchen Staaten faſt ganz nach dem an ſich vollkommen richtigen Vorgang der franzöſiſchen Geſetzgebung entſchieden; ſehr gut und genau das badiſche Geſetz §. 36; das bayriſche Art. 10; Kurheſſen §. 13; Sachſen-Mei- ningen 98. 3. Vgl. Häberlin a. a. O. S. 189, 190. In Preußen iſt noch nichts zur Entſcheidung gekommen. S. Könne a. a. O. Thiel bleibt deßhalb — unter merkwürdiger Nichtbeachtung jener ſehr guten ſüddeutſchen Geſetzgebung — auf dem Standpunkt der Theorie (Ladung der Intereſſenten, Legitimation, Vollmacht derſelben S. 98 ff. und S. 109 ff., die Feſtſtellung des Verfahrens dabei und die Rechte derſelben). Derſelbe hat dabei für die Verwaltungsbehörde eine weſent- liche Miſſion feſtgehalten; die franzöſiſche Geſetzgebung vergißt zwar die große Bedeutung der Ingenieure nicht, allein dieſe ingenieurs des ponts et chausséesſind eben wieder Beamtete.
Was nun die Frage betrifft, ob und wie weit die Pflicht zur Her- gabe eines Theiles eines Gutes oder ſeines Gebrauches das Recht für den Enteigneten erzeuge, eine Enteignung für den Reſt des Gutes,
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ihrem Conceſſionsgeſuch bereits beizulegen. Es war daher ihre
Sache, den Detailplan zu entwerfen, beziehungsweiſe durch freiwilliges
Zugeſtändniß der einzelnen Betheiligten (by agreement) ſich das Recht
zum Betreten der Grundſtücke zu erwerben. Die Lands Clauses Act
hat nur dieſen letztern Punkt geändert und im Art. 81 ff. beſtimmt,
daß die Gründer ſolcher Unternehmungen (the promoters of the under-
taking) erſt dann dieß Recht des Betretens haben ſollen, wenn ſie
entweder den Parteien den Schätzungswerth der Grundſtücke wirklich
bezahlt, oder aber dieſen Werth in der Bank deponirt und die Depo-
ſitenſcheine den Parteien übergeben haben (making deposit and giving
bond). Dann können ſie auch gegen den Willen der Parteien den
Grund betreten; thun ſie das außerdem, ſo zahlen ſie 10 L. Buße. Im
Uebrigen beſteht der alte Grundſatz auch jetzt noch in voller Kraft. Die
deutſchen Geſetzgebungen, welche es noch nicht zu eignen Enteignungs-
geſetzen gebracht haben, haben dieſe ganze Rechtsfrage nur in Beziehung
auf die Eiſenbahnen unterſucht und entſchieden; in Oeſterreich
gibt die Vorconceſſion jenes Recht der Betretung gegen einfachen
Schadenserſatz beim Bahnbau (Stubenrauch II. S. 722); in Preußen
gelten darüber ebenfalls keine für das ganze Enteignungsweſen beſtehen-
den Vorſchriften; was Thiel über die ganze Sache meint, iſt nicht
recht klar (S. 94—98). Seine Darſtellung des obigen Rechtsverhält-
niſſes iſt gegeben unter dem Ausdruck „Techniſche Vorarbeiten und
Feſtſtellung des Parcellenplanes.“ Die übrigen Schriftſteller haben die
Frage nicht unterſucht. — Die Frage nach der Herbeiziehung der Be-
theiligten iſt in den Expropriationsgeſetzen der deutſchen Staaten faſt
ganz nach dem an ſich vollkommen richtigen Vorgang der franzöſiſchen
Geſetzgebung entſchieden; ſehr gut und genau das badiſche Geſetz
§. 36; das bayriſche Art. 10; Kurheſſen §. 13; Sachſen-Mei-
ningen 98. 3. Vgl. Häberlin a. a. O. S. 189, 190. In Preußen
iſt noch nichts zur Entſcheidung gekommen. S. Könne a. a. O.
Thiel bleibt deßhalb — unter merkwürdiger Nichtbeachtung jener ſehr
guten ſüddeutſchen Geſetzgebung — auf dem Standpunkt der Theorie
(Ladung der Intereſſenten, Legitimation, Vollmacht derſelben S. 98 ff.
und S. 109 ff., die Feſtſtellung des Verfahrens dabei und die Rechte
derſelben). Derſelbe hat dabei für die Verwaltungsbehörde eine weſent-
liche Miſſion feſtgehalten; die franzöſiſche Geſetzgebung vergißt zwar die
große Bedeutung der Ingenieure nicht, allein dieſe ingenieurs des
ponts et chaussées ſind eben wieder Beamtete.
Was nun die Frage betrifft, ob und wie weit die Pflicht zur Her-
gabe eines Theiles eines Gutes oder ſeines Gebrauches das Recht für
den Enteigneten erzeuge, eine Enteignung für den Reſt des Gutes,
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/348>, abgerufen am 27.07.2024.
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