Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.hat daher noch Grund zu dem Glauben, daß er mit Einem Grund- Das Erste nun, was uns dabei klar wird, ist das, daß alle hat daher noch Grund zu dem Glauben, daß er mit Einem Grund- Das Erſte nun, was uns dabei klar wird, iſt das, daß alle <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0037" n="19"/> hat daher noch Grund zu dem Glauben, daß er mit <hi rendition="#g">Einem</hi> Grund-<lb/> gedanken, mit Einer Richtung, mit Einem Princip das wirthſchaftliche<lb/> Wohlſein ſeines Volkes, die wirthſchaftliche Entwicklung deſſelben beherr-<lb/> ſchen könne. Er bildet ſich daher zunächſt Einen ſolchen leitenden Ge-<lb/> danken für ſeine ganze, auf das volkswirthſchaftliche Leben des Volkes<lb/> gerichtete Thätigkeit aus; <hi rendition="#g">dieſen</hi> Gedanken verwirklicht er in hundert<lb/> Formen, in hundert Maßregeln; er wird zu einem <hi rendition="#g">Syſtem</hi>, und dieß<lb/> „Syſtem,“ theoretiſch behandelt, nennt die folgende Zeit eine „Schule.“<lb/> So ſind die „Schulen“ entſtanden.</p><lb/> <p>Das Erſte nun, was uns dabei klar wird, iſt das, daß <hi rendition="#g">alle</hi><lb/> dieſe Schulen <hi rendition="#g">genau daſſelbe</hi> wollen — den wirthſchaftlichen Wohl-<lb/> ſtand des Volks, zunächſt um des Staats willen. In dem letzten Zweck,<lb/> in der unterſten Baſis, der Vorſtellung vom reichen Staatsbürger,<lb/> gibt es daher keine verſchiedenen „Syſteme.“ Dieſe beginnen offenbar<lb/><hi rendition="#g">erſt da</hi>, wo der Staat ſich die Frage aufſtellen muß, nicht <hi rendition="#g">was</hi> er<lb/> will, denn das weiß er ja ohnehin, ſondern <hi rendition="#g">wie</hi> er es will — wo der<lb/> Staat ſich die Frage aufſtellt, <hi rendition="#g">welche Maßregeln er nun ergrei-<lb/> fen müſſe</hi>, um ſein Ziel, den Reichthum des Volkes zu erlangen.<lb/> Offenbar nun hängen dieſe Maßregeln vor allem von der weitern Frage<lb/> ab, <hi rendition="#g">worin</hi> denn dieſer Reichthum des Volkes beſtehe. Die Antwort<lb/> auf dieſe Frage hätte nun allerdings die „reine“ Nationalökonomie<lb/> geben ſollen; allein dieſelbe <hi rendition="#g">exiſtirte</hi> eben nicht. Der Staat aber<lb/> konnte nicht warten, bis ſie etwa entſtanden wäre. <hi rendition="#g">Er</hi> mußte viel-<lb/> mehr, ohne ſich viel um wiſſenſchaftliche Grundlagen zu kümmern, eben<lb/> aus ſeiner Selbſtändigkeit heraus, dasjenige für Volksreichthum halten,<lb/> was am meiſten geeignet war, <hi rendition="#g">ſeine</hi> Wirthſchaft zu heben. Es kam<lb/> deßhalb gar nicht zu der Frage, was <hi rendition="#g">an und für ſich</hi> Reichthum ſei,<lb/> ſondern nur zu der, welche Art des Reichthums <hi rendition="#g">ihm</hi> am faßbarſten<lb/> Vortheil bringe, das iſt, die Einnahmen ſeiner Kaſſe vermehre. Es<lb/> war natürlich, daß <hi rendition="#g">das</hi> als Reichthum überhaupt galt. So geſchah<lb/> es, daß man den Begriff der Güter mit demjenigen verwechſelte, was<lb/> den Staat reich machte; daß eine reine Güterlehre daraus nicht ent-<lb/> ſpringen könne, war um ſo klarer, als die Folge jener Auffaſſung<lb/> nicht etwa die war, daß der Staat mit ſeinen Forderungen da aufhören<lb/> müſſe, wo die Bedingungen des Einzelwohles angegriffen würden, ſondern<lb/> daß es ſich überhaupt nur darum handle, vermöge des Einzelwohles<lb/> den Staat zu bereichern. So konnte es jetzt verſchiedene „Schulen“<lb/> geben, je nachdem dieſer Zweck bei dieſer oder jener Art der Güter leichter<lb/> erreicht werden konnte. Das Weſen dieſer Schulen überhaupt beſtand<lb/> demnach darin, das Syſtem von Verwaltungsmaßregeln zu entwickeln,<lb/> welches die beſten Mittel für die Vermehrung des Volksreichthums<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [19/0037]
hat daher noch Grund zu dem Glauben, daß er mit Einem Grund-
gedanken, mit Einer Richtung, mit Einem Princip das wirthſchaftliche
Wohlſein ſeines Volkes, die wirthſchaftliche Entwicklung deſſelben beherr-
ſchen könne. Er bildet ſich daher zunächſt Einen ſolchen leitenden Ge-
danken für ſeine ganze, auf das volkswirthſchaftliche Leben des Volkes
gerichtete Thätigkeit aus; dieſen Gedanken verwirklicht er in hundert
Formen, in hundert Maßregeln; er wird zu einem Syſtem, und dieß
„Syſtem,“ theoretiſch behandelt, nennt die folgende Zeit eine „Schule.“
So ſind die „Schulen“ entſtanden.
Das Erſte nun, was uns dabei klar wird, iſt das, daß alle
dieſe Schulen genau daſſelbe wollen — den wirthſchaftlichen Wohl-
ſtand des Volks, zunächſt um des Staats willen. In dem letzten Zweck,
in der unterſten Baſis, der Vorſtellung vom reichen Staatsbürger,
gibt es daher keine verſchiedenen „Syſteme.“ Dieſe beginnen offenbar
erſt da, wo der Staat ſich die Frage aufſtellen muß, nicht was er
will, denn das weiß er ja ohnehin, ſondern wie er es will — wo der
Staat ſich die Frage aufſtellt, welche Maßregeln er nun ergrei-
fen müſſe, um ſein Ziel, den Reichthum des Volkes zu erlangen.
Offenbar nun hängen dieſe Maßregeln vor allem von der weitern Frage
ab, worin denn dieſer Reichthum des Volkes beſtehe. Die Antwort
auf dieſe Frage hätte nun allerdings die „reine“ Nationalökonomie
geben ſollen; allein dieſelbe exiſtirte eben nicht. Der Staat aber
konnte nicht warten, bis ſie etwa entſtanden wäre. Er mußte viel-
mehr, ohne ſich viel um wiſſenſchaftliche Grundlagen zu kümmern, eben
aus ſeiner Selbſtändigkeit heraus, dasjenige für Volksreichthum halten,
was am meiſten geeignet war, ſeine Wirthſchaft zu heben. Es kam
deßhalb gar nicht zu der Frage, was an und für ſich Reichthum ſei,
ſondern nur zu der, welche Art des Reichthums ihm am faßbarſten
Vortheil bringe, das iſt, die Einnahmen ſeiner Kaſſe vermehre. Es
war natürlich, daß das als Reichthum überhaupt galt. So geſchah
es, daß man den Begriff der Güter mit demjenigen verwechſelte, was
den Staat reich machte; daß eine reine Güterlehre daraus nicht ent-
ſpringen könne, war um ſo klarer, als die Folge jener Auffaſſung
nicht etwa die war, daß der Staat mit ſeinen Forderungen da aufhören
müſſe, wo die Bedingungen des Einzelwohles angegriffen würden, ſondern
daß es ſich überhaupt nur darum handle, vermöge des Einzelwohles
den Staat zu bereichern. So konnte es jetzt verſchiedene „Schulen“
geben, je nachdem dieſer Zweck bei dieſer oder jener Art der Güter leichter
erreicht werden konnte. Das Weſen dieſer Schulen überhaupt beſtand
demnach darin, das Syſtem von Verwaltungsmaßregeln zu entwickeln,
welches die beſten Mittel für die Vermehrung des Volksreichthums
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