Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.philosophie behandelte vor allem den Staat; fehlte auch gänzlich der eigent- Es ist ein eigener Theil der Geschichte der deutschen Wissenschaft, Wir glauben nun, daß es unserem Zwecke am meisten entsprechen Ohne allen Zweifel ist nun die erste Epoche die bei weitem reichere Als nämlich mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts das Werk philoſophie behandelte vor allem den Staat; fehlte auch gänzlich der eigent- Es iſt ein eigener Theil der Geſchichte der deutſchen Wiſſenſchaft, Wir glauben nun, daß es unſerem Zwecke am meiſten entſprechen Ohne allen Zweifel iſt nun die erſte Epoche die bei weitem reichere Als nämlich mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts das Werk <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0058" n="40"/> philoſophie behandelte vor allem den Staat; fehlte auch gänzlich der eigent-<lb/> liche Begriff der Verwaltung, ſo erhielt ſich doch die alte Polizeiwiſſen-<lb/> ſchaft nach ihrem ganzen Umfang. Das Staatsrecht mußte daher von<lb/> der Nationalökonomie wenigſtens nach wie vor gewiſſe Anſtalten, wie<lb/> Münze, Poſt, andere „Regalien“ fortwährend behandeln; die Rechts-<lb/> philoſophie konnte am Ende nicht läugnen, daß die idealen Aufgaben<lb/> des Staatsbegriffes denn doch auch zum Theil im Gebiete der materiellen<lb/> Elemente des Daſeins liegen; die Polizeiwiſſenſchaft hatte von jeher die<lb/> volkswirthſchaftliche Verwaltung in ihrer Weiſe behandelt. Adam Smith<lb/> hatte für England leichtes Spiel gehabt; aber in Deutſchland war es<lb/> denn doch mit jenem kahlen Begriff des <hi rendition="#aq">Selfinterest</hi> nicht gethan. So<lb/> wie daher ſeine Lehre in Deutſchland Platz griff, mußte die Frage ent-<lb/> ſtehen, wie ſich nunmehr jene neue ſelbſtändige Nationalökonomie zu<lb/> der Staatslehre, die man in England gar nicht kannte, verhalten werde.</p><lb/> <p>Es iſt ein eigener Theil der Geſchichte der deutſchen Wiſſenſchaft,<lb/> der uns dieſen merkwürdigen Proceß der Theilung und wieder der Ver-<lb/> ſchmelzung jener Richtungen zeigt; aber er kann erſt dann und von dem-<lb/> jenigen geſchrieben werden, der ſich über den Begriff und den ſelbſtändigen<lb/> organiſchen Inhalt der Güterlehre vollkommen klar iſt. Wir ſind noch<lb/> mitten in demſelben. Es muß uns daher hier, wollen wir nicht alle<lb/> uns zu Gebote ſtehenden Gränzen unſerer Aufgabe überſchreiten, ge-<lb/> nügen, die Hauptgeſtaltungen anzugeben, die aus jener Bewegung<lb/> hervorgehen, indem wir die allgemeinen Grundlagen als hinreichend<lb/> bekannt vorausſetzen.</p><lb/> <p>Wir glauben nun, daß es unſerem Zwecke am meiſten entſprechen<lb/> wird, wenn wir jene Bewegung in die drei Hauptepochen eintheilen,<lb/> in denen ſie verläuft, und an die ſich im Weſentlichen wohl die künftige<lb/> Geſchichte dieſes Gebietes der Staatswiſſenſchaft anſchließen wird. Wir<lb/> bezeichnen ſie in Kürze als die der <hi rendition="#g">Staatswirthſchaftslehre</hi>, die<lb/> der <hi rendition="#g">Volkswirthſchaftspflege</hi>, und die der <hi rendition="#g">angewandten</hi> Na-<lb/> tionalökonomie.</p><lb/> <p>Ohne allen Zweifel iſt nun die erſte Epoche die bei weitem reichere<lb/> und bedeutendere, und überragt an Umfang wie an Tiefe die folgenden<lb/> ſo ſehr, daß nicht einmal eine Vergleichung recht möglich iſt.</p><lb/> <p>Als nämlich mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts das Werk<lb/> von Adam Smith nach Europa kam, traf es den deutſchen Geiſt in<lb/> der vollen, kräftigen Bewegung, welche überhaupt eine neue, freiere<lb/> Geſtaltung des geſammten Staatslebens ſuchte und forderte. Damals<lb/> dachte man noch viel über Weſen und Inhalt des Staats nach; der<lb/> Begriff des Staats, jung und lebendig, wenn auch unklar, fühlte daß<lb/> er <hi rendition="#g">alle</hi> menſchlichen Verhältniſſe in ſich aufnehmen und verarbeiten<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0058]
philoſophie behandelte vor allem den Staat; fehlte auch gänzlich der eigent-
liche Begriff der Verwaltung, ſo erhielt ſich doch die alte Polizeiwiſſen-
ſchaft nach ihrem ganzen Umfang. Das Staatsrecht mußte daher von
der Nationalökonomie wenigſtens nach wie vor gewiſſe Anſtalten, wie
Münze, Poſt, andere „Regalien“ fortwährend behandeln; die Rechts-
philoſophie konnte am Ende nicht läugnen, daß die idealen Aufgaben
des Staatsbegriffes denn doch auch zum Theil im Gebiete der materiellen
Elemente des Daſeins liegen; die Polizeiwiſſenſchaft hatte von jeher die
volkswirthſchaftliche Verwaltung in ihrer Weiſe behandelt. Adam Smith
hatte für England leichtes Spiel gehabt; aber in Deutſchland war es
denn doch mit jenem kahlen Begriff des Selfinterest nicht gethan. So
wie daher ſeine Lehre in Deutſchland Platz griff, mußte die Frage ent-
ſtehen, wie ſich nunmehr jene neue ſelbſtändige Nationalökonomie zu
der Staatslehre, die man in England gar nicht kannte, verhalten werde.
Es iſt ein eigener Theil der Geſchichte der deutſchen Wiſſenſchaft,
der uns dieſen merkwürdigen Proceß der Theilung und wieder der Ver-
ſchmelzung jener Richtungen zeigt; aber er kann erſt dann und von dem-
jenigen geſchrieben werden, der ſich über den Begriff und den ſelbſtändigen
organiſchen Inhalt der Güterlehre vollkommen klar iſt. Wir ſind noch
mitten in demſelben. Es muß uns daher hier, wollen wir nicht alle
uns zu Gebote ſtehenden Gränzen unſerer Aufgabe überſchreiten, ge-
nügen, die Hauptgeſtaltungen anzugeben, die aus jener Bewegung
hervorgehen, indem wir die allgemeinen Grundlagen als hinreichend
bekannt vorausſetzen.
Wir glauben nun, daß es unſerem Zwecke am meiſten entſprechen
wird, wenn wir jene Bewegung in die drei Hauptepochen eintheilen,
in denen ſie verläuft, und an die ſich im Weſentlichen wohl die künftige
Geſchichte dieſes Gebietes der Staatswiſſenſchaft anſchließen wird. Wir
bezeichnen ſie in Kürze als die der Staatswirthſchaftslehre, die
der Volkswirthſchaftspflege, und die der angewandten Na-
tionalökonomie.
Ohne allen Zweifel iſt nun die erſte Epoche die bei weitem reichere
und bedeutendere, und überragt an Umfang wie an Tiefe die folgenden
ſo ſehr, daß nicht einmal eine Vergleichung recht möglich iſt.
Als nämlich mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts das Werk
von Adam Smith nach Europa kam, traf es den deutſchen Geiſt in
der vollen, kräftigen Bewegung, welche überhaupt eine neue, freiere
Geſtaltung des geſammten Staatslebens ſuchte und forderte. Damals
dachte man noch viel über Weſen und Inhalt des Staats nach; der
Begriff des Staats, jung und lebendig, wenn auch unklar, fühlte daß
er alle menſchlichen Verhältniſſe in ſich aufnehmen und verarbeiten
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |