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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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hinein ausgedehnt worden, aber ich verabschiedete mich von glücklichen Menschen,
auf deren Gesichtern geschrieben stand: das war ein schöner Abend. Luchu
bellte mustergültig, er lief in die beiden Häuser, aus denen schon vielfach helles
Lachen hörbar geworden war, und fuhr dort mit wildem Wau-wau umher.

Ich lag bereits halb schlafend in der Hängematte und glaubte, die Bürger-
schaft ruhe wieder in dem gewohnten Frieden, als mich noch einmal Eva's Stimme
von drüben mit einem lauten "mäh" aufschreckte. "Mäh" antwortete ich denn
auch zum guten Schluss aus meinem Schafstall, überall kicherte es noch einmal
hinter den Strohwänden, und endlich trat dann wirklich Stille ein, bis ich -- mäh,
mäh schon vor Sonnenaufgang -- fluchend emporfuhr.

Ein Tag verlief gleich dem andern. Wie wir in meiner Hütte miteinander
arbeiteten, wie die Bakairi portugiesisch und ich bakairi lernte, will ich im nächsten
Kapitel übersichtlich zusammenstellen, während ich noch anfüge, was ich aus
unserm gemeinsamen Leben zu berichten habe.

Tumayaua liess mich vor seinem Hause Tabak pflanzen, ein Ansinnen, das
mich ein wenig befremdete, bis ich merkte, dass er sich von meiner Beihülfe eine
vorzügliche Ernte oder Qualität versprach; so verlangte ich nur, dass er den
Anfang mache und zerrieb dann die Kapseln und senkte den Samen in den
Boden, als sei ich mein Lebenlang Tabakpflanzer gewesen. Mit Kulekule musste
ich zu dem Katarakt unterhalb des Dorfes gehen und ihm beim Angeln helfen;
er durfte nicht ahnen, dass ich dieses Gerät seit den Zeiten der Sekunda, wo ich
es mit Mühe vor der Polizei rettete, nicht mehr geschwungen hatte.

Einen sehr hübschen Fischereiausflug machten wir an einem Vormittag zu
einem Halbdutzend Personen, darunter einigen Frauen, nach dem saimo, einem
Teich, der etwa 21/2 Kilometer vom Dorf entfernt im Kamp lag. Wir schritten
ein Stück Weges durch den Wald, die Frauen Fangkörbe und Reusen tragend,
Paleko ein Stück Fischgebiss an einer Schnur um den Hals und ein Steinbeil
unter dem Arm, das er am Fluss auf einem Stein noch geschliffen hatte,
indem er es mit dem Speichel am Munde selbst anfeuchtete. Komisch war es
währenddess gewesen, zu sehen, wie die Zukünftige und ihre Schwester aus
dem Kulisehu tranken: den Mund im Wasser, auf die beiden Händchen gestützt,
ein Bein in die Höhe, jungen Aeffchen nicht unähnlich. Unterwegs sangen wir
mit verhaltenen Tönen gemeinsam unser ohoho ohohu hu, und ich störte die
Morgenstille mit einigen lauteren Liedern. Alakuai erlaubte sich, mir meinen
Hut abzunehmen, war aber in diesem Schmuck so glücklich, dass ich mein
Haupt in aller Heiligen Namen der mitleidlosen Kampsonne aussetzte.

Weithin erstreckte sich bis zum Saum des Uferwaldes eine mit frischem
Gras bedeckte Queimada, nur ein einziger Schatten spendender Baum stand an
dem Teich. In die Mitte des knietiefen sumpfigen Gewässers wurden drei Reusen
gesetzt, die mit ihren Mäulern halb herausragten. Dann gingen mehrere Personen
mit den Fangkörben, kutu, die die Form eines oben und unten offenen abge-
stumpften Kegels hatten und aus dünnen spitzen Stöckchen zusammengesetzt

hinein ausgedehnt worden, aber ich verabschiedete mich von glücklichen Menschen,
auf deren Gesichtern geschrieben stand: das war ein schöner Abend. Luchu
bellte mustergültig, er lief in die beiden Häuser, aus denen schon vielfach helles
Lachen hörbar geworden war, und fuhr dort mit wildem Wau-wau umher.

Ich lag bereits halb schlafend in der Hängematte und glaubte, die Bürger-
schaft ruhe wieder in dem gewohnten Frieden, als mich noch einmal Eva’s Stimme
von drüben mit einem lauten »mäh« aufschreckte. »Mäh« antwortete ich denn
auch zum guten Schluss aus meinem Schafstall, überall kicherte es noch einmal
hinter den Strohwänden, und endlich trat dann wirklich Stille ein, bis ich — mäh,
mäh schon vor Sonnenaufgang — fluchend emporfuhr.

Ein Tag verlief gleich dem andern. Wie wir in meiner Hütte miteinander
arbeiteten, wie die Bakaïrí portugiesisch und ich bakaïrí lernte, will ich im nächsten
Kapitel übersichtlich zusammenstellen, während ich noch anfüge, was ich aus
unserm gemeinsamen Leben zu berichten habe.

Tumayaua liess mich vor seinem Hause Tabak pflanzen, ein Ansinnen, das
mich ein wenig befremdete, bis ich merkte, dass er sich von meiner Beihülfe eine
vorzügliche Ernte oder Qualität versprach; so verlangte ich nur, dass er den
Anfang mache und zerrieb dann die Kapseln und senkte den Samen in den
Boden, als sei ich mein Lebenlang Tabakpflanzer gewesen. Mit Kulekule musste
ich zu dem Katarakt unterhalb des Dorfes gehen und ihm beim Angeln helfen;
er durfte nicht ahnen, dass ich dieses Gerät seit den Zeiten der Sekunda, wo ich
es mit Mühe vor der Polizei rettete, nicht mehr geschwungen hatte.

Einen sehr hübschen Fischereiausflug machten wir an einem Vormittag zu
einem Halbdutzend Personen, darunter einigen Frauen, nach dem saímo, einem
Teich, der etwa 2½ Kilometer vom Dorf entfernt im Kamp lag. Wir schritten
ein Stück Weges durch den Wald, die Frauen Fangkörbe und Reusen tragend,
Paleko ein Stück Fischgebiss an einer Schnur um den Hals und ein Steinbeil
unter dem Arm, das er am Fluss auf einem Stein noch geschliffen hatte,
indem er es mit dem Speichel am Munde selbst anfeuchtete. Komisch war es
währenddess gewesen, zu sehen, wie die Zukünftige und ihre Schwester aus
dem Kulisehu tranken: den Mund im Wasser, auf die beiden Händchen gestützt,
ein Bein in die Höhe, jungen Aeffchen nicht unähnlich. Unterwegs sangen wir
mit verhaltenen Tönen gemeinsam unser ohohó ohohú hu, und ich störte die
Morgenstille mit einigen lauteren Liedern. Alakuai erlaubte sich, mir meinen
Hut abzunehmen, war aber in diesem Schmuck so glücklich, dass ich mein
Haupt in aller Heiligen Namen der mitleidlosen Kampsonne aussetzte.

Weithin erstreckte sich bis zum Saum des Uferwaldes eine mit frischem
Gras bedeckte Queimada, nur ein einziger Schatten spendender Baum stand an
dem Teich. In die Mitte des knietiefen sumpfigen Gewässers wurden drei Reusen
gesetzt, die mit ihren Mäulern halb herausragten. Dann gingen mehrere Personen
mit den Fangkörben, kútu, die die Form eines oben und unten offenen abge-
stumpften Kegels hatten und aus dünnen spitzen Stöckchen zusammengesetzt

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[73/0103] hinein ausgedehnt worden, aber ich verabschiedete mich von glücklichen Menschen, auf deren Gesichtern geschrieben stand: das war ein schöner Abend. Luchu bellte mustergültig, er lief in die beiden Häuser, aus denen schon vielfach helles Lachen hörbar geworden war, und fuhr dort mit wildem Wau-wau umher. Ich lag bereits halb schlafend in der Hängematte und glaubte, die Bürger- schaft ruhe wieder in dem gewohnten Frieden, als mich noch einmal Eva’s Stimme von drüben mit einem lauten »mäh« aufschreckte. »Mäh« antwortete ich denn auch zum guten Schluss aus meinem Schafstall, überall kicherte es noch einmal hinter den Strohwänden, und endlich trat dann wirklich Stille ein, bis ich — mäh, mäh schon vor Sonnenaufgang — fluchend emporfuhr. Ein Tag verlief gleich dem andern. Wie wir in meiner Hütte miteinander arbeiteten, wie die Bakaïrí portugiesisch und ich bakaïrí lernte, will ich im nächsten Kapitel übersichtlich zusammenstellen, während ich noch anfüge, was ich aus unserm gemeinsamen Leben zu berichten habe. Tumayaua liess mich vor seinem Hause Tabak pflanzen, ein Ansinnen, das mich ein wenig befremdete, bis ich merkte, dass er sich von meiner Beihülfe eine vorzügliche Ernte oder Qualität versprach; so verlangte ich nur, dass er den Anfang mache und zerrieb dann die Kapseln und senkte den Samen in den Boden, als sei ich mein Lebenlang Tabakpflanzer gewesen. Mit Kulekule musste ich zu dem Katarakt unterhalb des Dorfes gehen und ihm beim Angeln helfen; er durfte nicht ahnen, dass ich dieses Gerät seit den Zeiten der Sekunda, wo ich es mit Mühe vor der Polizei rettete, nicht mehr geschwungen hatte. Einen sehr hübschen Fischereiausflug machten wir an einem Vormittag zu einem Halbdutzend Personen, darunter einigen Frauen, nach dem saímo, einem Teich, der etwa 2½ Kilometer vom Dorf entfernt im Kamp lag. Wir schritten ein Stück Weges durch den Wald, die Frauen Fangkörbe und Reusen tragend, Paleko ein Stück Fischgebiss an einer Schnur um den Hals und ein Steinbeil unter dem Arm, das er am Fluss auf einem Stein noch geschliffen hatte, indem er es mit dem Speichel am Munde selbst anfeuchtete. Komisch war es währenddess gewesen, zu sehen, wie die Zukünftige und ihre Schwester aus dem Kulisehu tranken: den Mund im Wasser, auf die beiden Händchen gestützt, ein Bein in die Höhe, jungen Aeffchen nicht unähnlich. Unterwegs sangen wir mit verhaltenen Tönen gemeinsam unser ohohó ohohú hu, und ich störte die Morgenstille mit einigen lauteren Liedern. Alakuai erlaubte sich, mir meinen Hut abzunehmen, war aber in diesem Schmuck so glücklich, dass ich mein Haupt in aller Heiligen Namen der mitleidlosen Kampsonne aussetzte. Weithin erstreckte sich bis zum Saum des Uferwaldes eine mit frischem Gras bedeckte Queimada, nur ein einziger Schatten spendender Baum stand an dem Teich. In die Mitte des knietiefen sumpfigen Gewässers wurden drei Reusen gesetzt, die mit ihren Mäulern halb herausragten. Dann gingen mehrere Personen mit den Fangkörben, kútu, die die Form eines oben und unten offenen abge- stumpften Kegels hatten und aus dünnen spitzen Stöckchen zusammengesetzt

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/103>, abgerufen am 23.11.2024.