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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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der Rückfahrt besuchte. Den Beiden wurde ein kleiner Empfang bereitet, sie
mussten sich auf die prachtvollen Tierschemel setzen, die wir bei keinem andern
Stamm so schön gearbeitet sahen, und erhielten ihre Willkommbeijus. Die
Nachricht von der Schlacht zwischen den Trumai und Suya wurde unter eifriger
Pantomime besprochen. Es stellte sich heraus, dass es noch zwei andere
Mehinaku-Dörfer gäbe, beide eine Tagereise oder weniger entfernt. Das im SW.
gelegene schien freilich sehr klein zu sein und wurde sogar als ein einziges Haus
beschrieben, das andere im Norden sollte aus fünf Häusern bestehen.

Unser Dorf setzte sich, ausschliesslich des Flötenhauses, aus vierzehn Häusern
zusammen; es waren ausserdem zwei Neubauten vorhanden, von denen der
eine nahezu fertiggestellt und schon bewohnt war. Das Ganze machte den
Eindruck grosser Wohlhabenheit. Jedenfalls, wenn der indianische Massstab
angelegt wird, dass der Besitz an Mandioka den eigentlichen Reichtum be-
deutet, so waren die Mehinaku der reichste Stamm des Kulisehu. Sie schienen
einen sehr geordneten Feldbau zu treiben. Bei ihnen erhielten wir zuerst wieder
Bataten. Als wir einige Mangaven mit Perlen bezahlten, wurden uns ganze
Körbe herbeigeschleppt, bis wir unseres vorzüglichen Appetits ungeachtet den
Spendern ein Halt gebieten mussten. Am Abend des 13. Oktober trug sich das
freudige Ereignis zu, dass eine Wolke fliegender Ameisen über dem Dorfe
niederfiel. Es wurden Strohfeuer vor den Hütten angezündet und eilfertig
sammelte Alt und Jung in Kuyen und Töpfen die fast zollgrossen Tierchen, die
sich in dem flackernden Feuer die langen zarten Flügel versengten. Alles jubelte
und liess sich die Ameisen mit Beiju und Salzerde schmecken. In mehreren
Häusern fanden wir die Leute mit der Zubereitung des Salzes beschäftigt. Sie
verbrennen Takoara und Aguape, die Blattpflanze stiller Gewässer, laugen die
Asche aus und erhalten aus dem Filtrat einen salzigen Rückstand. Vielfach
wird auch rötliche, wie eine Salzasche aussehende Erde unmittelbar verwendet.

Wir konnten eine hübsche ethnologische Sammlung zusammenstellen. In
allen Geräthen bekundete sich derselbe primitive, aber höchst lebendige Kunst-
sinn, der sich immer Tiergestalten und zwar häufig in recht sinniger Weise zum
Vorwurf nahm. Die Weiber der Mehinaku, die mit schön geschnitzten Geräten
ihre Kuchen wenden, sind auch diejenigen, die es in der Herstellung künstlerischer
Topfformen am weitesten gebracht haben. Von den Masken in dem Flötenhause
wurden uns alle, die wir auswählten, ohne Anstand überlassen. Auch mit dem
Schwirrholz verband sich kein Begriff, der eine Auslieferung an uns hätte be-
denklich erscheinen lassen.

Der Abschied von den Mehinaku am Nachmittag des 14. Oktober war sehr
herzlich; sie beschenkten uns noch einmal mit Beijus, Mangaven und Bataten,
und vier Männer packten sich die Ladung auf, um sie für uns zum Hafen zu
tragen. Unsere Sammlung, die wir nicht zum Besuch der flussabwärts wohnenden
Stämme mitschleppen wollten, übergaben wir vertrauensvoll dem alten Herrn, den
ich so erschreckt hatte, zur Aufbewahrung. Er war unser wohlgesinnter Freund

der Rückfahrt besuchte. Den Beiden wurde ein kleiner Empfang bereitet, sie
mussten sich auf die prachtvollen Tierschemel setzen, die wir bei keinem andern
Stamm so schön gearbeitet sahen, und erhielten ihre Willkommbeijús. Die
Nachricht von der Schlacht zwischen den Trumaí und Suyá wurde unter eifriger
Pantomime besprochen. Es stellte sich heraus, dass es noch zwei andere
Mehinakú-Dörfer gäbe, beide eine Tagereise oder weniger entfernt. Das im SW.
gelegene schien freilich sehr klein zu sein und wurde sogar als ein einziges Haus
beschrieben, das andere im Norden sollte aus fünf Häusern bestehen.

Unser Dorf setzte sich, ausschliesslich des Flötenhauses, aus vierzehn Häusern
zusammen; es waren ausserdem zwei Neubauten vorhanden, von denen der
eine nahezu fertiggestellt und schon bewohnt war. Das Ganze machte den
Eindruck grosser Wohlhabenheit. Jedenfalls, wenn der indianische Massstab
angelegt wird, dass der Besitz an Mandioka den eigentlichen Reichtum be-
deutet, so waren die Mehinakú der reichste Stamm des Kulisehu. Sie schienen
einen sehr geordneten Feldbau zu treiben. Bei ihnen erhielten wir zuerst wieder
Bataten. Als wir einige Mangaven mit Perlen bezahlten, wurden uns ganze
Körbe herbeigeschleppt, bis wir unseres vorzüglichen Appetits ungeachtet den
Spendern ein Halt gebieten mussten. Am Abend des 13. Oktober trug sich das
freudige Ereignis zu, dass eine Wolke fliegender Ameisen über dem Dorfe
niederfiel. Es wurden Strohfeuer vor den Hütten angezündet und eilfertig
sammelte Alt und Jung in Kuyen und Töpfen die fast zollgrossen Tierchen, die
sich in dem flackernden Feuer die langen zarten Flügel versengten. Alles jubelte
und liess sich die Ameisen mit Beijú und Salzerde schmecken. In mehreren
Häusern fanden wir die Leute mit der Zubereitung des Salzes beschäftigt. Sie
verbrennen Takoara und Aguapé, die Blattpflanze stiller Gewässer, laugen die
Asche aus und erhalten aus dem Filtrat einen salzigen Rückstand. Vielfach
wird auch rötliche, wie eine Salzasche aussehende Erde unmittelbar verwendet.

Wir konnten eine hübsche ethnologische Sammlung zusammenstellen. In
allen Geräthen bekundete sich derselbe primitive, aber höchst lebendige Kunst-
sinn, der sich immer Tiergestalten und zwar häufig in recht sinniger Weise zum
Vorwurf nahm. Die Weiber der Mehinakú, die mit schön geschnitzten Geräten
ihre Kuchen wenden, sind auch diejenigen, die es in der Herstellung künstlerischer
Topfformen am weitesten gebracht haben. Von den Masken in dem Flötenhause
wurden uns alle, die wir auswählten, ohne Anstand überlassen. Auch mit dem
Schwirrholz verband sich kein Begriff, der eine Auslieferung an uns hätte be-
denklich erscheinen lassen.

Der Abschied von den Mehinakú am Nachmittag des 14. Oktober war sehr
herzlich; sie beschenkten uns noch einmal mit Beijús, Mangaven und Bataten,
und vier Männer packten sich die Ladung auf, um sie für uns zum Hafen zu
tragen. Unsere Sammlung, die wir nicht zum Besuch der flussabwärts wohnenden
Stämme mitschleppen wollten, übergaben wir vertrauensvoll dem alten Herrn, den
ich so erschreckt hatte, zur Aufbewahrung. Er war unser wohlgesinnter Freund

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[106/0140] der Rückfahrt besuchte. Den Beiden wurde ein kleiner Empfang bereitet, sie mussten sich auf die prachtvollen Tierschemel setzen, die wir bei keinem andern Stamm so schön gearbeitet sahen, und erhielten ihre Willkommbeijús. Die Nachricht von der Schlacht zwischen den Trumaí und Suyá wurde unter eifriger Pantomime besprochen. Es stellte sich heraus, dass es noch zwei andere Mehinakú-Dörfer gäbe, beide eine Tagereise oder weniger entfernt. Das im SW. gelegene schien freilich sehr klein zu sein und wurde sogar als ein einziges Haus beschrieben, das andere im Norden sollte aus fünf Häusern bestehen. Unser Dorf setzte sich, ausschliesslich des Flötenhauses, aus vierzehn Häusern zusammen; es waren ausserdem zwei Neubauten vorhanden, von denen der eine nahezu fertiggestellt und schon bewohnt war. Das Ganze machte den Eindruck grosser Wohlhabenheit. Jedenfalls, wenn der indianische Massstab angelegt wird, dass der Besitz an Mandioka den eigentlichen Reichtum be- deutet, so waren die Mehinakú der reichste Stamm des Kulisehu. Sie schienen einen sehr geordneten Feldbau zu treiben. Bei ihnen erhielten wir zuerst wieder Bataten. Als wir einige Mangaven mit Perlen bezahlten, wurden uns ganze Körbe herbeigeschleppt, bis wir unseres vorzüglichen Appetits ungeachtet den Spendern ein Halt gebieten mussten. Am Abend des 13. Oktober trug sich das freudige Ereignis zu, dass eine Wolke fliegender Ameisen über dem Dorfe niederfiel. Es wurden Strohfeuer vor den Hütten angezündet und eilfertig sammelte Alt und Jung in Kuyen und Töpfen die fast zollgrossen Tierchen, die sich in dem flackernden Feuer die langen zarten Flügel versengten. Alles jubelte und liess sich die Ameisen mit Beijú und Salzerde schmecken. In mehreren Häusern fanden wir die Leute mit der Zubereitung des Salzes beschäftigt. Sie verbrennen Takoara und Aguapé, die Blattpflanze stiller Gewässer, laugen die Asche aus und erhalten aus dem Filtrat einen salzigen Rückstand. Vielfach wird auch rötliche, wie eine Salzasche aussehende Erde unmittelbar verwendet. Wir konnten eine hübsche ethnologische Sammlung zusammenstellen. In allen Geräthen bekundete sich derselbe primitive, aber höchst lebendige Kunst- sinn, der sich immer Tiergestalten und zwar häufig in recht sinniger Weise zum Vorwurf nahm. Die Weiber der Mehinakú, die mit schön geschnitzten Geräten ihre Kuchen wenden, sind auch diejenigen, die es in der Herstellung künstlerischer Topfformen am weitesten gebracht haben. Von den Masken in dem Flötenhause wurden uns alle, die wir auswählten, ohne Anstand überlassen. Auch mit dem Schwirrholz verband sich kein Begriff, der eine Auslieferung an uns hätte be- denklich erscheinen lassen. Der Abschied von den Mehinakú am Nachmittag des 14. Oktober war sehr herzlich; sie beschenkten uns noch einmal mit Beijús, Mangaven und Bataten, und vier Männer packten sich die Ladung auf, um sie für uns zum Hafen zu tragen. Unsere Sammlung, die wir nicht zum Besuch der flussabwärts wohnenden Stämme mitschleppen wollten, übergaben wir vertrauensvoll dem alten Herrn, den ich so erschreckt hatte, zur Aufbewahrung. Er war unser wohlgesinnter Freund

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/140>, abgerufen am 23.11.2024.