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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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gung, die die Hauptsache ist, ein zweckgemässes handeln erlernt, eine
Methode erworben. Dieser Fortschritt ist nur an dem Nacheinander von häufig
vorkommenden Einzelvorgängen möglich, deren jeder, während er sich abspielte,
am Schopf erfasst wurde; einen seltenen Komplex kann sich erst geistig aneignen,
wer schon im Besitz der Teilvorgänge ist. Wahrscheinlich hat sich der Mensch,
wenn der Sturm das Feuer wirklich hier und da entzündete, schleunigst einen
Brand genommen, damit ihn Wind oder Regen nicht verlöschten. Vielleicht hat
er auch beobachtet, dass ein stürzender Baum ein Tier erschlug, und hat sich
der unerwarteten Beute freudig erschreckt bemächtigt, aber von diesem historischen
Augenblick wollen wir es lieber nicht datieren, dass er zum Knüppel gegriffen
und eine Waffe gefunden hat, um Tiere zu erschlagen. Diese Künste muss er
anders gelernt haben. Bis zur Gegenwart ist auch eine so ungemein einfache
Erklärung noch für keine primitive Errungenschaft befriedigend gelungen; immer
ist man sich bald bewusst geworden, dass man einen mehr oder minder sinn-
reichen Mythus hervorgebracht hatte, dem nur der Name des Erfinders fehlte,
um die Aufnahme in die Mythologie der Völker zu verdienen. Auch heute
pflanzt sich der Einfall des sinnenden Mythologen, belobt oder verurteilt, durch
alle Literatur neben der Prometheussage fort und wird dem Anschein nach mit
ihr immer verknüpft bleiben.

Es ist klar, wir dürfen uns von den späteren mystischen, poetischen,
religiösen oder naturwissenschaftlichen Vorstellungen, die sich auf das Feuer be-
ziehen, nicht beirren lassen und den Naturmenschen, der ein nüchterner, be-
schränkter Praktiker ist, nicht als das ansehen, was er nicht ist, weder als einen
Philosophen noch als einen Erfinder der Neuzeit. Wenden wir uns an die
lebendige Erfahrung, so verschwindet sofort das Hindernis am Anfang, nämlich
der nur für die Zeit entwickelter Eigentumsbegriffe nicht unlösbare Widerspruch,
dass ein Ding gleichzeitig mit Schrecken erfüllt und bei Tag und Nacht unent-
behrlich geworden ist.

Für das erste Stadium, mit dessen Ursprung wir uns hier nicht weiter be-
schäftigen dürfen, wo sich der Mensch dazu erhob, das freie, wilde Feuer ab-
sichtlich zu unterhalten und sich durch Weiterverpflanzen mit allen seinen Vor-
teilen dauernd dienstbar zu machen, möchte der Vergleich, dass er es wie eine
Art Haustier angesiedelt, gepflegt und gezüchtet hat, nicht unzutreffend sein.
Aber erst mit dem weitern Problem, wie die Methode zu Stande kam, das Feuer
zu erzeugen, finden wir uns innerhalb der Naturvölker auf festem Grund und
Boden, wir sehen bei ihnen sofort, dass es verschiedene Methoden dieser Arbeit
giebt, und dass sie deshalb im Zusammenhang mit den übrigen Arbeitsmethoden
untersucht werden müssen. In diesem Sinne habe ich mich bei den Schingu-Indianern
zu unterrichten gesucht und glaube auch nachweisen zu können, wie ihre Art,
das Feuer zu erzeugen, entstanden sein muss. Es ist die einfachste des in
Amerika und anderen Erdteilen weit verbreiteten "Feuerbohrers", während man
in Polynesien einen "Stock" in einer "Rinne" reibt.


gung, die die Hauptsache ist, ein zweckgemässes handeln erlernt, eine
Methode erworben. Dieser Fortschritt ist nur an dem Nacheinander von häufig
vorkommenden Einzelvorgängen möglich, deren jeder, während er sich abspielte,
am Schopf erfasst wurde; einen seltenen Komplex kann sich erst geistig aneignen,
wer schon im Besitz der Teilvorgänge ist. Wahrscheinlich hat sich der Mensch,
wenn der Sturm das Feuer wirklich hier und da entzündete, schleunigst einen
Brand genommen, damit ihn Wind oder Regen nicht verlöschten. Vielleicht hat
er auch beobachtet, dass ein stürzender Baum ein Tier erschlug, und hat sich
der unerwarteten Beute freudig erschreckt bemächtigt, aber von diesem historischen
Augenblick wollen wir es lieber nicht datieren, dass er zum Knüppel gegriffen
und eine Waffe gefunden hat, um Tiere zu erschlagen. Diese Künste muss er
anders gelernt haben. Bis zur Gegenwart ist auch eine so ungemein einfache
Erklärung noch für keine primitive Errungenschaft befriedigend gelungen; immer
ist man sich bald bewusst geworden, dass man einen mehr oder minder sinn-
reichen Mythus hervorgebracht hatte, dem nur der Name des Erfinders fehlte,
um die Aufnahme in die Mythologie der Völker zu verdienen. Auch heute
pflanzt sich der Einfall des sinnenden Mythologen, belobt oder verurteilt, durch
alle Literatur neben der Prometheussage fort und wird dem Anschein nach mit
ihr immer verknüpft bleiben.

Es ist klar, wir dürfen uns von den späteren mystischen, poetischen,
religiösen oder naturwissenschaftlichen Vorstellungen, die sich auf das Feuer be-
ziehen, nicht beirren lassen und den Naturmenschen, der ein nüchterner, be-
schränkter Praktiker ist, nicht als das ansehen, was er nicht ist, weder als einen
Philosophen noch als einen Erfinder der Neuzeit. Wenden wir uns an die
lebendige Erfahrung, so verschwindet sofort das Hindernis am Anfang, nämlich
der nur für die Zeit entwickelter Eigentumsbegriffe nicht unlösbare Widerspruch,
dass ein Ding gleichzeitig mit Schrecken erfüllt und bei Tag und Nacht unent-
behrlich geworden ist.

Für das erste Stadium, mit dessen Ursprung wir uns hier nicht weiter be-
schäftigen dürfen, wo sich der Mensch dazu erhob, das freie, wilde Feuer ab-
sichtlich zu unterhalten und sich durch Weiterverpflanzen mit allen seinen Vor-
teilen dauernd dienstbar zu machen, möchte der Vergleich, dass er es wie eine
Art Haustier angesiedelt, gepflegt und gezüchtet hat, nicht unzutreffend sein.
Aber erst mit dem weitern Problem, wie die Methode zu Stande kam, das Feuer
zu erzeugen, finden wir uns innerhalb der Naturvölker auf festem Grund und
Boden, wir sehen bei ihnen sofort, dass es verschiedene Methoden dieser Arbeit
giebt, und dass sie deshalb im Zusammenhang mit den übrigen Arbeitsmethoden
untersucht werden müssen. In diesem Sinne habe ich mich bei den Schingú-Indianern
zu unterrichten gesucht und glaube auch nachweisen zu können, wie ihre Art,
das Feuer zu erzeugen, entstanden sein muss. Es ist die einfachste des in
Amerika und anderen Erdteilen weit verbreiteten »Feuerbohrers«, während man
in Polynesien einen »Stock« in einer »Rinne« reibt.


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[223/0267] gung, die die Hauptsache ist, ein zweckgemässes handeln erlernt, eine Methode erworben. Dieser Fortschritt ist nur an dem Nacheinander von häufig vorkommenden Einzelvorgängen möglich, deren jeder, während er sich abspielte, am Schopf erfasst wurde; einen seltenen Komplex kann sich erst geistig aneignen, wer schon im Besitz der Teilvorgänge ist. Wahrscheinlich hat sich der Mensch, wenn der Sturm das Feuer wirklich hier und da entzündete, schleunigst einen Brand genommen, damit ihn Wind oder Regen nicht verlöschten. Vielleicht hat er auch beobachtet, dass ein stürzender Baum ein Tier erschlug, und hat sich der unerwarteten Beute freudig erschreckt bemächtigt, aber von diesem historischen Augenblick wollen wir es lieber nicht datieren, dass er zum Knüppel gegriffen und eine Waffe gefunden hat, um Tiere zu erschlagen. Diese Künste muss er anders gelernt haben. Bis zur Gegenwart ist auch eine so ungemein einfache Erklärung noch für keine primitive Errungenschaft befriedigend gelungen; immer ist man sich bald bewusst geworden, dass man einen mehr oder minder sinn- reichen Mythus hervorgebracht hatte, dem nur der Name des Erfinders fehlte, um die Aufnahme in die Mythologie der Völker zu verdienen. Auch heute pflanzt sich der Einfall des sinnenden Mythologen, belobt oder verurteilt, durch alle Literatur neben der Prometheussage fort und wird dem Anschein nach mit ihr immer verknüpft bleiben. Es ist klar, wir dürfen uns von den späteren mystischen, poetischen, religiösen oder naturwissenschaftlichen Vorstellungen, die sich auf das Feuer be- ziehen, nicht beirren lassen und den Naturmenschen, der ein nüchterner, be- schränkter Praktiker ist, nicht als das ansehen, was er nicht ist, weder als einen Philosophen noch als einen Erfinder der Neuzeit. Wenden wir uns an die lebendige Erfahrung, so verschwindet sofort das Hindernis am Anfang, nämlich der nur für die Zeit entwickelter Eigentumsbegriffe nicht unlösbare Widerspruch, dass ein Ding gleichzeitig mit Schrecken erfüllt und bei Tag und Nacht unent- behrlich geworden ist. Für das erste Stadium, mit dessen Ursprung wir uns hier nicht weiter be- schäftigen dürfen, wo sich der Mensch dazu erhob, das freie, wilde Feuer ab- sichtlich zu unterhalten und sich durch Weiterverpflanzen mit allen seinen Vor- teilen dauernd dienstbar zu machen, möchte der Vergleich, dass er es wie eine Art Haustier angesiedelt, gepflegt und gezüchtet hat, nicht unzutreffend sein. Aber erst mit dem weitern Problem, wie die Methode zu Stande kam, das Feuer zu erzeugen, finden wir uns innerhalb der Naturvölker auf festem Grund und Boden, wir sehen bei ihnen sofort, dass es verschiedene Methoden dieser Arbeit giebt, und dass sie deshalb im Zusammenhang mit den übrigen Arbeitsmethoden untersucht werden müssen. In diesem Sinne habe ich mich bei den Schingú-Indianern zu unterrichten gesucht und glaube auch nachweisen zu können, wie ihre Art, das Feuer zu erzeugen, entstanden sein muss. Es ist die einfachste des in Amerika und anderen Erdteilen weit verbreiteten »Feuerbohrers«, während man in Polynesien einen »Stock« in einer »Rinne« reibt.

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/267>, abgerufen am 21.11.2024.