Einwanderer hält, und zu den modernen Pampasindianern hinunter, eine ethno- logische Sammlung mit massenhaftem prähistorischem Material, mit den einfachen Steingeräten des Feuerlandes bis zu den herrlichen Vasen der Peruaner und der Calchaqui. Um dieses Institutes willen allein dürfen wir dem seltsamen Ex- periment der Stadtgründung vollen Erfolg wünschen.
Unfreundlicher sprach sich Professor Burmeister in Buenos Aires aus, dessen herzerquickende Grobheit freilich nicht geringeren Ruf genoss als seine Gelehrsam- keit. Zu unserer Freude lasen wir im Diario, dass "el sabio Murmeister", wie der Druckfehlerteufel wollte, von seiner Reise in die Provinz Misiones gerade zurückgekehrt sei, und beeilten uns, ihn vor der Abreise noch zu begrüssen. Wir trafen den alten Herrn in vortrefflicher Stimmung und wurden mit orangerotem Muskateller aus Valencia bewirtet, der mit der kräftigen Herbheit seines Wesens seltsam kontrastirte. Man hatte sein Museum nach La Plata übersiedeln wollen und den Werth auf 20,000 Nacionales veranschlagt. Er erklärte aber, dass es nicht angehe, kostbare Exemplare wie sein prächtiges Megatherium dem Transport auszusetzen und sie in dem neuen Gebäude verderben zu lassen; so kaufte schliess- lich die Bundesregierung das Museum der Provinz Buenos Aires für 25,000 Na- cionales ab, und es konnte an seinem Ort verbleiben. Leider hatte es nur dunkle alte Räume und war gefüllt wie ein Stapelraum, doch hoffte Burmeister, dass ihm im Laufe der Zeit das Universitätsgebäude zur Verfügung gestellt werde. La Plata war in seinen Augen reiner Schwindel; er spottete über die Bilder, wo ein Indianer an einem Glyptodonknochen kaue -- "so erzählt man mir, denn ich bin natürlich nie dagewesen und werde nie hingehen;" er habe trotz Ameghino nicht den geringsten Beweis für das Dasein des Menschen in dieser Epoche entdecken können -- ein Urteil, das er später nicht mehr aufrecht gehalten haben soll. Als ich zum Abschied wünschte, dass wir ihn in voller Gesundheit wiederfänden, erwiderte er mit seinem grimmigen Humor: "ich habe die Ueberzeugung erlangt, dass ich, wenn auch nicht geistig, so doch wenigstens körperlich unsterblich bin." Es ist ihm leider nicht mehr lange vergönnt gewesen, sich dieser Ueberzeugung zu freuen.
Am 17. Juni wurde es endlich Ernst; der brasilische Dampfer, die "Rio Parana", erschien und mit den bei niederem Wasserstand ortsüblichen Umständ- lichkeiten -- von der Landungsbrücke in einen Karren, von dem Karren in ein Boot -- gelangten wir an Bord.
Unter den Reisegefährten fanden wir einen alten Cuyabaner Freund, den Postdirektor Senhor Andre Vergilio d'Albuquerque. Derselbe erzählte uns, dass man mit der Cholera ziemlich gnädig davongekommen sei. In Corumba seien allerdings über 100, in Cuyaba nur wenige Personen gestorben. Viele hätten sich auf's Land geflüchtet. Er selbst hatte Sonderbares erlebt. Nach Aufhebung des Dampferverkehrs hatte er die Post auf dem alten Wege der Tropas nach Rio befördern wollen; als er jedoch nach langem Ritt in der ersten Bahnstation S. Paulos erschien, hiess es, er habe die Quarantaine durchbrochen: obwohl Cuyaba bei seiner Abreise noch seuchenfrei gewesen war und er inzwischen
Einwanderer hält, und zu den modernen Pampasindianern hinunter, eine ethno- logische Sammlung mit massenhaftem prähistorischem Material, mit den einfachen Steingeräten des Feuerlandes bis zu den herrlichen Vasen der Peruaner und der Calchaquí. Um dieses Institutes willen allein dürfen wir dem seltsamen Ex- periment der Stadtgründung vollen Erfolg wünschen.
Unfreundlicher sprach sich Professor Burmeister in Buenos Aires aus, dessen herzerquickende Grobheit freilich nicht geringeren Ruf genoss als seine Gelehrsam- keit. Zu unserer Freude lasen wir im Diario, dass »el sabio Murmeister«, wie der Druckfehlerteufel wollte, von seiner Reise in die Provinz Misiones gerade zurückgekehrt sei, und beeilten uns, ihn vor der Abreise noch zu begrüssen. Wir trafen den alten Herrn in vortrefflicher Stimmung und wurden mit orangerotem Muskateller aus Valencia bewirtet, der mit der kräftigen Herbheit seines Wesens seltsam kontrastirte. Man hatte sein Museum nach La Plata übersiedeln wollen und den Werth auf 20,000 Nacionales veranschlagt. Er erklärte aber, dass es nicht angehe, kostbare Exemplare wie sein prächtiges Megatherium dem Transport auszusetzen und sie in dem neuen Gebäude verderben zu lassen; so kaufte schliess- lich die Bundesregierung das Museum der Provinz Buenos Aires für 25,000 Na- cionales ab, und es konnte an seinem Ort verbleiben. Leider hatte es nur dunkle alte Räume und war gefüllt wie ein Stapelraum, doch hoffte Burmeister, dass ihm im Laufe der Zeit das Universitätsgebäude zur Verfügung gestellt werde. La Plata war in seinen Augen reiner Schwindel; er spottete über die Bilder, wo ein Indianer an einem Glyptodonknochen kaue — »so erzählt man mir, denn ich bin natürlich nie dagewesen und werde nie hingehen;« er habe trotz Ameghino nicht den geringsten Beweis für das Dasein des Menschen in dieser Epoche entdecken können — ein Urteil, das er später nicht mehr aufrecht gehalten haben soll. Als ich zum Abschied wünschte, dass wir ihn in voller Gesundheit wiederfänden, erwiderte er mit seinem grimmigen Humor: »ich habe die Ueberzeugung erlangt, dass ich, wenn auch nicht geistig, so doch wenigstens körperlich unsterblich bin.« Es ist ihm leider nicht mehr lange vergönnt gewesen, sich dieser Ueberzeugung zu freuen.
Am 17. Juni wurde es endlich Ernst; der brasilische Dampfer, die »Rio Parana«, erschien und mit den bei niederem Wasserstand ortsüblichen Umständ- lichkeiten — von der Landungsbrücke in einen Karren, von dem Karren in ein Boot — gelangten wir an Bord.
Unter den Reisegefährten fanden wir einen alten Cuyabaner Freund, den Postdirektor Senhor André Vergilio d’Albuquerque. Derselbe erzählte uns, dass man mit der Cholera ziemlich gnädig davongekommen sei. In Corumbá seien allerdings über 100, in Cuyabá nur wenige Personen gestorben. Viele hätten sich auf’s Land geflüchtet. Er selbst hatte Sonderbares erlebt. Nach Aufhebung des Dampferverkehrs hatte er die Post auf dem alten Wege der Tropas nach Rio befördern wollen; als er jedoch nach langem Ritt in der ersten Bahnstation S. Paulos erschien, hiess es, er habe die Quarantaine durchbrochen: obwohl Cuyabá bei seiner Abreise noch seuchenfrei gewesen war und er inzwischen
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Einwanderer hält, und zu den modernen Pampasindianern hinunter, eine ethno-
logische Sammlung mit massenhaftem prähistorischem Material, mit den einfachen
Steingeräten des Feuerlandes bis zu den herrlichen Vasen der Peruaner und der
Calchaquí. Um dieses Institutes willen allein dürfen wir dem seltsamen Ex-
periment der Stadtgründung vollen Erfolg wünschen.
Unfreundlicher sprach sich Professor Burmeister in Buenos Aires aus, dessen
herzerquickende Grobheit freilich nicht geringeren Ruf genoss als seine Gelehrsam-
keit. Zu unserer Freude lasen wir im Diario, dass »el sabio Murmeister«, wie
der Druckfehlerteufel wollte, von seiner Reise in die Provinz Misiones gerade
zurückgekehrt sei, und beeilten uns, ihn vor der Abreise noch zu begrüssen. Wir
trafen den alten Herrn in vortrefflicher Stimmung und wurden mit orangerotem
Muskateller aus Valencia bewirtet, der mit der kräftigen Herbheit seines Wesens
seltsam kontrastirte. Man hatte sein Museum nach La Plata übersiedeln wollen
und den Werth auf 20,000 Nacionales veranschlagt. Er erklärte aber, dass es
nicht angehe, kostbare Exemplare wie sein prächtiges Megatherium dem Transport
auszusetzen und sie in dem neuen Gebäude verderben zu lassen; so kaufte schliess-
lich die Bundesregierung das Museum der Provinz Buenos Aires für 25,000 Na-
cionales ab, und es konnte an seinem Ort verbleiben. Leider hatte es nur dunkle
alte Räume und war gefüllt wie ein Stapelraum, doch hoffte Burmeister, dass ihm
im Laufe der Zeit das Universitätsgebäude zur Verfügung gestellt werde. La Plata
war in seinen Augen reiner Schwindel; er spottete über die Bilder, wo ein Indianer
an einem Glyptodonknochen kaue — »so erzählt man mir, denn ich bin natürlich nie
dagewesen und werde nie hingehen;« er habe trotz Ameghino nicht den geringsten
Beweis für das Dasein des Menschen in dieser Epoche entdecken können —
ein Urteil, das er später nicht mehr aufrecht gehalten haben soll. Als ich zum
Abschied wünschte, dass wir ihn in voller Gesundheit wiederfänden, erwiderte er
mit seinem grimmigen Humor: »ich habe die Ueberzeugung erlangt, dass ich,
wenn auch nicht geistig, so doch wenigstens körperlich unsterblich bin.« Es ist
ihm leider nicht mehr lange vergönnt gewesen, sich dieser Ueberzeugung zu freuen.
Am 17. Juni wurde es endlich Ernst; der brasilische Dampfer, die »Rio
Parana«, erschien und mit den bei niederem Wasserstand ortsüblichen Umständ-
lichkeiten — von der Landungsbrücke in einen Karren, von dem Karren in ein
Boot — gelangten wir an Bord.
Unter den Reisegefährten fanden wir einen alten Cuyabaner Freund, den
Postdirektor Senhor André Vergilio d’Albuquerque. Derselbe erzählte uns,
dass man mit der Cholera ziemlich gnädig davongekommen sei. In Corumbá
seien allerdings über 100, in Cuyabá nur wenige Personen gestorben. Viele
hätten sich auf’s Land geflüchtet. Er selbst hatte Sonderbares erlebt. Nach
Aufhebung des Dampferverkehrs hatte er die Post auf dem alten Wege der
Tropas nach Rio befördern wollen; als er jedoch nach langem Ritt in der ersten
Bahnstation S. Paulos erschien, hiess es, er habe die Quarantaine durchbrochen:
obwohl Cuyabá bei seiner Abreise noch seuchenfrei gewesen war und er inzwischen
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/28>, abgerufen am 21.11.2024.
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