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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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Wölbung sie beibehalten haben, obwohl man für den Topf einen platten
Boden wünschen sollte. Die Wölbung aber hat wiederum das plastische Motiv
des Tierkörpers ermöglicht. Diese Thonnäpfe, wie man sie wohl am besten
nennen würde, waren auch keineswegs zahlreich in den Häusern vorhanden.
Am wenigsten sahen wir von ihnen bei den Auetö und Kamayura. Von den
Trumai erhielten wir nur zwei kleine Rundtöpfchen, allein hieraus folgt Nichts,
da sie auf der Flucht waren. Wir fahndeten wegen des künstlerischen Wertes
auf jedes Exemplar, wir haben in unserer Sammlung einige 80 mitgebracht, und
wenn ich nun schätze, dass in den von uns besuchten Dörfern doppelt so viele
überhaupt vorhanden gewesen wären, so bin ich sicher, eine zu grosse Zahl zu
nehmen. Es werden durchschnittlich kaum 3 Töpfchen auf jedes Haus kommen.
Die Kuyen behaupteten noch den Vorrang. Es gab da natürlich jeden Uebergang
in der Grösse wie im Gebrauch zu den kleinen Kochtöpfen. Man ass aber
immer auch aus den Thonnäpfen, während man den Inhalt der Kochtöpfe ver-
teilte. Mit Vorliebe gebrauchte man die Thonnäpfe für die Kinder.

Wie Kesseltöpfe geformt wurden, haben wir leider nicht beobachtet. Wir
haben nur die äusserst einfache Art gesehen, wie eine Mehinaku-Frau im Nahuqua-
Dorf einen kaum mittelgrossen Topf machte. Sie brachte einen mit Lehm
gefüllten Korb
herbei -- er interessierte mich mit Rücksicht auf die Entstehungs-
geschichte der Töpfe mehr als alles Andere -- setzte dem Thon Wasser zu und
drückte das überschüssige durch ein Sieb aus. Sie formte knetend und streichend
und brauchte bei der Kleinheit des Topfes die Wandung nicht aus den sonst
allgemein beschriebenen, übereinander gelegten dünnen Thonzilindern aufzubauen.
Sie glättete die Wand mit einem Stück Kuye, nicht mit einem Stein. Die
ornamentalen Randzacken, die Körperteile eines Tieres darstellten, modellierte
sie und setzte sie dann an; mit einem Bambusstäbchen ritzte sie Augen und Nase
ein. Als Modell für den Topfboden nimmt man gern einen alten ausgebrochenen
Boden oder eine Beijuschüssel.

Der Thon ist weissgrau bis graugelb. Nur die Waura-Töpfe haben einen
schönen hellroten Thon. Der neue Topf wird in der Sonne ordentlich getrocknet
und alsdann umgestülpt auf ein stark russendes Feuer gesetzt; es wird dafür die
grüne Rinde eines Kampbaums genommen, den die Bakairi kutere nennen, oder
des mit klebrigem Harz getränkten Guanandi (Calophyllum). So wird der Topf
wie der Kürbis innen geschwärzt.



Wölbung sie beibehalten haben, obwohl man für den Topf einen platten
Boden wünschen sollte. Die Wölbung aber hat wiederum das plastische Motiv
des Tierkörpers ermöglicht. Diese Thonnäpfe, wie man sie wohl am besten
nennen würde, waren auch keineswegs zahlreich in den Häusern vorhanden.
Am wenigsten sahen wir von ihnen bei den Auetö́ und Kamayurá. Von den
Trumaí erhielten wir nur zwei kleine Rundtöpfchen, allein hieraus folgt Nichts,
da sie auf der Flucht waren. Wir fahndeten wegen des künstlerischen Wertes
auf jedes Exemplar, wir haben in unserer Sammlung einige 80 mitgebracht, und
wenn ich nun schätze, dass in den von uns besuchten Dörfern doppelt so viele
überhaupt vorhanden gewesen wären, so bin ich sicher, eine zu grosse Zahl zu
nehmen. Es werden durchschnittlich kaum 3 Töpfchen auf jedes Haus kommen.
Die Kuyen behaupteten noch den Vorrang. Es gab da natürlich jeden Uebergang
in der Grösse wie im Gebrauch zu den kleinen Kochtöpfen. Man ass aber
immer auch aus den Thonnäpfen, während man den Inhalt der Kochtöpfe ver-
teilte. Mit Vorliebe gebrauchte man die Thonnäpfe für die Kinder.

Wie Kesseltöpfe geformt wurden, haben wir leider nicht beobachtet. Wir
haben nur die äusserst einfache Art gesehen, wie eine Mehinakú-Frau im Nahuquá-
Dorf einen kaum mittelgrossen Topf machte. Sie brachte einen mit Lehm
gefüllten Korb
herbei — er interessierte mich mit Rücksicht auf die Entstehungs-
geschichte der Töpfe mehr als alles Andere — setzte dem Thon Wasser zu und
drückte das überschüssige durch ein Sieb aus. Sie formte knetend und streichend
und brauchte bei der Kleinheit des Topfes die Wandung nicht aus den sonst
allgemein beschriebenen, übereinander gelegten dünnen Thonzilindern aufzubauen.
Sie glättete die Wand mit einem Stück Kuye, nicht mit einem Stein. Die
ornamentalen Randzacken, die Körperteile eines Tieres darstellten, modellierte
sie und setzte sie dann an; mit einem Bambusstäbchen ritzte sie Augen und Nase
ein. Als Modell für den Topfboden nimmt man gern einen alten ausgebrochenen
Boden oder eine Beijúschüssel.

Der Thon ist weissgrau bis graugelb. Nur die Waurá-Töpfe haben einen
schönen hellroten Thon. Der neue Topf wird in der Sonne ordentlich getrocknet
und alsdann umgestülpt auf ein stark russendes Feuer gesetzt; es wird dafür die
grüne Rinde eines Kampbaums genommen, den die Bakaïrí kutére nennen, oder
des mit klebrigem Harz getränkten Guanandí (Calophyllum). So wird der Topf
wie der Kürbis innen geschwärzt.



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[242/0288] Wölbung sie beibehalten haben, obwohl man für den Topf einen platten Boden wünschen sollte. Die Wölbung aber hat wiederum das plastische Motiv des Tierkörpers ermöglicht. Diese Thonnäpfe, wie man sie wohl am besten nennen würde, waren auch keineswegs zahlreich in den Häusern vorhanden. Am wenigsten sahen wir von ihnen bei den Auetö́ und Kamayurá. Von den Trumaí erhielten wir nur zwei kleine Rundtöpfchen, allein hieraus folgt Nichts, da sie auf der Flucht waren. Wir fahndeten wegen des künstlerischen Wertes auf jedes Exemplar, wir haben in unserer Sammlung einige 80 mitgebracht, und wenn ich nun schätze, dass in den von uns besuchten Dörfern doppelt so viele überhaupt vorhanden gewesen wären, so bin ich sicher, eine zu grosse Zahl zu nehmen. Es werden durchschnittlich kaum 3 Töpfchen auf jedes Haus kommen. Die Kuyen behaupteten noch den Vorrang. Es gab da natürlich jeden Uebergang in der Grösse wie im Gebrauch zu den kleinen Kochtöpfen. Man ass aber immer auch aus den Thonnäpfen, während man den Inhalt der Kochtöpfe ver- teilte. Mit Vorliebe gebrauchte man die Thonnäpfe für die Kinder. Wie Kesseltöpfe geformt wurden, haben wir leider nicht beobachtet. Wir haben nur die äusserst einfache Art gesehen, wie eine Mehinakú-Frau im Nahuquá- Dorf einen kaum mittelgrossen Topf machte. Sie brachte einen mit Lehm gefüllten Korb herbei — er interessierte mich mit Rücksicht auf die Entstehungs- geschichte der Töpfe mehr als alles Andere — setzte dem Thon Wasser zu und drückte das überschüssige durch ein Sieb aus. Sie formte knetend und streichend und brauchte bei der Kleinheit des Topfes die Wandung nicht aus den sonst allgemein beschriebenen, übereinander gelegten dünnen Thonzilindern aufzubauen. Sie glättete die Wand mit einem Stück Kuye, nicht mit einem Stein. Die ornamentalen Randzacken, die Körperteile eines Tieres darstellten, modellierte sie und setzte sie dann an; mit einem Bambusstäbchen ritzte sie Augen und Nase ein. Als Modell für den Topfboden nimmt man gern einen alten ausgebrochenen Boden oder eine Beijúschüssel. Der Thon ist weissgrau bis graugelb. Nur die Waurá-Töpfe haben einen schönen hellroten Thon. Der neue Topf wird in der Sonne ordentlich getrocknet und alsdann umgestülpt auf ein stark russendes Feuer gesetzt; es wird dafür die grüne Rinde eines Kampbaums genommen, den die Bakaïrí kutére nennen, oder des mit klebrigem Harz getränkten Guanandí (Calophyllum). So wird der Topf wie der Kürbis innen geschwärzt.

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/288>, abgerufen am 24.11.2024.