Nr. 5 ist das echte, recht gefällige Mereschu-Muster. Auch Nr. 4 soll Mereschu-Fische darstellen. Es wurde für beide dasselbe Wort tepirapevetu an- gegeben. Dies ist freilich das einzige Beispiel, wo die Mereschu-Raute nicht nur an den Ecken, sondern ganz ausgefüllt ist. Dafür ist aber das Netz, in dessen Maschen die Fische eingetragen sind, ausführlicher behandelt.
Nr. 3 sind Panzerfische akara. Sie haben dieselbe Form wie auf der Tafel 20 der Bakairi die Nuki-Fische Nr. 8, sodass auch diese vielleicht eine Art Cascudos sind. Nun haben die Panzerwelse nicht wie die Mereschus ein rhomboide Form, sondern sind langgestreckt. Da wir den ebenfalls nicht rhomboiden Paku auch als Raute erblicken, da selbst Nr. 14 und 15 der Tafel 21, die nicht schematisch ge- zeichneten Fische ein wenig mehr als der Wirklichkeit entspricht, rhomboid aus- sehen, so erkennen wir, dass der Fischkörper in der Stilisierung überhaupt als Raute gilt, ob es für die betreffende Art zutreffend ist, wie eigentlich nur für den mit ganz überwiegender Vorliebe überall angebrachten Mereschu oder nicht. Zur näheren Charakterisierung werden eingetragen, beim Paku die Tüpfel und bei den Panzerwelsen die scharf abgesetzten harten Schuppen, die vieleckig sind, aber gerade in den grösseren Stücken als ein wenig übereinander geschobene Dreiecke erscheinen (vgl. Brehm, Fische, p. 244 die Abbildung).
In Nr. 2 sehen wir die Uluridreiecke, die auch bei den Auetö mit dem ent- sprechenden Wort für das Frauendreieck (umpam) benannt werden. Es ist jammer- schade, dass wir die Trumai, die einzigen, deren Frauen eine Bastbinde tragen, nicht in Ruh und Frieden haben kennen lernen; freilich haben sie soviel von ihren Nachbarn entlehnt, dass sie auch deren Weiberdreieck im Ornament besitzen mögen. In dem Flötenhaus der Auetö war unterhalb der Dachwölbung ein ziemlich langer Fries angebracht, wo man auf schmalen Streifen hellen Holzes eine ganze Serie von Umpams oder Uluris in Schwarz aufgemalt hatte.
Nun aber Nr. 1. Zwei Reihen von Dreiecken übereinander, genau wie die Uluris, doch über die Dreiecke läuft eine die obern Seiten umrändernde Zickzack- linie hinweg, die bei Uluris niemals vorkommt. Dies sind auf einmal Fledermäuse, tatsia der Auetö und zwar tatsia pevu "flache", "platte Fledermäuse". Des- gleichen sind Fledermäuse in Vertikalstellung dieselben Dreiecke, die wir horizontal in Nr. 2 als Uluris anerkennen müssen, es fehlt ihnen auch die be- gleitende Zickzacklinie von Nr. 1, nur werden sie als hängende Fledermäuse bezeichnet. So sind auch die semimo, die Fledermäuse der Bakairi, auf dem dritten Rückenholz der Abbildung 48, als hängende Fledermäuse aufgefasst. Gedenke ich der fliegenden Hunde, die wie Schinken im Baum hängen, so begreife ich das dreieckige Ornament vollkommen, und auch Andere sehe ich damit einigermassen einverstanden; allein Niemand will mich verstehen, wenn ich jetzt auch auf fliesen- bedecktem Boden oder in den Kacheln über einem Spülstein u. s. w. überall Fledermäuse zu erblicken behaupte.
Vielleicht noch überraschender ist mura-yöt, das Muster von "jungen" oder "kleinen" Bora- oder Vogelbienen: die schwarzen Felder eines auf einer Ecke
Nr. 5 ist das echte, recht gefällige Mereschu-Muster. Auch Nr. 4 soll Mereschu-Fische darstellen. Es wurde für beide dasselbe Wort tepirapevetú an- gegeben. Dies ist freilich das einzige Beispiel, wo die Mereschu-Raute nicht nur an den Ecken, sondern ganz ausgefüllt ist. Dafür ist aber das Netz, in dessen Maschen die Fische eingetragen sind, ausführlicher behandelt.
Nr. 3 sind Panzerfische akará. Sie haben dieselbe Form wie auf der Tafel 20 der Bakaïrí die Nuki-Fische Nr. 8, sodass auch diese vielleicht eine Art Cascudos sind. Nun haben die Panzerwelse nicht wie die Mereschus ein rhomboide Form, sondern sind langgestreckt. Da wir den ebenfalls nicht rhomboiden Pakú auch als Raute erblicken, da selbst Nr. 14 und 15 der Tafel 21, die nicht schematisch ge- zeichneten Fische ein wenig mehr als der Wirklichkeit entspricht, rhomboid aus- sehen, so erkennen wir, dass der Fischkörper in der Stilisierung überhaupt als Raute gilt, ob es für die betreffende Art zutreffend ist, wie eigentlich nur für den mit ganz überwiegender Vorliebe überall angebrachten Mereschu oder nicht. Zur näheren Charakterisierung werden eingetragen, beim Pakú die Tüpfel und bei den Panzerwelsen die scharf abgesetzten harten Schuppen, die vieleckig sind, aber gerade in den grösseren Stücken als ein wenig übereinander geschobene Dreiecke erscheinen (vgl. Brehm, Fische, p. 244 die Abbildung).
In Nr. 2 sehen wir die Uluridreiecke, die auch bei den Auetö́ mit dem ent- sprechenden Wort für das Frauendreieck (umpám) benannt werden. Es ist jammer- schade, dass wir die Trumaí, die einzigen, deren Frauen eine Bastbinde tragen, nicht in Ruh und Frieden haben kennen lernen; freilich haben sie soviel von ihren Nachbarn entlehnt, dass sie auch deren Weiberdreieck im Ornament besitzen mögen. In dem Flötenhaus der Auetö́ war unterhalb der Dachwölbung ein ziemlich langer Fries angebracht, wo man auf schmalen Streifen hellen Holzes eine ganze Serie von Umpams oder Uluris in Schwarz aufgemalt hatte.
Nun aber Nr. 1. Zwei Reihen von Dreiecken übereinander, genau wie die Uluris, doch über die Dreiecke läuft eine die obern Seiten umrändernde Zickzack- linie hinweg, die bei Uluris niemals vorkommt. Dies sind auf einmal Fledermäuse, tatsiá der Auetö́ und zwar tatsiá pevú »flache«, »platte Fledermäuse«. Des- gleichen sind Fledermäuse in Vertikalstellung dieselben Dreiecke, die wir horizontal in Nr. 2 als Uluris anerkennen müssen, es fehlt ihnen auch die be- gleitende Zickzacklinie von Nr. 1, nur werden sie als hängende Fledermäuse bezeichnet. So sind auch die semímo, die Fledermäuse der Bakaïrí, auf dem dritten Rückenholz der Abbildung 48, als hängende Fledermäuse aufgefasst. Gedenke ich der fliegenden Hunde, die wie Schinken im Baum hängen, so begreife ich das dreieckige Ornament vollkommen, und auch Andere sehe ich damit einigermassen einverstanden; allein Niemand will mich verstehen, wenn ich jetzt auch auf fliesen- bedecktem Boden oder in den Kacheln über einem Spülstein u. s. w. überall Fledermäuse zu erblicken behaupte.
Vielleicht noch überraschender ist mura-yö́t, das Muster von »jungen« oder »kleinen« Bora- oder Vogelbienen: die schwarzen Felder eines auf einer Ecke
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Nr. 5 ist das echte, recht gefällige Mereschu-Muster. Auch Nr. 4 soll
Mereschu-Fische darstellen. Es wurde für beide dasselbe Wort tepirapevetú an-
gegeben. Dies ist freilich das einzige Beispiel, wo die Mereschu-Raute nicht nur
an den Ecken, sondern ganz ausgefüllt ist. Dafür ist aber das Netz, in dessen
Maschen die Fische eingetragen sind, ausführlicher behandelt.
Nr. 3 sind Panzerfische akará. Sie haben dieselbe Form wie auf der Tafel 20
der Bakaïrí die Nuki-Fische Nr. 8, sodass auch diese vielleicht eine Art Cascudos
sind. Nun haben die Panzerwelse nicht wie die Mereschus ein rhomboide Form,
sondern sind langgestreckt. Da wir den ebenfalls nicht rhomboiden Pakú auch als
Raute erblicken, da selbst Nr. 14 und 15 der Tafel 21, die nicht schematisch ge-
zeichneten Fische ein wenig mehr als der Wirklichkeit entspricht, rhomboid aus-
sehen, so erkennen wir, dass der Fischkörper in der Stilisierung überhaupt als
Raute gilt, ob es für die betreffende Art zutreffend ist, wie eigentlich nur für
den mit ganz überwiegender Vorliebe überall angebrachten Mereschu oder nicht.
Zur näheren Charakterisierung werden eingetragen, beim Pakú die Tüpfel und
bei den Panzerwelsen die scharf abgesetzten harten Schuppen, die vieleckig sind,
aber gerade in den grösseren Stücken als ein wenig übereinander geschobene
Dreiecke erscheinen (vgl. Brehm, Fische, p. 244 die Abbildung).
In Nr. 2 sehen wir die Uluridreiecke, die auch bei den Auetö́ mit dem ent-
sprechenden Wort für das Frauendreieck (umpám) benannt werden. Es ist jammer-
schade, dass wir die Trumaí, die einzigen, deren Frauen eine Bastbinde tragen,
nicht in Ruh und Frieden haben kennen lernen; freilich haben sie soviel von ihren
Nachbarn entlehnt, dass sie auch deren Weiberdreieck im Ornament besitzen
mögen. In dem Flötenhaus der Auetö́ war unterhalb der Dachwölbung ein ziemlich
langer Fries angebracht, wo man auf schmalen Streifen hellen Holzes eine ganze
Serie von Umpams oder Uluris in Schwarz aufgemalt hatte.
Nun aber Nr. 1. Zwei Reihen von Dreiecken übereinander, genau wie die
Uluris, doch über die Dreiecke läuft eine die obern Seiten umrändernde Zickzack-
linie hinweg, die bei Uluris niemals vorkommt. Dies sind auf einmal Fledermäuse,
tatsiá der Auetö́ und zwar tatsiá pevú »flache«, »platte Fledermäuse«. Des-
gleichen sind Fledermäuse in Vertikalstellung dieselben Dreiecke, die wir
horizontal in Nr. 2 als Uluris anerkennen müssen, es fehlt ihnen auch die be-
gleitende Zickzacklinie von Nr. 1, nur werden sie als hängende Fledermäuse
bezeichnet. So sind auch die semímo, die Fledermäuse der Bakaïrí, auf dem dritten
Rückenholz der Abbildung 48, als hängende Fledermäuse aufgefasst. Gedenke ich
der fliegenden Hunde, die wie Schinken im Baum hängen, so begreife ich das
dreieckige Ornament vollkommen, und auch Andere sehe ich damit einigermassen
einverstanden; allein Niemand will mich verstehen, wenn ich jetzt auch auf fliesen-
bedecktem Boden oder in den Kacheln über einem Spülstein u. s. w. überall
Fledermäuse zu erblicken behaupte.
Vielleicht noch überraschender ist mura-yö́t, das Muster von »jungen« oder
»kleinen« Bora- oder Vogelbienen: die schwarzen Felder eines auf einer Ecke
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/327>, abgerufen am 21.11.2024.
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